Die Deutschen wollten einen "Ersatzkaiser", den sie mit dem Reichspräsidenten und seinen gewaltigen Vollmachten fast hatten.
Nein, ist so nicht richtig und wiederholt ein Argument, dass bereits von anderen Usern aus dem Forum vehement formuliert worden ist. Diese Behauptung macht beispielsweise die Sozialdemokratie - immerhin ca ein Drittel der wahlberechtigten Deutschen - zu Parteigängern der Monarchie, was nicht richtig ist. Richtig ist lediglich, so Aussagen in der Literatur, dass die Sozialdemokratie in der Zeit der Verfolgung während der Bismarck`schen "Sozialistengesetze", der englischen parlamentarischen !!!!! Monarchie positiv gegenüber standen. Und am Ende des WW1 mit einer derartigen Staatsform unter gewissen Voraussetzungen auch hätten leben können.
Gleichzeitig sich aber auch nicht durch "irgendwelche" Präsidenten - so Ebert - die Vorteile der Demokratie hätten erklären lassen müssen, um von dieser Staatsform überzeugt zu werden. Und damit sagte Ebert deutlich, dass die Demokratie nicht von außen implantiert worden ist, sondern als Zielvorstellung dem politischen Weltbild der SPD entsprach. Die Sozialdemokraten waren immer in der Lage, ihre positive Stellung zur Demokratie eigenständig zu formulieren.
Zur Begründung:
Die "Deutschen" haben es sicherlich nicht so gesehen wie "Dieter" es behauptet. Auch, weil es die "Deutschen" ohnehin nicht gibt, es sei denn als "Abstraktion".
Und die wenigen empirischen Belege aus der Zeit sagen etwas anderes:
- Es gab eine "signifikante" Präferenz der Sozialdemokraten für die Demokratie, so die Ergebnisse einer - der wenigen - Studie zur politischen Einstellung in der Weimarer Republik (vgl. Fromm: Arbeiter und Angestellte, Frage 427/28, S. 98ff).
Zur Begründung für die Präferenz nach der Demokratie als Staatsform wurde von den Probanden häufig, so Fromm, der Wunsch nach Freiheit und individueller und gesellschaftlicher Selbstbestimmung von den Wählern der Sozialdemokratie angeführt.
- Wähler aus einem bürgerlichen Umfeld gehörten zu den deutlichsten Befürwortern einer monarchistischen Regierungsform. Und führten als Begründung an, dass es früher im Kaiserreich - angeblich - weniger Streit im politischen System gegeben haben soll.
- Die Nationalsozialisten und andere Rechtsextreme lehnten jede Form von demokratischen Pluralismus ab. Teilweise grenzte man sich zudem explizit auch gegen Monarchisten ab, die man als rückwärtsgerichtet, sprich "reaktionär" (vgl. z.B. Moeller van den Bruck) beurteilt hat.
Ein anderer Aspekt wären die konkreten politischen Absichten, die die "Väter" der Verfassung mit dieser Präsidial-Verfassung verfolgt haben. Sie wollten eine Art "Ersatzkaiser" und schufen ja auch ein Instrument, das Hindenburg zielgerichtet nutzte, die Demokratie von Weimar zu beseitigen.
Das Argument des "Ersatzkaisers" ist insofern hilfreich, da es bei der Konstruktion der Weimarer Verfassung im wesentlichen um die Stärkung der Funktionsfähigkeit der staatlichen Aufgaben ging. Und dem Präsidenten wurden Möglichkeiten gegeben, die in ihrer Machtfülle eher autokratischen Monarchen entsprachen.
Das wäre auch im Prinzip wohl kein Problem gewesen, wenn es ein "Verfassungsgericht" gegeben hätte, dass faktisch die exekutive Macht des Präsidenten begrenzt hätte und die Balance zwischen den staatlichen Organen gewahrt hätte. Aber die politische Kultur der Weimarer Republik hatte leider keine unabhängige Rechtsprechung.
Im Prinzip spiegelte sie den Anspruch bzw. die Intentionen wider, die später C. Schmitt als Kritik an der Verfassung formulierte und so aus dem Umfeld der Verfassungsrechtler zu einer weiteren Erodierung der Akzeptanz der Verfassung beitrug.