Gibt es dazu ein "offizielles" Tagungsprotokoll?
Gorlitzki und Khlevniuk schrieben dazu: "It is a measure of secrecy surrounding the conference that no documents relating to it have surfaced in the archives." (S. 98) Das kann man wohl und auch weil Mastny sich selber auch Sekundärquellen bezieht, als den aktuellen Stand akzeptieren.
Gibt es dazu ein "offizielles" Tagungsprotokoll? Aus dem wenigen, was hier im Buch zitiert wird, erschließt sich mir noch nicht so richtig, wie Herr Mastny da auf den Vergleich mit dem Hoßbach-Protokoll kommt.
Wieso sich der Vergleich nicht erschließt, erschließt sich mir wiederum nicht. Zumal Mastny die Parallelen an zwei Punkten erklärt. In der Konsequenz dieser Konferenz stand zumindest ein deutlicher Aufrüstungsprozess der Nicht-Sowjetischen Armeen. (Mastny, S. 409)
Dieses auch vor dem Hintergrund einer vorherigen Säuberungswelle und auch vor dem Hintergrund, dass die Ermahnung von Stalin zu erhöhten Verteidungsanstrengungen fast lächerlich wirkt, da er in der Phase davor aus Mißtrauen die Rüstungsanstrenungen seiner Vasallenstaaten verhindert hatte.
Anzumerken ist, das für die Kritik an Mastny, er hätte angeblich mit einem "erhobenen moralischen Zeigefinger" argumentiert, bisher keine Belege vorgelegt worden sind.
Deswegen eine kurze Darstellung der zentralen Prämissen von Mastny:
Im Prinzip beleuchtet er das Verhältnis der Sowjetunion zu den westlichen Staaten aus historischer Perspektive.
Drei Aspekte werden in der Regel als relevant angeführt, die einen Einfluß auf die Außenpolitik von Stalin hatten. Und diese Aspekte kontextualisiert Mastny erneut vor dem Hintergrund der geöffneten sowjetischen Archive.
In diesem sind folgende Aspekt wichtig für das Verständnis der Außenpolitik von Stalin nach dem WW2:
1. Isolation / Einkreisung: Die Erfahrung der Bürgerkriegs und die damit zusammenhängende Intervention westlicher Armeen haben zum einen ein "Konfrontationssyndrom" erzeugt. Dieses äußerte sich in dem sehr subjektiven Selbstbild, isoliert zu sein in Kombination mit dem Gefühl der Einkreisung. Aus dieser "Opferrrolle" lassen sich aggressive Aktionen als "Selbstverteidigung2 (wie der Komintern in den 20er Jahren beispielsweise in GB etc.) besser rechtfertigen.
2. Sicherer Endsieg aufgrund objektiver Gesetzmässigkeiten: Ausgestattet mit der "objektiven Einsicht" in die "objektiven und zwangsläufigen Gesetzmäßigkeiten" der historischen Entwicklung, dank einem "überlegenen ideologischen Analyserahmens" im Kontext des "Historischen Materialismus" ,leninistischer- stalinistischer Prägung, war der finale Endsieg des Sowjet-Sozialismus sicher und lediglich eine Frage der Zeit. Vor dem Hintergrund eines sicheren Endsiegs, auch im Falle eines Atomkriegs, schien es nur eine Frage nach den richtigen Instrumenten zu sein wie man das Ziel erreicht.
3. Konflikt zwischen den kapitalistischen Ländern: Ein zentrales Analyseraster für die Außenpolitik entstammte noch den Analysen zum Imperialismus von Lenin. Stalin ging noch eine relativ lange Zeit nach dem WW2 davon aus, dass die kapitalistischen Staaten nicht aus freien Kooperieren können oder auch nicht wollen. Insofern setzte seine Außenpolitik in der Regel da an, wo er Keile zwischen die westlichen Partner treiben konnte. Erst relativ spät erkannte Stalin an, dass aus der antizipierten Konfrontation ein Bündnis auf relativer Freiwilligkeit (Nato etc.) geworden ist.
Aus diesen Aspekte lassen sich die teils aggressiven auf Hegemonie abzielende Aspekte der stalinistischen Außenpolitik erklären, aber auch ihre teils defensiven Aspekte, die die Konservierung des post WW2-Status-Quo zum Ziel hatten ("Zwei-Lager-Thorie")
Mit dieser Sicht bleibt Mastny noch vergleichsweise nah an der Sicht von Kennan (Memoiren eines Diplomaten, wie z.B. S. 517). Zumindest ist die Sicht von Mastny und anderen relativ ähnlich und beschreibt den aktuellen Erkenntnisstand zu dieser Periode.
Gorlizki, Yoram; Khlevni︠u︡k, O. V. (2004): Cold peace. Stalin and the Soviet ruling circle, 1945-1953. Oxford, New York: Oxford University Press.
Mastny, Vojtech (2003): Die NATO im sowjetischen Denken und Handeln 1949 bis 1956. In: Vojtech Mastny und Gustav Schmidt (Hg.): Konfrontationsmuster des Kalten Krieges. 1946 bis 1956. München: Oldenbourg (Entstehung und Probleme des Atlantischen Bündnisses bis 1956, 3), S. 383–471.