In diesem Sinne, da Deutschland zur westlichen Wertegemeinschaft gehört und ein hochindustrialisiertes, kapitalistisches Land ist, wird die BW zur Verteidigung der Interessen der Wertegemeinschaft, des Kapitalismus oder globaler Handelsströme herangezogen.
Das ist ein legaler und legitimer Akt der Bundesregierung, die damit das "Nationale Interesse" Deutschlands verteidigt. Somit sind auch asymmetrische Bedrohungen (Terroristen etc.) u.U. als eine Bedrohung zu interpretieren, gegen die sich Deutschland verteidigen darf, entsprechend den Vorgaben des GG.
Vorab: Ich versuche, jetzt zeitgeschichtlich zu bleiben und nicht tagespolitisch zu werden.
De jure waren bis heute die Hürden für solche Einsätze relativ hoch. Anlässlich einer Verfassungsklage etlicher deutscher Parteien gab es dazu 1994 ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts:
Verfassungskonform, aber zustimmungspflichtig
Das Bundesverfassungsgericht urteilte am 12. Juli 1994, "Out of area"-Einsätze seien verfassungskonform – wenn der Bundestag vorher zustimmt. Der sogenannte Parlamentsvorbehalt war geboren. Nach Ansicht der Verfassungsrichter berechtige das Grundgesetz den Bund nicht nur zum Eintritt in ein System kollektiver Sicherheit, sondern biete auch die verfassungsrechtliche Grundlage für die sich daraus ergebenden militärischen Einsätze der Bundeswehr. Nicht nur die UN, sondern auch die NATO stelle ein solches System dar.
http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/188072/20-jahre-parlamentsvorbehalt-10-07-2014
Demnach bedurfte und bedarf es für solche Einsätze der Bundeswehr der Zustimmung des Bundestages. Selbst bei einer Konfronation mit dem Ostblock während des Kalten Krieges wäre der Verteidigungsfall vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates zu erklären gewesen.
https://www.bundestag.de/parlament/aufgaben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_10a/245146
Der Afghanistaneinsatz der Bundeswehr fand im Rahmen des Bündnisfalls (Artikel 5 NATO-Vertrag) statt.
Die Teilnahme am NATO-Einsatz gegen Serbien-Montenegro fand laut Bundestagsbeschluss "zur Abwendung einer humanitären Katastrophe" statt.
Damit ergibt sich aus der Vergangenheit als Einsatzgrundlage für die Bundeswehr:
1. Abwehr eines Angriffes auf das Bundesgebiet oder auf das eines Bündnispartners; oder
2. im Rahmen eines kollektiven Bündnissystems "zur Abwendung einer humanitären Katastrophe" - klassisch bis 1994 nur mit entsprechendem UNO-Mandat. Seit dem Urteil auch z. B. im Rahmen eines NATO- oder EU-Einsatzes.
Im Grundgesetz ist nirgendwo die Rede davon, dass die Bundeswehr
"zur Verteidigung der Interessen [...] des Kapitalismus oder globaler Handelsströme herangezogen"
werden darf und kann. Eine entsprechende Werbeaktion der Bundeswehr traf vor einigen Jahren eher auf großen Spott in der Öffentlichkeit. Und ein Interview hin, in dem er angeregt hatte, über solche Begründungen einmal ernsthaft nachzudenken, wurde 2013 mit solch großer öffentlicher Empörung und Entrüstung (ich hätte hier jetzt fas "bedacht" geschrieben) quittiert, dass in Folge der Bundespräsident zurücktrat.
http://www.faz.net/aktuell/politik/...praesident-koehler-tritt-zurueck-1977920.html
Die Legalität eines mit Verteidigung der Interessen des Kapialismus begründeten Einsatzes - zumindest außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik - ist m. W. in der Vergangenheit nicht geprüft worden. Eine derartige Begründung dürfte keine große Erfolgschance vor dem Verfassungsgericht gehabt haben.
Die Legitimität eines solchen Einsatzes ist 2013 in der deutschen Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der Äußerung des Bundespräsidenten sagen wir einmal sehr sehr sehr sehr kontrovers diskutiert worden (heutzutage nennt man das wohl einen Kotsturm, was damals lief).
Hierbei ist Köhler in der Öffentlichkeit ziemlich allein auf weiter Flur stehengelassen worden. Wohl auch, weil sich niemand anders den entsprechenden und z. T. auch wenig sachlichen Anfeindungen in der Öffentlichkeit aussetzen wollte.
Eben diese "Nichtformulierung" deutscher globaler Sicherheitsinteressen ist seit der Änderung der weltpolitischen Lage 1989 m. E. ein Dauerproblem in der deutschen Sicherheitspolitik.
Zum steigenden nationalen Selbstbewusstsein:
Ich habe das eher so wahrgenommen, dass die Bundesrepublik von ihren Bündnispartnern, ähm ermuntert wurde, nicht nur als stiller "Profiteur" ihrer Einsätze oder allenfalls als scheckschreibender Onkel aufzutretend, sondern dass man auch die militärischen Lasten tragen solle. Ich könnte mich in meinem kurzen Leben an keine Bundesregierung erinnern, die "Hurrah, wir ziehen in den Auslandseinsatz" gebrüllt hätte. Selbst in Afghanistan war man m. E. in erster Linie bündnissolidarisch und weder kriegsgeil noch KrieggegenAfghanistangeil.
Das mag im Falle Japans anders aussehen. Ich kenne mich dort nicht aus, aber einige Beobachtungen:
1. Das "nie wieder Krieg" ("nie wieder Atombombe") scheint in der Bevölkerung immer noch sehr tief verwurzelt zu sein. Ich erinnere mich an eine Zeitungsmeldung, derzufolge nach dem Erdbeben in Kobe ein japanischer Zerstörer, der humanitäre Hilfe leisten wollte, von den zivilen Behörden am Einlaufen gehindert wurde. Das wäre m. E. in der Bundesrepublik zu jeder Zeit undenkbar gewesen.
2. Eine tatsächliche konsequente Abwendung von der japanischen Politik im WK 2 scheint es dennoch weniger zu geben, als hierzulanden. Insbesondere, wenn man sich entsprechende Aussagen eher konservativer Regierungsmitglieder ansieht.
3. Japan steht dem militärischen Machtzuwachs der VR China zunehmend mißtrauische bis furchtsam gegenüber und das weder seit heute noch seit gestern. Vor einigen Jahren habe ich bereits verblüfft festgestellt, dass dieses Land, das offiziell gar kein Militär, sondern nur "Selbstverteidigungskräfte" hat, über eine der zahlenmäßig stärksten Marinen der Welt verfügt, die bereits vor Jahren die Britische Royal Navy locker überflügelt hat. Der Abstand ist in den letzten Jahren eher noch gewachsen.
M. E. ist hier die Motivation beider Staaten unterschiedlich: Die BRD macht mit, weil sie Bündnispartner bleiben will - Japan engagiert sich stärker, um weitere verbindliche Bündnispartner zu bekommen.