Reichstagsbrand 1933

S

Schüler 94

Gast
war es der Regierung der NSDAP möglich am selben Abend in so kurzer Zeit die "Reichstagsbrandverodnung" zu verfassen und zu verabschieden? oder hatte sie bereits vorher unter anderem Namen für solche Extremsituationen existiert?
war der Brand initiiert oder hat die NS Regieren die Chance beim Schopf gepackt?
Danke im Voraus
 
vielen dank für den hinweis, ich werde dieser vertrauensvollen quelle große beachtung schenken
 
Hallo Schüler 94

war es der Regierung der NSDAP möglich am selben Abend in so kurzer Zeit die "Reichstagsbrandverodnung" zu verfassen und zu verabschieden?

Ja , das war sie. Bereits am Morgen des 28.Februar legte Hitler dem Reichstag die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat (Reichstagsbrandverordnung). Das Ziel war die Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte. Sie setzte bis 1945 die Grundrechte außer Kraft. Damit rechtfertigte sie ihr brutales Vorgehen gegen die KPD bzw. gegen die marxistische Gefahr, was auch die SPD einschloss.


war der Brand initiiert oder hat die NS Regieren die Chance beim Schopf gepackt?

Die Täterschaft des Reichstagsbrandes ist auch heute noch nicht geklärt. Jedensfalls nützte die Reichstagsbrandverordnung der NSDAP in mehrfahcher Hinsicht: Sie bildete mit dem Ermächtigungsgesetz die wichtigste Grundlage des NS-Terrors; sie war die juristische Grundlage eines pseudolegalen Terrors, schuf den permanenten Ausnahmezustand linksorientierter bzw. demokratischer Kräfte und trug so wesentlich zur Stabilisierung der Macht Hitlers bei.


Noch Fragen?
Frag ruhig.


Hochachtungsvolle Grüße
iFlorian
 
war der Brand initiiert oder hat die NS Regieren die Chance beim Schopf gepackt?
Danke im Voraus

Was sagt die heutige Forschung dazu?

Fritz Tobias setzte sich mit dieser Frage in den sechziger Jahre auseinander.

Dazu sollte man wissen, wie es zu dieser These, dass das NS-Regime was damit zu tun hatte kam.

Van der Lubbe gab bei der polizeilichen Vernehmung an, aus politischen Motiven gehandelt zu haben und beharrte darauf, die Brände alleine ohne Helfer gelegt zu haben. Die Polizei zog zunächst diese Alleintäterschaft nicht in Zweifel. Hitler, Göring und Goebbels wollten aber daraus einen kommunistischen Umsturzversuch machen. Neben van der Lubbe wurden auch Ernst Tobler (KPD-Fraktionsvorsitzende) und drei bulgarische Kommunisten angeklagt. Van der Lubbe wurde zum Tode verurteilt, die andern aus Mangel an Beweisen freigesprochen. In der Begründung des Todesurteils wurde die Fiktion der kommunistischen Beteiligung weiter aufrechterhalten.
Schon vor dem Prozess drehte die KPD den Spiess um und sprach davon, dass die Nationalsozialisten den Brand gelegt haben. Das van Lubbe ein Einzeltäter war, schlossen sowohl die Nationalsozialisten wie die KPD aus.

Nach dem Krieg und zwar in den sechziger Jahren stellte Fritz Tobias diese Sicht grundsätzlich in Frage. Er legte überzeugende Belege für die These von der Alleintäterschaft vor. Damit löste er eine bis heute andauernde Kontroverse aus.

Einige seiner Kritiker schreckten selbst vor Fälschungen nicht zurück, um diese These zu widerlegen.

Die bisher vorliegenden Forschungsergebnisse lassen kaum einen andern Schluss zu, als das Marinus van der Lubbe als Einzeltäter gehandelt hat.

Um es wirklich abschliessend zu klären, muss man die Quellen kritisch anschauen. Die Kontroverse ob er nun Einzeltäter war oder nicht, wird aber weiter andauern.

Hier der Artikel von Fritz Tobias aus dem Jahr 1959

DER SPIEGEL*43/1959 - STEHEN SIE AUF VAN DER LUBBE!


Und noch ein paar Links dazu:

Reichstagsbrand

Reichstagsbrand im Zerrspiegel | DIE ZEIT | DIE ZEIT Archiv | Ausgabe 12/1960

Und noch ein Buchtipp:
Marcus Giebeler
Die Kontroverse um den Reichstagsbrand: Quellenprobleme und historiographische Paradigmen
Verlag Peter Lang. 2010
 
vielen dank für den hinweis, ich werde dieser vertrauensvollen quelle große beachtung schenken

Vielleicht solltest du doch mal die Wiki Seite zum Reichstagsbrand genau anschauen. Dort gibt es nützliche Links und Literaturtipps die einem weiterführen. Und für eine Einführung ins Thema kann man sie ruhig mal durchlesen.
 
vielen dank für den hinweis, ich werde dieser vertrauensvollen quelle große beachtung schenken

Das ist eine gute Idee.:winke:

Die VO zum Schutz von Volk und Staat hat eine Vorgeschichte im Kabinett Hitler, die unabhängig vom Reichstagsbrand zu sehen ist.

Die Entwürfe, viel weitergehend und doch anknüpfend an solche der Regierungen Papen und Schleicher, kamen ab dem 2.2.33 auf die Tischvorlage des Kabinetts Hitlers. Am 4.2. wurden - siehe Wiki-link - Teile davon in Kraft gesetzt.

Hitler selbst zögerte bzgl. der übrigen Entwurfsteile des Innenministeriums. Er hielt den richtigen Zeitpunkt noch nicht gekommen, und befürchtete negative Wahlauswirkungen. Die Entwürfe wurden zwischen dem 4.2. und 28.2. mehrfach im Kabinett Hitler besprochen, mit Änderungswünschen an das Innenministerium. Am 28.2. eröffnete Hitler morgens, dass nun der richtige Zeitpunkt gekommen sei. Nochmalige kleinere Änderungen wurden bis nachmittags 16.00 beauftragt.

Zum Rest siehe Wiki. Es gibt also keinen "Spontanentwurf".

Falls Interesse an den einzelnen Besprechungen zwischen 2.2. und 28.2. besteht, kann ich weitere Details posten.

Quelle: Akten der Reichskanzlei, Regierung Hitler, Band I.1, 1933/34, dort u.a. Dokumente 3, 8, 11, 22, 30, 32 (11 Uhr), 33, 34 (16.15 Uhr).
 
Was in dem verlinkten Artikel der Welt verschwiegen wird, ist u.a. dies – Zitat aus der Süddeutschen Zeitung vom 26. Juli 2019, 17:13 Uhr:

Erst Ende der 1950er Jahre gewann die These neue Nahrung, van der Lubbe allein habe den Reichstag angezündet. Der hannoversche Hobbyforscher Fritz Tobias vertrat diese Überzeugung, unterstützt vom Historiker Hans Mommsen.
(…)
Ausgerechnet im Nachlass von Hobbyforscher und Ex-Verfassungsschützer Tobias, so berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland, sei nun eine Kopie der eidesstattlichen Erklärung des SA-Mannes entdeckt worden. Dieser hat die Erklärung demnach beiseite geschoben, um seine Alleintäter-These aufrecht zu erhalten.
 
Das war nicht das einzige Dokument, das Tobias unter Verschluss hielt, weil es nicht mit seiner Einzeltäter-Theorie zusammenpassten.
Bereits 2008 gelangte ganz zufällig ein von Tobias unter Verschluss gehaltenen Brief an die Öffentlichkeit, in dem der ehemalige Gestapo-Chef Rudolf Diels den SA-Mann Heini Gewehr verdächtigte.

Tagesspiegel 02.01.2015
Hett ist es 2008 gelungen, im Hannoveraner Privathaus des früheren Mitarbeiters des niedersächsischen Verfassungsschutzes, Fritz Tobias, einen der vielen dort lagernden geheimnisumwitterten Aktenordner einzusehen. In diesem Ordner fand Hett einen Brief des Gestapo-Gründers Rudolf Diels an die britische Delegation beim Nürnberger Kriegsverbrechertribunal. Darin schlägt Diels vor, in Sachen Reichstagsbrand den SA-Mann Heini Gewehr zu vernehmen, um Licht in die Sache zu bringen – eine wirkliche Neuigkeit.

Die Rolle, die Fritz Tobias bei der Aufklärung oder Verschleierung des Reichstagsbrandes spielte, ist jedenfalls voller Rätsel und Geheimnisse.
 
Es ist eine Angelegenheit, bei der sich keine der beteiligten wissenschaftlichen Parteiungen mit Ruhm bekleckert hat. Tobias hat nicht sauber gearbeitet und ist angreifbar, das "Luxemburger Komittee" hat mit Fälschungen operiert, das Institut für Zeitgeschichte spielte eine zweifelhafte Rolle...
 
Hett hat vor ein paar Jahren den Reichstagsbrand und seine Forschungs- und Deutungsgeschichte neu untersucht.
Ein Interview mit ihm gab es dazu in der Welt.
Hett hat insbesondere auch die Arbeit von Fritz Tobias eingeordnet, insbesondere seine Kontakte zu Alt- und Neonazis. Die Bezeichnung Hobby-Historiker ist ein Euphemismus, da Tobias eben nicht aus privatem Eigeninteresse, sondern dienstlich die Sache im Auftrag des Niedersächsischen Verfassungsschutzes untersuchte. Das gilt auch für seine wirkmächtigen Veröffentlichungen in "Der Spiegel".
Laut Hett dienten die Veröffentlichungen von des Schlapphutes Tobias insbesondere zur Entlastung der Ermittler von 1933, die zwischenzeitlich wichtige Stellen in der Bundesrepublik besetzt. Folgerichtig bestätigte er deren These von der Alleintäterschaft des Marinus van der Lubbe.
 
Das Problem ist eben, daß die Gegenposition auch nicht ergebnisoffen untersucht wurde. Edouard Calis präsentierte sowohl bei den Veröffentlichungen des "Luxemburger Kommittees" wie auch bei seiner Veröffentlichung der Gespräche von Hitler und Breiting Fälschungen, die von der Wissenschaft heute weitgehend als solche anerkannt sind. Das sieht auch Hett so. Von daher läßt sich nach aktuellem Stand nur sagen: "haeret"
 
Weil man hier nicht weiß, wer von damals Beteiligten (besser) gelogen hat, kann man auf diese Aussagen wenig geben; deshalb finde ich das Motiv und die Indizien interessanter.

Beim Motiv muss man sich fragen: Qui bono? Zweifellos nutzte der Brand nur den Nazis, politische Gegner auszuschalten, denn nur paar Tage später fanden Wahlen zum Reichstag statt, doch selbst die dann noch gewählten kommunistischen Abgeordneten konnten 3 Wochen später gegen das sog. Ermächtigungsgesetz nicht stimmen, weil sie entweder verhaftet oder aus sonstigen Gründen abwesend waren.

Und bei Indizien ist zuerst die Tatsache interessant, dass schon am Tag darauf – der Reichstag brannte ja in der Nacht – die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ zur „Abwehr der kommunistischer staatgefährdender Gewaltakte“ geschrieben, unterschrieben und im Reichsgesetzblatt auf der ganzen ersten Seite veröffentlicht wurde. Das ist ein wenig viel für einen Tag, d.h. der Text dieser Verordnung musste schon vorbereitet gewesen sein. Und das kann man nur, wenn man schon vorher wusste, wer den Brand legen bzw. wem man das in die Schuhe schieben wird.

Und zweitens ist auch die Tatsache interessant, dass die Nazis den Reichstagbrand so schnell ad acta gelegt haben, obwohl sie den weiter propagandistisch hätten ausschlachten können. Dass sie das nicht gemacht haben, ist ein Indiz dafür, dass sie befürchteten, man könnte im Nachhinein noch was Unangenehmes für sie finden, wenn sie das weiter thematisieren würden.

Ähnliches haben wir auch beim Oktoberfestattentat 1980 beobachten können: Ministerpräsident Franz Josef Strauß hat gleich „gewusst“, dass es sich um einen Einzeltäter handelte, um 2 Tage später zu sagen, dass das, was jetzt als rechtsradikal erscheine, sich bald als linksradikal erweisen würde.

Eine weitere Parallele zu 1933: Es standen wenige Tage später auch Wahlen zum Bundestag an, d.h. es galt, irgendwie die Linken der Tat zu verdächtigen, was der SPD und FDP sicher Stimmen kostete wie 1933 den Kommunisten.

Und schließlich ist das Verhalten des bayerischen LKA seltsam: 1997 wurden alle Asservate vernichtet, die zum Attentat gesammelt worden sind, weil der Einzeltäter beim Attentat selbst um Leben gekommen ist und es daher nichts mehr zu ermitteln gäbe. Und das, obwohl es sich dabei auch um Spuren handelte, die nicht zugeordnet werden konnten. Und: Es wären schon vor 1997 DNA-Analysen möglich gewesen, die da weiter helfen könnten, aber aus mir unbekannten Gründen unterblieben.

PS: Ich will jetzt hier keine neue Diskussion zum Oktoberfestattentat eröffnen, sondern auffallende Parallelen zu dem Brandanschlag auf das Reichstagsgebäude 1933 aufzeigen, um so besser Letzteres zu verstehen.
 
Verschwörungstheorie, kombiniert mit dem Ziehen einer Parallele zum NS.

Das ergibt 24 Stunden Frist für den Hinweis auf Fachliteratur.
 
Weil man hier nicht weiß, wer von damals Beteiligten (besser) gelogen hat, kann man auf diese Aussagen wenig geben; deshalb finde ich das Motiv und die Indizien interessanter.

Beim Motiv muss man sich fragen: Qui bono? Zweifellos nutzte der Brand nur den Nazis, politische Gegner auszuschalten, denn nur paar Tage später fanden Wahlen zum Reichstag statt, doch selbst die dann noch gewählten kommunistischen Abgeordneten konnten 3 Wochen später gegen das sog. Ermächtigungsgesetz nicht stimmen, weil sie entweder verhaftet oder aus sonstigen Gründen abwesend waren.

.... sollte darüber hinaus aber nicht vergessen, dass ein Motiv erstmal nicht mehr ist als ein Motiv und es möglicherweise auch andere Menschen gab, die eines hatten, sei es politischer oder persönlicher Natur.

Und bei Indizien ist zuerst die Tatsache interessant, dass schon am Tag darauf – der Reichstag brannte ja in der Nacht – die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ zur „Abwehr der kommunistischer staatgefährdender Gewaltakte“ geschrieben, unterschrieben und im Reichsgesetzblatt auf der ganzen ersten Seite veröffentlicht wurde. Das ist ein wenig viel für einen Tag, d.h. der Text dieser Verordnung musste schon vorbereitet gewesen sein. Und das kann man nur, wenn man schon vorher wusste, wer den Brand legen bzw. wem man das in die Schuhe schieben wird.

Was genau ist daran, angesichts der Tatsache, dass sich die Kommunisten zwischen 1923 und 1933 wirklich alle Mühe gegeben hatten die Republik zu stürzen, so merkwürdig?
Ferner daran gemessen, das die gesamte Regierung inklusive Reichpräsident eher rechtslastig unterwegs waren und alles was sich gegen links verwenden ließ gerne annahmen? Ob die damit impilzite Behauptung die Kommunisten oder eine in diesem Umfeld zu verortende Person hätten den Reichstag angezündet nun zutrifft oder nicht, sei dahin gestellt. Was aber ist so ungewöhnlich daran, dass eine Regierung einen Entwurf für ein Gesetz zur Repression einer sich seit längerem offen staatsfeindlich verhaltenden Partei, quasi in der Schublade liegen hat um bei Bedarf darauf zurückgreifen zu können? Ich hate das keineswegs für ungewöhnlich.

Und zweitens ist auch die Tatsache interessant, dass die Nazis den Reichstagbrand so schnell ad acta gelegt haben, obwohl sie den weiter propagandistisch hätten ausschlachten können. Dass sie das nicht gemacht haben, ist ein Indiz dafür, dass sie befürchteten, man könnte im Nachhinein noch was Unangenehmes für sie finden, wenn sie das weiter thematisieren würden.

Sie hätten das nur dann für weitere Maßnahmen nutzen können, wenn sie dafür von Hindenburg, der zu dem Zeitpunkt die rechtlichen Hebel noch in der Hand hatte und das "experiment Hitler" jederzeit hätte beenden können, dafür Zustimung hätten erwarten können.
De facto gab die Reichstagsbrandverortnung den Nazis die Möglichkeiten an die Hand die KPD komplett und die SPD weitgehend auszuschalten und damit über so etwas, wie das Ermächtigungsgsetz auf den Weg zu bringen. De facto die Möglichkeit zu so etwas wie einem halbverdeckten Staatsstreich.
Was hätten sie darüber hinaus sonst noch erreichen wollen, unter der Prämisse, dass es noch immer einen Reichspräsifenten gab, der die ihnen damit zugestandenen politischen Vollmachten rechtlich wieder kassieren konnte und auf den daher Rücksicht genommen werden musste?
 
Zuletzt bearbeitet:
Zu „Qui bono?“ muss man wohl keine Belege bringen, oder? Außer Shinigami bringt sie für seine Andeutung, auch andere hätten ein Motiv gehabt, Reichstag anzuzünden.

Dass die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ zur „Abwehr der kommunistischer staatgefährdender Gewaltakte“ geschrieben, unterschrieben und im Reichsgesetzblatt veröffentlich am Tag nach dem Brand über die Bühne ging, sollte Faksimile dieses Dokuments genügen:

0101_rbv_01.jpg


Außerdem hält auch Shinigami es für möglich, dass diese Verordnung schon vorgefertigt in der Schublade lag, womit er das, was ich Bezug dazu geschrieben habe, bestätigt.

Zu meiner Behauptung, Nazis hätten den Fall später propagandistisch nicht ausgeschlachtet, weil sie befürchten müssten, dass weitere, für sie unangenehme Einzelheiten an den Tag kommen könnten, kann ich auf den Link von Silesia verweisen
Steht eigentlich alles hier:
Reichstagsbrand ? Wikipedia
, wo es u.a. heißt – Zitat: Beweise für kommunistische Aufstandsplanungen sind während der NS-Herrschaft nie erbracht worden und haben nach heutigem Erkenntnisstand auch nie existiert.

Auf den Einwand von Shinigami
Was hätten sie darüber hinaus sonst noch erreichen wollen, unter der Prämisse, dass es noch immer einen Reichspräsifenten gab, der die ihnen damit zugestandenen politischen Vollmachten rechtlich wieder kassieren konnte und auf den daher Rücksicht genommen werden musste?
sage ich, dass man das nur für das halbe Jahr nach der Verurteilung von van der Lubbe gelten lassen kann, nach dem Tod des Reichspräsidenten von Hindenburg aber nicht mehr.

Fazit: Es gibt zwischen den beiden Ereignissen ein paar Parallelen, die offensichtlich sind: Beide fanden kurz vor Wahlen statt, die Rechten versuchten den Linken die Schuld für den Brand bzw. für das Attentat in die Schuhe zu schieben, und hinterher waren sie bemüht, Gras über das Geschehen wachsen zu lassen. Was ist daran falsch?
 
Die Nachfrage zu den Belegen für die oben vorgetragene Verschwörungstheorie Oktoberfest-Attentat/Bundestagswahl usw. war unmissverständlich auf 1980/1997 gerichtet. Ich denke mal, dass Du die Frage trotzdem nicht verstanden hast, sonst wären die abschweifenden Ausführungen drumherum vorsätzlich.

Die Nachfrage für Belege wird letztmalig wiederholt.
 
Zu „Qui bono?“ muss man wohl keine Belege bringen, oder? Außer Shinigami bringt sie für seine Andeutung, auch andere hätten ein Motiv gehabt, Reichstag anzuzünden.

Die Sache liegt nun wirklich auf der Hand. Wie viele Menschen im Land waren zu dem Zeitpunkt von der Wirtschaftskrise in ihrer Existenz betroffen und hätten daher ein Motiv gehabt, ihren Frust auf die Regierung zu projizieren und an dieser oder ihren Symbolen auszulassen?
Warum genau ist die Theorie, dass jemand in fehlgeleiteter Weise gegen die NS-Herrschaft ein Fanal setzen und so zur Revolution aufrufen wollte per se unplausibel?
Wie viele Menschen gibt es, die einfach eine pyromanische Veranlagung mitbringen und Spaß haben zu zündeln?

Wenn man sich ausschließlich auf "cui bono?" einschießt, blendet man derlei Möglichkeiten von vorn herein aus und ist in seiner Schlussfolgerung eo ipso voreingenommen.


Dass die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ zur „Abwehr der kommunistischer staatgefährdender Gewaltakte“ geschrieben, unterschrieben und im Reichsgesetzblatt veröffentlich am Tag nach dem Brand über die Bühne ging, sollte Faksimile dieses Dokuments genügen:

0101_rbv_01.jpg


Außerdem hält auch Shinigami es für möglich, dass diese Verordnung schon vorgefertigt in der Schublade lag, womit er das, was ich Bezug dazu geschrieben habe, bestätigt.

Hier verdrehst du nun wirklich den Sinn dessen, was ich schrieb. Ich schrieb, dass es angesichts des notorisch und offen staatsfeindlichen Verhaltens und der rechtsgerichteten Gesinnung von Regierung, Kanzler und Präsident, nicht überraschend wäre, hätten diese vorab ein Konzept entwickelt, wie mindestens die KPD bei Gelegenheit auszuschalten sein.
Du machst daraus nun ein Indiz dafür, dass man diese Gelegenheit bewusst herbei geführt hätte, dem würde die Frage gegenüberstehen, wozu es nötig gewesen sei sich in der Art zu kompromitieren, konnte man doch aus der Erfahrung der Vergangenheit durchaus damit rechnen dass die KPD mit ihrer verfassungsfeindlichen Haltung, einen Anlass bei Zeiten liefern würde.
Wirfst du einen Blick auf das präsentierte Reichsgesetzblatt, diehst du, dass das kein expiziter Bezug zur Brandstiftung am Reichstag genannt wird. Sieht daher mehr nach einem Katalog allgemeiner "Notstandsmaßnahmen" aus, der nicht viel Improvisation bedurft hätte, sondern so einen Text kann man auch blanco in der Schublade liegen haben, mit Lücken beim Anlass ("Abwehr kommunistischer Staatsgefährder") und bei den Unterschriften eben ausfüllen und ab in die Druckerei damit.

Angesichts der Geschichte der Weimarer Republik und der bisher erlebten Umstzurversuche, wie auch des aufgeheitzten Klimas im Gefolge der Weltwirtschaftskrise, wohl nicht völlig unplausibel, auf solche Dinge vorbereitet zu sein.

Was du dabei nicht verstanden zu haben scheinst, ist, dass ich damit nicht bestätige, was du schreibst, sondern dem diametral wiederspreche, weil in diesem Fall:

a) Zu hinterfragen wäre ob es einen näheren Zusammenhang zwischen der Entstehung der Verordnung und dem Reichstagsbrand gibt oder ob diese für den Fall erneuter Umsturzversuche von kommunistischer Seite mehr oder minder vorhanden war.
b) Im Falle das sie vorhanden war oder auch nur als Konzept existierte, würde dein Argument mit der Zeit der Ausarbeitung entfallen, dass implizit mindestens Mitwisserschaft an der Brandstiftung postulliert.

Auf den Einwand von Shinigami sage ich, dass man das nur für das halbe Jahr nach der Verurteilung von van der Lubbe gelten lassen kann, nach dem Tod des Reichspräsidenten von Hindenburg aber nicht mehr.
Gegen wen hätte man es zu diesem Zeitpunkt denn wenden sollen, eingedenk der Tatsache, dass KPD und SPD zu dem Zeitpunkt bereits weitgehend zerschlagen, ihre Funktionäre geflüchtet oder verhaftet und die Reste der Organisationen in den Untergrund getrieben waren?
Gegen das Zentrum oder die DNVP vielleicht, respektive das, was davon übrig war? Die Haltung der Nazis, Kommunisten und Sozialdemokraten als "Marxisten" nicht näher differenziert in einen Topf zu werfen, war vom Standpunkt politischer Theorie her schon höchst abenteuerlich, bedenkt man die Revisionismusdebatte in der SPD seit der zweiten Hälfte des Kaiserreichs. Den Konservativen oder sonst wem unterstellen zu wollen, es habe Mitwirkung an kommunistischen Umsturzversuchen gegeben, hätte niemand mehr für voll genommen. Andere Innenpolitische Zielscheiben von herausragender BEdeutung waren aber nicht mehr da.

Das Problem damit, was du im Bezug auf den Reichstagsbrand formulierst ist, dass du:

1. "cui bono?" als einzige Erklärungshypothese wirkich verfolgst. Dabei kann aus der Tatsache des Reichstasbrandes an und für sich nicht einmal sicher bewiesen werden, dass es sich um eine politisch motivierte Tat handelte, es könnte auch einfach die Tat eines Geisteskranken oder persönlich Frustrierten ohne näheres politischess Anliegen gewesen sein.
Es könnte auch verschiedene politische Strategien verfolgen und demnach verschiedenen politischen Akteuren zuzuweisen sein, dass schließt du in deinem Erklärungsversuch aber von vorn herein aus.

2. Angesichts der Art, in der du argumentierst und den aufgezeigten Problemen im Bezug auf die von dir selbst präsentierte Quelle liegt der Verdacht nahe, dass du diese nicht gründlich überdacht hast, sondern einfach zur Rechtfertigung eines Schlusses benutzt, der für dich im Vorhinein bereits feststand. Andernfalls müsste dir der fehende konkrete Bezug des Textes zum Reichstagsbrand aufgefallen sein und die Tatsache, dass die Aufstellung von Konzepten zur Abwehr etwaiger Umsturzversuche in einem Staat, der bereits mehrere erlebt hatte und gerade angesichts der Wirtchaftskrise mit erheblichen sozialen Spannungen herumschlug, für den Fall, das man sie benötigte, nicht unplausibel erscheint.
Auch das blendest du als Möglichkeit zu Gunsten deiner eigenen Interpretation aber vollständig aus, obwohl damit dein Zeit-Argument, an dem du eine Mitwisserschaft aufhängst, als zwangsweise vorhandene Prämisse für diese Gesetzgebung im Grunde vom Tisch ist.
 
Vor weiteren Beiträgen zum Reichstagsbrand ist zunächst die Frage in #15 und #18 zu beantworten.

Der Bezug ist ein NS-Bezug der Verhältnisse vor der Bundestagswahl 1980, plus Verschwörungstheorie zum Oktoberfest-Attentat.
 
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