Die Tempelreinigung

Davut

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Die Tempelreinigung wird in allen vier Evangelien erzählt, die Synoptiker datieren sie lediglich anders. Bei Markus und Lukas hat Jesu Aktion tatsächlich konkrete Folgen, da die Obrigkeiten und Schriftgelehrten beschließen, ihn umzubringen. Für sie ist das Maß voll.

Die Tempelreinigung in der geschilderten Schärfe muss Legende sein. Ich wiederhole: Jesus haette sie nicht überlebt. Hundertschaften der (priesterlichen) Tempelpolizei und die römischen Kohorten in der Antonia, die eigens zu dem Zweck auf den Balustraden positioniert waren, Unruhen im Keim zu ersticken, haetten dem sofort Einhalt geboten. Gerade mit dieser Perikope wird der Generalverdacht fuer die Unzuverlässigkeit von Joh bekräftigt. Dafuer spricht auch die historisch verbriefte Tatsache, dass entgegen Joh 2, 14ff im Tempel gar keine Schafe, Rinder pp. verkauft wurden, die haetten hinausgetrieben werden können. Dort gab es nur Tauben.

[Beitrag bearbeitet, aus Nadelöhr-Debatte, dort vollständig]
 
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Die Tempelreinigung in der geschilderten Schärfe muss Legende sein. Ich wiederhole: Jesus haette sie nicht überlebt.
Darauf wies Ravenik schon hin: Er hat sie nicht überlebt. Binnen einer Woche war er tot.

Hundertschaften der (priesterlichen) Tempelpolizei und die römischen Kohorten in der Antonia, die eigens zu dem Zweck auf den Balustraden positioniert waren, Unruhen im Keim zu ersticken, haetten dem sofort Einhalt geboten.
Ich weiß nicht, wie stark die Tempelpolizei war und ich halte auch nichts von vermittelnden Positionen, die die Historizität dieser Episode retten wollen, indem sie behaupten, Jesus sei eigentlich viel diplomatischer vorgegangen als geschildert, und habe mit den Leuten geredet, anstatt Gewalt anzuwenden. Die Gewaltanwendung Jesu passt Gläubigen natürlich auch schwer in den Kram und steht natürlich auch im Widerspruch zu anderen Stellen, ist aber nicht die einzige drastische Stelle. Wessen ich aber sehr sicher bin, ist, dass die Besatzung aus der Antonia sehr wohl um ihre delikate Stellung wusste und sicher nicht das Sakrileg begangen hätte, bei innerjüdischem Hader im Tempel einzugreifen. Denn das hätte zum Aufstand geführt. Zumindest die Antonia kann also nicht als Argument gegen die Historizität der Episode angeführt werden, egal, wie man zu dieser Historizität steht.

Dafuer spricht auch die historisch verbriefte Tatsache, dass entgegen Joh 2, 14ff im Tempel gar keine Schafe, Rinder pp. verkauft wurden, die haetten hinausgetrieben werden können. Dort gab es nur Tauben.
Wo ist das historisch verbrieft?
 
Wo ist das historisch verbrieft?

Jostein Ådna, Jesu Stellung zum Tempel: die Tempelaktion und das Tempelwort als Ausdruck seiner messianischen Sendung:
Aus mSheq 7,2 geht hervor, daß die Verkäufer von Rindern sich nicht im Tempelbereich befanden: "Wenn Münzen vor den Viehhändlern gefunden wurden, so gelten sie stets als Zehntgeld, auf dem Tempelberg aber als profan"
Jesu Stellung zum Tempel
Vom selben Autor ausführlicher: Jerusalemer Tempel und Tempelmarkt im 1. Jahrhundert n. Chr. (Wiesbaden 1999), leider komme ich im Moment an das Buch nicht ran.

מָעוֹת שֶׁנִּמְצְאוּ לִפְנֵי סוֹחֲרֵי בְּהֵמָה, לְעוֹלָם מַעֲשֵׂר. בְּהַר הַבַּיִת, חֻלִּין. :

Money which was found in front of animal dealers [in Jerusalem], it is always [second] tithes [money]; [If it was found] on the Temple Mount it is non-sacred [money].
Mishnah Shekalim 7:2
 
Darauf wies Ravenik schon hin: Er hat sie nicht überlebt. Binnen einer Woche war er tot

Ich spreche vom Joh Ev, da kam er gerade von der Hochzeit zu Kana am Beginn seines Wirkens. Da war er nicht eine Woche spaeter tot. Bitte die Zitate sorgfältiger lesen.

Und was die behauptete Rücksicht auf das Gefühl der Juden durch die römischen Soldaten betrifft: Sie scheuten sich nachweislich nicht, von der Tempel-Balustrade aus zu provozieren.

Einer der Soldaten zog da oben blank und warf, mit dem Hintern zum Allerheiligsten, einen Furz in die Menge. Auch das ist verbrieft und relativiert die Aussage nach angeblicher Rücksicht. Es gab einen Aufstand, der sich gewaschen hatte.

Pilatus wagte es sogar, die römischen Standarten in die Präfektur zu bringen - ein Sakrileg ersten Ranges. Er musste dann allerdings einen Rückzieher machen.

Die NT-Autoren dagegen ließ das völlig ungerührt. Sie pflanzen die Standarten sogar in die Präfektur und ließen sie sich vor Jesus verneigten. Zweimal und trotz geballter Manneskraft. Nach römischer Rücksichtnahme sieht das genauso wenig aus wie die Pilatinische Raeuberung der Tempelkasse zugunsten eines Wasserviadukts.

All das widerlegt ihre Behauptung in diesem Post nach römischer Rücksichtnahme und Aufstandsvermeidung.
 
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Ich spreche vom Joh Ev, da kam er gerade von der Hochzeit zu Kana am Beginn seines Wirkens. Da war er nicht eine Woche spaeter tot.
Ich lese nicht so oft in den Evangelien, eigentlich nur, wenn sie Stoff hiesiger Diskussionen sind. Daher war mir schlicht nicht (mehr) parat, dass Johannes diese Episode an anderer Stelle einbaut, als die Synoptiker.

Und was die behauptete Rücksicht auf das Gefühl der Juden durch die römischen Soldaten betrifft:
Ich habe nicht von "Rücksicht" gesprochen, sondern davon, dass ihnen ihre delikate Situation bewusst war.

Sie scheuten sich nachweislich nicht, von der Tempel-Balustrade aus zu provozieren.
Was wiederum die Frage aufwirft, warum die Römer dann Hader im Tempel hätten Einhalt gebieten sollen.
Sie scheuten sich nachweislich nicht, von der Tempel-Balustrade aus zu provozieren.
Einer der Soldaten zog da oben blank und warf, mit dem Hintern zum Allerheiligsten, einen Furz in die Menge. Auch das ist verbrieft und
Schon beim letzten Mal, als du etwas als verbrieft bezeichnet hast, musste ich nachfragen. Ich will gerne glauben, dass eine solche Begebenheit im Talmud oder anderswo berichtet wird, ich bevorzuge dann aber die Zitation oder zumindest die Nennung der Quellenstellen, besonders dann, wenn es dem Leser als verbrieft präsentiert wird.

relativiert die Aussage nach angeblicher Rücksicht.
Wenn eine solche Aussage getätigt worden wäre, dann würde sie dadurch relativiert.
 
Die NT-Autoren dagegen ließ das völlig ungerührt. Sie pflanzen die Standarten sogar in die Präfektur und ließen sie sich vor Jesus verneigten. Zweimal und trotz geballter Manneskraft.
Das schrieben nicht die NT-Autoren, sondern das steht in den sog. Pilatusakten im sog. Nikodemusevangelium.

Schon beim letzten Mal, als du etwas als verbrieft bezeichnet hast, musste ich nachfragen. Ich will gerne glauben, dass eine solche Begebenheit im Talmud oder anderswo berichtet wird, ich bevorzuge dann aber die Zitation oder zumindest die Nennung der Quellenstellen, besonders dann, wenn es dem Leser als verbrieft präsentiert wird.
Die Episode mit dem Hintern findest Du bei Flavius Iosephus, Jüdischer Krieg, 2. Buch, 12. Kap.
 
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Das schrieben nicht die NT-Autoren, sondern das steht in den sog. Pilatusakten im sog. Nikodemusevangelium.


Die Episode mit dem Hintern findest Du bei Flavius Iosephus, Jüdischer Krieg, 2. Buch, 12. Kap.

Ich danke Ravenik für die Hilfestellung bei der Furz-Episode und die Klarstellung der Standartenneigung aus dem Nikodemus-Evangelium. Es ist in Corona-Zeiten schwer, (fast) alles aus der Erinnerung zitieren zu müssen. Die anspruchsvolle Uni-Literatur hat Kontaktverbot mit uns.
Die Roemer, vorweg der anti-evangelisch rabiate Pilatus, nahmen nur die unbedingt notwendige Rücksicht auf jüdische Befindlichkeiten, wie geschildert. Das ist Fakt. Darum kam er zu den Hochfesten auch immer mit mehr als einer Kohorte von Caesarea nach Jerusalem. Im "Vorhof der Heiden" hätte er einen Tempel-Tumult sofort auflösen lassen. Darum auch die permanente Observation von den Balustraden aus. Man möge sich die alte Tempelansicht anschauen.
 
Das ist recht naiv. Judäa war besetzt. Die Römer hielten sich für etwas besseres und es kam immer wieder zu Zwischenfällen, die immer wieder Gewalttaten provozierten. Aber die Statthalter und Kommandeure, auch das zeigt Flavius Josephus, wussten, dass es Grenzen gab. Der Begriff Pulverfass ist für das, was er schildert schließlich ganz treffend.

Um die Tempelreinigung als historisch zu betrachten, müsste das Treiben um den Tempel in der jüdischen Gesellschaft so umstritten gewesen sein, dass sich einerseits die Römer heraushalten wollten und andererseits die Tempelwachen und die jüdische Bevölkerung das Vorgehen Jesu als im Rahmen der Diskussion verstehen konnten. Sicher hätte dann natürlich die Diskussion begonnen, ob man Jesus nicht doch zur Rechenschaft ziehen soll. Glauben geht einfacher, aber der Historiker braucht Quellen.

Aber die Frage nach den Steuern gäbe auch einen guten Ursprung für eine solche Legende ab. Und natürlich kann auch die Frage gestellt werden, ob die Szene nicht vor dem Tempelbezirk stattfand und nur in der Überlieferung dahin versetzt wurde. Auch das wäre nicht ungefährlich, es ginge schließlich immer noch um viel Geld. So oder so gäbe es einen guten Hinweis auf das 'Rätsel Prozess Jesu'.

Wieder einmal: Möglichkeiten über Möglichkeiten ohne Möglichkeit einer rationalen Entscheidung.

Was Johannes angeht, ist ja auch umstritten ob der Autor, bzw. die Autoren überhaupt jemals in Jerusalem waren. Jedenfalls schrieben sie an der Westküste Kleinasiens, fern des ehemaligen Standorts und der Zeit des Tempels.
 
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