Essgeschirr im 13. Jahrundert

Arberger

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Im Zuge der interaktiven Dauerausstellung soll ein Raum als Esszimmer so hergerichtet werden, wie er vermutlich auch zur Zeit der Bewohner in der Zeit zwischen im 13. Jahrhundert gewesen sein könnte.
Tisch und Sessel wurden von einem Tischler bereits angefertigt. Als gelernte Keramikerin darf ich nun den Tisch decken.
Hatte damals jeder seinen eigenen Teller oder aß die Familie von gehobener Klasse im Alltag auch aus einem Topf? Und wenn Teller oder Schalen, waren die Teller überhaupt aus Keramik oder sollte ich diese eher drechseln lassen?

Ich stelle mir einen runden, bauchigen Topf, eine große Schale und einen Krug vor. Weiteres denke ich an Becher, wobei diese unten schmäler als oben sind. Oder sollten es besser Bierhumpen sein?
Besteck lege ich keines auf den Tisch, einen Löffel und auch ein Messer hatte ja jeder für sich – oder war das bei den Burgherren anders?
Eine dreidochtige Öllampe und ein Gefäß zum Händewaschen in Form eines Tieres mit menschlichem Kopf möchte ich auch nach modellieren falls das überhaupt in diese Zeit passt.
Ich möchte den Esstisch möglichst realistisch darstellen, bin mir aber nicht sicher, ob ich da die Zeiten nicht völlig durcheinander bringe.

Die Ausstellung steht unter dem Motto „Angreifen erwünscht“, wobei die Gefäße mit dem Tisch verschraubt sein werden um diese nicht wegtragen zu können.
 
Mit »in der Zeit zwischen im 13. Jahrhundert« ist es nicht ganz klar, ob Du da irgendwas ausgelassen hast, bzw. ob es sich nur um das 13. Jh. handelt. Auch eine Ortsangabe könnte helfen, oder sogar der Anlass. Google mal bspw. per Bildersuche nach »abendmahl 13 jahrhundert«, »banquet 13e siècle«, etc., um die Ausstattung einer damaligen edlen Festtafel zu sehen.
Adlige aßen eher nicht aus einem Topf, obschon dies – wie auch heute beim Fondue – sicherlich vorkam. Und die vornehme Tafel war gedeckt, d.h. mit Tischtuch und einheitlichem Besteck versehen, wozu hauptsächlich ein Messer gehörte (je nach Speise auch ein Holzlöffel), das vielfach mit sehr breiter Klinge dargestellt, ein Tafelmesser ist.(Das Mitbringen des eigenen Messers, wie dies auch Wiki als üblich beschreibt, dürfte eine arge Verallgemeinerung sein.) Mit Teller in der heutigen Form wäre ich vorsichtig: Schalen, wenn überhaupt, manchmal auch kleine Bretter aus Stein, Lehm oder Holz. Die gedeckte Tafel muss im Vergleich zu heute karg gewirkt haben und entfaltete ihre Pracht erst mit den aufgetragenen Speisen.
 
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»in der Zeit zwischen im 13. Jahrhundert«
Oh natürlich, ich wollte erst zwischen 12. und 13. Jahrhundert schreiben, hatte es dann jedoch auf das 13. Jahrhundert begrenzt. Also eher frühes 13. Jahrhundert.
Die Burgruine liegt in Österreich, im Mostviertel (Niederösterreich) und wurde um 1200 erbaut.

Der Suchbegriff "Abendmahl" bringt tatsächlich ein klareres Bild als "gedeckter Tisch 13. Jh." - vielen Dank.
Eine Fettafel sollte es jedoch nicht sein, eher ein gewöhnliches, alltägliches Abendmahl auf der Burg. Dort lebte nicht der Hoch- sondern der Niederadel.
Schalen oder Bretter gefallen mir auch besser, so werde ich das darstellen.
Das Tischtuch überrascht mich. Ich vermute das es aus Leinen gewebt wurde.
 
Ein bisschen Quellenkritik müsste man schon anbringen: Die Abendmahlsbilder verraten uns ganz zweifellos, dass man zum betreffenden Zeitpunkt das Konzept des Tischtuchs kannte. Sie besagen aber nicht, wie normal der Gebrauch des Tischtuchs war. Wir haben in der mittelalterlichen Malerei ja i.d.R. keine Alltagsszenen festgehalten (vor allem nicht vor dem Papier) und das letzte Abendmahl ist natürlich etwas besonders Feierliches. Daher ist durchaus zu fragen, ob man die Verwendung von Tischtüchern auf ein Mahl in einer niederadeligen Burg einfach so übertragen darf.
 
Sie besagen aber nicht, wie normal der Gebrauch des Tischtuchs war.
Da hast du natürlich Recht. Und da ein Tischtuch in einem Ausstellungsraum ohnehin sehr schnell verschmutzt und die Keramiken auf dem Tisch so befestigt sein müssen, dass man sie nicht herunternehmen kann, ist es vernünftiger es einfach wegzulassen.
Ich denke rot-brennender Ton, der mit etwas Mangan geschwärzt wird und anschließen so poliert, dass die Oberfläche auch ohne Glasur (gab es die überhaupt schon in Österreich/Deutschland?) völlig dicht und glatt ist wird die Gefäße möglichst realistisch darstellen.

Für mich ist die Revitalisierung der Araburg ein spannendes Projekt und eine große Herausfordern. Vielleicht hätte ich im Geschichtsunterricht doch besser aufpassen sollen ;)
 
Klar, wenn ihr keine Festtafel wollt, ist »Abendmahl« nicht unbedingt die beste Referenz, da man damals die Eucharistie häufig eher luxuriös darstellte.(Immerhin aber dokumentieren die Bilder die damals verfügbaren Utensilien.) Für ein alltägliches Abendessen auf einer Burg ist weniger sicherlich mehr…
Dass ein einfaches Leinentuch beim täglichen Anlass verwendet wurde, würde ich zumindest beim Hochadel annehmen. Auf einer Burg aber, na ja, da wäre ich auch nicht so sicher.
 
Als generellen Einstige zum Thema sehr hilfreich, gerade wenn man sich mit dem Thema vertraut machen möchte.

Goetz, Hans-Werner (1986): Leben im Mittelalter. Vom 7. bis zum 13. Jahrhundert. München: C.H. Beck

Hilfreich auch für weiterführende Literatur.

https://de.wikipedia.org/wiki/Esskultur_im_Mittelalter

Schubert, Ernst; Schneidmüller, Bernd (2016): Essen und Trinken im Mittelalter. Darmstadt: Verlag Philipp von Zabern in Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Für aufwendige Festmahle an königlichen Höfen: (S. 240ff)
Bumke, Joachim (1986): Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. Band 1. 2 Bände. München: Deutscher Taschenbuch Verlag
 
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(Immerhin aber dokumentieren die Bilder die damals verfügbaren Utensilien.)
Zumindest einen Ausschnitt davon. Aber auch hier besteht wieder die Problematik, wie eng sich der Künstler an den überlieferten Bibeltext hielt. In Europa sieht man bei der Darstellung des Abendmahls, streng biblisch ja meist nur Brot und Wein. Ich war in den letzten Monaten beruflich mehrfach im nichteuropäischen Ausland und habe in einem anderen Land Bilder vom letzten Abendmahl gesehen, wo Brot und Wein zwar auch dargestellt waren, aber eben auch einheimische Lebensmittel (die man in Europa gar nicht kannte). Wobei die Darstellung dieser Lebensmittel wahrscheinlich auch der kulturellen Anbindung der Zielgruppe an das Christentum dienen sollte. Weiter will ich jetzt aber vom Thema Tischkultur des 13. Jhdts. nicht wegführen.

Insgesamt würde ich - auch wenn ich die kunsthistorische Herangehensweise nicht gänzlich ausschließen möchte (ganz und gar nicht) - mich zunächst mal am archäologischen Fundgut orientieren. Da gibt es doch sicherlich in den österreichischen Bundesländern Ämter für Archäologie, da würde ich mal nachfragen, was die denn über die Tischkultur niederadliger Burgen um 1200 in der fraglichen Region zu sagen haben. Aber Achtung: Bzgl. Textilien - deren Erhalt im archäologischen Fundgut eher die Ausnahme, denn die Regel ist - ist die Kunstgeschichte die bessere Quelle. Nämliches gilt auch für die organischen Stoffe: Bretter, Teller und Schalen, Nahrungsmittel. Da ich mich mit Höhenburgenarchäologie so rein gar nicht auskenne, weiß ich nicht, wie es mit Kloaken aussieht. Kloaken sind archäologische Schatzgruben, weil hier a) alles reingeschmissen wurde und b) dank des meist feuchten Mileus die Erhaltungsbedingungen andere sind, als im Normalfall.

Was die von Thanepower angegebene Literatur angeht, so besitze ich das zweite Buch in einer älteren Ausgabe und kann es nur empfehlen, das Buch von Goetz besitze/kenne ich zwar nicht, kenne Goetz aber als angenehm zu lesenden Historiker, kann es also indirekt auch empfehlen.
 
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wozu hauptsächlich ein Messer gehörte [...], das vielfach mit sehr breiter Klinge dargestellt, ein Tafelmesser ist.
Ich bin deiner Google-Empfehlung von oben gefolgt und habe ein solches Messer, wo sich die Klinge nach oben hin verbreitert an sich zuzuspitzen bei einer der Abendmahlsdarstellungen gefunden. Dann habe ich überlegt, ob in den Cantigas de Santa María auch Essensdarstellungen zu finden sind (sind sie!) und habe dort ein Messer desselben Typus wiedergefunden (Google Bildersuche: [+cantigas +comida]).

Auf dem Teppich von Bayeux ist zwischen Landung der Normannen und der Schlacht zwischen William I. the Conquerer und Harald II. Godwinson (Hastings 1066, Datierung des Teppichs ca. 20 Jahre später) auch ein Gelage - im Grunde genommen ein Grillfest - dargestellt. Das sind nun 120 Jahre bis zum Darstellungszeitraum und auch eine ganz andere Gegend. Aber allzu groß dürften die Unterschiede der Gerätschaften nicht sein.
 
Ich danke euch, ihr helft mir wirklich sehr. Das Buch von Goetz werde ich mir zulegen.
Die Keramiken die ich dazu herstellen möchte sollen auf jeden Fall möglichst naturgetreue Nachbauten sein. Viele alte Fundstücke habe ich mir schon in verschiedenen Museen (und auch im Internet) angeschaut. Inwieweit solche jedoch auf "meiner" Burg verwendet wurden weiß ich allerdings nicht.
Das Problem ist, dass wir zwar genau wissen wie die Burgherren hießen und in welcher Reihenfolge sie auf der Burg lebten. Darüber wie sie aussehen weiß man jedoch nichts, zumindest finde ich nichts darüber. Auch von ihren Taten weiß man nur wenig und da ich keine Geschichten erfinden möchte muss ich das Wenige, was man weiß möglichst gut und spannend vermitteln.

In dem Raum in dem der gedeckte Tisch stehen wird, soll eine Frau (Schauspielerin) an die Wand projiziert werden, die dem Besucher etwas über das Leben der Frauen auf der Burg erzählen soll - dazu löchere ich euch vermutlich später auch noch:D
 
Wie gesagt, um möglichst genau zu erfahren welches Geschirr im fraglichen Zeit|Raum genutzt wurde, frag die entsprechenden Spezialisten. Vielleicht wendest du dich als erstes mal an Franz Pieler. Wenn der nicht selbst in Keramik um 1200 firm ist, wird der wissen, wen du am besten ansprechen musst und ggf. sogar den Kontakt vermitteln.
 
Möchte mich noch einmal herzlich für die Literaturempfehlung bedanken. Ich habe mir das Buch von Goetz, Hans-Werner und noch ein Weiteres bestellt und bin schon fleißig am Lesen. Es ist wirklich gut geschrieben, leicht zu lesen und vermittelt ein gutes Bild - weg von all den Mittelalterfesten, die meist nur ein verzerrtes Bild wiedergeben.
An Franz Pieler werde ich mich auf jeden Fall auch wenden, das Museum kenne ich natürlich.
 
Wer sucht, der findet.
Für uns Heutige ist der Hummer ein Luxusgut. Es gab aber auch andere Zeiten:

Was tut man also mit diesen unerwünschten ‚Kakerlaken des Meeres'? Die Antwort: sie an Häftlinge, Diener, Witwen und Kinder verfüttern." Im 18. Jahrhundert beschließen Diener in Massachusetts jedoch, dass sie die Nase voll haben und setzten sich erfolgreich dafür ein, dass ihre Verträge eine Klausel enthalten, die besagt, dass sie nicht jeden Tag Hummer zu essen bekommen dürfen, maximal drei Mal pro Woche.

https://munchies.vice.com/de/article/xy7vzw/die-verruckte-geschichte-von-hummer-682
 
Dass ein einfaches Leinentuch beim täglichen Anlass verwendet wurde,
Vielleicht ist in diesem Zusammenhang noch interessant, dass ein Leintuch, heute teure Kostbarkeit, im M-A weit weniger wert war als Baumwolle. Es ist genau umgekehrt wie heutzutage. Baumwollstoffe mussten importiert werden und waren entsprechend rar und teuer. Somit sind Baumwollkleidung oder Decken im M-A zwar nicht unmöglich, aber äußerst selten und wenn überhaupt höchstens beim Hochadel zu finden.
 
Vielleicht ist in diesem Zusammenhang noch interessant, dass ein Leintuch, heute teure Kostbarkeit, im M-A weit weniger wert war als Baumwolle.
Es sollte dabei aber nicht nur um das Material gehen, sondern auch um die Tischsitten. Das Tischtuch diente häufig auch als Serviette, anstatt dem Ärmel aus edlem Stoff. Je einfacher die Bekleidung, umso weniger wäre unter diesem Aspekt ein Tischtuch nötig gewesen.
Entscheidend wäre m.M.n., der damals geltenden Ästhetik näherzukommen: Hatte man einen Holztisch ohne Tuch als unfertig gedeckt empfunden? Die Mehrzahl der überlieferten Bilder deuten darauf. Vorsichtig sollte auch die heutige Abneigung gegen große Tischtücher stimmen. Stoffe galten im SMA generell als (mobile) Bekleidung eines Raumes. Heute jedoch versucht man, v.a. in Europa, Textilien aus dem Wohnraum zu verbannen.
 
Es ist ein Dilemma, dass man Bilder nur bedingt für Darstellungen des Alltags heranziehen kann. Das Leben wird oft zu idealisiert dargestellt. Z.B. gibt es ein ziemlich bekanntes Bild auf dem Bauern und Bäuerinnen bei der Feldarbeit zu sehen sind. Das Landvolk ist in einer Kleidung zu sehen, die diese sicher nicht einmal am Feiertag in der Kirche getragen haben.
 
Es ist ein Dilemma, dass man Bilder nur bedingt für Darstellungen des Alltags heranziehen kann. Das Leben wird oft zu idealisiert dargestellt. .
Das glaube ich auch. Es ist ja immer noch so, dass wir kaum die Familie um dem ganz alltäglichen Abendessentisch fotografieren. Abgesehen davon handelt es sich bei den ehemaligen Burgherren der Araburg um den niedrigen Adel.
Über den Alltag im Allgemeinen und der des Niederadel im Besonderen finde ich relativ wenig. Auch im mir empfohlenen Buch, das wirklich spannend zu lesen ist, wird wenig darüber berichtet.
 
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