American Revolution Gründe

Dido

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Ich lese gerade ein Buch darüber wie es zur Revolution kam.
Dort werden hauptsächlich "finanziell-wirtschaftliche" Gründe genannt (Stamp Act, Molasses Act etc.)

Bisher hatte ich immer angenommen, dass hauptsächlich die religiöse Freiheit ein Problem war, was dann unter den Gläubigen zum Bruch mit Großbritannien führte und natürlich auch die Unzufriedenheit mit der Regierung. Oder verwechsel ich da gerade was?

Ich hoffe dass mir da jetzt jemand mehr Klarheit verschaffen kann

THX
 
Es war gerade so, dass Auswanderungen ursprünglich oft erfolgten, weil die Gemeinschaften als solche in Amerika religiös freier leben konnten. Für den Einzelnen galt das oft nicht. In dieser Hinsicht waren die Kolonien also eher ein Ventil zum Abbau religiöser Spannungen.

In der Mitte des 18. Jahrhunderts ging es eher darum, dass immer mehr Einschränkungen wirtschaftlicher Art für die Kolonien eingeführt wurden, ohne das die Kolonisten mitbestimmen konnten. Daher auch das Schlagwort "Keine Besteuerung ohne Repräsentation". England wollte, dass die Kolonien nach der Theorie des Merkantilismus seinem Wohlstand dienten. Dabei wurde übersehen, dass Engländer (und andere Europäer) ausgebeutet und benachteiligt wurden, die sich als gleichwertig sahen, während sie als Ausbeutungsobjekte behandelt wurden. Und dies war der Fall, weil jenseits des Atlantiks ein neues England (oder Europa) entstanden war. Der einen Seite war nicht möglich, dies als Stärkung zu verstehen, der anderen war es nicht möglich die Diskriminierung hinzunehmen.
 
Das gilt im Übrigen für die lateinamerikanische Kolonien genauso, auch wenn die Revolutionen dort ca. dreieinhalb Jahrzehnte später stattfanden. Um das mal an einer fiktiven spanischen Familie zu skizzieren: Die Generation A heiratete in, sagen wir mal, Salamanca und setzte auch dort das erste Kind der Generation B in die Welt. Dieses Kind war vollwertiger Spanier. Dann ließ die Familie sich in Sevilla oder nach 1714 in Cádiz registrieren, um in die Kolonien zu gehen. In Santiago de Cuba oder Havanna zeugte Generation A dann das zweite Kind der Generation B, das vielleicht in Vera Cruz (Mx) geboren wurde. Dieses zweite Kind, obwohl von denselben Eltern gezeugt, war gesellschaftlich kein vollwertiger Europaspanier mehr sondern „nur“ ein Amerikaspanier. Nun stellt die Familie aber fest, dass sie in den amerikanischen Kolonien keinen Erfolg hat und kehrt nach Europa zurück, wieder in Havanna oder Santiago zeugen die Eltern ein drittes Kind, das in Córdoba geboren wird. Dieses ist wiederum, wie sein ältestes Geschwisterkind, ein Europaspanier. Der Begriff, den wir für die Hindus verwenden, Kasten, stammt eigentlich aus dem Portugiesischen und ist identisch mit dem spanischen Begriff: castas. Diese castas waren ein System von Hierarchisierungen, die nach ethnischer Herkunft und Geburtsort unterschieden. Ganz oben standen Europaspanier, dicht gefolgt von den Amerikaspaniern, die sich ethnisch überhaupt nicht unterschieden, sondern lediglich durch den Kontinent ihrer Geburt. Darunter standen Mestizen (Vermischungen von Europäern und Indigenen unterschiedlichen europäischen und indigenen Anteils), Indigene, Mulatten (Vermischung von Afrikanern und Indigenen), dazwischen standen im gesellschaftlichen Ranking noch die Vermischungen von Afrikanern und Europäern.... irgendwann war das nur noch ein kompliziertes und undurchschaubares System. Ob der rechtliche Status der Beziehung zwischen Vater und Mutter (also eheliche oder nichteheliche Geburt) auch noch eine Rolle spielte, weiß ich jetzt nicht sicher, ist aber wahrscheinlich.

Die Amerikaspanier, die ja letztlich an der Spitze des Systems standen, wenn man von den Europaspaniern absieht, waren letztlich die Träger der Revolution. Weil sie diejenigen waren, die obwohl am Privilegiertesten, auch diejenigen waren, die am Stärksten die Ungerechtigkeit des Systems durchschauten, was natürlich am Zugang zu Geld, Bildung und gesellschaftlicher Partzipation lag, aber eben nur reduziert an politischer Partizipation. Und so wie in den späteren USA waren es auch ökonomische Gründe, die zur Revolution führten.

Nehmen wir mal an, ein Händler aus Perú wollte mit einem Händler aus Kalifornien handeln. In Lima wurde die Handelsware verladen. Aber sie ging nicht ins Pueblo de la Virgen de los Angeles de Porciúncula (L.A.), sondern wurde in Acapulco an Land gebracht, auf Maultiere verladen und nach Veracruz gebracht, auf Schiffe verladen, nach Spanien verschifft, in Sevilla/Cádiz registriert, wieder nach Veracruz verschifft, auf Maultiere verladen, in Acapulco wieder verladen und nach Kalifornien verschickt.
Also, wenn man sich legal verhielt, absolut unökonomisch. Und so war es billiger, spanische Waren zu kaufen, als solche aus der Nachbarprovinz. Oder man betrieb Contrabando (Schmuggel), was natürlich illegal war. In den dreizehn Kolonien Neuenglands waren die Probleme ähnlich: politische Partizipation (also volle Bürgerrechte) wurden bei völligen Bürgerpflichten (Steuer, Dienst in der Armee) verwehrt und die Ökonomie durch den von Río schon angesprochenen Merkantilismus beschränkt.

Edit: Sepiola hat mich auf Tippfehler, Flüchtigkeitsfehler und Fehler bedingt duch die automatische Rechtschreibkorrektur aufmerksam gemacht. Einen Fehler hat er aber übersehen ;)
 
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Bisher hatte ich immer angenommen, dass hauptsächlich die religiöse Freiheit ein Problem war, was dann unter den Gläubigen zum Bruch mit Großbritannien führte und natürlich auch die Unzufriedenheit mit der Regierung. Oder verwechsel ich da gerade was?

Der Ansatz ist "No Taxation without Representation". Und es ging im Kern um die Frage der Zentralisierung der Verwaltung von Kolonien in Kombination mit der britischen Vorstellung einer "virtuellen Reäräsentation" der Bürger in den Kolonien, die der "direkten, gebundenen bzw. imperativen Repräsentation", die die US-Siedler vertraten, entgegenstand.

In diesem Kontext entwickelte sich ein politischer Konflikt, der durch ökonomische (z.B. "Boston Tea Party") und religiöse Aspekte (z.B. "Intolerance Act") unterlegt bzw. diese instrumentalisiert wurden. (vgl. z.B. als Kurzdarstellung: Heideking&Mauch: Geschichte der USA, S. 27ff)

https://en.wikipedia.org/wiki/Intolerable_Acts
 
. In den dreizehn Kolonien Neuenglands waren die Probleme ähnlich: politische Partizipation (also volle Bürgerrechte) wurden bei völligen Bürgerpflichten (Steuer, Dienst in der Armee) verwehrt und die Ökonomie durch den von Río schon angesprochenen Merkantilismus beschränkt.
England wollte, dass die Kolonien nach der Theorie des Merkantilismus seinem Wohlstand dienten. Dabei wurde übersehen, dass Engländer (und andere Europäer) ausgebeutet und benachteiligt wurden, die sich als gleichwertig sahen, während sie als Ausbeutungsobjekte behandelt wurden. Und dies war der Fall, weil jenseits des Atlantiks ein neues England (oder Europa) entstanden war. Der einen Seite war nicht möglich, dies als Stärkung zu verstehen, der anderen war es nicht möglich die Diskriminierung hinzunehmen.

Aber dabei kommt die Frage auf " Warum hat England überhaupt Ansprüche an diese Kolonien, wo die Siedler ja quasi alle Brücken abgebrochen haben? " Wie konnte England da so großen Einfluss aufbauen?

Außerdem: wieso hat man in den Kolonien überhaupt auf diese Acts reagiert? Es gab meines Wissens zwar schon Widerstand in Form von Aufständen aber gewisse "Provinzen" haben da meines Wissens Strafen dagegen ausgesprochen oder Kompensation f den Schaden. Das verstehe ich aus menschlicher Sicht weil Menschen Schaden genommen haben, aber wieso wurde der wirtschaftliche Aspekt dabei auch berücksichtigt? Das scheint mir schon extrem unterwürfig/ abhängig...
 
Die Kolonien gehörten eben zu England, es waren englische Kolonien und damit unter englischer Hoheit, ohne eigene Rechte.
 
Die Kolonien gehörten eben zu England, es waren englische Kolonien und damit unter englischer Hoheit, ohne eigene Rechte.

Wenn das einfach so Gesetz war, woher kam das dann? Das würde ja bedeuten, dass England auch Repräsentanten in die Kolonien abstellen musste, weil die Kolonien auch regiert werden müssen.

Dann aber verstehe ich nicht wieso Franklin von internal und external taxes spricht. Außerdem mockiert sich Dickinson über die "unconstitutional" Änderung der Besteuerung von Molasse.

Also war die Repräsentation gar nicht vor Ort gewährt? Dann würde das aber ja bedeuten dass England KEINEN Einfluss hatte, wie ich ursprünglich angenommen habe, weil man England ja verlassen hat um auf eigenen Beinen zu stehen...
 
Dafür gab es Gouverneure. Und für Petitionen wurden eben Gesandte hin- und hergeschickt. Wer in England mitreden wollte, brauchte dort jemand, der ihn vertrat. Sei es ein Verwandter, ein Geschäftspartner, ein Gesellschafter oder ein bezahlter Agenten.

Bei der Repräsentation ging es rein praktisch darum, dass die Kolonien keinen Sitz im Parlament hatten.
 
Warum lässt sich die Bevölkerung auf Helgoland auf die Vorgaben aus Deutschland ein? Warum die von St. Helena auf die aus England? Und warum wollen die Schotten und die Katalanen nicht mehr alles akzeptieren?
 
Ja, so rum verstehe ich das, aber ich verstehe nicht WIE England seinen Einfluss geltend machte bzw. warum man sich überhaupt darauf eingelassen hat als Siedler.

Schlicht, weil es noch ein gewisses Maß an Abhängigkeit von Europa gab, im Besonderen was den Import bestimmter Waren angeht, die in den Kolonien so eben noch nicht zu bekommen waren. Außerdem wäre da die vormalige Teilweise Abhängigkeit von britischen Streitkräften bei der Sicherung der Territorien gegen Übergriffe indianischer Akteuere und andere Kolonialmächte (im Besonderen Frankreich).

Man verscherzt es sich in der Regel nicht einfach, mit derjenigen Macht, die potentiell in der Lage ist den Atlantik weitgehend zu kontrollieren, an deren Handel man hängt und auf deren militärischen Schutz man in der Vergangenheit zeitweise angewiesen war.
 
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