Technologische Überlegenheit Europas und des Mittelmeerraumes

Iceman

Mitglied
Naabend,
leider hab keine Ahnung was das richtige Forum dafür wäre, daher mal in die Vorsortierung.

Ich habe mich letztens gefragt woher eigentlich die technologische Überlegenheit der Europäer in der Welt
kommt. Also so wie ich das sehe hat sich das ganze zwar im Laufe der JAhrhunderte vom Mittelmeerraum nach
mehr auf den europäischen Kontinent verschoben, aber warum liegen alle anderen Kulturen spätestens ab dem 15Jh
so weit hinter Europa egal ob sie keine oder wenige Beziehungen zu europäischen Völkern/Reichen/Nationen hatten?
 
...mindestens militärtechnisch waren die Osmanen dem späten Ostrom überlegen: sie eroberten es - rein geographisch scheint der Untergang von Byzanz eine Ausnahme von deiner These zu sein.
 
Ein weiteres Gegenbeispiel: Die Flotte des chinesischen Seefahrers Zheng He scheint, technologisch nicht hinter europäischen Schiffen derselben Zeit gelegen zu haben.
 
Definiere "technologische Überlegenheit" - das ist ein weites Feld...

Es dürfte insgesamt zu bezweifeln sein, dass 'alle anderen Kulturen spätestens ab dem 15. Jh so weit hinter Europa zurücklagen.' M. E. tut sich die Kluft erst während der Aufklärung auf, und wird im Zuge der Industrialisierung so richtig breit. Spätestens seit dem Russisch-Japanischen Krieg schließt sich diese schon wieder.

Selbst militärtechnologisch war es mit der Überlegenheit spätestens dann vorbei, wenn man den Fuß auf außereuropäisches Territorium zu setzen wagte. Siehe auch Linda Colley, Captives (ein sehr lesenswertes Buch übrigens, in dem u. a. recht ausführlich beschrieben wird, wie die überlegenen Engländer in 17. Jh. in Nordafrika und noch im 18. Jh. in Indien regelmäßig den A...llerwertesten voll einen schweren Stand hatten:
At sea, to be sure, the major European powers had established a marked lead over other regions of the world by 1600. On land, however, it was a different matter. Part of the excitement and sentimentality with which Britons and other Europeans reacted to Captain James Cook's encounters with Pacific islanders in the 1770s may well have been due to a graitified recognition that here were societies whose weaponry was indeed indisputably primitive in quality. By contrast, in parts of North Africa, in North America and above all in Asia, British intruders in this period had regularly to confront peoples whose weapons were similar to their own, and occasionally better. Land warfare remained conspicuously low-tech, and there was no necessary gulf between Western and non-Western armaments. As late as 1799, guns, cannon and ammunition together accounted for less than 5% of Britain's land warfare budget. The rest went on horses, carts, uniforms, swords, knives, pikes and soldiers' pay.
Quelle: http://homepage.eircom.net/~odyssey/Quotes/History/Linda_Colley.html
[Sinngemäß: Auf See waren die großen europäischen Mächte tatsächlich dem Wttbewerb weit überlegen. An Land jedoch sah das durchaus aunders aus. Teil der Begeisterung, mit der Briten und Europäer auf das Zusammentreffen James Cooks mit den Bewohnern der Südseeinseln regierten, rührte aus der erleichternden Erkenntnis, dass man nun endlich einmal Gesellschaften aufgefunden hatten, deren Waffenarsenal ohne jeglichen Zweifel nur von primitiver Qualität war. Im Gegensatz dazu sahen sich britische Eindringlinge in Teilen Nordafrikas, Nordamerika und besonders in Asien häufig mit Völkern konfrontiert, deren Waffen den ihren ähnlich und gelegentlich sogar besser waren.
Ich bitte um Nachsicht, dass ich aus Faulheitsgründen den Text aus dem Internet und nicht aus dem Buch selbst zitiert habe.

@Ugh Valencia: Well spoken. Zwar ist Schiffbau an und für sich eine höchst komplizierte Angelegenheit und die technischen Charakteristika sind häufig von Seegebiet, Einsatzzweck und verfügbarem Baumaterial abhängig. Was nun Wendigkeit und Ökonomie anging, wäre ich auch interessiert an einem Vergleich z. B. der chinesischen Schatzschiffe mit Koggen, Holks, Karacken oder den späteren niederländischen Fleuten. In mindestens einer Eigenschaft waren die Entwürfe der Schatzschiffe den europäischen Schiffen über 300 Jahre voraus: Sie waren in wasserdichte Abteilungen unterteilt, was die Sinksicherheit der Schiffe massiv vergrößerte. (Wäre interessant zu erfahren, ob der europäische Schiffbau die Idee noch irgendwo aus China übernommen hat, oder diese Idee ein zweites Mal haben musste...)
 
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Ich habe mich letztens gefragt woher eigentlich die technologische Überlegenheit der Europäer in der Welt
kommt. Also so wie ich das sehe hat sich das ganze zwar im Laufe der JAhrhunderte vom Mittelmeerraum nach mehr auf den europäischen Kontinent verschoben, aber warum liegen alle anderen Kulturen spätestens ab dem 15Jh so weit hinter Europa egal ob sie keine oder wenige Beziehungen zu europäischen Völkern/Reichen/Nationen hatten?

Es dürfte insgesamt zu bezweifeln sein, dass 'alle anderen Kulturen spätestens ab dem 15. Jh so weit hinter Europa zurücklagen.' M. E. tut sich die Kluft erst während der Aufklärung auf, und wird im Zuge der Industrialisierung so richtig breit. Spätestens seit dem Russisch-Japanischen Krieg schließt sich diese schon wieder.

Die Antwort gibt Neddy und er relativiert zu Recht die Darstellung als nicht mehr zeitgemäß. Die zeitliche Einordnung ist zudem korrekt.

Die wissenschaftliche Diskussion über die Ursachen für den Aufstieg des Westens unterlagen Umdeutungen des Narrativs. Einen Überblick über die Erklärungsansätze gibt beispielsweise Daly. Darwin ist eine gut zu lesende Gesamtdarstellung und Reinhard ist ebenfalls eine gute Gesamtdarstellung. . Der Klassiker der traditionellen eurozentrierten Sicht ist dabei McNeill und ähnlich Hoffman
Frank kritisiert u.a. diese westliche zentrierte Geschichtsschreibung und weitere kritische Sichten auf die Dominanz oder Überlegenheit finden sich bei Pomeranz etc. (Stichwort: The Great Divergence)

https://en.wikipedia.org/wiki/Great_Divergence

Daly, Jonathan (2014): Historians Debate the Rise of the West. Hoboken: Taylor and Francis.
Daly, Jonathan W. (2014): The rise of Western power. A comparative history of Western civilization. London: Bloomsbury.
Darwin, John (2008): After Tamerlane. The global history of empire since 1405. New York: Bloomsbury Press;
Frank, André Gunder (1998): ReOrient. Global economy in the Asian age. Berkeley, Calif.: Univ. of California Press.
Hoffman, Philip T. (2015): Why did Europe conquer the world? Princeton: Princeton Univ. Press
McNeill, William Hardy (2001): The rise of the West. A history of the human community : with a retrospective essay. , Univ. of Chicago Press.
Pomeranz, Kenneth; Topik, Steven (2015): The world that trade created. Society, culture, and the world economy : 1400 to the present. Third edition. London, New York, London, New York: Routledge, Taylor & Francis Group.
Reinhard, Wolfgang (2016): Die Unterwerfung der Welt. Globalgeschichte der europäischen Expansion 1415-2015. München: C.H. Beck
 
Es dürfte insgesamt zu bezweifeln sein, dass 'alle anderen Kulturen spätestens ab dem 15. Jh so weit hinter Europa zurücklagen.' M. E. tut sich die Kluft erst während der Aufklärung auf, und wird im Zuge der Industrialisierung so richtig breit. Spätestens seit dem Russisch-Japanischen Krieg schließt sich diese schon wieder.

Die militärische Überlegenheit der Spanier über die Indianerkulturen Mittel- und Südamerikas ist offensichtlich. Ähnliches gilt für die afrikanischen Kulturen, die wie die südamerikanischen noch im Steinzeitalter verharrten.

Anders sieht das bei den Chinesen aus, die sich im 16. Jh. vermutlich energisch gegen europäische Invasoren zur Wehr hätten setzen können. Auch das Osmanische Reich war den Europäern im 16. Jh. militärisch überlegen oder zumindest gleichrangig, wie zahlreiche Schlachten beweisen. Das änderte sich erst ab dem 17./18. Jh.
 
Europa ist einfach von der Geographie geküsst: Mildes aber fruchtbares Klima, gute Böden, reichlich Wasserversorgung ohne den Wechsel der Extreme Dürre und Überschwemmung, Verteilung von Bodenschätzen, die zumindest in der Frühzeit relativ gut oberflächennah abbaubar waren. Dazu eine naturgegebene Infrastruktur (schiffbare Flüsse). Das alles hat im Zusammenspiel dazu geführt, dass Europa dicht besiedelt ist und Gedankenaustausch (sowohl friedlich wie kriegerisch) möglich wurde.
 
Gründe für die technologische Überlegenheit der Europäer seit dem 15./16. Jh. sind dennoch nicht leicht auszumachen. Im Mittelalter waren die Europäer den Arabern bzw. der muslimischen Welt kulturell und militärisch noch weit unterlegen. An der Grenze zur Neuzeit häufen sich plötzlich Erfindungen und Entdeckungen, die Feuerwaffen hervorbringen und überseeische Seefahrt ermöglichen. Irgenwie muss es zu einem Innovationssprung gekommen sein, der sich nicht leicht erklären lässt.
 
Irgenwie muss es zu einem Innovationssprung gekommen sein, der sich nicht leicht erklären lässt.
In Europa konkurrierten mehrere ähnliche Länder miteinander. Diese Konkurrenz unterstützte das Streben nach Verbesserungen, einzelne Versuche der Stagnation wurden dabei abgewehrt. Der Buchdruck und die Universitäten ermöglichten einen immer schnelleren Fortschritt bei Wissen und Technik.
 
Wenn sich China damals nicht auf sich selbst beschränkt hätte, wäre es ein ernsthafter Konkurrent zu Europa geworden.

Die Gründung von Universitäten in Europa ab dem Hochmittelalter ist genauso ein nicht zu vernachlässigender Faktor gewesen wie die damalige einheitlich Wissenschaftssprache Latein. Und so wie heute das Internet (mit englischer Sprache als Lingua franca), so sorgte auch der Buchdruck für einen um mehrere Größenordnungen schnelleren Austausch von Informationen.

Nicht zu vergessen ist auch der Zuwachs an Ressourcen, die mit den Eroberungen der fremden Länder einher gingen, was für einige Zeit als ein sich selbst verstärkender Faktor darstellte.
 
Und nicht zu vergessen, der Wille zur Expansion. Siehe Portugal und Heinrich der Seefahrer. Das selbe gilt für Spanien nach der beendeten Reconquista. Das HRRdN lässt in meinen Augen den Willen zur Expansion vermissen. Wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, das die Herren Kaiser in Wien mit Spanien schon genug expandierten. Und auch auf dem Balkan genug zu tuen hatten. Klar der Dreißigjährige Krieg hat auch die Prioritäten anders setzen lassen.
 
Europa ist einfach von der Geographie geküsst: Mildes aber fruchtbares Klima, gute Böden, reichlich Wasserversorgung ohne den Wechsel der Extreme Dürre und Überschwemmung, Verteilung von Bodenschätzen, die zumindest in der Frühzeit relativ gut oberflächennah abbaubar waren. Dazu eine naturgegebene Infrastruktur (schiffbare Flüsse). Das alles hat im Zusammenspiel dazu geführt, dass Europa dicht besiedelt ist und Gedankenaustausch (sowohl friedlich wie kriegerisch) möglich wurde.

Ich würde nicht unbedingt sagen Europa, sondern eher Eurasien.
Ein riesiger Kontinent der geographisch waagerecht liegt. (von der Geographie geküsst)

Nicht nur, dass er den ökologisch größte Raum darstellt und die weit größte Zahl an domestizierbaren Tieren trägt,
er ermöglicht auch die durchgehende Ausbreitung von landwirtschaftlichen Techniken entlang ähnlicher Klimazonen.
Das ist etwa im Fall Amerika mit Nord-Süd-Ausrichtung, und auch Afrika, ganz anders. (ich folge hier der Darstellung von Jared Diamond - Arm und Reich)
Und wenn ich mir, soweit ich das verstehe, Asien anschaue, dann darf man sich wundern warum nicht dort die erste industrielle Revolution stattfand. (lt. Gregory Clark ist die Frage ungelöst)

Denn erst mit dieser, so nehme ich an, wurde die Überlegenheit Europas gegenüber anderen eurasischen Kulturzentren vorerst festgeschrieben.
 
Gründe für die technologische Überlegenheit der Europäer seit dem 15./16. Jh. sind dennoch nicht leicht auszumachen. Im Mittelalter waren die Europäer den Arabern bzw. der muslimischen Welt kulturell und militärisch noch weit unterlegen. An der Grenze zur Neuzeit häufen sich plötzlich Erfindungen und Entdeckungen, die Feuerwaffen hervorbringen und überseeische Seefahrt ermöglichen. Irgenwie muss es zu einem Innovationssprung gekommen sein, der sich nicht leicht erklären lässt.

Ich bin der Meinung von Neddy - der technologische Vorsprung Europas begann mit der Aufklärung und erreichte seinen Höhepunkt zur Zeit der Industriellen Revolution.
Selbstverständlich waren die Spanier und Portugiesen des 15./16. Jahrhundert den Inkas, Azteken etc. sowie den afrikanischen Kulturen, mit denen sie in Berührung kamen, überlegen. Aber zu einem war der Vorsprung nicht so eklatant (Handrohre und Arkebusen sind noch keine Karabiner) und zum anderen wäre in jener Zeit die Überlegenheit der Chinesen oder Türken gegenüber amerikanischen oder afrikanischen Kulturen wohl ähnlich ausgefallen.

Zwar wurde die Artillerie im spätmittelalterlichen Europa erfunden und erstmals eingesetzt (lässt man China mal beiseite) - war aber eine Innovation die sogleich übernommen wurde. Bereits bei der Eroberung von Byzanz (1453) hatte Mehmed II venezianische Kanonen und Geschützmeister angeworben und eingesetzt.

Auch in nachmittelalterlicher Zeit und noch nach dem Dreissigjährigen Krieg vermag ich keine wesentliche technologische Überlegenheit Europas erkennen, wenn ich mir z.B. die zweite Belagerung von Wien vergegenwärtige, wo von den Osmanen ganze Artillerieparks eingesetzt wurden.
 
Ich würde nicht unbedingt sagen Europa, sondern eher Eurasien.
Ein riesiger Kontinent der geographisch waagerecht liegt. (von der Geographie geküsst)
Aber Europa hat passende Entfernungen. Weiter im Osten konnten Völker leichter dem Wettbewerb ausweichen. Dies erlaubte zwar eine größere Eigenständigkeit, beschränkte aber aber auch den Druck zur Weiterentwicklung.
 
Ich würde nicht unbedingt sagen Europa, sondern eher Eurasien.
Ein riesiger Kontinent der geographisch waagerecht liegt. (von der Geographie geküsst)
Wir haben einerseits die "Steppenautobahn" der Reitervölker, die Europa mit China verbindet, aber auf der anderen Seite eben auch riesige Räume, wo praktisch nichts los war, weil kaum landwirtschaftlich nutzbar, erst in jüngster Zeit mit Öl und Gas.

Und nicht zu vergessen, der Wille zur Expansion. Siehe Portugal und Heinrich der Seefahrer. Das selbe gilt für Spanien nach der beendeten Reconquista. Das HRRdN lässt in meinen Augen den Willen zur Expansion vermissen. Wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, das die Herren Kaiser in Wien mit Spanien schon genug expandierten. Und auch auf dem Balkan genug zu tuen hatten. Klar der Dreißigjährige Krieg hat auch die Prioritäten anders setzen lassen.
Die Brandenburger haben im 17. Jhdt. durchaus versucht, etwas zu etablieren (etwa Groß-Friedrichsburg).
 
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Die Brandenburger haben im 17. Jhdt. durchaus versucht, etwas zu etablieren (etwa Groß-Friedrichsburg).

Das habe ich in der tat vergessen. Weil eigentlich auch eher eine Randnotiz der Geschichte.

Kurbrandenburgische Marine – Wikipedia
Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie – Wikipedia
Benjamin Raule – Wikipedia

Dafür, das nicht viel Gewinn dabei heraus kam, sogar eine relativ lange Phase. Zumal Kurbrandenburg stark während des 30-jährigen Krieges gelitten hat und jede menge Kapital und Personen brauchte, für den Wiederaufbau. Und der Große Kurfürst ja auch noch im Holländischen Krieg und dem Schwedisch-Brandenburgischen Krieg beschäftigt war.

Friedrich Wilhelm (Brandenburg) – Wikipedia

Man kann also sagen das Brandenburg/Preussen eher in der Nachbarschaft beschäftigt war, zusätzlich mit einem Wiederaufbau der Streusandbüchse des Reiches.
 
Das habe ich in der tat vergessen. Weil eigentlich auch eher eine Randnotiz der Geschichte.
Finde ich nicht. Sie haben eben eine überseeische Expansion versucht und sie ist mit bescheidenen Erfolgen vergleichbar mit den Versuchen der Schweden in Nordamerika geglückt. Dann aber hat sich der Schwerpunkt der Außenpolitik ähnlich wie bei Schweden von exotischen Küsten wieder auf die nähere Umgebung, den Baltikraum und im Falle Preußens Schlesien und Jülich-Berg verlagert. Die Aufgabe der überseeischen Ambitionen im Falle von Preußen war sehr eng mit der Person der Herrscher verbunden. Auch andere Staaten hatten anfänglich wenig rentable Projekte, die sich aber auf lange Sicht doch auszahlten. Bei Brandenburg-Preußen war einfach nicht die nötige Puste und evtl. keine weitere Strategie vorhanden. Die verstreuten Besitzungen der Niederländer in Afrika nutzten ihnen ja beispielsweise als Stationen auf ihrem Handel nach Indien bzw. Indonesien.

Ähnlich wie bei Brandenburg war es auch für Österreich, als es an Häfen gelangte, naheliegend maritim aktiv zu werden. Das Projekt Karl VI. wurde vehement von den Seemächten blockiert und scheiterte in den 1720ern. Ganz offensichtlich haben die Seemächte das Potenzial Österreichs zur Seemacht durchaus ernst genommen, sonst hätten sie nicht so drastisch dagegen interveniert - und wären sich in ihrer Abwehrhaltung dagegen sicher auch nicht so einig gewesen. Joseph II. hatte den Traum einer österr. Seemacht nochmal in bescheidenen Maßen aufgegriffen und es gab m.W. Expeditionen nach Indien. Der andernorts hier im Forum erwähnte M. A. Benjowski unternahm bspw. eine Expedition unter österr. Flagge nach Madagaskar. Das entsprach den österr. Plänen im Indienhandel einzusteigen, damals einer der einträglichsten. Da die österr. Niederlande ehedem durch den Fernhandel reich gewesen waren, war dieser Plan Karl VI. und Joseph II. auch durchaus folgerichtig,

Von daher würde ich nicht sagen, dass es im HRR keine Bestrebungen hinsichtlich kolonialer Projekte gab. Nur sind diese eben durch mannigfaltige Gründe im 18.Jh. gescheitert.
 
Die verstreuten Besitzungen der Niederländer in Afrika nutzten ihnen ja beispielsweise als Stationen auf ihrem Handel nach Indien bzw. Indonesien.

Von daher würde ich nicht sagen, dass es im HRR keine Bestrebungen hinsichtlich kolonialer Projekte gab. Nur sind diese eben durch mannigfaltige Gründe im 18.Jh. gescheitert.

Die Stationen der Niederländer in Westafrika waren vor allem für die WIC (Westindische Kompanie) interessant, als Quelle für den Sklavenhandel. Nur wichtig ist die Kapkolonie für den Indienhandel der VOC, am Kap der Guten Hoffnung. Hier konnten kranke ausgeladen werden, sowie frische Lebensmittel und Frischwasser aufgenommen werden.

Aus verschiedenen Gründen hatte es das HRRdN schwer mit lukrativen Kolonien. Wenn man sich die Landkarte ansieht lagen alle großen Kolonialmächte, mit Ausnahme der Niederlande, direkt am Atlantik.
Zum Teil war es schwierig in den Atlantik zu kommen, mit den damaligen Schiffen. Beispiel aus dem Mittelmeer raus war für Rahsegler nicht einfach. Schweden war im Baltikum ab 1600 stark beschäftigt. Österreich konnte nur mittels Adria mit einem Seeschiff angelaufen werden und das auch erst sehr spät. Wie gesagt der Balkan hat auch genug mittel und Personal gebunden.
Die Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck waren zu klein. Zumal die Hanse nach 1500 immer mehr an Macht verlor.

Ein anderer Aspekt ist, das wie der Seeweg nach Indien gefunden war, das die Hohe Pforte, sprich das Osmanische Reich, starke Einnahmeverluste hatte. Die Italienischen Republiken verloren auch an Bedeutung. Gleichzeitig wurde Portugal sehr reich. Erst recht die Niederländer als sie sich kurz danach im Portugiesischem Kolonialreich breit machten. Spanien hatte klar mit dem Amerikanischen Doppelkontinent auch genug zum Ausbeuten.
Meines Erachtens hat das Osmanische Reich auch Probleme bekommen durch die Barbareskenstaaten. Durch die Verluste an den Handelsschiffen der Mittel und Nordeuropäischen Staaten war es nicht wirklich lukrativ ins Mittelmeer einzufahren und Handel zu treiben, erst Recht als man in Lissabon und später Amsterdam die Gewürze bekam. Und das auch noch billiger, da der Zwischenhandel der Hohe Pforte weg fiel.
 
Aus verschiedenen Gründen hatte es das HRRdN schwer mit lukrativen Kolonien. Wenn man sich die Landkarte ansieht lagen alle großen Kolonialmächte, mit Ausnahme der Niederlande, direkt am Atlantik.
Zum Teil war es schwierig in den Atlantik zu kommen, mit den damaligen Schiffen. Beispiel aus dem Mittelmeer raus war für Rahsegler nicht einfach. Schweden war im Baltikum ab 1600 stark beschäftigt. Österreich konnte nur mittels Adria mit einem Seeschiff angelaufen werden und das auch erst sehr spät. Wie gesagt der Balkan hat auch genug mittel und Personal gebunden.
Die Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck waren zu klein. Zumal die Hanse nach 1500 immer mehr an Macht verlor.
Es geht hier m.E. nicht ums HRRdN, sondern um Staaten im HRRdN. Der Atlantik spielt dafür auch nicht die große Rolle. Dänemark wurde ja auch Kolonialmacht in Dänisch Westindien. Gerade da die Kolonien so klein waren, war es sie zu behaupten nicht gerade einfach. Für Österreich scheinen mir die Häfen in den Niederlanden wichtiger als die in der Adria. Da kam die dauerhafte Festsetzung an der Küste auch erst nach den Napoleonischen Kriegen, als Dänemark, GB und Frankreich bereits ihre Kolonien hatten. Preußen hat bezeichnenderweise die überseeischen Projekte, wie dann auch unter Friedrich II., von Emden aus unternommen. Die Ostseehäfen waren doch recht unbedeutend, Königsberg mal ausgenommen. Obendrein saß Dänemark am Sund mit den Sundzöllen, die im 17.Jh. die beste Einnahmequelle für die dänischen Könige und Mittel zur Kriegsführung darstellten. Der Große Kurfürst war durch seine Beziehungen zu den Niederlanden geprägt. Denkbar wäre auch eine Art Kooperation mit den Niederlanden gewesen, die schon das ansonsten maritim nicht so starke Schweden gegen Dänemark unterstützt hatten. Gerade nach dem Zugewinn in Pommern war Brandenburg von seiner internationalen Bedeutung und dem Prestige deutlich gestiegen, v.a. nachdem sich der Große Kurfürst von der eng an den Kaiser gebundenen Politik seines Vaters offensichtlich verabschiedete (Absetzung Schwarzenbergs).
 
Da ab 1618 das HRRdN nur noch ein Spielball war, bin ich auf Einzelstaaten des HRRdN gegangen in meiner Argumentation. Beim Großen Kurfürsten ist klar, das er durch die Verwandten seiner Mutter und seinem Aufenthalt in den Niederlanden vorgeprägt war. Emden kam erst 1683 an Brandenburg.
Mit dem Atlantik war allein auf den Globus gerichtet. England, Frankreich und die Niederlande mit ihren Flotten konnten die Nordsee ziemlich unangenehm machen. Das Kattegat und Skaggerak konnte auch damals, wenn auch unter Schwierigkeiten blockiert werden. Und Dänemark bekam wie Du schon erwähntest mit den Sundzoll einiges an Gold für den Staatsschatz. Kurioserweise ging der komplette Sundzoll auch nach dem Verlust von Schonen an Dänemark.
 
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