Das Dispargum-Mysterie

Also wenn es schon einen Nachweis gibt, dann können wir den Blog ja dicht machen. Wo wurde denn die Weiheinschrift gefunden?

Eine für euch vielleicht nicht neue Hypothese, gefunden beim Lesen zum Hugonen-Blog:
"In Anbetracht der Ereignisse der vorherigen Jahrzehnte ist es nicht ausgeschlossen,daß in der Textüberlieferung "Dispargum castrum" eine Verschreibung von"disparsum castrum" vorliegt.Damit aber bezeichnet der bei Gregor von Tours genannte Siedlungsort der Chlogio-Franken nicht mehr als ein verwaistes, in der Spätantike von den römischen Truppen aufgegebenes Lager.Ein aufgelassenes spätantikes Lager oder munimentum,ein befestigter Platz, läßt sich im fünften Jahrhundert nur linksrheinisch,entlang des Rheins selbst oder im angrenzenden Binnenland annehmen. Die mittelalterliche Geschichtsschreibung verlegte jenen Platz in das heutige Xanten. Der Ort des Lagers aber war nach den Worten des Gregor von Tours "interminum Thoringorum",d.h. an der Grenze zur "Thoringia" gelegen. Thoringia selbst war linksrheinisches Gebiet, welches die Franken, vom Rhein kommend, durchzogen. Daher ist "Disparsum castrum" im Binnenland, vielleicht an der Maas, am
Rande der Ardennen zu suchen.Hier nämlich hatte Kaiser Julian zerstörte Lager zum Schutz der nördlichen Grenze entlang der Straße Köln-Bavai wiederaufbauen lassen, nachdem sie durch die Frankeneinfälle stark in Mitleidenschaft gezogen worden waren." (Studien zum frühen Christentum in Niedegermanien, Josef Kremer, 1993, S.67)
 
Also wenn es schon einen Nachweis gibt, dann können wir den Blog ja dicht machen. Wo wurde denn die Weiheinschrift gefunden?

Eine für euch vielleicht nicht neue Hypothese, gefunden beim Lesen zum Hugonen-Blog:
"In Anbetracht der Ereignisse der vorherigen Jahrzehnte ist es nicht ausgeschlossen,daß in der Textüberlieferung "Dispargum castrum" eine Verschreibung von"disparsum castrum" vorliegt.Damit aber bezeichnet der bei Gregor von Tours genannte Siedlungsort der Chlogio-Franken nicht mehr als ein verwaistes, in der Spätantike von den römischen Truppen aufgegebenes Lager.Ein aufgelassenes spätantikes Lager oder munimentum,ein befestigter Platz, läßt sich im fünften Jahrhundert nur linksrheinisch,entlang des Rheins selbst oder im angrenzenden Binnenland annehmen. Die mittelalterliche Geschichtsschreibung verlegte jenen Platz in das heutige Xanten. Der Ort des Lagers aber war nach den Worten des Gregor von Tours "interminum Thoringorum",d.h. an der Grenze zur "Thoringia" gelegen. Thoringia selbst war linksrheinisches Gebiet, welches die Franken, vom Rhein kommend, durchzogen. Daher ist "Disparsum castrum" im Binnenland, vielleicht an der Maas, am
Rande der Ardennen zu suchen.Hier nämlich hatte Kaiser Julian zerstörte Lager zum Schutz der nördlichen Grenze entlang der Straße Köln-Bavai wiederaufbauen lassen, nachdem sie durch die Frankeneinfälle stark in Mitleidenschaft gezogen worden waren." (Studien zum frühen Christentum in Niedegermanien, Josef Kremer, 1993, S.67)


Ich erinnere mich so ganz, ganz dunkel daran, irgendwo etwas mit den Buchstaben gelesen zu haben. Der Fund dürfte höchstwahrscheinlich im Herzen von Duisburg (Burgplatz in der Innenstadt am Rathaus) gemacht worden sein.

Dass Dispargum ein Verschreiber von Disparsum sein sollte, halte ich für unwahrscheinlich. Disparsum gibt es nicht, falls dispersum gemeint sein sollte, so heißt dieses "weit verstreut" und nicht "aufgegeben".


Thüringer links des Rheins?
Danach hätte westlich des Rheins (=linksrheinisch) in der Spätantike ein Siedlungsgebiet der Thüringer bestehen müssen, das vom Verfasser aber verneint wird. Dabei beruft er sich auf Heike Grahn-Hoek (Gab es vor 531 ein linksniederrheinisches Thüringerreich?, in Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte 55 (2001), S. 15 – 55). Aus weiteren frühmittelalterlichen Quellen wird das Gebiet der Thüringer rechtsrheinisch angesetzt.

den o. g. Aufsatz findet man hier:

http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a106907.pdf
 
Also wenn es schon einen Nachweis gibt, dann können wir den Blog ja dicht machen.
Immerhin sind ja noch Detailfragen der Textinterpretation und der Feindatierung zu klären. :D

Wo wurde denn die Weiheinschrift gefunden?
So genau schreibt es Milz* nicht. "In einer anderen Grabungsfläche fand sich ein Reststück einer römischen Inschrift aus dem 1. Jahrhundert. Leider sind nur noch die Buchstaben O und N mit Sicherheit zu erkennen."

Eine für euch vielleicht nicht neue Hypothese, gefunden beim Lesen zum Hugonen-Blog:
"In Anbetracht der Ereignisse der vorherigen Jahrzehnte ist es nicht ausgeschlossen,daß in der Textüberlieferung "Dispargum castrum" eine Verschreibung von"disparsum castrum" vorliegt.
Auszuschließen ist nichts.
Die Form "disparsum" muss man aber im Wörterbuch mit der Lupe suchen und bedeutet laut Georges "das Vereinzelte". Von "dispergo" (ausstreuen, zerstreuen)...
Georges-1913-01-2214 - Zeno.org

* EDIT: Joseph Milz, Geschichte der Stadt Duisburg (1. Von den Anfängen bis zum Ende des Alten Reiches), Duisburg 2013
 
So genau schreibt es Milz* nicht. "In einer anderen Grabungsfläche fand sich ein Reststück einer römischen Inschrift aus dem 1. Jahrhundert. Leider sind nur noch die Buchstaben O und N mit Sicherheit zu erkennen."
* EDIT: Joseph Milz, Geschichte der Stadt Duisburg (1. Von den Anfängen bis zum Ende des Alten Reiches), Duisburg 2013
Leute, eine römische Inschrift 1.Jahrhundert soll auf den drei Jahrhunderte später lebenden Chlodio hinweisen? Hat Milz den Bienenwolf?
Warum nicht gleich 1900 Jahre? Wenn dann OL lesbar wäre, könnten wir von der Textinterpretation SepiOLa oder CarOLus lesen, bei OT müssten wir uns zwischen El QuijOTe oder RiOThamus als fränkischer König entscheiden. Endlich in die Geschichte eingehen......
 
Leute, eine römische Inschrift 1.Jahrhundert soll auf den drei Jahrhunderte später lebenden Chlodio hinweisen? Hat Milz den Bienenwolf?
Warum nicht gleich 1900 Jahre? Wenn dann OL lesbar wäre, könnten wir von der Textinterpretation SepiOLa oder CarOLus lesen, bei OT müssten wir uns zwischen El QuijOTe oder RiOThamus als fränkischer König entscheiden. Endlich in die Geschichte eingehen......



Ich kenne das von Sepiola genannte Werk von Milz nicht. Als ehemaliger Leiter des Stadtarchivs von Duisburg wurde Milz hier im Thread schon erwähnt (z. B. hier: http://www.geschichtsforum.de/384994-post9.html). Dass er vom Fund eines Teils einer römischen Säulentrommel auf einen römischen Tempel im Bereich des Zentrums von Duisburg schließt, halte ich für zu weitgehend. Allerdings ist das nur ein Teil der Argumentation (s. http://www.geschichtsforum.de/453312-post16.html).


Am Burgplatz steht das Rathaus (ca. 1900) und die Salvatorkirche (14. Jhdt.). Das Rathaus steht an der Stelle der ma Königspfalz, deren Reste beim Bau des Rathauses entdeckt worden sind:

Sie setzten eine Arbeit fort, die am Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Pfalzenforscher Konrad Plath aus Berlin auf dem Duisburger Burgplatz begann. Er suchte dort das von Gregor von Tours in seiner fränkischen Geschichte erwähnte Castrum Dispargum des ersten namentlich
bekannten fränkischen Kleinkönigs Clodio, entdeckte aber dort die Überreste der mittelalterlichen Pfalz der deutschen Könige.

http://www.archaeologie-duisburg.de/Stadtarchaologie_in_Duisburg_gestern.pdf

Interessant wäre, ob anhand der Ausgrabungen vom Ende des 19. Jhdts. ausgeschlossen werden kann, dass an der Stelle der Pfalz schon vorher eine römische Festung gestanden hat.
 
Es gibt eine neue Publikation zur Stadtgeschichte von Duisburg:

Ist das „Dispargum“, das bei Gregor von Tours im 6. Jahrhundert zum ersten Mal erwähnt wird, tatsächlich schon unser Duisburg oder sind es doch erst die kaiserlichen Urkunden aus dem 10. Jahrhundert, die eine erste Kunde über die Stadt geben? Auch darauf geht ein Beitrag in dem Jahrbuch ein und macht spannende Beziehungen deutlich, die heute in der Forschung immer noch kontrovers diskutiert werden. Platz: „Zuerst war man sich nicht sicher, ob Duisburg am Rhein damit gemeint wurde. Aber in zwischen gibt es viele Hinweise darauf, dass unser Duisburg gemeint ist“.

Funde und Grabungen: Duisburgs Archäologen erstatten Bericht

Ob in der neuen Publikation auch etwas neues zum Thema enthalten ist, kann ich noch nicht beurteilen. Aber sobald ich dort Einblick genommen habe, werde ich hier weiter berichten.
 
Hallo,
bin neu im Forum.
Momentan bin ich vom Schwerpunkt her bei einem anderen Thema, aber bei Dispargum stecke ich tief drin. Habe jetzt mal hier den ganzen Thread von vorne durchgeackert und dazu fällt mir noch einiges ein, aber ich muss mich erstmal neu einarbeiten. Hier erstmal:

@Carolus
Das Buch in Deinem Link gibt es inzwischen auch in der Duisburger Stadtbücherei. Ich werde es mir bei Gelegenheit holen, aber das dauert noch, da- wie gesagt - gerade in anderer Thematik.

Was neben mir liegt, ist meiner Meinung nach das bisher (zusammenfassend) Interessanteste:
Timann Bechert: DISPARGVM-DIVSBVRG Königshof und Kaiserpfalz (=Duisburger Forschungen Beiheft 16), Mainz 2017 (auch schon in der Stadtbibliothek). Recht populärwissenschaftlich aufgemacht, viele Bilder...

Von demselben Autor in Band 57 (2010) der Duisburger Forschungen (m.E. hier noch nicht erwähnt, falls ich den Überblick behalten habe): Asciburgium und Dispargum
Ist ein Nachdruck von 2002, dort an ziemlich versteckter Stelle.

Die Argumentation, dass hier zunächst eine befestigte römische Schiffslände war, finde ich sehr schlüssig. Interessant der Vergleich mit Ladenburg, wodurch man sich ein Bild des "castrum" machen kann. Aus Copyright-Gründen darf man aus den genannten Büchern keine Bilder wiedergeben, aber das hier aus Wikipedia ist freigegeben und diesen Abbildungen sehr ähnlich:

1024px-Burgus_Ladenburg.jpg


Eigene Arbeit von Veleius 23:02, 13. Jun. 2010 (CEST) - Zeichnung nach Heukemes 1981 in Katalog: Imperium Romanum, Römer, Christen, Alamannen-Die Spätantike am Oberrhein, Bad. Landesmuseum (Hrsgb.) K.Theiss Verlag, Stuttgart 2005, S. 196

(Sollte das Copyright-technisch trotzdem problematisch sein, bitte ich die Moderatoren, das zu entfernen. Wie gesagt - bin neu hier, noch keine Erfahrung)

Viele Grüße aus Dispargum
 
Hallo,
bin neu im Forum.
Momentan bin ich vom Schwerpunkt her bei einem anderen Thema, aber bei Dispargum stecke ich tief drin. Habe jetzt mal hier den ganzen Thread von vorne durchgeackert und dazu fällt mir noch einiges ein, aber ich muss mich erstmal neu einarbeiten. Hier erstmal:

@Carolus
Das Buch in Deinem Link gibt es inzwischen auch in der Duisburger Stadtbücherei. Ich werde es mir bei Gelegenheit holen, aber das dauert noch, da- wie gesagt - gerade in anderer Thematik.

Was neben mir liegt, ist meiner Meinung nach das bisher (zusammenfassend) Interessanteste:
Timann Bechert: DISPARGVM-DIVSBVRG Königshof und Kaiserpfalz (=Duisburger Forschungen Beiheft 16), Mainz 2017 (auch schon in der Stadtbibliothek). Recht populärwissenschaftlich aufgemacht, viele Bilder...

Von demselben Autor in Band 57 (2010) der Duisburger Forschungen (m.E. hier noch nicht erwähnt, falls ich den Überblick behalten habe): Asciburgium und Dispargum
Ist ein Nachdruck von 2002, dort an ziemlich versteckter Stelle.

Die Argumentation, dass hier zunächst eine befestigte römische Schiffslände war, finde ich sehr schlüssig. Interessant der Vergleich mit Ladenburg, wodurch man sich ein Bild des "castrum" machen kann. Aus Copyright-Gründen darf man aus den genannten Büchern keine Bilder wiedergeben, aber das hier aus Wikipedia ist freigegeben und diesen Abbildungen sehr ähnlich:

1024px-Burgus_Ladenburg.jpg


Eigene Arbeit von Veleius 23:02, 13. Jun. 2010 (CEST) - Zeichnung nach Heukemes 1981 in Katalog: Imperium Romanum, Römer, Christen, Alamannen-Die Spätantike am Oberrhein, Bad. Landesmuseum (Hrsgb.) K.Theiss Verlag, Stuttgart 2005, S. 196

(Sollte das Copyright-technisch trotzdem problematisch sein, bitte ich die Moderatoren, das zu entfernen. Wie gesagt - bin neu hier, noch keine Erfahrung)

Viele Grüße aus Dispargum

Danke für die Literaturhinweise. Ich habe leider noch nicht die Zeit gefunden, die entsprechenden Werke mir zu organisieren und nachzusehen, ob und was sie für diesen Thread relevantes und neues sie enthalten.

Der Beitrag "Asciburgium und Dispargum" von Dr. Bechert ist hier schon erwähnt worden:

Zum Castrum gibt es einen interessanten Artikel von Dr. Tilmann Bechert (siehe: http://books.google.de/books?id=rCJOxv2JiVQC&printsec=frontcover#v=onepage&q=&f=false). Dieser geht von der Identität Duisburgs und Dispargums aus und vertritt die Ansicht, dass das Castrum eine römische Militäranlage war.

Auf S. 6 im o. g. Link ist auch eine weitere Abbildung des Burgus von Ladenburg zu finden. Ich habe auch einige Vorträge von Dr. Bechert, dem damaligen Leiter der Stadtarchäologie Duisburg, gehört, in denen er von der Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit einer solchen Anlage im spätantiken Bereichs der heutigen Altstadt von Duisburg sprach.

Allerdings fehlen m. W. archäologische Funde und Befunde eines solchen Großbauwerks in der Altstadt. Hier stellt sich aber auch die Frage, ob man solche überhaupt noch erwarten kann, denn gerade in der Nachkriegszeit wurde sehr viel neu gebaut und der Denkmalschutz stand damals leider nicht oben in der Prioritätsliste.

Vielleicht wurden solche Überreste auch bereits in Mittelalter gehoben (Steinraub). Auch mittelalterliche Baumaßnahmen, wie z. B. die Salvatorkirche aus dem 14. Jhdt., haben möglicherweise mit ihren Fundamentierungsmaßnahmen darunterliegende Schichten unwiederbringlich zerstört.
 
Allerdings fehlen m. W. archäologische Funde und Befunde eines solchen Großbauwerks in der Altstadt. Hier stellt sich aber auch die Frage, ob man solche überhaupt noch erwarten kann, denn gerade in der Nachkriegszeit wurde sehr viel neu gebaut und der Denkmalschutz stand damals leider nicht oben in der Prioritätsliste.

Vielleicht wurden solche Überreste auch bereits in Mittelalter gehoben (Steinraub). Auch mittelalterliche Baumaßnahmen, wie z. B. die Salvatorkirche aus dem 14. Jhdt., haben möglicherweise mit ihren Fundamentierungsmaßnahmen darunterliegende Schichten unwiederbringlich zerstört.

Hallo,
sehe ich ähnlich. Das castrum lag m.E. ja genau dort, wo jetzt das Rathaus steht, davor die Pfalzanlagen. Also wurde hier schon vor langer Zeit massiv überbaut und das mehrfach. Schutt wurde ja gefunden. Den Säulenrest halte ich aber auch für eingeschleppt. Auf der anderen Rheinseite gab es ja reichlich römisches Gerümpel, an dem man sich sicher bedient hat, wofür auch immer (ganz einfach Schiffsbalast wurde im Thread ja schon erwähnt). Ein Tempel ist wirklich kaum zu erwarten. Dafür wohl eher eine heidnische Kultstätte, auf die man dann später die Kirche, noch später die Salvatorkirche gesetzt hat. Daher ja wohl der Name Duisburg, vom Gott Tyr/Tiu/Tiuz. Es heißt gesprochen schließlich "Düsburg" (lokal richtiger: Düsbuech :D ) und nicht "Duusburg", wie etwa dann, wenn es ein Dehnungs-i wie in Grevenbroich, sprich "Grevenbrooch", wäre. Ich weiß, dass alle Herleitungen des Namens bei wikipedia anderes behaupten, aber nichts davon wird belegt.
 
Daher ja wohl der Name Duisburg, vom Gott Tyr/Tiu/Tiuz. Es heißt gesprochen schließlich "Düsburg" (lokal richtiger: Düsbuech :D ) und nicht "Duusburg", wie etwa dann, wenn es ein Dehnungs-i wie in Grevenbroich, sprich "Grevenbrooch", wäre. Ich weiß, dass alle Herleitungen des Namens bei wikipedia anderes behaupten, aber nichts davon wird belegt.

Namensherleitungen müssen in erster Linie von den frühesten belegbaren Formen ausgehen, heutige Dialektformen können allenfalls unterstützend dazutreten. Wiki ist mit Vorsicht zu genießen, am ehesten auf dem aktuellen Stand der Diskussion dürfte das Deutsche Ortsnamenbuch sein:

"883 (zu 884) Diusburh, 966 actum Diuspargo quod vulga[r]iter dicimus Diusburg [Or].
Letztglied ⬈ -burg weist auf eine befestigte Siedlung. Duis- kann zu einem häufiger bezeugten Namenelement vordeutsch *deus- gestellt werden, das in FluN auftritt und urspr. vielleicht aus der Bezeichnung einer Wassergottheit herzuleiten ist oder auf einem Farbwort (für ‘dunkel’?) beruht. Das Erstglied erscheint mehrfach in frühma. GwN und ON des nl. und nd. Sprachraums, zuerst 373 Deusone (Ablativ, zu diesem Namen: RGA 5), adj. auf röm. Münzen: HERCVLI DEVSONIENSIS."
 
Hallo,
sehe ich ähnlich. Das castrum lag m.E. ja genau dort, wo jetzt das Rathaus steht, davor die Pfalzanlagen. Also wurde hier schon vor langer Zeit massiv überbaut und das mehrfach. Schutt wurde ja gefunden. Den Säulenrest halte ich aber auch für eingeschleppt. Auf der anderen Rheinseite gab es ja reichlich römisches Gerümpel, an dem man sich sicher bedient hat, wofür auch immer (ganz einfach Schiffsbalast wurde im Thread ja schon erwähnt). Ein Tempel ist wirklich kaum zu erwarten. Dafür wohl eher eine heidnische Kultstätte, auf die man dann später die Kirche, noch später die Salvatorkirche gesetzt hat. Daher ja wohl der Name Duisburg, vom Gott Tyr/Tiu/Tiuz. Es heißt gesprochen schließlich "Düsburg" (lokal richtiger: Düsbuech :D ) und nicht "Duusburg", wie etwa dann, wenn es ein Dehnungs-i wie in Grevenbroich, sprich "Grevenbrooch", wäre. Ich weiß, dass alle Herleitungen des Namens bei wikipedia anderes behaupten, aber nichts davon wird belegt.

Danke nochmals für den Hinweis auf den Schutt. Den habe ich nicht mehr auf dem Schirm gehabt. In den Duisburger Forschungen, Bd. 55, steht dazu etwas:


Hallo,

mittlerweile habe ich es geschafft, den Band 55 der Duisburger Forschungen aufzufinden. Ich will im folgenden die Thesen zur Identifizierung Dispargums als Duisburg kurz wiedergeben:

Archäologische Befunde:

Im Bereich der Altstadt von Duisburg sind eine Reihe von römischen Funden (zumeist Scherben) gemacht worden. Allerdings sind bei Grabungen in den 1980er Jahren am „Alten Markt“, der sich unterhalb des Burgbergs befindet, auch Reste römischer Baumaterialien (Tuffstein- Ziegel, Marmor- und Mörtelbrocken und ein Teil einer Säulentrommel) gefunden worden. Der Verfasser interpretiert diese als Teil eines Abbruchhorizontes aus der Frankenzeit. Die Gebäude wurden demnach in der Frankenzeit abgerissen und über den Hang des Burgbergs „entsorgt“.

Ich sehe den Bau der Salvatorkirche und ihrer Vorgängerbauten (wieviele es auch gegeben haben mag) eher im Zusammenhang mit der Königspfalz und die wiederum mit ihrer Lage am Schnittpunkt zwischen Hellweg und Rhein (also schon damals Logistikdrehscheibe).
 
Zwar ohne historischen Belang zur Namensgeschichte Duisburg oder zur Lokalisierung der Varusschlacht (sic!) sei trotzdem die in der frühen Neuzeit vorgenommene Gleichsetzung Duisburgs mit Teutoburg erwähnt. Auf der 1566 erschienenen Corputius-Karte wird die Varusschlacht im Duisburger Wald verortet (vermutlich auf der entfernten Ähnlichkeit zwischen Teutoburg und Duisburg).

Corputius-Plan – Wikipedia

Aber das sei nur als Kuriosum hier erwähnt.biggrin.gif



@CaptainJack

Hat denn Dr. Bechert in den Duisburger Forschungen (Beiheft 16) weitere Funde erwähnt, die auf einen römischen Bau (Burgus, Schiffslände) hinweisen könnten?
 
Hallo.

@Carolus
Habe das gerade nochmal durchgelesen. Das ist nicht viel. Wie gesagt, ist das Ganze recht populärwissenschaftlich und hat viele Bilder. Umfasst gesamt 87 Seiten.
Hier ein Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis:

4.-5. Jahrhundert - Römer und Franken 9
Chlojo - Der erste Merowinger 12
6.-8. Jahrhundert - Der Duisburger Königshof 15

Also zur hier diskutierten Zeit nur wenig drin.
Er beruft sich hauptsächlich auf "das reiche Fundmaterial aus einer Siedlungsgrube der ersten Hälfte des 5. Jhs., das 1987 unter schwierigsten Bedingungen geborgen wurde" (ebd., S.11).
Nix Neues also. Auch in dem Kapitel "20. Jahrhundert - Ausgrabung und Erforschung" (Seiten 78-82) geht Bechert nur auf Grabungen bis in die 1980er Jahre ein.

Erwähnenswert erscheint mir sein Hinweis auf die Wortwahl Gregors von Tours (Genitiv richtig gebildet?:confused:), der ja in der Tat nicht erwähnt, dass Chlojo sich hier ein castrum gebaut habe. Bechert schließt, dass Chlojo ein solches "vorfand" (ebd., S.11).

Ach ja: Teutoburger Wald ;) Darf ich nur am Rande erwähnen, dass "die bislang einzige archäologisch-epigraphische Quelle für das tatsächliche Stattfinden der sogenannten „Schlacht im Teutoburger Wald"" (wikipedia unter "Marcus Caelius") hier am Niederrhein, in Xanten gefunden wurde...
 
In Duisburg läuft eine neue Ausstellung zur Stadtgeschichte. Ich habe schon hier gepostet:

Eine Ausstellung zur Stadtgeschichte Duisburgs
Dispargum – Königssitz, Kaiserpfalz, Hansestadt
18. November 2018 – 24. März 2019

Neueste Erkenntnisse aus der Duisburger Stadtarchäologie

Dispargum – Königssitz, Kaiserpfalz, Hansestadt |


In der Rheinischen Post wird der Stadtarchäologe von Duisburg, Dr. Kai Thomas Platz, zitiert:

„Im Kontext dieser Forschung“, sagt der Stadtarchäologe weiter, „verdichten sich die wissenschaftlichen Hinweise, dass es sich bei Dispargum nur um Duisburg, die Stadt am Rhein, handeln kann.“

Ausstellung „Dispargum“: Neue Erkenntnisse zur Stadtgeschichte

Ich habe die Ausstellung bisher noch nicht besucht, habe dies aber vor, und werde dann berichten, was diese verdichteten Hinweise sind. (Meine heimliche Hoffnung ist, dass man irgendwo unter dem Burgplatz noch einen spätrömischen Burgus findet. Im Idealfall mit Namensnennung Dispargum und Türschild von Chlodio).biggrin.gif
 
wo wäre dann dann das Moorgelände - welches den Römers solche Mühe machte - angesiedelt gewesen? Erst beim 'Kalkriese' und dem V(W)enner Moor passt die Topographie einigermassen.
Der Fund römischer Münzen (250 Stück, alle vor dem Jahre 6 nChr. geprägt) - lange vor der Entdeckung von 'Kalkriese' - veranlasste schon Th. Mommsen zur Auffassung, dass dort ein Teil des Varus Heeres den Tod gefunden hatte. Der 'Teutoburgensis saltus' (Tacitus) sagt nicht aus, dass damit der heutige Teutoburger Wald gemeint ist (dieser hieß bei den Germanen, Osning [Osnabrück]). Das Wiehengebirge als Teil dieses Höhenzuges, kann durchaus als Teutoburger Wald bezeichnet worden sein.

Warum die jütländischen Teutonen sich um Duisburg angesiedelt haben sollen, erschließt sich mir nicht. Haben sie doch mit den Kimbern ihr Leben in Frankreich und Italien lassen müssen und haben außerdem von den gallischen Belgern die 'Hucke voll' bekommen.
 
wo wäre dann dann das Moorgelände - welches den Römers solche Mühe machte - angesiedelt gewesen? Erst beim 'Kalkriese' und dem V(W)enner Moor passt die Topographie einigermassen.
...
Warum die jütländischen Teutonen sich um Duisburg angesiedelt haben sollen, erschließt sich mir nicht. Haben sie doch mit den Kimbern ihr Leben in Frankreich und Italien lassen müssen und haben außerdem von den gallischen Belgern die 'Hucke voll' bekommen.

Beziehst Du Dich auf das "Kuriosum"?

Auf der 1566 erschienenen Corputius-Karte wird die Varusschlacht im Duisburger Wald verortet (vermutlich auf der entfernten Ähnlichkeit zwischen Teutoburg und Duisburg).

Corputius-Plan – Wikipedia

Aber das sei nur als Kuriosum hier erwähnt.
 
Beziehst Du Dich auf das "Kuriosum"?
mmh, nicht direkt, eher als Schlenker, warum Duisburg - imho - mit der Varusschlacht nicht viel zu tun haben kann.
Überhaupt ist zu fragen, warum Duisburg (auf der 'falschen Rheinseite' gelegen) überhaupt eine Burg sein sollte, war doch das Hinterland gen Westen durch etwas besseres geschützt als durch eine Burg? Und von Osten kamen die Ruhr und die Anger als 'natürliche' Pfade jedem Angreifen gen Duisburg mehr als gelegen. Als strategischen Punkt häte ich eher Neuß ausgebaut, welches auf der 'richtigen Rheinseite' lag.

Das 'Bollwerk' im Westen dagegen, welches die späten Römer gegen die aufmüpfigen Germanen schützte war kein Gebilde von Menschenhand, sondern ein (fast) undurchdringlicher Wald (Ketelwald, eine keltische Bezeichnung, die soviel wie großer Wald bedeutet; wikipedia). Später wurde er zum Reichswald.

Das zitierte Ladenburg / Neckar - wie auch die Garnison Mainz - lagen im Schatten des Limes. Duisburg dagegen hatte wenig Chancen, wenn die Germanen mal so richtig Bock auf eine Prügelei hatten. Alesia mag eine Ausnahme bilden, ist aber ein anderes Thema.

Überhaupt Duisburg. Dessen Stadtväter waren 1940! ganz verzückt, als der Vorgeschichtsforscher E. Wildschrey, Duisburg als Partnerstadt von Marseille 'ausgrub'. Leider hatte er Duisburg mit Asberg verwechselt (welches mal linksrheinisch [spätrömische Straßenkarte], mal rechtsrheinisch [Geograph Ptolemäus] lokalisiert wurde). Wildschrey grub beim Tacitus nach und verortete gar den Odysseus als in Duisburg gewesenem. Bernstein-Handel wäe das Zauberwort gewesen. Nun kann man mit dem Bernstein alle möglichen Leute irgendwo lokalisieren. Am Niederrhein bei Erkelenz wurde ein solcher Bernstein analysiert und aus der Adria herkommed festgestellt (in einem über 5000 Jahre alten Brunnen gefunden).

Besagt doch nur, dass es den Handel schon sehr früh gegeben hat; nicht mehr aber auch nicht weniger.

Ich denke eher, dass Duisburg eine lockere Befestigung nach Osten hatte und im 'Rücken' auf den Handel mit dem 'rechten' als auch dem 'linken' Rhein vertraute.
 
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