Eichmann in Jerusalem: Mission?

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Feuerlöscher

Gast
Hallo, liebe Community. Ich bin bei der Lektüre Saul Friedländers Werk über die Verfolgung und Vernichtung der europäischen Juden auf eine kleine Randnotiz über Eichmann gestoßen: Dieser reiste 1937 inkognito nach Jerusalem, und später weiter nach Kairo.

Mir hat sich nach kurzer Online-Recherche aber immer noch nicht der Zweck dieser Reise erschlossen. Könnt ihr mir da weiterhelfen?

Viele Grüße!
 
Was ist denn an Friedländers Hinweis zum Reisehinweis/Motiv unklar?

Eichmann hatte die Leitung von Referat "II 1123 (Zionisten)" übernommen. Soweit der Hintergrund zur Reise.

Friedländer führt weiter aus:

"Palästina galt als eines der aussichtsreicheren Ziele für die jüdische Auswanderung, wie es das seit 1933 gewesen war. Ebenso wie das Außenministerium und das Amt Rosenberg (das hauptsächlich für ideologische Fragen einschließlich der Kontakte zu ausländischen Nazisympathisanten zuständig war) stand der SD vor dem Dilemma, daß einerseits zwar die jüdische Emigration nach Palästina ermutigt werden sollte, sich daraus aber andererseits die Gefahr ergab, daß eine solche Auswanderung zur Errichtung eines strategischen Zentrums für die Machenschaften des Weltjudentums – zu einem jüdischen Staat – führen konnte. Im Zusammenhang mit derartigen politischen Überlegungen gab Heydrich Hagen und Eichmann die Erlaubnis, im Herbst 1937 nach Palästina zu fahren und mit ihrem Haganah-«Kontaktmann», Feivel Polkes, zusammenzutreffen.
Zumindest für Eichmann scheint die Mission große Erwartungen geweckt zu haben: «Da bei meiner Reise unter anderem Verhandlungen mit arabischen Fürstlichkeiten vorgesehen sind», schrieb der ehemalige Vertreter der Vacuum Oil Company für Oberösterreich an Franz Alfred Six, den Leiter von II 1, «benötige ich einen leichten hellen und einen dunklen Anzug sowie einen hellen Reisemantel.» Eichmanns Träume von orientalischer Eleganz blieben unerfüllt; statt dessen wurden die beiden Reisenden wiederholt auf strikte Geheimhaltungsmaßnahmen verpflichtet: keine Verwendung von Bezeichnungen wie «SS», «SD», «Gestapo»; keine Postkarten an Freunde im Dienst, und so fort.[84] Die Mission scheiterte jämmerlich: Die Briten ließen die beiden SD-Männer nicht länger als einen Tag in Palästina bleiben, und ihre Gespräche mit Polkes – der zu einem Gespräch mit ihnen nach Kairo kam – erbrachten keinerlei wertvolle Informationen. Doch die positive Einschätzung, die der SD von Palästina als Ziel der deutschen Juden hatte, blieb unverändert. Später war dann der SD die Stelle, mit der zionistische Abgesandte die Abreise von Konvois von Emigranten nach jugoslawischen und rumänischen Häfen organisierten, von wo aus sie den Versuch unternahmen, unter Durchbrechung der britischen Blockade zu Schiff nach Palästina zu gelangen."
 
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