Wer hat Schuld an James Douglas' Tod?
Nachdem also Jehan le Bel in seinen
Vrayes Chroniques zunächst viel Raum für irgendwelche Dialoge gelassen hat, rafft er gegen Ende die Handlung sehr schnell zusammen. Nachdem James Douglas also aus - wenn wir hier Barbour folgen anstelle von Le Bel - Sevilla ins Feldlager des kastilisches Königs gerufen wurde, will er sich kämpferisch von der besten Seite zeigen:
Ledit messire Guillaume se trahy à ung des costez, pour mielx faire sa besongne et mielx monstrer son effort. Quant il vist toutes batailles rengier, et vist celle du roy ung poy esmouvoir, il cuida qu'elle alast assembler. Il, qui mielx aimoiz estre des premiers que des derrains, feri des esperons à toute sa compaignie, et ala jusques à la bataille du roy de Guernade, et pensoit bien que le roy et toutes ses batailles le syeuvissent; maiz il en fut lourdement déchu, car oncques ce jour ne s'esmurent, ains fut ledit messire Guillaume et toute sa compaignie enclos des anemis, que oncques ung seul n'en escappa qu'ilz ne fussent tous tuez, de quoy ce fut grand dommaige et grant deffault pour les Espaignolz.
Besagter Sir Guillaume begab sich an einen der Hänge (ung des costez), um bestmöglich seine Arbeit zu besorgen und seine Bemühungen zu zeigen. Dann sah er alle Krieger (batailles) sich ordnen [? (rengier)] und dass der Königs sich ein wenig bewegte,, dass sie sich versammeln würden. Er, der es liebte einer der ersten und nicht der letzten zu sein, gab seiner gesamten Kompagnie die Sporen und warf sich auf die Schlachtreihe des Königs von Granada, denkend, dass der König und alle seine Soldaten ihm folgten. Aber er wurde schmählich verlassen, sonst wäre er an diesem Tag nicht gestorben. So wurde der besagte Sir Guillaume mit seiner ganzen Kompagnie von den Feinden umzingelt und nicht einer entkam ... und es war ein großer Schaden und ein großes Versäumnis durch die Spanier.
feri des esperons à toute sa compaignie habe ich mit "er gab seiner Kompagnie die Sporen" (
éperons) übersetzt; alternativ nachgedacht habe ich auch über "er machte seiner ganzen Kompagnie Mut" (
espérance, 'die Hoffnung').
Die Übersetzung kann in Teilen falsch sein, aber ich denke, ich habe den Sinn im Großen und Ganzen erfasst.
Als bei Jehan le Bel ist klar, es war ei
n gran deffault pour les Espaignolz, dass James Douglas starb. Die Chronik Alfonsos XI. sieht das - naturgemäß - anders.
Dort heißt es:
E fue su camino para la frontera, e llego a Cordoua. E espero ay a los rricos omes e a los maestrs de las hordenes e a lo caualleros e omes hijos dalgo de las sus villas, por quien avie enbiado para que fuesen con el a esta guerra de los moros. [...] E aconsejaronle que fuese a çercar a la villa de Teba Hardales. [...]
In der Parallelüberlieferung, dem
Poema de Alfonso Onceno heißt es:
Ayunto ssus naturales
conpanna muy bien guissada
fue çercar ateba fardales
villa del rrey de granada
Der Ort Ardales liegt etwa 20 km von Teba entfernt. Man nimmt an, dass der Dichter ein Leoneser war, weil er das H- in Hardales in F- (Fardales) hyperkorrigiert. Im Gedicht spielt James Douglas allerdings keine Rolle. Jedoch in der Chronik.
[...] E este Ozmín (ʿUṯmān) desque supo quel rrey don Alonso de Castilla tenia çercada la villa de Teba, ayunto toda la caualleria del rreyno de Granada, que eran seys mill de cauallo, e vino a poner su rreal çerca de vn lugar que dizen Turon a tres leguas de la villa de Teba do estaua el rrey don Alfonso con su hueste.
E cada dia venia Ozmín e todos los moros fasta el rrio que dezian Guadateba, que es a media legua de la villa de Teba. E por que los de la hueste avian de yr a dar agua a las bestias a este rrio, los moros hazianles daño [...] e el rrey puso gentes a quadrillas que guardasen el rreyo, por que los del rreal no rresçibiesen daño quando fuesen por agua. E muchas vezes venian los moros aperçebidos de batalla, e yvan contra la hueste del rrey, sus hazes partidas, e algunas vezes topauan los cristianos con ellos. E sobre aquel rrio ovieron vn dia muy gran contienda, e de la hueste del rrey fue muerto vn conde estraño, que saliera de su tierra por fazer a Dios seruiçio e prouar su cuerpo contra los enemigos de la Cruz, e asi lo fizo este conde esta vegada; como quiera que murio por su culpa, ca saliendo de las hazes de los christianos, se fue cometer los moros a desora e como non devia, e por esto fue muerto este conde, a quien Dios perdone; mas despues plugo a Dies quel fue bien vengado, e otrosi que vn dia fueron los moros vençidos e muchos muertos a espada, y el rreal que tenian sobre Taron fue desbaratado, asi como adelante oyredes.
James Douglas wird also nicht namentlich erwähnt sondern nur als "
fremder Graf im Heer des Königs, der sein Land verließ, um Gotte zu dienen und seinen Körper gegen die Feinde des Kreuzes zu werfen" bezeichnet.
Anders als Jehan le Bel, der den Spaniern vorwirft, dass sie James Douglas und seine Kompagnie im Stich ließen und diese daher umzingelt und niedergemacht wurden, wirft die Chronik Alfonso XI. diesem vor, dass dieser die Schlachtreihe verlassen habe.
Der ganze Ausschnitt:
[...] Und dieser ʿUṯmān sammelte, als er erfuhr, dass der König Alfons von Kastilien das Dorf Teba belagerte, die ganze Reiterei des Königreichs von Granada, 6.000 Reiter und er kam und errichtet sein Feldlager (real von arab. raḥāl, wahrscheinlich beeinflusst durch eine andere Bedeutung von real, von lat. regalis) nahe einem Ort, der Turón heißt, drei Leguas (Leugen!!!) von dem Dorf teba, wo der König und sein Heer sich befanden, entfernt.
Und jeden Tag kam ʿUṯmān mit allen seinen Mauren bis zu dem Fluss, den sie Guadateba nennen, der eine halbe Legua von Teba entfernt ist.
Und weil diejenigen des [königlichen] Heeres zu diesem Fluss gehen mussten, um ihren Tieren Wasser zu geben, fügten die Mauren ihnen Schaden zu und der König setzte die Leute zu Einheiten zusammen, dass diese den Fluss bewachten [dass rreyo 'Fluss' bedeuten soll, wo doch kaum vorher rrio verwendet wird, habe ich erst begriffen, als ich weitere Belege für rreyo gefunden habe. Nach dem CorDE ist rreyo eine individuelle Eigenart des Autors der Chronik, jedenfalls ist im CorDE kein weiterer Beleg dieser Form im 13. und 14. Jhdt. aufgeführt], damit die des Lagers keinen Schaden nähmen, wenn sie Wasser holen gingen. Und häufig kamen die Mauren, zur Schlacht bereit und gingen gegen das Heer des Königs.
ihre Schlachtreihen geteilt [die der Mauren oder die des Königs? Vom Kontext her würde die des Königs Sinn machen, aber vom Bezug her die der Mauren] und manchmal stießen die Christen mit ihnen zusammen.
Und über diesem Fluss gab es an einem Tag enen großen Kampf, und aus dem Heer des Königs wurde ein fremder Graf getötet, der aus seinerm Land gekommen war, um Gott Dienste zu leisten und seinen Körper gegen die Feinde des Kreuzes zu werfen, und so machte dieser Graf es dieses Mal, dass er durch seine eigene Schuld starb, denn aus den Schalchtreihen der Christen ausbrechend, griffe er die Mauren zur Unzeit an, wie er es nicht hätte tun sollen, und deshalb wurde dieser Graf, dem Gott vergebe, getötet, aber danach gefiel es Gott, dass er gut gerächt wurde und an einem weiteren Tag wurden die Mauren besiegt und viele durch da Schwert getötet und ihr Lager, welches sie bei Turón hatten, wurde zerstört, wie ihr noch hören werdet.
Es wird zwar nicht explizit gesagt, aber die Mauren mit ihrer leichten Reiterei folgten i.d.R. einer Kampftaktik, die sie
karr wa farr nannten, also die 'Scheinflucht'. Sie provozierten das gegnerische Heer mit Nadelstichen und wollten so die Reiterei herauslocken, um sie dann bei einer Scheinflucht in für sie günstiges Gelände zu locken und in der Überzahl niederzumachen. Den Kastiliern war diese Taktik bekannt, James Douglas, der aus dem schottischen Unabhängigkeitskrieg in Schlachten wie am Bannockburn eher das Aufeinanderprallen von schwerer Reiterei aufeinander oder schwerer englischer Reiterei auf schottische Schiltrons gewohnt war, eben nicht, obwohl er seinerseits mit Guerilla-Kriegsführung vertraut war. Hier in Spanien ging Douglas ʿUṯmān auf den Leim.