Schädeltürme bei den Azteken?

Eine Reuters-Meldung über Berichte mexikanischer Archäologen wird von der internationalen Presse aufgegriffen:

Tower of human skulls in Mexico casts new light on Aztecs | Reuters

Danke für den Hinweis. Die deutsche Presse hat die Meldung anscheinend noch nicht aufgegriffen. Aber das eigentlich interessante besteht weniger in dem Fund der Schädel als solcher, sondern dass entgegen der Erwartungen auch Schädel von Frauen und Kindern dabei waren:

"We were expecting just men, obviously young men, as warriors would be, and the thing about the women and children is that you'd think they wouldn't be going to war," said Rodrigo Bolanos, a biological anthropologist investigating the find.

"Something is happening that we have no record of, and this is really new, a first in the Huey Tzompantli," he added.


Laut dem Artikel wird der Fund des Schädelturms mit einem Bericht eines spanischen Soldaten, Andres de Tapia, der Cortez bei der Eroberung des Aztekenreiches begeleitete, in Verbindung gebracht. Es wäre interessant noch zu recherchieren, was in dem Bericht von de Tapia steht.

Ich müßte noch ein wenig suchen, ob ich in der spanischsprachigen Presse von Mexiko noch weitere Informationen finden kann.
 
Ich müßte noch ein wenig suchen, ob ich in der spanischsprachigen Presse von Mexiko noch weitere Informationen finden kann.

Hier ist noch etwas: Mexicas también sacrificaban a mujeres y niños - Grupo Milenio (span.)

La jefa en campo, Lorena Vázquez, detalla que a partir de la muestra total que consiste en aproximadamente 221 individuos, sólo se ha podido asignar sexo a 3 por ciento de la misma, dos terceras partes corresponden a individuos masculinos, y el tercio restante a individuos femeninos.

Von den bisher gefundenen 221 Individuen hat man nur bei 3 % das Geschlecht feststellen können, davon waren zwei Drittel Männer und ein Drittel Frauen.
 
Vielen Dank für die Ergänzungen, auch spanische Quellen.

Die schnelle Veröffentlichung, dann mit rasender Verbreitung, scheint wieder der sorgfältigen Auswertung etwas zu enteilen :scheinheilig: :devil:
 
Es ist halt überall so: Die Kulturwissenschaften müssen, da sie selten für sich allein stehend ökonomisch interessant sind, ein ständiges Fund Raising betreiben. In der Archäologie ist es dann häufig so, dass Ausgrabung und Dokumentation bezahlt werden, die Auswertung aber auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben (oder auf Belegarbeiten Studierender abgewalzt) wird. In Mexiko mit seinem teilweise bürgerkriegsartige Züge annehmenden Kampf zwischen Drogenkartellen, korrupter Polizei und Staat dürfte das noch mal ganz andere Züge annehmen. Klar, in Mexico D.F. dürfte das anders aussehen, als in irgendeiner Landgemeinde (prestigeträchtige Tourismusziele mal ausgenommen).
 
Ich hatte das gar nicht als Kritik an der Archäologie (oder speziell der in Mexiko) gemeint.

Es war auf die Geschwindigkeit bezogen, mit der die Meldungen um den Globus gejagt werden (und sich dabei offenbar auch "verformen").
 
Vielen Dank für die Ergänzungen, auch spanische Quellen.

Die schnelle Veröffentlichung, dann mit rasender Verbreitung, scheint wieder der sorgfältigen Auswertung etwas zu enteilen :scheinheilig: :devil:

Der mexikanische Artikel ist vom 08.06.2017, spricht aber im Gegensatz zum Reuters-Artikel, der 650 Schädel erwähnt, nur von ungefähr 221 Individuen, die in 10.500 Fragmenten vorliegen. Allerdings sind 70 Schädel vollständig. Vermutlich hat der Reuters-Artikel einen aktuelleren Stand. Die Schädel von Kindern werden im mexikanischen Artikel auch genannt, ohne dass deren Anzahl oder Anteil präzisiert wird.

Vielleicht sollte man direkt an die Primärquellen heran: im Artikel werden hier das INAH (Instituto Nacional de Antropología e Historia -https://de.wikipedia.org/wiki/Instituto_Nacional_de_Antropolog%C3%ADa_e_Historia ) und das PAU (Programa de Arqueología Urbana) genannt (ob das PAU zum INAH gehört weiß ich nicht).

Gerade noch ein wenig auf der INAH-Seite herumgesucht: so richtig brandaktuell ist die Nachricht wohl nicht...zumindest wird bereits im August 2015 der Fund von Schädeln von Frauen und Kindern erwähnt:

Descubren el gran Tzompantli de México-Tenochtitlan

Um Licht ins Dunkle zu bringen, schlage ich vor, dass wir eine Delegation des Geschichtsforums nach Mexiko-Stadt schicken (incl. Akklimation in Acapulco bei der An- und Abreise). Ich hoffe, es stehen im Exkursionsbudget des GeFo entsprechende Mittel zur Verfügung.:D
 
Zuletzt bearbeitet:
Offenbar verbreitet sich die Reuters-Meldung schnell über die allgemeine Presse, sogar "The Sun" ist aufgesprungen.

Dagegen sind die Fachblätter bisher (?) nicht sehr aktiv.

Reuters scheibt einen mexikanischen Archäologen interviewt zu haben.
 
Danke für den Hinweis. Die deutsche Presse hat die Meldung anscheinend noch nicht aufgegriffen.

In den letzten Tagen sind auch Artikel in der deutschen und deutschsprachigen Presse erschienen:

vorweg aus einer Zeitung des Rheinlandes :)yes:):

Mexiko-Stadt: Forscher finden gruseligen Azteken-Tempel

und die Schweizer auch:

https://www.nzz.ch/panorama/weitere...el-mitten-in-mexiko-stadt-entdeckt-ld.1302470

Bei der freigelegten Stätte in Mexiko-Stadt handelt es sich um den Huey Tzompantli von Tenochtitlán, eine Konstruktion, an der die Schädel der Geopferten befestigt worden sind. Spanische Abbildung aus der Zeit der Conquista erinnern an einen Abakus. Allerdings ist dieser Turm nicht aus Holz, sondern die Schädel wurden in einer Art Gipswand eingemauert.

https://de.wikipedia.org/wiki/Tzompantli
 
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