Deutsche Kriegsziele im Frühjahr 1918

Neddy

Aktives Mitglied
Auf was für merkwürdige Ideen man beim abendlichen Sch...Pferdeäpfel Schaufeln kommt: Möglicherweise sind das jetzt einfach nur uninformierte Fragen von mir, da ich mit der aktuellen Literatur zum WK I nicht vertraut bin. Allerdings ist mir bislang nichts untergekommen, was sich mit diesen beschäftigt htäte. Die Suche hier gab auch nichts her. Nun denn:

Hatte die deutsche Reichsleitung im Vorfeld ihrer Frühjahrsoffensive 1918 in irgendeiner Form abgestimmte und dokumentierte Kriegsziele? Also Kriegsziele wenigstens der 3. OHL, die ggf. sogar mit Kaiser und/oder Reichsregierung und/oder Reichstag vereinbart waren?
An welcher Stelle einer erfolgreichen Offensive wollte man versuchen, die Ententemächte politisch zum Aufgeben zu bewegen?

Welche Friedensbedingungen hatte man vor, ihnen aufzuerlegen bzw. vorzuschlagen?
War ein Frieden zum Status quo ante auf Grund auch der deutschen Erschöpfung ernsthaft angedacht? Oder war man so von den eigenen Fähigkeiten überzeugt, dass man immer noch einen Siegfrieden mit Zugewinnen anstrebte?

Womit sollte das britische Empire, womit die USA zu einem Friedensschluß bewegt oder wenigstens an den Verhandlungstisch gelockt werden?

Hatte man ernsthaft damit gerechnet, dass, selbst bei einem durchschlagenden Erfolg der Frühjahrsoffensive - Nachhaltige Zerschlagung der Front, Marsch auf bzw. Umzingelung bzw. Einnahme von Paris, meinetwegen Kapitulation Frankreichs bzw. Sonderfrieden mit Frankreich - Briten oder Amerikaner bereit gewesen wären, ebenfalls Friedensverhandlungen aufzunehmen?

Oder hat man mit der Offensive einfach mal angefangen nach dem Motto: "Tun wir ihnen nochmal so richtig weh und schauen, wofür das dann reicht?"

Hintergrund der ganzen Fragebatterie ist u. a. auch die - nun etwas spekulative - Frage, ob eine vom Deutschen Reich dominierte Friedensordnung nach Betrachtung der aktuellen deutschen Kriegsziele nachhaltiger geworden wäre, als der Frieden von Versailles. (Ich vermute(!): keineswegs)

Oder hätte man sich deutscherseits - ähnlich wie in Brest-Litowski - ebenfalls auf Kosten der unterlegenen Mächte derart ausgetobt, dass man sich auch nach einem Erfolg der Mittelmächte in Frankreich innerhalb der nächsten 20 Jahre wieder auf europäischen Schlachtfeldern getroffen hätte?
 
Als Einstieg der kurze Artikel von Löffelbein in der Weltkriegs-Enzykl.
https://encyclopedia.1914-1918-onli...aims_discussions_germany-2017-09-06.pdf#page6

Aus dem Aufsatz von Roger Chickering, Strategy, Politics, and the Quest for a Negotiated Peace, The German Case, 1914–1918 (aus Afflerbach: Der Sinn des Krieges)

The German quest for a compromise peace had a coda, in which Ludendorff himself played a bizarre role. For a brief moment in the spring of 1918 it appeared that the general’s ferocious resistance to a compromise peace would be vindicated – and this with the support of the Reichstag. Late in 1917 his armies won the war in the east. The ensuing negotiations at Brest-Litovsk resulted in a draconian treaty that not only documented Ludendorff’s understanding of a compromise peace. The ratification of the treaty by a majority in the Reichstag also threw a revealing light on this institution’s understanding of the same concept.

Ludendorff thereupon set out in the spring of 1918 to win the war in the west. The initial success of the great German offensives in France, towards which his strategic and political thinking had been oriented since the summer of 1916, raised prospects that the war would end in a magnificent German military triumph and a peace that would, like Brest-Litovsk, reward the most ambitious visions of a Siegespreis. By July, however, with the Allied counteroffensives, the collapse of these hopes became undeniable.


Das steht also im Kontext von Deutscher Vaterlandspartei und "Siegespreis"-Debatte 1917. Soweit militärisch dominiert, bestand das politische Kriegsziel im Frühjahr 1918, konträr zu den Realitäten, nicht einem operativen (ordinären) militärischem Triumph, der etwa lediglich nur einen Kompromißfrieden beschleunigen sollte.
 
Wie wenig die operativen Ansätze zu dem unveränderten Ansatz einer Vernichtungsschlacht ...

(Ludendorff, konträr unten zu Hindenburgs Nachkriegs-Resümee, dass eher darauf zielte, man hätte die Hinterland-Logistik entscheidend treffen müssen und die strategische "Naht" der Ententefronten aufrollen können - operativ mit Durchbruch an der Naht und weiträumig ganz im Stil der Roten Armee 1942/44) ...

passten, zeigt die folgende Passage zur Aresens-Konferenz im Januar 1918.

Passage aus Zabecki, The German 1918 Offensives, A case study in the operational level of war:

By striking at the British at their juncture with the French, the Germans would be following the Napoleonic formula for defeating a coalition: Attack the weakest member at its weakest point, and then defeat the other members in detail. With the German troops trained for infiltration tactics, the shattered ground of the Somme area, with its maze of trenches, ditches, craters, and cellars, actually worked to the advantage of the attacking infantry—but not of course to the advantage of the following artillery and logistical support. The critical flaw in the German plan was that it was still conceived as a force-on-force operation—a Vernichtungsschlacht—rather than a wedge between the coalition partners and a focused attack on the very vulnerable logistics system of the numerically weaker but more resilient partner. Ironically, Hindenburg in his post-war memoirs clearly identified the logistics vulnerability that Ludendorff never seemed to recognize:
'Had we reached the Channel coast, we would have touched Great Britain’s very life-cord. By so doing, we not only would have been in the most favorable position for interfering with her communications, but we would also have been able thence, by means of our heaviest calibers, to bombard a portion of Great Britain’s southern coast.'


Beides, Ludendorffs Vernichtungsschlacht und Hindenburgs Aufrollen der Naht und der Logistik bis zum Kanal*, zielte jedoch auf nichts weniger als den angepeilten Kollaps der Entente-Westfront.

* interessant vergleichend Mansteins Sichelschnitt 1940 (Ressourcen passend zum operativen Ziel) und Hitlers Ardennenoffensive 1944 (Ressourcen völlig -irrational- unzureichend zum operativen Ziel)
 
Interessantes und komplexes Thema. Zwei Aspekte auf die Schnelle

1. In der Einleitung zu obigem Titel (vgl. Silesia "The Purpose....) hält Afflerbach fest, dass die Kriegsziele auf fast allen Seiten erst während des Konflikts formuliert wurden. Vor dem Krieg gab es keine ausformulierten Kriegsziele, die durch einen Krieg hätten erreicht werden sollen, wobei es natürlich indirekte - meist defensiver Status-quo-erhaltender - Ziele gab.

2. Mit Verlauf des Krieges wurde der "Burgfrieden" brüchig, da zunehmende Teile - vor allem - der SPD den Glauben an einen "Verteidigungskrieg" angesichts der zunehmend schrillen und aggressiven Kriegszieldiskussion - "Siegfrieden" - aus dem Umfeld der "Vaterlandspartei" verlor. Und führte in deutlicher Abgrenzung zu dem Kurs der OHL/Vaterlandspartei zu der "Friedensresolution" vom Juli 1917, die von der Mehrheit im Reichstag (SPD, Zentrum und Fortschrittliche Volkspartei)

An der Diskussion über Kriegsziele und Friedensinitiativen ist die enge Beziehung zwischen dem Erfolg auf dem Schlachtfeld und den zu erwartenden innenpolitischen Friktionen bei einem nicht erfolgreichen Ende eines - in diesem Fall - "Totalen Krieges". Eine gute grundsätzliche Diskussion findet sich bei Goeman.

Welche Friedensbedingungen hatte man vor, ihnen aufzuerlegen bzw. vorzuschlagen?
.....
Oder hätte man sich deutscherseits - ähnlich wie in Brest-Litowski - ebenfalls auf Kosten der unterlegenen Mächte derart ausgetobt, dass man sich auch nach einem Erfolg der Mittelmächte in Frankreich innerhalb der nächsten 20 Jahre wieder auf europäischen Schlachtfeldern getroffen hätte?

Das betrifft eine zentrale außenpolitische Diskussion über die Lage der Deutschen Reichs und seine politische Position gegenüber seinen Nachbarn. Vor diesem Hintergrund hatte z.B. Hildebrand und auch Hildebrand mit der semi-hegemonialen Position des Deutschen Reichs in Europa argumentiert. Und die beiden Weltkriege in diesem Kontext als den Versuch angesehen, die unangreifbare Hegemonie in Europa zu erlangen.

(vgl. S. 27)
https://books.google.de/books?id=fzy0qiyKd7AC&pg=PA27&lpg=PA27&dq=hildebrand+semi+hegemoniale+position&source=bl&ots=YTBgFEiZVg&sig=3Wy6_N6gpZMsXMRXH4fj_ApXpVQ&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwjS_fr0gKneAhUOJ1AKHcfnBIoQ6AEwBnoECAMQAQ#v=onepage&q=hildebrand semi hegemoniale position&f=false

Einer meiner ersten Beiträge im Forum hatte sich mit dem Thema beschäftigt, den ich heute wohl anders schreiben würde

http://www.geschichtsforum.de/thema...aeufigkeit-von-ww1-und-ww2.27544/#post-419984

Insofern verläuft die Diskussion über die Kriegsziele auf der einen Seite auf der Grundlage der formulierten Ziele und auf der anderen Seite über die - auch sozialdarwinistische - Interpretation, wie Großmächte interagieren und ihre Interessen durchsetzen.

Goemans, H. E. (2000): War and punishment. The causes of war termination and the First World War. Zugl.: Chicago, Ill., Univ., Diss.
Hildebrand, Klaus (2008): Das vergangene Reich. Deutsche Aussenpolitik von Bismarck bis Hitler, 1871-1945. Studienausgabe. München: Oldenbourg.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ludendorff glaubte doch selber nicht so recht überzeugend an einem Sieg. In einer Denkschrift, die er für den Kronrat in Bad Homburg, der am 13.Feburar 1918 stattgefunden hatte, notierte er:

"Es wird ein gewaltiges Ringen, das an einer Stelle beginnt, sich an der anderen fortsetzt und lange Zeit in Anspruch nehmen wir, das schwer ist, aber siegreich sein wird."

Sowohl Ludendorff als auch Hindenburg hätte klar sein müssen, das ein großer Durchbruch, wie die OHL ihn anstrebte, eine deutliche Überlegenheit des Angreifers an Menschen und Material zur Voraussetzung hatte. Doch die deutsche Ausrüstung mit Flugzeugen, Lastkraftwagen, Nahrungsmitteln für Mensch und Tier, die fehlende Gummibereifung bei den Lastkraftwagen und auch Geschützen war den der Alliierten zahlenmäßig unterlegen. Und man verfügte nicht über hinreichende Reserven, fall der Angriff stecken bleiben würde, während auf der anderen Seite mit der Ankunft der US Truppen rechnete.

Am 25.Januar 1918 notierte Kronprinz Rupprecht in seinem Tagebuch:
"Ob uns ein Durchbruch gelingen wird, kann niemand voraussagen; bisher ist er unseren Gegner nicht einmal bei großer Überlegenheit gelungen."

General Wilhelm Groener führt in seinen "Lebenerinnerungen" auf S.380 aus:
"Diese Offensive im Westen ist eine sehr, sehr schwierige Arbeit und wird nach meinen Dafürhalten von vielen draußen wie in der Heimat unterschätzt. Zehn Hindenburgs und Ludendorffs vermögen auch nicht die Überlegenheit von Menschen, Waffen und Munition herbeizuführen, wie sie eigentlich für einen Entscheidungskampf im Westen eigentlich notwendig wäre."

Also war schon allein die Annahme der Lösung des "Problems" im Westen, die die Trennung der Franzosen von den Engländern, die man soweit als möglich zerschlagen wollte, militärisches Wunschdenken. Aber man wollte die Entscheidung erzwingen, bevor die Amerikaner kommen.

General von Kuhl notierte am 06.02.1918 in seinem Kriegstagebuch: " Wir werden unser Möglichstes tun. Aber ich habe nicht viel Zutrauen zum Angriff, wenn wir nicht besonderes Glück haben. Es kommt", so fährt er fast prophetisch fort, "zu einer Ausbauchung. Dann stecken wir in dem Gelände, das wir vor fast einem Jahr mühsam zerstört und aufgegeben haben. Schließlich kommen die Amerikaner doch."

Bedenken gab es mehr als genug. Die OHL wollte einen Siegfrieden mit aller Gewalt erzwingen, um vor allem ihr Ostimperium zu realisieren. Auch war der Siegfrieden wichtig für den Erhalt der konservativen Grundordnung des Kaiserreiches.

Am 21.März 1918 begann die Offensive. Schon Ende März kam die Ernüchterung. Der Angriff geriet ins Stocken. Es wurde immer schwieriger die Soldaten durch das Trichtergeländer zu versorgen.

Kronprinz Rupprecht von Bayern vertraute am 20.05.1918 seinem Tagebuch die folgenden Zeilen an:

"Die OHL glaubt im Grunde selbst nicht mehr an die Möglichkeit einer für uns günstigen Entscheidung, ohne aus dieser Erkenntnis Folgerungen zu ziehen, und alle Leute scheuen sich die Wahrheit zu sagen. Es ist eine Vogel-Strauß-Politik, die bei uns getrieben wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bedenken gab es mehr als genug. Die OHL wollte einen Siegfrieden mit aller Gewalt erzwingen, um vor allem ihr Ostimperium zu realisieren. Auch war der Siegfrieden wichtig für den Erhalt der konservativen Grundordnung des Kaiserreiches.

Ich weiß nicht so recht, ob das unbedingt dem Willen zum Imperium geschuldet war oder möglicherweise auch dem Umstand, dass man keinen Weg mehr sah, aus dem Krieg heraus zu kommen.

Angesichts des Umstands, dass die Amerikaner mittlerweile im Boot waren und ihr Inerscheinungtreten in Europa nur noch eine Frage der Zeit war, kann ich mir auch vorstellen, dass die Militärs der Meinung waren keine andere Wahl mehr zu haben.
Hätte man Verhandlungen angeboten und sich mit Offensiven zurückgehalten, hätte die Entente sehr wahrscheinlich versucht über eine Verschleppungstaktik Zeit zu schinden um jedes Zeitfenster für deutsche Aktionen zu verkürzen, aber ohne einen Friedensschluss ernsthaft zu erwägen.

Man hätte eingraben können, aber dann hätte man es auf einen Abnutzungskrieg angelegt, für den man eigentlich die Ressourcen nicht mehr hatte.


Ein Frieden auf Basis des Status-Quo-ante wäre nach Brest-Litowsk nicht mehr realisierbar gewesen, fraglich auch, ob es mit Hinblick auf das Osmanische Reich und die Donaumonarchie, die spätestens Anfang 1918 anfangen erste Zerfallserscheinungen zu zeigen noch machbar gewesen wäre territorial weitgehend zum Stand von vor 1914 zurück zu kommen oder ob bereits zu diesem Zeitpunkt die zentrifugalen Kräfte so stark waren, dass es nicht mehr dauerhaft zusammenzuhalten gewesen wäre.

Auf der österreichischen Seite kommt ja bereits im Rahmen der Diskussion um die "austro-polnische" Lösung im Hinblick auf die Kreigszielpolitik die Erkenntnis zum tragen, dass Österreich sich wahrscheinlich jedenfalls von Galizien als Teil der Donaumonarchie würde trennen müssen.


Ich denke auch im Hinblick auf einen potentiellen allgemeinen Verständigungsfrieden wird man die Frage stellen müssen, bis wann der gangbar gewesen wäre.
Sicherlich hätte man im Zuge der Februarrevolution 1917 vor dem sich abzeichnenden Zusammenbruch Russlands einen Versuch unternehmen können zu einem Ausgleichsfrieden zu kommen, zumal hier die Amerikaner noch nicht im Boot waren und die Entente noch nicht darauf rechnen konnte, dass die Zeit für sie spielen würde.

Ich denke aber dass spätestens im Herbst 1917 das Zeitfenster für einen Verständigungsfrieden auf Basis der Vorkriegsverhältnisse zur Neige ging, weil Russland sich bis hierhin gehalten hatte, weiterhin deutsche Kräfte Band und wahrscheinlich noch bis in den Winter binden würde, man also vor dem Frühjahr 1918 mit größeren deutschen Offensiven nicht mehr zu rechnen haben würde aber Sommer/Herbst 1918 mit signifikanten amerikanischen Verstärkungen rechnen durfte.
Ich denke, dass das Zeitfenster für einen allgemeinen Verständigungsfrieden, wahrscheinlich ab Jahresbeginn 1917 bestand und wahrscheinlich ab September/Oktober 1918 allmählich auslief, weil der vollständige Zusammenbruch Russlands ausgeblieben war, der Winter in absehbarer Zeit großangelegte Operationen der Zentralmächte behindern würde und Eingreifen der Amerikaner 1918 absehbar war.

Von dem her, denke ich, dass dass ein Frieden auf Basis der Vorkriegsverhältnisse schon ein paar Monate vor Brest-Litowsk keine wirklich guten Erfolgsaussichten mehr gehabt hätte und es für Deutschland hier nur noch zwei Möglichkeiten gab den Krieg schnell zu beenden, nämlich entweder alles auf die karte des schnellen militärischen Sieges zu setzen oder einen Verlustfrieden zu schließen in der Hoffnung die Verluste möglichst gering zu halten, was allerdings, erst Recht vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden militärischen Sieges über Russland wahrscheinlich kaum vermittelbar gewesen wäre.
 
Bedenken gab es mehr als genug.
Max von Baden traf sich am 19. Februar 1918 mit Ludendorff, um ihn von der Priorität einer politischen Offensive vor der militärischen Offensive zu überzeugen: Deutschland sollte die Wiederherstellung der Souveränität und Integrität Belgiens zusagen. Max von Baden argumentierte, "daß auch nach überwältigenden Siegen Deutschlands die Alliierten nicht gezwungen sein würden, klein beizugeben; sie könnten den Feldzug fristen, bis Amerika seine volle Kraft einsetze; daß unter diesen Umständen die Erklärung über Belgien erfolgen müßte, und zwar jetzt; sie würde uns den Frieden bringen oder zum Siege helfen, denn in jedem Falle würde das englische Volk in zwei Hälften gerissen; wenn wir weiterkämpfen müßten, dann würden unsere Schläge härter treffen. Nach meiner Überzeugung war die Verantwortung nicht tragbar, in unserer vereinsamten Lage auf dieses große Sprengmittel zu verzichten."

Auf die Frage "Was geschieht, wenn die Offensive mißlingt?" soll Ludendorff geantwortet haben: "Dann muß Deutschland eben zugrunde gehen."
 
@Shinigami

Glaubst du, das ein allgemeiner Verständigungsfrieden denn überhaupt möglich gewesen wäre? Ich habe da so meine Zweifel.

US Präsident Wilson hatte schon in der Phase der Aufmärsche seine Bereitschaft für gute Dienste bei der Lösung des Konfliktes signalisiert. Es hatte kein Echo gefunden. Warum?
Unterstaatssekretär Zimmermann bedankte sich wenigstens bei Wilson für sein Angebot zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln. Was bei den Deutschen übel aufstieß, waren die amerikanischen Munitionsverkäufe. US Botschafter meldete an Colonel House, der merkwürdigerweise nie Colonel gewesen war, das die Deutschen bereit sind den U-Bootkrieg einzustellen, wenn die Briten sich an die Londoner oder Pariser Seerechtserklärung halten. House führte aus, die Deutschen wollen sich nicht aushungern lassen.
In der ersten Hälfte des Jahres 1915 begann die viermonatige Reisediplomatie von Colonel House.
Die Deutschen, so Grey zu House, müssten Belgien räumen und Elsass-Lothringen zurückgeben. Die Russen würden Konstantinopel haben wollen. Deutsch-Südwest wurde schon als Territorium als Empire Territorium angesehen, dergleichen Neuguinea und die Pazifikinseln. Das war Grey seine Definition für die Garantie eines dauerhaften Friedens. Wenn Deutschland einwillige, könne House ruhig nach Berlin reisen.
Wie Grey man bei diesen Bedingungen erwarten, das Berlin einwillige.

Den Franzosen fehlte jedes Verständnis, weshalb die USA überhaupt neutral blieben.

Die Friedensinitiativen der Mittelmächte im Jahre 1916 und auch die Friedensaktion des Papstes im Jahre 1917 waren ebenfalls erfolglos. Letztere wurde von US Präsiden Wilson mit der Forderung abgelehnt, das die Staaten der Kriegsgegner erst demokratisiert sein müssen.

Mit Russland wurde von 1915 bis 1917 sich um einen "Sonderfrieden" bemüht. Als Sprachrohr dienten die Japaner, an die man in Stockholm, Peking und Mexiko herantrat. London hatte entsprechende Telegrammen zwischen den deutschen Stellen abgefangen. Den Russen war es gelungen Telegramme zwischen Stockholm und Tokio und auch Petersburg und Tokio abzufangen.
Auch die USA erhielten Kenntnis von den deutschen Fühlungsnahmen. Ab Dezember 1917 wurden von der bolschewistischen Regierung Lenis ohnehin alle Dokumente veröffentlicht. Ob die Japaner hier wirklich ernsthaft verhandelten? Zu große war die Rohstoffabhängigkeit von Großbritannien und den USA.

Die Entente wollte ihre Kriegsziele verwirklichen und dazu bedurfte es letzten Ende eine bedingunslose Kapitulation Deutschlands, Österreich-Ungarns, Bulgarien und der Türkei. Das hatte man auch 1918/19 erreich.
 
Glaubst du, das ein allgemeiner Verständigungsfrieden denn überhaupt möglich gewesen wäre? Ich habe da so meine Zweifel.

Im Zeitfenster zwischen der Februarrevolutuion in Russland und dem Kriegseintritt der USA wäre das, denke ich eine valide Option gewesen, wenn die Zentralmächte ein Angebot auf den Tisch gelegt hätten.

Du Kennst Afflerbachs Ausführungen ("Auf Messers Schneide") auch zur finanziellen und Nachschubsituation Großbritanniens, die allmählich Prekär wurde, weil GB zunehmend als Garant für Kredite an seine Verbündeten einspringen musste, deren Rating nicht mehr so gut war.

Im Februar 1917 kippte in Russland das System und es konnte niemand sagen, wie stabil die neue Regierung sein, welchen Kurs sie fahren würde und wie lange die russsiche Armee noch durchhalten konnte, mit den Amerikanern durfte noch niemand rechnen, die Fronten im Westen und an der italienischen Grenze steckten fest, Fortschritte machte die Entente lediglich in der Levante und in Mesopotamien, während die Zentralmächte mittlerweile den Balkan kontrollierten, die französische Kriegswirtschaft war dadurch, das ein ansehnlicher Teil der französischen Industrie 1914 unter die Räder gekommen war oder im Besatzungsgebiet lag, stark angeschlagen, und musste gestützt werden, Italien und Russland mussten wirtschaftlich ebenfalls gestützt werden, GB allein konnte das unmöglich leisten und für die Kredite in den USA mussten britische Garantien herhalten, was den britischen Staatsfinanzen doppelt weh tat, da man ja zusätzlich auch bereits außerplanmäßig ein eigenes Landheer hatte erfinden müssen, damit war die finanzielle Lage und davon hing die Versorgung auch Frankreichs und Italiens ab, deutlich angespannt.

Ich denke, wenn im Februar/März 1917 unter dem Eindruck der Revolution in Russland die deutsche Regierung einen konkreten Vorschlag für einen universellen Frieden mit lediglich kleinen Korrekturen der Vorkriegsgrenzen auf den Tisch gelegt hätte, hätte die Entete angenommen.

Ob sie es nach dem amerikanischen Kriegseintritt noch getan hätte, ist, denke ich schwer abzuschätzen, spätestens ab Herbst würde ich keine wirlich guten Chancen mehr dafür sehen wollen.
 
Schöne Lagebeschreibung.

Am 14.02.1916 versicherten die drei Ententemächte gegenüber der belgischen Regierung, die Feinseligkeiten nicht eher einzustellen, ohne das Belgien in seiner politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit wiederhergestellt und für die erlittenen Verluste reichlich entschädigt würde. Italien und Japan schlossen sich an. Am 29.April 1916 wurde eine ähnlich Erklärung für den belgischen Kongo abgegeben.

Das war schon einmal wenigsten ein nicht unerheblich Einschränkung für eventueller Friedensverhandlungen.

Am 14.02.1917 versprachen sich die Ententemächte so einiges. Russland sagte Frankreich die Unterstützung bezüglich Elsas und Lothringen zu, das Saarbecken zu gewinnen und aus den übrigen linksrheinischen Territorien Deutschlands ein autonomes und neutrales Staatswesen zu bilden, das von französischen Tuppen bis zur Erfüllung aller Bedingungen und Garantien des Friedensvertrages besetzt bleiben sollte.
Am 11.März 1917 gewährte Frankreich volle Freiheit, seine westlichen Grenzen nach eigenen Ermessen festzusetzen.
Von April bis August 1917 verhandelten England und Frankreich mit Italien über dessen Anteil bei der Aufteilung der asiatischen Türkei. In einem Notenwechsel wurde im August 1917 eine italienische Annexionszone im Südwestanatolien festgelegt.

Auch diese Vorstellungen machten eine positiven Frieden eher unwahrscheinlich; mein ich.
 
Am 14.02.1917 versprachen sich die Ententemächte so einiges. Russland sagte Frankreich die Unterstützung bezüglich Elsas und Lothringen zu, das Saarbecken zu gewinnen und aus den übrigen linksrheinischen Territorien Deutschlands ein autonomes und neutrales Staatswesen zu bilden, das von französischen Tuppen bis zur Erfüllung aller Bedingungen und Garantien des Friedensvertrages besetzt bleiben sollte.
Ja, aber die russische Regierung, die das zusagte, dass (das müsste dem Datum nach noch die Zaristische gewesen sein), existierte einen Monat später schon nicht mehr.

Insofern, theoretisch versprechen konnte man sich gegenseitig viel, die Frage ist ob diese Versprechen mit der Gesamtlage noch irgendwas zu tun hatten, oder eher als vertrauensbildende Maßnahmen gegen Separatfriedensbestrebungen zu sehen sind.
 
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