Inflation von DNA-Studien zur Frühgeschichte

silesia

Moderator
Teammitglied
In den letzten Jahren ist die Zahl der Artikel geradezu explodiert, zumal für die Frühgeschichte der Menschheit gleich auch noch entsprechende genetische Studien zu Flora und Fauna - wie Reis, Hund, Flöhe, Krankheitserreger - mitgeliefert werden, verknüpft und kombiniert werden, um so die Ausbreitungswellen und kulturellen „Diffusionen“ nachzuzeichnen.

Ein Aufsatz aus der nature (leider hinter paywall) versucht hier den Überblick zu halten:
Harnessing ancient genomes to study the history of human adaptation

... den findet man hier „in advance online“
https://www.gwern.net/docs/genetics/selection/2017-marciniak.pdf

Abstract:
The past several years have witnessed an explosion of successful ancient human genome-sequencing projects, with genomic-scale ancient DNA data sets now available for more than 1,100 ancient human and archaic hominin (for example, Neandertal) individuals. Recent 'evolution in action' analyses have started using these data sets to identify and track the spatiotemporal trajectories of genetic variants associated with human adaptations to novel and changing environments, agricultural lifestyles, and introduced or co-evolving pathogens. Together with evidence of adaptive introgression of genetic variants from archaic hominins to humans and emerging ancient genome data sets for domesticated animals and plants, these studies provide novel insights into human evolution and the evolutionary consequences of human behaviour that go well beyond those that can be obtained from modern genomic data or the fossil and archaeological records alone.

In den vergangenen Jahren hat es geradezu eine Explosion erfolgreicher antiker menschlicher Genomsequenzierungsprojekte gegeben, aufgrund derer DNA-Datensätze von mehr als 1.100 prähistorischen Menschen und archaischen Homininen (z. B. Neandertaler) im genomischen Maßstab verfügbar sind. Die jüngsten Analysen der Evolution haben damit begonnen, die räumlich-zeitlichen Pfade genetischer Varianten, die mit der Anpassung des Menschen an neue und sich ändernde Umweltbedingungen, landwirtschaftliche Lebensstile und eingeführte oder mitentwickelnde Krankheitserreger verbunden sind, zu identifizieren und zu verfolgen. Zusammen mit dem Nachweis adaptiver Introgression genetischer Varianten von archaischen Homininen bis hin zu Menschen und nun verfügbaren alten Genomdatensätzen für domestizierte Tiere und Pflanzen liefern diese Studien neue Einblicke in die menschliche Evolution und die evolutionären Folgen menschlichen Verhaltens, die weit über jene hinausgehen, die aus modernen genomischen Daten oder den fossilen und archäologischen Aufzeichnungen allein gewonnen werden können.
(Übersetzung ~ DeepL)
 
Zuletzt bearbeitet:
Since 2010, when the first ancient-human genome was fully sequenced, researchers have amassed data on more than 1,300 individuals (see ‘Ancient genomes’ graphic), and used them to chart the emergence of agriculture, the spread of languages and the disappearance of pottery styles — topics that archaeologists have laboured over for decades.

Some archaeologists are ecstatic over the possibilities offered by the new technology. Ancient-DNA work has breathed new life and excitement into their work, and they are beginning once-inconceivable investigations, such as sequencing the genome of every individual from a single graveyard. But others are cautious.

“Half the archaeologists think ancient DNA can solve everything. The other half think ancient DNA is the devil’s work,” quips Philipp Stockhammer,...


Aus:
 
David Reich hat aktuell ein Buch veröffentlicht. M.E. Pflichtlektüre für alle am aktuellen Wissensstand zur alten DNA Interessierten: Home | Reich Lab

Offenbar wühlt das Thema die Briten mehr auf als die bronzezeitliche Steppeinvasion die Mitteleuropäer.
Es berührt das Selbstverständnis der Inselbewohner.
 
Besten Dank für den Hinweis.

Wir können auch die Grundsatzdebatte abtrennen, es gab mE schon einen allgemeinen thread zu den Genstudien.
 
Ach so, ok, dennoch war der Hinweis für die gewissermaßen fakultätsinternen Linien unterschiedlicher Meinungen abrundend. Zuvor konnte der Eindruck entstehen, dass da Blöcke sind.
 
Legofit hat nichts mit Baukästchen zu tun, aber wird vielleicht ein weiterer Baustein zur Verbesserung der Aussagekraft von paläo-populationsgenetischen Studien.

Vorab-Publikation im open access:
https://www.biorxiv.org/content/10.1101/613067v1

Hintergrund: Unser heutiges Verständnis von archaischer Vermischung beim Menschen beruht auf statistischen Methoden mit Verzerrungen, deren Auswirkungen von den angenommen Größen und Trennungszeiten der angestammten Populationen abhängen. Um Verzerrungen zu vermeiden, ist es notwendig, diese Parameter gleichzeitig mit denen, die die Beimischung beschreiben, zu schätzen. Genetische Schätzungen von Populationsgeschichten stoßen auch auf Probleme der statistischen Identifizierbarkeit: Verschiedene Modelle oder verschiedene Kombinationen von Parameterwerten können gleichwertig zu den Daten passen. Um dieses Problem zu lösen, benötigen wir Methoden der Modellauswahl und Modellmittelung, die in den meisten existierenden Programmen fehlen.
 
Zurück
Oben