Karikatur Der Brandstifter23.03.1933 New York Telegram

Schnuffi

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Wer kann mir dazu helfen..muss eine Interpretation erstellen.
 

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Ernsthafte Frage oder doch nur ein Scherz ?

Obwohl ich eigentlich letzteres glaube, dennoch ein paar Tips:

1.
Der dargestellte Mann ist nicht Charly Chaplin. Der allerdings hat ihn dann später auf die Schaufel genommen.

2.
Die Texte über und unter dem dargestellten heißen übersetzt "Rassenhass" und "Unterdrückung".
"Putschist" oder "Ex-Sträfling" wären biographisch auch passend gewesen.

3.
Wäre die Karikatur dreieinhalb Jahre später entstanden, hätten die Brandfackeln wohl als olymisches Feuer durchgehen können. 1933 verweisen sie wahrscheinlich auf ein Gebäudeereignis.

4.
Dieses Gebäude trägt heute zwar kein Sahne- aber ein Glashäubchen.
 
1933 verweisen sie wahrscheinlich auf ein Gebäudeereignis.

4.
Dieses Gebäude trägt heute zwar kein Sahne- aber ein Glashäubchen.
Obwohl das zeitlich durchaus passen würde, halte ich das für eine Fehlinterpretation. Das notwendige steht in den Flammen und auf dem Boden.
 
Fehlinterpretation

Hmm...
Eine politische Partei nutzt einen Brand als Vorwand und politischen Deckmantel, um ein schon autoritär angekränkeltes System endgültig in eine Diktatur zu verwandeln.

Wenn dann der Anführer dieser Partei zeitnah als (politischer) Brandstifter karikiert wird, ist das dann wirklich und ausschließlich rein zufällig ?
 
Hmm...
Eine politische Partei nutzt einen Brand als Vorwand und politischen Deckmantel, um ein schon autoritär angekränkeltes System endgültig in eine Diktatur zu verwandeln.

Wenn dann der Anführer dieser Partei zeitnah als (politischer) Brandstifter karikiert wird, ist das dann wirklich und ausschließlich rein zufällig ?
Was wird denn für eine Landschaft gezeigt?
Was steht in den Flammen der Fackeln?
Ich sehe hier keinen Bezug zum nämlichen Brand, will ihn aber auch nicht zu 100 % ausschließen, deshalb ja auch "obwohl das zeitlich passen würde, halte ich das für eine Fehlinterpretation" und nicht "das ist definitiv eine Fehlinterpretation". Aber wenn da ein Bezug zum nämlichen Brand wäre, wäre die Landschaft doch wohl eher berlinerisch als ländlich und man würde wohl das nämliche Gebäude sehen. Und in den Fackeln stünden wohl auch andere Begriffe. Zudem: Der Zeichner muss erklären, dass es sich um Dtld. handelt (unten links in der Ecke "Germany"), kann man da voraussetzen, dass die Adressaten überhaupt um den nämlichen Gebäudebrand wissen?
 
Zudem: Der Zeichner muss erklären, dass es sich um Dtld. handelt (unten links in der Ecke "Germany"), kann man da voraussetzen, dass die Adressaten überhaupt um den nämlichen Gebäudebrand wissen?
Und mehr noch: Unter der Brusttasche steht sogar der Name des Be/Gezeichneten. Der Illustrator geht also offensichtlich sogar davon aus, dass er seinen Adressaten erklären muss, wer dieser Pyromaniac ist, wobei der Name - obwohl so zentral im Bild - beinahe versteckt ist.
 
Nochmals Hmmm...
Jetzt fielen mir schon wieder eine Menge Gegenargumente zur Stärkung meiner Sichtweise ein, aber - weils so wichtig auch wieder nicht ist - lassen wir das; hat halt jeder seine Meinung.
Der Thread-Ersteller - sofern er es ernst gemeint hat - dürfte ja jetzt genug Hintergrundmaterial für seine eigene Interpretation haben.
 
Jetzt fielen mir schon wieder eine Menge Gegenargumente zur Stärkung meiner Sichtweise ein, aber - weils so wichtig auch wieder nicht ist - lassen wir das; hat halt jeder seine Meinung.
Das finde ich persönlich unbefriedigend. Wir sind doch kein Diskussionsforum, um mit unseren Argumenten hinterm Berg zu halten. An guten Argumenten bin ich immer interessiert und wenn ich sie überzeugend finde, dann bin ich auch gerne bereit meine Meinung zu ändern. Aber um überzeugen zu können, müssen die Argumente eben auch angeführt werden.
 
OK, dann bitte:

Ihre letzte Argumentation läuft doch - falls ich Sie nicht fehlinterpretiere - auf das Folgende hinaus;
1. Der Karikaturist hielt sein Publikum bezüglich der aktuellen politischen Ereignisse in Mitteleuropa für so unbedarft, daß er extra noch textliche Begriffserklärungen (Deutschland, Herr Adi, Rassenwahn) zum Verständnis einfügte.
2. Die damit von ihm vermutete Unwissenheit seines Publikums spricht daher dagegen, daß er ein ganz spezielles punktuelles politisches Ereignis (den RT-Brand) mitthematisieren wollte, weil der seinem Publikum dann erst recht nicht bekannt sein würde .
2. Wäre doch den Brand gemeint, hätte er (weitere) visuelle oder textliche Elemente, die darauf hindeuten (Stadt, Berlin, Reichstag etc.), in die Karikatur eingebaut.

Dazu meine Sichtweise:
A. Bezüglich Punkt 1 ein klares Jein. Der Zeichner (oder sein Lektor) glaubte, sich nicht auf die damals noch neue Ikonographie (Hakenkreuz, Chaplin-Bärtchen = Hitler, Nazis, Deutschland) verlassen zu können, sondern zusätzlich den neuen deutschen Halunken von anderen möglicherweise gern verdächtigen eurasischen Schnurrbartträgern (gabs da nicht auch so einen roten Georgier) durch die Textzugabe "Deutschland + sein Name" abgrenzen zu müssen.
B. Punkt 2: Das heißt daher nicht - oder nicht unbedingt -, daß damit dem Publikum generell das Wissen über diese Ereignisse in Übersee abgesprochen wird. Wenn das so wäre (ignorantes Publikum), hätte man sich die Karikatur ja auch ganz sparen können.
C. Generell nehme ich an, daß - wie heute - auch im New York der 30er Karikaturen nicht anlaßlos einfach so ins Blatt rutschten, sondern sich thematisch an der textlichen Berichterstattung orientierten. Es ist also davon auszugehen, daß das anvisierte Publikum schon vor oder zeitgleich zur Veröffentlichung der Karikatur einen oder mehrere Artikel zur Lage in Deutschland vorgesetzt bekommen hat.
D. Sucht man heutzutage nach wichtigen und berichtenswerten politischen Ereignissen in Deutschland zu Beginn 1933, so findet man - oh Wunder - "Hitler Reichskanzler", "zunehmende politische Repression", "Reichstagsbrand" und "Ermächtigungsgesetz" .- Möglicherweise hat schon damals auch die New Yorker Presse genau darüber berichtet.
E. Punkt 1 und Punkt 3 widersprechen sich meiner Meinung nach auch noch: Wenn der Zeichner. sein Publikum für so unbedarft hielt, wie konnte er dann erwarten, daß zusätzliche zeichnerisch schwierige Elemente verstanden würden (wie stellt man Berlin dar; auch das Reichstagsgebäude ist ja nicht soo architektonisch einmalig - v.a. ohne Glas oben drauf)
F. Zu Punkt 3: Hätte er AH vor einer brennenden Stadt gezeigt, wäre die Aussage "Er brennt Städte ab" gewesen; hätte er AH vor demn (brennenden) RT gezeigt, wäre "Er hat ihn angezündet." die Aussage. Diese beiden Aussagen, wollte der Karikaturist - aus mir ,verständlichen Gründen - möglicherweise nicht treffen.
G. Die Karikatur stellt "18" als "politischen" Brandstifter dar - nicht als tatsächlichen.:Sie wirft ihm nicht vor, tatsächlich mit Zund oder Dyanamit, Gebäude, Städte oder ganze Landstriche in Flammen zu setzen, sondern die Gesellschaft in Deutschland zu verheeren. Daß er gerade einen Brand als Deckmantel dafür nutzte, das sich selbst zu ermächtigen erzwingen zu lassen (das zumindest war auch zeitnah schon klar ersichtlich), ist zumindest eine naheliegende Begründung für seine spezielle Bösewicht-Rolle in dieser Karikatur. Den schlechten alten Adi als Gevatter Tod oder Apokalyptischen Reiter zu porträtieren, wäre da vergleichsweise einfach und: eigentlich urfaad
 
Ihre letzte Argumentation läuft doch - falls ich Sie nicht fehlinterpretiere - auf das Folgende hinaus;
1. Der Karikaturist hielt sein Publikum bezüglich der aktuellen politischen Ereignisse in Mitteleuropa für so unbedarft, daß er extra noch textliche Begriffserklärungen (Deutschland, Herr Adi, Rassenwahn) zum Verständnis einfügte.
Nicht unbedingt unbedarft, eher nicht auf dem Schirm habend, was in Europa passiert. Man muss bedenken, dass wir zwar bereits im Zeitalter von Massenkommunikationsmedien sind, es existieren Radio und Film bereits, selten das Telefon und natürlich die Telegraphie, aber insgesamt ist die Welt bei weitem noch nicht so vernetzt wie heute, wo wir einen Brand am anderen Ende der Welt in Echtzeit miterleben können.

Tatsache ist jedoch, dass der Urheber der Karikatur es nicht für selbsterklärend hielt, wer das genau war, der dort mit den Brandfackeln, die ja ihrerseits genau bezeichnet sind - und zwar mit Abstrakta, die nichts mit dem konkreten Brandereignis zu tun haben - herumlief und wo er herumlief.

pyromaniac - Germany.jpg
pyromaniac - H.png


2. Wäre doch den Brand gemeint, hätte er (weitere) visuelle oder textliche Elemente, die darauf hindeuten (Stadt, Berlin, Reichstag etc.), in die Karikatur eingebaut.
Genau. Stattdessen sind die Fackeln mit Abstrakta gekennzeichnet:

pyromaniac - race hatred.jpg
pyromaniac - repression.jpg


A. Bezüglich Punkt 1 ein klares Jein. Der Zeichner (oder sein Lektor) glaubte, sich nicht auf die damals noch neue Ikonographie (Hakenkreuz, Chaplin-Bärtchen = Hitler, Nazis, Deutschland) verlassen zu können, sondern zusätzlich den neuen deutschen Halunken von anderen möglicherweise gern verdächtigen eurasischen Schnurrbartträgern (gabs da nicht auch so einen roten Georgier) durch die Textzugabe "Deutschland + sein Name" abgrenzen zu müssen.
Das kann ich akzeptieren.

B. Punkt 2: Das heißt daher nicht - oder nicht unbedingt -, daß damit dem Publikum generell das Wissen über diese Ereignisse in Übersee abgesprochen wird. Wenn das so wäre (ignorantes Publikum), hätte man sich die Karikatur ja auch ganz sparen können.
Das NY World Telegramm war die Abendzeitung vom TNY Herald, von einem uninformierten Publikum sollten wir nicht ausgehen. Dennoch: Die Karikatur hat, wenn man sie sich genau ansieht, didaktische Elemente, sie will informieren, wer der neue deutsche Reichskanzler ist: Jemand der für Unterdrückung und Rassenhass steht.
Vergleichen wir das mal mit 2015: Wer wusste da in Dtld., wer D. Trump ist? Obwohl man es hätte wissen können, da der Mann nicht unbekannt ist und sowohl in der Geschäftswelt eine Rolle spielte, als auch sich bereits mehrfach medial (u.a. in Kevin allein in NY, angeblich auch in den Simpsons) einem internationalen Publikum präsentiert hatte, wussten die meisten von uns vor 2015 nicht, wer dieser Mann ist. Der Unterschied zu damals ist allerdings, dass wir viel mehr Bilder ins Wohnzimmer gespielt bekommen, weshalb wenige Dinge hinreichen, um eine bekannte Person zu karikieren:

46-89899746.jpg


Diese Karikatur hier, bezieht sich nebenbei auch auf kein konkretes Ereignis, sondern auf eine allgemeine Richtung auf die eine Politik mutmaßlich hinläuft.
Wir sollten den Amerikanern 1933 nicht mehr Wissen in Bezug auf H. unterstellen, als den Europäern 2015 in Bezug auf T.

E. Punkt 1 und Punkt 3 widersprechen sich meiner Meinung nach auch noch: Wenn der Zeichner. sein Publikum für so unbedarft hielt, wie konnte er dann erwarten, daß zusätzliche zeichnerisch schwierige Elemente verstanden würden (wie stellt man Berlin dar; auch das Reichstagsgebäude ist ja nicht soo architektonisch einmalig - v.a. ohne Glas oben drauf)
Auch der alte RT hatte - vor dem Brand - eine Kuppel.

Bundesarchiv_Bild_102-13744%2C_Berlin%2C_Reichstag%2C_Verfassungsfeier.jpg


[irony]Es ist natürlich besser, wenn man ein konkretes Ereignis beschreiben möchte, dieses ganz auszublenden als das Risiko einzugehen, dass einzelne Adressaten das Gebäude nicht erkennen.[/irony]

F. Zu Punkt 3: Hätte er AH vor einer brennenden Stadt gezeigt, wäre die Aussage "Er brennt Städte ab" gewesen; hätte er AH vor demn (brennenden) RT gezeigt, wäre "Er hat ihn angezündet." die Aussage. Diese beiden Aussagen, wollte der Karikaturist - aus mir ,verständlichen Gründen - möglicherweise nicht treffen.
Wieso vor einer brennenden Stadt? Vor einem brennenden Gebäude. Anstatt in die Bildecke Germany zu quetschen hätte er stattdessen Reichstag oder Parliament quetschen können. Aber hat er nicht getan. Jeder Bezug zum Reichstag wurde ausgeblendet: Kein Reichstagsgebäude, kein Kennzeichen von Berlin (oder auch nur einer Stadt), stattdessen deutsches Mittelgebirge, über das H. hinwegrast.

pyromaniac - mittelgebirge.jpg


G. Die Karikatur stellt "18" als "politischen" Brandstifter dar - nicht als tatsächlichen. Sie wirft ihm nicht vor, tatsächlich mit Zund oder Dyanamit, Gebäude, Städte oder ganze Landstriche in Flammen zu setzen, sondern die Gesellschaft in Deutschland zu verheeren.
Eben. Und damit weißt die Karikatur über das tatsächliche Ereignis, von dem du meinst, dass es Anlass der Karikatur gewesen sei und ich meine, dass es das nicht gewesen ist, weit hinaus.
 
Huiuiui...
das tatsächliche Ereignis, von dem du meinst, dass es Anlass der Karikatur gewesen sei

Falsch. Das nehm ich nicht an.

Anlaßfall war höchstwahrscheinlich das Ermächtigungsgesetz und die stärker werdende Repression.

Was ich hingegen annehme:
Der Reichstagsbrand war bewußter Hintergrund für die Wahl des Sujets (AH = Brandsstifter) und Grund dafür andere mögliche Sujets (AH = Folterknecht, AH = Sensenmann, AH = Frankenstein, AH = ...) nicht zu verwenden.
Siehe dazu ausführlicher meinen Punkt G aus dem vorherigen Post.
 
Du spielst ja immer wieder auf den RT-Brand an, wie gesagt, zeitlich ca. drei Wochen nach dem RT-Brand ist das nicht völlig unpausibel. Wenn du aber dann deine Interpretation so weit aufweichst, dass es letztlich nur um das Ermächtigungsgesetz ginge (was durch die Fackel Repression vielleicht gedeckt wäre [die Märzwahl '33 wäre aber eher gedeckt], durch die Fackel Race Hatred allerdings nicht gedeckt wäre), dann könnte man genauso gut den Tag der Machtergreifung als Grundlage annehmen:

2-format43.jpg


Aber das geht nicht, die Karikatur ist ausdrücklich mit dem Kofferwort Pyromaniac überschrieben. Es geht um Brandstiftung. Aber eben - wie am Fehlen einer Berliner Silhouette und insbesondere des RTs-Gebäudes zu sehen ist - nicht um die konkrete sondern um die übertragende. Und ich glaube, wenn man den Einschub des vorhergenden Satzes mal weglässt, dass wir uns da ziemlich einig sind.
 
Ich weiche meine Position nicht auf, weil ich von Anfang an nichts anderes angenommen/unterstellt/gemeint habe. "Reichstagsbrand" ist Kontext der Karikatur, nicht direkter Inhalt.

Im übrigen: Im von Ihnen als Beispiel angeführten Spiegel-Cover gibts noch einen viel weiter weg liegenden Kontext "Französische Revolution" oder auch "Königsmord"...
 
Ich weiche meine Position nicht auf, weil ich von Anfang an nichts anderes angenommen/unterstellt/gemeint habe. "Reichstagsbrand" ist Kontext der Karikatur, nicht direkter Inhalt.
Das mag ja so sein, ich kann in meiner Argumentation nur das berücksichtigen, was auch entsprechend deutlich artikuliert wurde.

Im übrigen: Im von Ihnen als Beispiel angeführten Spiegel-Cover gibts noch einen viel weiter weg liegenden Kontext "Französische Revolution" oder auch "Königsmord"...
Auch das halte ich für ziemlich steile Thesen, aber das würde vom Thema zu weit weg führen.
 
Abschließende Randbemerkung zu "steile Thesen":
Mich erinnerte das Bild sofort sofort an "Henker präsentiert den Kopf des soeben Guillotinierten" - daher meine obigen Assoziationen. Das blutige Küchenmesser hab ich - aus welchen Gründen auch immer - völlig ignoriert. Mein Irrtum.
Eine private und strikt nichtrepräsentative Befraagung in meinem Bekanntenkreis zur Frage "Welche Bildsprache verwendet diese Karikatur" ergab daher auch logischerweise ganz was anderes.
 
Zur Spiegeltitelkarikatur: Wenn man diese im Internet sucht, findet man auch verschiedene Zeitungsartikel über diese, die insinuieren, dass der Karikaturist, mit der Karikatur den den Mann mit den kleinen Händen ideologisch in die Nähe des IS habe rücken wollen. Gleichwohl halte ich diese Interpretation - obwohl ich keine Gegenargumente gegen die Ansicht vorzubringen habe und sie für nachvollziehbar halte - für zu weit hergeholt.
 
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