Mittelalterliche Waffen die nie existierten

Alarik

Neues Mitglied
Hallo
Man sieht ja häufig, dass in Filmen oder PC Spielen Waffen vorkommen, welche es in wirklichkeitaber gar nicht gab.
Wie z.b die Doppelaxt, die man häufig im Fantasy Bereich sieht.
Angeblich soll es auch den einhändig geführten Schlägel nicht gegeben haben, bei welchem ich mir aber nicht sicher bin.
Gibt es noch mehrere solche Waffen?
LG
 
Mir ist ein Schlägel außer als Musikinstrument nicht geläufig, was genau verstehst du denn darunter?

Allgemein kann man sagen das es vieles was als "unhistorisch" gilt schon gegeben hat, nur nicht in der Funktion wie es in der Populärkultur dargestellt wird.

die Doppelaxt hast du ja als Beispiel schon genannt. Ähnliches kann man über Zeremonialwaffen finden, beispielsweise überlange Schwerter.
 
@meheijo
genau darum hab ich ja nachgefragt. Alarik schreibt ja es soll den schlägel nicht einhändig gegeben haben - aber einhändige Streitkolben waren absolut gängige Waffen seit der Steinzeit.
 
Auch wenn zeitgenössische Abbildungen den Schluss nahelegen, dass die Waffe eher selten war, hat es den Streitflegel mit Sicherheit gegeben. Der kriegerische Einsatz des bäuerlichen Dreschflegels, der durchaus Manneslänge erreicht, ist bestens verbürgt, und ein speziell gefertigter Streitflegel wäre lediglich die konsequente Weiterentwicklung davon, wie wir sie analog bei vielen Waffen beobachten können (bspw. der Guisarme).

Falsch sind lediglich die Darstellungen des Streitflegels in den Unterhaltungsmedien. Bereits das Vorbild des Dreschflegels zeigt, dass die Kette des Streitflegels sehr kurz gewesen sein muss, um ein gewisses Maß an Führigkeit zu erreichen. Auch war der Schlagkopf kleiner und leichter, als man es im Kino sähe – aber dies ist nur ein Teil eines universalen Problems (Hollywood bedient immer noch das Klischee, dass die Waffen des mittelalterlichen Europas schwere Prügel ohne Finesse gewesen seien).

Falsch ist wohl auch die oft dargestellte Kampfesweise, jedenfalls legen Versuche der experimentellen Archäologie dies nahe. Vermutlich war der Streitflegel eine höchst spezialisierte Waffe, die nur in bestimmten Situationen bevorzugt verwendet wurde. Ein wiederkehrendes Thema in zeitgenössischen Darstellung ist die Verteidigung von Mauerzinnen o.Ä..

Was die ursprüngliche Frage angeht ("Waffen, die nie existierten"), könnte man vielleicht die Pechnase nennen, die eine Erfindung der Romantiker ist. Zwar hat man in der Tat bei Belagerungen die Angreifer zu verbrühen versucht, indem man sie etwas Siedendem übergoss, aber Pech war dafür viel zu teuer. Es heizt sich auch nur langsam auf. Wahrscheinlich nahm man erhitzten Sand oder schlichtweg kochendes Wasser. Lediglich bei kalten Temperaturen empfahlen die Zeugmeister den Einsatz von siedendem Öl oder Fett, da Wasser zu schnell abkühlt.

Eine weitere Waffe, die es zumindest in der suggerierten Form nicht gegeben hat, ist die Armbrust im Miniaturformat, oft "Assassinenarmbrust" oder dergleichen genannt. Zwar gab es im 16. Jahrhundert tatsächlich eine Balestrino genannte Miniaturarmbrust, die aber wohl eher als "Gadget" Verwendung fand, sozusagen für Party-Tricks. Die verwendete Technik der erhaltenen Exemplare lässt keinen Schluss zu als den, dass die Balestrino einen Menschen nicht ernsthaft verletzen konnte
 
Hallo,

mir fallen zu dieser Frage noch zwei Kandidaten(gruppen) ein:

Einerseits alle 'Morgenstern'-ähnlichen Konstruktionen *mit mehr als einer* 'Schlagkugel' - in Fantasy-Settings gelegentlich umso wirksamer umso mehr Stachelkugeln dran sind angenommen - sind insofern sehr fantastisch, als die Gesetze der Physik die Kugeln im Einsatz immer alle zusammen nahezu gleichzeitig am gleichen Ort auftreffen. Man erreicht
also mit wesentlichem Mehraufwand nahezu keinerlei Nutzen.

Andererseits sogenannte 'Kriegssensen' oder 'Sturmsensen'. Mit einer Sense wie sie der Bauer zum Korn schneiden einsetzt könnte man einen Gegner nur genau von einer Seite in einer extrem vorhersehbaren Bewegung stechen. Montiert man die Sensenklinge in Verlängerung des Stiels hat man noch immer: einen geschwungenen Stiel, eine Klinge, die nur auf der Innenseite scharf ist und nur auf der stumpfen Aussenseite stabil genug um mehrmals auf irgendetwas stabileres zu schlagen.... Mit einem Speer oder Spieß ist jeder weitaus besser bedient.
 
@highfish

Zustimmung zum Ersten. Der zweite Punkt verdient jedoch eine kleine Einschränkung. Denn Kriegssensen hat es in der Tat gegeben, und Du beschreibst auch, wie sie zum Einsatz kamen: Man schmiedete das Blatt um, in der Regel durch Hämmern, sodass es achsparallel zum Schaft verlief.

Aus dem ursprünglich landwirtschaftlichen Werkzeug wurde so eine scheinbar durchaus brauchbare Waffe, denn wir sehen ihre Weiterentwicklung zur Guisarme, die bis weit in die Neuzeit Verwendung fand. Falsch sind also nur Darstellungen der Sense als Waffe in ihrer ursprünglichen Form.

Zwar gibt es ein, zwei Manuskripte aus dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit (z.B. von Paul Mair), die zeigen, wie man eine Sense als Waffe einsetzen könnte, aber meiner bescheidenen Meinung nach dürfte es sich dabei um das historische Pendant jener lustigen Internetvideos handeln, die zeigen sollen, wie man eine Büroklammer in eine tödliche Waffe verwandeln könne.
 
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