Spanisch als Sprache in NS-Konzentrationslagern

El Quijote

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On parlait beaucoup le castillan dans la forêt de hêtres chère à Goethe“, schreibt der 2011 verstorbene spanische Kulturminister Jorge Semprún ('88 - '91 Regierung Gonzales ('82 - '96)) in seinem Buch Quel beau dimanche! (auf Deutsch als Was für ein schöner Sonntag! vorliegend). "Man sprach viel Spanisch in dem Buchenwald*, den Goethe so liebte" (bezogen darauf, dass Goethe gerne mit Eckermann auf den Ettersberg zu Spaziergängen hinausfuhr, genaudorthin, wo die Nazis 150 Jahre später das Lager Buchenwald errichteten). Semprún ist Buchenwaldüberlebender erlebte die amerikanische/Selbstbefreiung, bei dem Buch handelt es sich aber um einen Roman, wenn auch um einen autobiographischen. Semprúns Darstellung zufolge wurde die Selbstbefreiung Buchenwalds von Leuten aller Nationen organisiert, welche die Nazis in Frankreich verhaftet hatten und die im spanischen Bürgerkrieg in den Internationalen Brigaden gekämpft hatten. Daher sei die Kommandosprache der Widerstandsbewegung in Buchenwald Spanisch gewesen. (Ob ich das alles im Einzelnen richtig wiedergegeben habe, weiß ich nicht mehr, ist mindestens 2011 gewesen, dass ich einen Teil von Semprúns Buchenwaldbüchern gelesen habe.)

Nun die Fragen:
Wie wichtig war Spanisch tatsächlich in der Widerstandsbewegung in Buchenwald? Oder handelt es sich um die spanische Variante der Mythifizierung der Selbstbefreiung von Buchenwald?
Spielte Spanisch auch in anderen Konzentrationslagern eine Rolle im Widerstand?


*gemeint ist der tatsächliche Wald auf dem Ettersberg, der das Lager umgab.
 
Spanisch als Sprache der Häftlinge!?
Es waren ja 1944 Häftlinge aus 32 Nationen interniert.
Darunter auch Spanier. Dass deren Sprache die Sprache untereinander war, davon habe ich noch nichts gehört.
Auch im Roman von Bruno Apitz „Nackt unter Wölfen“ habe ich nichts dergleichen gelesen.
Auch im illegalen Lagerkomitee findet man keinen Spanier. 6 Deutsche, 1 Italiener, 1 Belgier, 1 Holländer, 1 Tscheche, 1 Polen, 1 Österreicher, 2 Franzoden, 1 Russen und 1 Jugoslawen.
Allerdings, der „Carachoweg“ (Übergang von Bahnhof zum Lager) hat einen spanischen Namen.
 
In "Der SS-Staat" von Eugen Kogon habe ich nichts davon gelesen, und Kogon war doch wohl recht gut informiert über den Mikrokosmos von Buchenwald

Wie viele Gefangene gab es dort eigentlich?
 
Es gibt da wohl nur Schätzwerte.
Das KZ wurde im Juli 1937 gebaut. Es sind in der Summe 250.000 gewesen die man dort umgebracht hat. Unter anderen auch den Führer der KPD, Ernst Thälmann (August 1944) und im Juli 1939 den Prediger von Buchenwald (Pfarrer Paul Schneider).

Bis zum Kriegsende gehörten zum KZ Buchenwald 136 Außenlager und Außenkommandos. Dazu gehörte auch das berüchtigte Lager Mittelbau - Dora bei Nordhausen. Im Verlauf des Krieges wurde beispielweis dieses Außenlager in ein KZ umgewandelt.

Nach 1945 war es ein Internierungslager (Speziallager Nr.2) der sowjetischen Militäradministration. Wurde bis 1950 betrieben. Von 1945 – 1950 starben dort 70.000 Menschen.

Befreit wurde das KZ (Selbstbefreiung) durch die 3. Armee unter dem Kommando von General Patton.
Mal am Rand erwähnt…
Den schnellen vorrücken dieser Armee verdankt Erfurt das es nicht Zerstört wurde. Der Finalschlag für Erfurt (ähnlich Dresden) war bereits in der Planung abgeschlossen, aber wurde nicht ausgeführt, weil die 3. Armee zu schnell vorrückte.
 
On parlait beaucoup le castillan dans la forêt de hêtres chère à Goethe“, schreibt der 2011 verstorbene spanische Kulturminister Jorge Semprún ('88 - '91 Regierung Gonzales ('82 - '96)) in seinem Buch Quel beau dimanche! (auf Deutsch als Was für ein schöner Sonntag! vorliegend). "Man sprach viel Spanisch in dem Buchenwald*, den Goethe so liebte" (bezogen darauf, dass Goethe gerne mit Eckermann auf den Ettersberg zu Spaziergängen hinausfuhr, genaudorthin, wo die Nazis 150 Jahre später das Lager Buchenwald errichteten). Semprún ist Buchenwaldüberlebender erlebte die amerikanische/Selbstbefreiung, bei dem Buch handelt es sich aber um einen Roman, wenn auch um einen autobiographischen. Semprúns Darstellung zufolge wurde die Selbstbefreiung Buchenwalds von Leuten aller Nationen organisiert, welche die Nazis in Frankreich verhaftet hatten und die im spanischen Bürgerkrieg in den Internationalen Brigaden gekämpft hatten. Daher sei die Kommandosprache der Widerstandsbewegung in Buchenwald Spanisch gewesen. (Ob ich das alles im Einzelnen richtig wiedergegeben habe, weiß ich nicht mehr, ist mindestens 2011 gewesen, dass ich einen Teil von Semprúns Buchenwaldbüchern gelesen habe.)

Nun die Fragen:
Wie wichtig war Spanisch tatsächlich in der Widerstandsbewegung in Buchenwald? Oder handelt es sich um die spanische Variante der Mythifizierung der Selbstbefreiung von Buchenwald?
Spielte Spanisch auch in anderen Konzentrationslagern eine Rolle im Widerstand?


*gemeint ist der tatsächliche Wald auf dem Ettersberg, der das Lager umgab.

Ich kenne das erwähnte Werk von Semprún nicht, aber der von El Q. zitierte bzw. paraphrasierte Text sagt doch nur, dass die Häftlinge, die im spanischen Bürgerkrieg gekämpft hatten, untereinander Spanisch sprachen. Dass dürften doch in erster Linie Spanier gewesen sein und Ausländer, die in dieser Zeit zumindest gewisse Kenntnisse im Spanischen erworben haben dürften. Da diese in Frankreich verhaftet wurden und dort nach dem Sieg der Falange Exil gefunden haben, sprachen diese vermutlich auch Französisch. Dass diese untereinander Spanisch (oder Französisch) als gemeinsame Sprache benutzten, ist doch naheliegend. Wie die Kommunikation mit den Angehörigen anderer Nationen funktioniert haben könnte, ist eine andere Frage. Ich konnte auf die Schnelle keine Statistik über die Zusammensetzung der Häftlinge nach Nationalitäten im KZ Buchenwald finden. Darüberhinaus muß man wohl noch nach dem Stammlager und seinen Außenlager unterscheiden. Die Außenlager konnten durchaus in einiger Entfernung zum Hauptlager liegen, so gab es in Duisburg ein KZ, das auch zum KZ Buchenwald gehörte.

Eine andere Sprache, die die Häftlinge in Grundzügen beherrschten mußten, ist Deutsch. Von daher wäre auch diese in vereinfachter Form als lingua franca im KZ denkbar und ich meine, darüber auch schon etwas gelesen zu haben. Das war so eine Pidgin-Deutsch.

Nachschlag: die Bezeichnung für das unter den KZ-Häftlingen verwendete Deutsch ist Lagerszpracha: Konzentrationslager – Wikipedia

Allerdings, der „Carachoweg“ (Übergang von Bahnhof zum Lager) hat einen spanischen Namen.

und was für ein spanischer Name, die eigentliche Bedeutung des spanischen Wortes carajo ist eigentlich nicht die, die wir mit dem Lehnwort Karacho (Duden | Karacho | Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Synonyme, Herkunft ) verbinden: carajo | Spanisch » Deutsch | PONS

Aber laut dieser Seite kommt der Name des Carachoweges tatsächlich aus der Zeit des KZ:

Über die "Blutstraße" und den "Carachoweg"

Ein Teil des Bahndamms ist seit 1998 freigelegt. Dieser Bahndamm endet am 1943 errichteten Bahnhof Buchenwald, von dem aus der Carachoweg zum Lager führt. Er bekam diesen Namen, weil die Häftlinge, die am Bahnhof des Lagers ankamen, diese Strecke von der SS entlang gehetzt wurden. Ein ehemaliger jüdischer Häftling beschreibt in einem Gedicht diese Tortur: "Sie schnitten sich dornige Zweige ab/und schlugen. Perverse Genüsse./ Sie brachten die Alten mit Tritten in Trab/ Dazwischen knallten die Schüsse".
von: Erinnerungskultur - Ein schwer beschreibbarer Ort

Laut DWDS – Karacho wird dieses Wort in der Bedeutung Geschwindigkeit seit dem 1. Viertel des 20. Jahrhundert benutzt.
 
Befreit wurde das KZ (Selbstbefreiung) durch die 3. Armee unter dem Kommando von General Patton.
Mal am Rand erwähnt…
Deshalb schrieb ich von der Mythifizierung der Selbstbefreiung durch die DDR. Die Selbstbefreiung ist eine Tatsache. Sie war aber erst möglich, als die Amerikaner so nah waren, dass der Großteil der Wachmannschaften bereits abgerückt war und die nur spärlich bewaffneten Häftlinge - die über ein selbtgebautes Funkgerät Kontakt mit den Amerikanern hielten - die übrig gbeliebenen Wachen leicht überwältigen konnten. Als die Amerikaner das Lager erreichten, hatten die Insassen bereits die Türme und das Tor besetzt und mehrere SS-Männer in Gewahrsam genommen. Die Mythifizierungddieser Selbstbefreiung besteht darin, dass die DDR natürlich den als kapitalistisch eingestuften Amerikanern nicht die Rolle zugestehen wollte, welche diese tatsächlich hatten: Nur weil sie so nahe waren und nur weil deswegen das Gros der Lager-SS bereits geflüchtet war, konnte der Lagerwiderstand die verbuddelten Waffen bergen und die übrigen Wachen überwältigen.
 
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