Facharbeit: Stauffenberg "Verräter oder Patriot"

Und dazu gehört auch die Stellung zum Eid, damals wie heute. Unabhängig von irgendwelchen ominösen Forensregeln.
Die Meinung irgendwelcher heute darüber philosophierenden Persönlichkeiten ist für die Bewertung des Eides anno 1933-1945 gänzlich irellevant und hat demnach nichts mit der Diskussion hier zu tun, sondern ist, wie bereits angespriochen 1. anachronistisch in diesem Zusammenhang und 2. eine tagesaktuell politische Angelegenheit.


Was das weitere Meint, ist die Sache recht simpel.
Wenn am Eidbruch an und für sich moralischer Anstoß genommen wird, wie das die beteiligten mitunter vorgaben, mussten sie auch am Eidbruch Hitlers Anstoß nehmen. Entweder ist ein Eid ein Eid, der unter allen Umständen zu halten ist und wer ihn bricht ein Verräter oder aber das mit dem Eid ist so relevant nicht.

Weiterhin, könnte man hier die Frage stellen, ob die beteiligten Militärs nicht bereits eidbrüchig wurden, in dem Augenblick, als sie einen Eid auf Hitler leisteten, jedenfalls sofern sie vor dem Tod Hindenburgs der Reichswehr angehörten.
War dies der Fall, hatten sie zuvor einen Eid auf Republik und Verfassung geleistet, dem Hitlers Verhalten und das Einschwören der Armee auf seine Person nicht entsprachen. Folglich waren diese zum fraglichen Zeitpunkt längst eidbrüchig gewesen und da geht es dann nicht um einen zivilen Diensteid, sondern den von ihnen auf Deutschland geleisteten Fahneneid.
 
Die Diskussion über Deserteure ist auch eine "tagesaktuell politische Angelegenheit" und trotzdem vom Thema absolut nicht zu trennen.
 
Was hat das Thema Attentat rechtshistorisch mit Deserteuren zu tun?

Was hat die Amtseid-Rechtsprechung rechtshistorisch mit Stauffenberg zu tun?
 
Was hat das Thema Attentat rechtshistorisch mit Deserteuren zu tun?

Was hat die Amtseid-Rechtsprechung rechtshistorisch mit Stauffenberg zu tun?

Ich denke schon, dass das Thema für sich genommen nicht gänzlich unpassend ist, da ja der Narrativ des "Verräters" einmal im Raum stand uns sich ja dort auch nach dem Krieg noch einige Zeit in Teilen des populären Bildes hielt.

Das Problem ist, für mich eher die anachronistische Argumentationsweise, die sich an einer Rückprojektion heutiger Standpunkte hochzieht, was methodisch, ich denke, da ist man sich einig, unter aller Kanone ist.
Demgegenüber halte ich eine sinnvolle Bschäfftigung mit dem soldatischen Ehrbegriff der Zeit und den Auslegungsmöglichkeiten etwaiger Verpflichtungen durchaus für angemessen, denn die sind sowohl für den Bezug moralischer Legitimation für das Attentat, als auch im Bezug auf die Erinnerungskultur, durchaus von Belang.


Ich denke, man kann sich der Angelegenheit zum einen spieltheoretisch nähern um sich darüber klar zu werden, welche Agumentations MÖGLICHKEITEN vorhanden gewesen wären, hätte man einen Legitimationsbezug herstellen wollen, was letztlich auch für die Erinnerungskultur sicher nicht gänzlich ohne Belang ist.

Der zweite sinnvolle Weg wäre mit historischen Beispielen zu argumentieren, inwiefern der Eidbruch/Verrat eines preußischen/deutschen Offiziers zwangsläufig als ehrenrührg gelten musste.
Als historischen Präzedenzfall dafür, dass das nicht unbedingt der Fall sein musste, kann man denke ich die etwa die Konvention von Tauroggen heranziehen, die ihrerzeit astreiner Hochverrat war, dem Bild des damaligen Verräters und dessen soldatischem Ansehen aber keineswegs Abbruch tat, ein Beispiel, dass den damals beteiligten und nicht beteiligten Offizieren wohl bekannt gewesen sein dürfte.

Insofern würde ich meinen ist die Argumentation vom Fahneneid und vom "soldatischen Ehrbegriff" in dieser Sache nicht nur ex-post angreifbar, sondern auch konkret zeitgenössisch und daher, wie ich meine für die Bewertung der handelnden Personen und auch die Rezeptionsgeschichte des Attentats durchaus von Bedeutung.
 
Eben.
Die Fälle haben juristisch nichts miteinander zu tun.
Aber moralisch. Oder sollte es um eine Jura-Facharbeit gehen? Wohl kaum.
"Die Leitfrage hat mir im grunde meine Lehrerin gegeben da sie es zu einfach fand über das Attentat allgemein zu schreiben.
Ideen: -Patriotismus erklären
-Folgen auf ähnliche Aktionen"
Und damit sind wir in einem Zeitraum bis zur Gegenwart.
 
Jedem steht natürlich frei, zu mixen, und auch moralisch oder unsinnig.

Oben sind juristische Aspekte (u.a. zur Legalität des Attentats, zum Amtseid, zur Desertion) angesprochen und miteinander vermischt oder verglichen worden. Mein Hinweis zielte nur darauf ab, dass das rechtshistorisch Unsinn ist, worauf die Nachfragen stoßen sollten.
 
In den 50er-Jahren zogen überzeugte Nazis wie zb Remer umher und bezeichneten Graf Stauffenberg als „Verräter“.

Ob die politischen und moralischen Würdigungen in den beiden Deutschlands angemessen waren, sei mal dahingestellt.

Die Justiz äußerte sich randweise ebenfalls dazu, hier zB OLG Bayern in einer politisch-moralischen Nebenbemerkung in 1961:

Wie die BeschwFührer mit Recht hervorheben, wird die Berechtigung des Widerstands gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft von allen demokratischen Kräften in der Bundesrepublik anerkannt. Dies gilt insbesondere auch für die gescheiterte Erhebung vom 20. 7. 1944, an der Graf Stauffenberg maßgeblich beteiligt war und nach deren Scheitern er hingerichtet wurde. Die Würdigung der Verdienste des Grafen Stauffenberg und der übrigen Widerstandskämpfer hängt deshalb nicht davon ab, welche politische Partei gerade an der Regierung ist. Ein bloßer Regierungswechsel innerhalb der demokratischen Staatsform könnte schwerlich dazu führen, eine nach Graf Stauffenberg benannte Straße wieder umzubenennen. Die Notwendigkeit einer solchen Umbenennung könnte vielmehr nur dann entstehen, wenn die Macht im Staate in die Hände von Kräften geriete, die eine freiheitliche demokratische Staatsordnung, wie sie durch das GG und die BayVerf. gewährleistet wird, ablehnen. Die Bedenken, die Stadtrat L. gegen die Benennung einer neuen Straße nach Graf Stauffenberg vorbrachte, bedeuteten also, daß Stadtrat L. in seiner Eigenschaft als auf Grund freier Wahlen gewählter Volksvertreter bei der Benennung von Straßen die Möglichkeit einer späteren Beseitigung der verfassungsrechtlich garantierten freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und des Freistaates Bayern ins Auge faßte und die Berücksichtigung dieser Möglichkeit für zweckmäßig hielt. Ob sich Stadtrat L. dieser Konsequenz seiner Äußerung bewußt war, mag allerdings zweifelhaft sein. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an

BayObLG (1. Strafsenat), Urteil vom 8. 2. 1961 - RevReg. 1 St 760 a, b/60

Was zur juristischen Würdigung/Legitimität des Attentats entscheidend ist, hat zB @Shinigami erwähnt.
 
Fahneneidbrechende Deserteure erhalten ebenso wie militärische Attentäter gegen das Unrechtssystem erst seit wenigen Jahren Anerkennung und Denkmale.

Ist das so?
Dann frage ich mich, warum es in Deutschland während der NS-Zeit in jeder Stadt, die etwas auf sich hielt einen Adolf-Hitler-Platz oder eine Adolf-Hitler-Straße gab?

Ich meine mich erinnern zu können, dass der benannte Herr sich seinerzeit vor dem Wehrdienst in Österreich verdrückt hat. Er war also ein fahnenflüchtiger Deserteur.
Sein Putschversuch in München war nichts anderes als Hochverrat, inklusive einiger Toter auch einiger Toter Landespolizisten.

Offensichtlich war es also auch schon während der NS-Zeit kein Problem einem fahnenflüchtigen Deserteur und Hochverräter, bei dessen Putschaktion Amtspersonen des betroffenen Staates von den Putschisten vorsätzlich zu Tode gebracht wurden Denkmäler zu errichten.
Dabei war der Staat, gegen den sich seine Gewaltmittel richteten nichtmal ein Unrechtsregime.

Wenn doch Desertieren und Verrat in der damaligen Gesellschaft unverzeihliche Vergehen waren, warum konnte der Mann dann Reichskanzler und Diktator werden, statt dafür seine wohlverdiente Hinrichtung zu erhalten?


Das nur noch dazu.
 
Zuletzt bearbeitet:
Habe da gestern zufällig einen Bericht im Fernsehen gesehen, der das neue Buch der Stauffenberg-Enkelin ("Er wollte nicht das Attentat, er wollte den Umsturz" ) vorgestellt hat. Das ist eine Replik auf die Stauffenberg-Biographie "Stauffenberg. Porträt eines Attentäters" von Thomas Karlauf. Habe weder das eine noch das andere gelesen, wollte den Literaturhinweis aber weiterreichen.
 
Ich denke, @Opteryx ging es mehr um die Wertungen von Deserteuren der Wehrmacht, diese wiederum im Vergleich zur Wertung des Widerstandes,

Zum Widerstandsrecht 1933/45 gegen das Regime ust schon ausgeführt worden. Man könnte das rechtsgeschichtlich bis zum Widerstandsrecht des GG vertiefen.

Offen ist die eingeworfene Bewertung von Deserteuren nach 1945 in beiden deutschen Staaten. Die entsprechenden Urteile der MG packte man lange nicht an, mit entsprechenden Argumentationen.
 
Ist das so?
Dann frage ich mich, warum es in Deutschland während der NS-Zeit in jeder Stadt, die etwas auf sich hielt einen Adolf-Hitler-Platz oder eine Adolf-Hitler-Straße gab?

Ich meine mich erinnern zu können, dass der benannte Herr sich seinerzeit vor dem Wehrdienst in Österreich verdrückt hat. Er war also ein fahnenflüchtiger Deserteur.
Sein Putschversuch in München war nichts anderes als Hochverrat, inklusive einiger Toter auch einiger Toter Landespolizisten.

Offensichtlich war es also auch schon während der NS-Zeit kein Problem einem fahnenflüchtigen Deserteur und Hochverräter, bei dessen Putschaktion Amtspersonen des betroffenen Staates von den Putschisten vorsätzlich zu Tode gebracht wurden Denkmäler zu errichten.
Dabei war der Staat, gegen den sich seine Gewaltmittel richteten nichtmal ein Unrechtsregime.

Wenn doch Desertieren und Verrat in der damaligen Gesellschaft unverzeihliche Vergehen waren, warum konnte der Mann dann Reichskanzler und Diktator werden, statt dafür seine wohlverdiente Hinrichtung zu erhalten?


Das nur noch dazu.
Das liegt einfach daran, dass Unrechtssysteme, wie u.a. das 3.Reich, ihre eigene Moral schufen, bei welcher der Zweck die Mittel heiligte und Kraft ihrer Machtfülle allein die öffentliche Meinung durch die Medien bestimmen konnten. Im Inland wagte niemand, dagegen zu argumentieren. Leider ist mir auch vom Ausland nichts in dieser Richtung bekannt geworden.
 
Das liegt einfach daran, dass Unrechtssysteme, wie u.a. das 3.Reich, ihre eigene Moral schufen, bei welcher der Zweck die Mittel heiligte und Kraft ihrer Machtfülle allein die öffentliche Meinung durch die Medien bestimmen konnten. Im Inland wagte niemand, dagegen zu argumentieren. Leider ist mir auch vom Ausland nichts in dieser Richtung bekannt geworden.

Ne, so einfach ist das dann doch nicht.

Das NS-System viel ja nicht einfach so vom Himmel, sondern musste ja erst einmal installiert werden. Im Rahmen der letzten freien Wahlen vor dessen Installation räumte der bekannte Hochverräterr und Anführer einer Mordbande (Zusammenstoß vor der Feldherrenhalle 1923 in München) immerhin gut ein Drittel der Wählerstimmen ab, ohne dass da ein Repressionsapparat dahinter stand, der die Leute dazu genötigt hätte.
Bei der Reichspräsidentenwahl von 1932 war der Anteil in der Stichwahl nochmal was höher. Heißt, beinahe jeder zweite Deutsche hätte 1932 kein Problem damit gehabt einen vormaligen Hochverräter zum machtgewaltigen Staatsoberhaupt zu machen.
Verrat als gesellschaftliches K.o.-Kriterium sieht irgendwie anders aus.

Das im Weitergehenden für das Regime der Zweck die Mittel heiligte und Zustimmung durch den Repressionsapparat erzwungen wurde, ist richtig, aber auf den gleichen Apparat hätten sich die VErschwörer bei gelungenen Staatsstreich ja auch stützen können, zumal in einer Gesellschaft, die ja bereits gewohnt war, dass der Zweck die Mittel heiligt.


@silesia
Ich sehe nicht ganz den Zusammenhang zwischen gewöhnlichem Desertieren im Rahmen der Wehrmacht und dem Widerstand, denn der Widerstand umfasste ja durchaus auch Zivilisten/nicht mehr aktive ehemalige Wehrmachtsangehörige, wie Goerdeler, v. Witzleben oder Hoepner.
Davon einmal abgesehen war der Versuch das NS-Regime auszuschalten ja nicht geichbedeutend damit den Krieg sofort um jeden Preis beenden zu wollen, demnach kann ich da im militärischen Sinne auch kein "desertieren" feststellen. Ein Deserteur ist jemand, der sich um persönlicher Vorteile willen seinen Pflichten im Rahmen des militärischen Dienstes entzieht oder das versucht, den Vorwurf kann man Sauffenberg und Konsorten kaum machen.
Auch wüsste ich nicht, wo Deserteuren im streng militärischen Kontext heute massenweise Denkmäler gesetzt würden.
 
Ne, so einfach ist das dann doch nicht.

Das NS-System viel ja nicht einfach so vom Himmel, sondern musste ja erst einmal installiert werden. Im Rahmen der letzten freien Wahlen vor dessen Installation räumte der bekannte Hochverräterr und Anführer einer Mordbande (Zusammenstoß vor der Feldherrenhalle 1923 in München) immerhin gut ein Drittel der Wählerstimmen ab, ohne dass da ein Repressionsapparat dahinter stand, der die Leute dazu genötigt hätte.
Bei der Reichspräsidentenwahl von 1932 war der Anteil in der Stichwahl nochmal was höher. Heißt, beinahe jeder zweite Deutsche hätte 1932 kein Problem damit gehabt einen vormaligen Hochverräter zum machtgewaltigen Staatsoberhaupt zu machen.
Verrat als gesellschaftliches K.o.-Kriterium sieht irgendwie anders aus.

Das im Weitergehenden für das Regime der Zweck die Mittel heiligte und Zustimmung durch den Repressionsapparat erzwungen wurde, ist richtig, aber auf den gleichen Apparat hätten sich die VErschwörer bei gelungenen Staatsstreich ja auch stützen können, zumal in einer Gesellschaft, die ja bereits gewohnt war, dass der Zweck die Mittel heiligt.


@silesia
Ich sehe nicht ganz den Zusammenhang zwischen gewöhnlichem Desertieren im Rahmen der Wehrmacht und dem Widerstand, denn der Widerstand umfasste ja durchaus auch Zivilisten/nicht mehr aktive ehemalige Wehrmachtsangehörige, wie Goerdeler, v. Witzleben oder Hoepner.
Davon einmal abgesehen war der Versuch das NS-Regime auszuschalten ja nicht geichbedeutend damit den Krieg sofort um jeden Preis beenden zu wollen, demnach kann ich da im militärischen Sinne auch kein "desertieren" feststellen. Ein Deserteur ist jemand, der sich um persönlicher Vorteile willen seinen Pflichten im Rahmen des militärischen Dienstes entzieht oder das versucht, den Vorwurf kann man Sauffenberg und Konsorten kaum machen.
Auch wüsste ich nicht, wo Deserteuren im streng militärischen Kontext heute massenweise Denkmäler gesetzt würden.
Ich kann mich aber nicht erinnern, dass diese Vorwürfe gegen H. Bestandteil des gegnerischen Wahlkampfs waren. Und wenn man unter den Wählern tatsächlich genau informiert war, so nahm man das wohl "im Sinne der Sache" nicht als besonders störend hin. Die militärischen Begriffe, wie Ehre und Treue, hatten ja nach der Niederlage im WK1 einen erheblichen Einbruch erlitten und wurden erst nach der Machtergreifung wieder "salonfähig" gemacht.
Der Zusammenhang zwischen Deserteuren und Widerständlern besteht in der empfindlichen Schwächung der Wehrkraft in einem besonders kritischen Kriegszustand. Deserteure liefen zu diesem Zweck oft zum Gegner über und lieferten geheime Informationen als Faustpfand. Militärische Widerständler erreichten die gleiche Wirkung, obwohl sie das NS-System erhalten wollten, aber vom Gegner eine bessere Behandlung erwarteten.
Deshalb wurden beide von Durchhalte-Bürgern als hinterhältig beurteilt. Und natürlich von Militärs, die auch nach dem Krieg eine Aufweichung der Wehrkraft fürchteten. Erst in neuerer Zeit hat sich die Meinung gewandelt.
 
Ich kann mich aber nicht erinnern, dass diese Vorwürfe gegen H. Bestandteil des gegnerischen Wahlkampfs waren.
Mussten sie auch. Hitlers Putschversuch und der sich anschließende aufsehenerregende Prozess 1923/1924 waren schließlich monatelang durch die Zeitungen gegangen und Hitler selbst hat daraus ja apäter auch keinen Hehl gemacht, im Gegenteil, das Tam-tam um die "Blutzeugen der Bewegung" stellte die damalige Aktion ja noch ostentativ herraus.
Ich gebe dir Brief und Siegel darauf, wenn jemand versucht einen Staatsstreich zu inszenieren, es im Zuge dessen zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Toten kommt, im Zuge dessen Vertreter der legitimen Regierung und der Armee als Geiseln genommen werden (v. Kahr und v. Lossow) und anschließend ein Hochverratsprozess mit reichlich öffentlichem Interesse abgehalten wird, wird man sich keine 10 Jahre später selbstredend daran erinnern.


Und wenn man unter den Wählern tatsächlich genau informiert war, so nahm man das wohl "im Sinne der Sache" nicht als besonders störend hin.
Dazu musste man nicht besonders genau informiert sein, es reichte während der Jahre 1923/1924 mal die Tagespresse konsumiert zu haben. Es wurde einfach nicht als störend empfunden. Damit war die Wählerschaft der Nazis nicht alleine, die der KPD hatte ja auch kein Problem damit sich hinter den Putschisten Thälmann (Hamburg 1923) zu stellen.

Die militärischen Begriffe, wie Ehre und Treue, hatten ja nach der Niederlage im WK1 einen erheblichen Einbruch erlitten und wurden erst nach der Machtergreifung wieder "salonfähig" gemacht.

Das widersprich der gesammten Thematik "Dolchstoßlegende".
Die Ansicht man sei im Felde unbesiegt verraten worden (eindeutig ein Rekurs auf militärische Ehre und Treue) und sei dann in Versailles unerhört in der nationalen Ehre gekränkt worden, war ja keine exklusive Ansicht der extremen Rechten, sondern zug sich durch das politische Spektrum bis weit in die politische Mitte hinein.


Der Zusammenhang zwischen Deserteuren und Widerständlern besteht in der empfindlichen Schwächung der Wehrkraft in einem besonders kritischen Kriegszustand.
Ich möchte gegeneitliges behaupten. Den militärischen Dilletanten Hitler vom Oberkommando der Streitkräfte zu entfernen, hätte den kompetenteren Generälen und Feldmarschällen die Möglichkeit eingeräumt in vernünftigeren Bahnen zu handeln. Insofern waren die Attentäter mit ihrem Versuch ein bisschen spät drann.
Bei einem erfolgreichen Attentat, sagen wir Mitte 1943, hätte das der Generalität im Osten die Handhabe gegeben die Truppen bei Notwendigkeit zurückzunehmen, was die Katastrophen, die Hitlers Haltebefehle in der Realität auslösten verhindert hätten.
Insofern und in einiger anderer Hinsicht, hätte ein erfolgreicher Schlag des Widerstands die militärischen Möglichkeiten Deutschlands nicht eingeschränkt, sondern im Gegenteil seine Ressourcen geschohnt.
Auch wäre dadurch die Chance im Westen zum Frieden zu kommen und dadurch im Osten möglicherweise eine tragbare Situation herzustellen, sicher größer gewesen als mit Hitler.



Deserteure liefen zu diesem Zweck oft zum Gegner über und lieferten geheime Informationen als Faustpfand. Militärische Widerständler erreichten die gleiche Wirkung, obwohl sie das NS-System erhalten wollten, aber vom Gegner eine bessere Behandlung erwarteten.
Nein.
Deserteure die übergehen und sich gefangen setzen lassen, berauben sich selbst der Fähigkeit weiterhin effektiven Widerstand zu leisten und schwächen damit das eigene Lager direkt und irreversibel.
Widerständler, die einen militärisch inkompetenten und für jede Form von Verhandlungen untragbaren Staatschef absägen, schwächen das eigene Lager nicht irreversibel, weil sie im Gegensatz zum Deserteur ihre Waffen nicht abliefern und sich gefangen setzen lassen oder gar die Reihen des militärischen Gegners als Überläufer auffüllen.
Ein Deutschland mit einem Regime à la Stauffenberg hätte unbeeinträchtigt weiterhin militärischen Widerstand leisten können, wenn es das wollte, in Sachen Verhandlungen hätte es hingegen jedenfalls mal bessere Karten gehabt, als ein Hitler, dem niemand mehr etwas abnahm.
Im Gegensatz zu Deserteuren hätte ein erfolgreicher Widerstand Deutschlands Situation strategisch und militärisch eher gestärkt (ob das viel geändert hätte, ist dann freilich eine andere Frage) und deswegen sind Desertion und Widerstand in diesem Kontext nicht gleichzusetzen.



Deshalb wurden beide von Durchhalte-Bürgern als hinterhältig beurteilt.
Wie viele von denen gab es wohl noch?
Zum Zeitpunkt des Attentats waren die deutschen Kräfte in Weißrussland bereits dabei zusammen zu brechen und die Westalliierten in der Normandie bereits gelandet.
Die letzten militärischen Erfolgsmeldungen waren da bereits 1,5 Jahre her und es ging militärisch stetig bergab. Um eine deutliche Ahnung zu haben, dass dieser Krieg verlorengehen würde, musste man zu diesem Zeitpunkt wirklich kein militärischer Experte sein. Die Geschwindigkeit, in der die Westalliierten dann vorrückten und das weitgehende Ausbleiben ernsthaften militärischen Widerstands im Westen, spätestens nach der alliierten Rheinüberquerung, zeigte da jedenfalls relativ wenig Durchhalteenenthusiasmus.

Und natürlich von Militärs, die auch nach dem Krieg eine Aufweichung der Wehrkraft fürchteten. Erst in neuerer Zeit hat sich die Meinung gewandelt.
Ich würde mal behaupten, dass die Militärs anno Ende 1943-1944 von den militärisch unsinnigen Haltebefehlen und dem Absetzen militärisch vernünftig handelnder Befehlshaber derart frustriert waren, dass sie heilfroh darüber gewesen wären Hitler los zu sein, weil ihnen das erlaubt hätte veritable Teile der Armee durch Rückzug zu retten und damit ihre Kampfkraft zu erhalten.
Eine Aufweichung der Wehrkraft stellten unter anderem Hitlers militärisch blödsinnige Weisungen dar, die zur Vollkatastrophe der Schlacht von Minsk 1944 und zum Abschneiden der Verbände der Heeresgruppe Nord in Kurland führten, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Nicht umsonst nahmen diverse ranghohe Militärs zu dem Umsturzversuch eine Haltung ein, die mindestens mal wohlwollende Neutralität signalisierte und im Fall des Gelingens weitere Kooperation in Aussicht stellte:
"wenn Hitler beseitigt wäre, dann...."

Hätte man von der Ermordung Hitler tatsächlich entscheidende Wehrkraftzersetzung erwartet, hätte man von der Seite her Stauffenberg und Konsorten angeschwärzt. Fromm als Befehlshaber des Ersatzheeres und v. Kluge als Generalfeldmarschall etwa waren in jedem Fall ausreichend im Bilde um Stauffenberg und Konsorten ans Messer liefern zu können, wenn sie von diesen und ihren Plänen eine Gefahr für die Armee erwartet hätten, unterließen dies aber, auch Manstein tat nichts dergleichen obwohl der sich sichtlich um Distanz bemühte.


Btw. Ich denke, dass das nichts mehr mit dem orriginären Thema der Bewertung Stauffenbers im Besonderen in der Nachkriegszeit zu tun hat. Daher würde ich anregen, das entweder per PN fortzuseten oder darum zu bitten, es in einem anderen Faden unterzubringen.
 
O.k. Aber hier sollte sich der Themenersteller äußern, in wie weit die Beziehung zur Nachkriegszeit für ihn interessant ist.
 
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