Teil 2
1945 fühlte sich die Mehrheit der Deutschen wohl von den Alliierten besiegt,
Vielmehr waren die Ergebnisse der US-Survey überraschend: So schreibt Bergsdorf: „Ihre Ergebnisse lassen erkennen, dass schon in den ersten Nachkriegsmonaten ein positives Amerikabild bei der deutschen Bevölkerung entstand, das in einem krassen Gegensatz zu der antiamerikanischen Nazi-Propaganda zeichnet. Bereits im November 1945 wurden die Besatzungsmächte nicht mehr als Demütigung empfunden. In der amerikanischen Besatzungszone waren Ende 1948 70 Prozent der Befragten dieser Meinung.“ Bergsdorf, S. 200).
Deutlicher beschreibt Stern (S. 227ff) die spezifische Attraktivität, die gerade die USA für die junge Generation bot. Und bezieht sich auf das Beispiel der Gräfin Döhnhoff („Amerikanische Wechselbäder), in der sie schrieb: „war die moderne, frei diskutierende, offene Gesellschaft der Vereinigten Staaten mit ihrem Optimismus und ihrem Vertrauen in die Zukunft….geradezu eine Offenbarung…..und kehrten mit dem Eindruck zurück, diese Gesellschaft sei das Modell der modernen Gesellschaft schlechthin.“ (Döhnhoff, S. 77). In diesem Sinne war auch Noelle-Neumann durch ihren Kontakt mit der USA geprägt.
Und für deutsche, junge Männer dürfte ein GI auch eine üble Konkurrenz gewesen sein,
Der direkte Kampf um die Gunst der jungen Frauen war ein Ärgernis für manche heimkommenden Soldaten. Wobei das Argument real betrachtet übertrieben wird. Durch die vielen Kriegstoten und Männer, die noch relativ lange in – häufig sowjetischer – Gefangenschaft waren, ergab sich ein „deutlicher“ Frauenüberschuss in den betroffenen Kohorten.
Dennoch wurde es faktisch als Problem wahrgenommen. Im Rahmen der ersten Surveys so Jarausch:“The first opinion poll taken in August 1945 indicated that many recently released soldiers were deeply angry about the relationships that had formed between young women and American GI`s.“ (Jarausch, 2010, Pos. 813) Ältere deutsche „Veteranen“ erinnerten ihre Kameraden allerdings auch daran, dass man als Besatzungsarmee sich identisch verhalten hätte.
Generell war wohl die „Stunde Null“ durch viele Gefühle in der Bevölkerung gekennzeichnet. Ein Schamgefühl über die Greuel, enttäuscht sein über die gebrochenen Versprechungen durch Hitler, Ohnmacht als Besiegter gegenüber dem Sieger und sicherlich auch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Und nicht zuletzt eine „Ambivalenz“ gegenüber dem NS-Regime, das ihm einerseits noch etwas Positives abzugewinnen hoffte, um dann gleichzeitig die „Anderen“ als Täter dafür verantwortlich zu machen, dass eine „im Prinzip gute Idee“ in einer derartigen Barbarei geendet hatte (Jarausch, 2010, Pos. 777). Ähnlich werden bei Erklärungen über die Gründe für den verlorenen Krieg eher Argumente in Bezug auf Verrat oder Verschwörungstheorien angeführt. Nicht zuletzt um u erklären, warum die "Wunderwaffen" nicht zum Einsatz gekommen sind. Und an diesen Punkten konnte man am deutlichsten die Nachwirkungen der NS-Indoktrination erkennen.
Insgesamt wird man wohl die Zwischenphase zwischen dem Zusammenbruch des NS-Regimes und der Gründung der Bundesrepublik als notwendige Übergangsphase diagnostizieren können, in der Männer wie General Clay den schwierigen Prozess der Entnazifierung und die „Aufarbeitung des Holocaust“ zunehmend moderat betrieben haben, um den sozialen Frieden in der sich abzeichnenden Gründung der jungen Bundesrepublik durch Eingliederung von NS-Funktionsträger zu gewährleisten (vgl. z.B. Benz, S. 62).
Mit dem Ergebnis einer zunehmenden Restauration ursprünglicher politischer und administrativer Strukturen und der Formulierung neuer Legenden, wobei der „saubere Krieg der Wehrmacht“ eine der „Gründungslügen“ der jungen Bundesrepublik sein wird. (Keil & Kellerhoff, Pos. 1830)
Auch um die klare Westintegration zu verdeutlichen spricht Adenauer explizit – ex - Präsident Hoover im Frühjahr 1947 seinen Dank aus für sein Engagement für Deutschland. In seinem Bericht schrieb Hoover wörtlich: „Die Wirtschaftskraft Europas kann nicht wiederhergestellt werden ohne Wiederherstellung Deutschlands als Mitglied dieser Wirtschaftskraft.“ (Adenauer, S. 107).
Und Adenauer fährt fort: „Ich möchte an dieser Stelle [ex] Präsident Hoover für seine große humane Tat, die er durch seinen Bericht über die Lage im niedergeworfenen und verfemten Deutschland vollbrachte, meine hohe Bewunderung und meinen großen Dank im Namen aller Deutschen aussprechen. Es war wohl das erste Mal in der Geschichte der letzten Jahrhunderte, dass der Geist der Humanität den Sieger beherrschte, dass der Sieger dem Besiegten in einer umfassenden Weise helfen wollte, aus seinem Elend herauszukommen.“ (Adenauer, S. 108)
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