Besondere Lernleistung, Abitur

maxreiger

Neues Mitglied
Guten Tag,

ich bin ein Schüler des zwölften Jahrganges und ich habe mich für eine Besondere Lernleistung (schriftliche wissenschaftspropädeutische Untersuchung) im Fach Geschichte im Bezug auf die Politologie gewählt.
Nun denke ich sehr viel an das Thema, welches ich bis zum 12.06 abgeben soll.
Da ich mich generell für die so genannte Neuere Geschichte interessiere, will ich eine Untersuchung verfassen, in der ich mich mit dem Zusammenbruch der UdSSR und dem Untergang des sozialistischen Modells beschäftige.

Zurzeit habe ich folgende Themen ausgearbeitet und meiner Tutorin vorgeschlagen:

1. Inwiefern beeinflussten die Westblockstaaten den Zusammenbruch der UdSSR?
-Gründe des Zusammenbruchs auf der
-wirtschaftlichen (Ölpreiskrise 1973, Defizit, liberale Reformen Gorbatschows Regierung), -geopolitischen (der Kalte Krieg und seine Höhepunkte: Vietnam, Afghanistan),
-innenpolitischen (nationalistischen)
-politisch-ideologischen (Kommunismus als nicht umsetzbare Ordnung, Krise des progressiven Sozialismus) Ebene.

2. Inwiefern beeinflusste der Zusammenbruch der UdSSR die Weltordnung?
-Aufhebung der bipolaren Konfrontation und der Übergang zum geopolitischen und wirtschaftlichen Monopol der USA mit dementsprechenden Konsequenzen (Kriege der USA um die geopolitische Macht im Nahen Osten, Monopol der NATO, Entstehung des globalisierten Kapitalismus)
-Verschärfung der nationalistischen Ideen in den Staaten der ehemaligen UdSSR: Kriege um nationale Souveränität, zum Beispiel Krieg in Karabach, Kriege in Jugoslawien. Entstehung mehrerer kleinen Nationalstaaten.
-Informationskrieg zwischen Westen und Osten in der Gegenwart, Propaganda und Verzerrung der Geschichte von beiden Seiten des Konfliktes.
-Zivilkriege in den Ländern der Dritten Welt aufgrund der formellen Beendung des Kalten Krieges und der Konkurrenz um den geopolitischen Einfluss in bestimmten Gebieten (Hilfe von der UdSSR und den USA an die „Partnerstaaten“)
3. Der Zusammenbruch der UdSSR: ein Resultat der gescheiterten Nachkriegspolitik oder ein unvermeidbarer Prozess?

-Philosophie des Kommunismus, Änderung der Politikrichtung zu Sozialismus, Kritik an Kommunismus, Ansichten verschiedener Politikphilosophen
-Verfassungsreformen 1985: liberale Wirtschaft ohne Demokratie/Vergleich mit China
-Durch welche Politik könnte die Regierung den Zusammenbruch vermeiden?
-Die Außenfaktoren (der Zweite Weltkrieg und die historische Rolle der Sowjetunion im Kampf gegen Nationalsozialismus, Druck von der Seite der NATO und den USA, lokale Konflikte in Korea, Vietnam, Afghanistan etc.)

Die Lehrkraft sagte mir jedoch, dass diese drei Themen zu umfangreich für eine Arbeit mit 20-30 Seiten seien und dass ich mit einem konkreteren Bereich innerhalb des ausgewählten Themas beschäftigen sollte.
Da ich fließend Russisch beherrsche, habe ich einen Zugang zu den Materialien auch aus Osten.

Ich bräuchte eine Ansicht von anderen Schülern und Historikern. Worüber würdet ihr in diesem Fall schreiben, wenn die Länge eurer Untersuchung mit 30 Seiten begrenzt wäre? Die Tutorin erwähnt immer, dass man "in die Tiefe reingehen" soll, wenn man so etwas schreibt.
Bin gespannt auf eure Vorschläge.

Vielen Dank im Voraus
Max
 
1. Inwiefern beeinflussten die Westblockstaaten den Zusammenbruch der UdSSR?
-Gründe des Zusammenbruchs auf der
-wirtschaftlichen (Ölpreiskrise 1973, Defizit, liberale Reformen Gorbatschows Regierung), -geopolitischen (der Kalte Krieg und seine Höhepunkte: Vietnam, Afghanistan),
-innenpolitischen (nationalistischen)
-politisch-ideologischen (Kommunismus als nicht umsetzbare Ordnung, Krise des progressiven Sozialismus) Ebene.
Es ist wohl unzweifelhaft, dass über die Jahrzehnte die beiden Blöcke sich mal mehr mal weniger gegenseitig zu Fall zu bringen suchten, allerdings ist die Ölpreiskrise etwas, was beide Blöcke beeinflusste, nichts, was von dem einen gegen den anderen ausging und bei den anderen Punkten verstehe ich nur bedingt, was die mit dem Westblock zu tun haben. Also etwa Gorbi. Ich weiß, dass in Russland heute gerne Gorbi die Schuld weniger am Zusammenbruch der UdSSR als vielmehr am Verlust der russischen Machtsphäre gegeben wird, ob das richtig ist oder falsch, sei dahingestellt. Aber hier wird er fast schon zum Westagenten gemacht, das hat schon leicht verschwörungstheoretische Züge. Überdenke Überschrift und Inhalte noch mal.

2. Inwiefern beeinflusste der Zusammenbruch der UdSSR die Weltordnung?
-Aufhebung der bipolaren Konfrontation und der Übergang zum geopolitischen und wirtschaftlichen Monopol der USA mit dementsprechenden Konsequenzen (Kriege der USA um die geopolitische Macht im Nahen Osten, Monopol der NATO, Entstehung des globalisierten Kapitalismus)
-Verschärfung der nationalistischen Ideen in den Staaten der ehemaligen UdSSR: Kriege um nationale Souveränität, zum Beispiel Krieg in Karabach, Kriege in Jugoslawien. Entstehung mehrerer kleinen Nationalstaaten.
-Informationskrieg zwischen Westen und Osten in der Gegenwart, Propaganda und Verzerrung der Geschichte von beiden Seiten des Konfliktes.
-Zivilkriege in den Ländern der Dritten Welt aufgrund der formellen Beendung des Kalten Krieges und der Konkurrenz um den geopolitischen Einfluss in bestimmten Gebieten (Hilfe von der UdSSR und den USA an die „Partnerstaaten“)
Die UdSSR und ihre Nachfolgestaaten, vor allem Russland, sind nie zu reinen Zuschauern auf der Weltbühne degradiert worden, auch wenn es für einige Zeit einen erheblichen Machtverlust gab.
Jugoslawien war nie Teil der SU, war sogar nach 1948 trotz seiner Zuordnung zum Sozialismus ein blockfreier Staat. Den letzten Punkt verstehe ich nicht ganz.

Du solltest differenzieren zwischen Sozialismus/Kommunismus nach Marx und Engels - also dem Anspruch - und der historischen Realität, auch jenseits der realen Möglichkeiten der Ostblockstaaten.

Du könntest die russische Sicht auf den Zusammenbruch der SU aus Sicht verschiedener politischer Akteure untersuchen, etwa alter Kader (v.a. auch beim Militär), Gorbi etc. und den Wandel dieser Sicht von 1991 bis heute. Also wie sah man das staatsofiziell unter Boris Jelzin, als der noch einigermaßen klar war, wie sah man das staatsoffiziell, als er nur noch nominell an der Macht war und seine Tochter die Fäden zog, wie sah man das unter Putin, vor dem letzten Golfkrieg und wie hat sich das seit der Regierung Bush Junior verändert?
 
Vielen Dank für deine Antwort.

1) Sowjetunion positionierte sich als sozialistischer Staat, der auf dem Weg zu Kommunismus steht. Die Differenz dazwischen ist schon eindeutig.
2)Jugoslawien war zwar relativ liberal im vergleich zu den anderen Ostblockstaaten und es hat sogar kleine Unterstützung von Westen bekommen, doch der Staat war unter der geopolitischen Kontrolle der Sowjetunion, genau wie Tschechoslowakei, Polen, Bulgarien etc.
3) Mit dem letzten Punkt meine ich die Beendigung mehrerer Hilfsprogramme für so genannte Partnerstaaten: z.B. Cuba, Nordkorea, Ägypten und anderen afrikanischen Ländern von der sowjetischen Seite aus. Nach dem Zusammenbruch kamen in vielen solchen Ländern Spekulanten an die Macht, was zu Krisen und manchmal Zivilkriegen führte.

Wie gesagt, die Tutorin will ein engeres Thema von mir. Wofür würdest du dich hypothetisch entscheiden, falls du so etwas geschrieben hättest?

Max
 
1) Sowjetunion positionierte sich als sozialistischer Staat, der auf dem Weg zu Kommunismus steht. Die Differenz dazwischen ist schon eindeutig.
Die Differenz zwischen Sozialismus und Kommunismus im orthodoxen Marxismus ja, im Ostblock war man da aber einigermaßen indifferent und um so mehr im Westblock, also vielleicht nicht bei den dortigen Kommmunisten (ob nun SU-oppositionelle Euro-Kommunisten oder SU-Hörige), aber quasi von der eigenen Staatsraison her, die sich als bessere Alternative zur kommunistischen Idee verstand.

2)Jugoslawien war zwar relativ liberal im vergleich zu den anderen Ostblockstaaten und es hat sogar kleine Unterstützung von Westen bekommen, doch der Staat war unter der geopolitischen Kontrolle der Sowjetunion, genau wie Tschechoslowakei, Polen, Bulgarien etc.
Nein, das ist falsch. Jugoslawien war kein Ostblockstaat, wenn auch dem Sozialismus anhängend. Wobei man sagen muss, dass es mit dem Sozialismus a la Marx und Engels in allen osteuropäischen Staaten nicht weit her war.

3) Mit dem letzten Punkt meine ich die Beendigung mehrerer Hilfsprogramme für so genannte Partnerstaaten: z.B. Cuba, Nordkorea, Ägypten und anderen afrikanischen Ländern von der sowjetischen Seite aus. Nach dem Zusammenbruch kamen in vielen solchen Ländern Spekulanten an die Macht, was zu Krisen und manchmal Zivilkriegen führte.
Für deine Arbeit: Ich verstehe zwar Zivilkrieg, aber im Deutschen schreibt man Bürgerkrieg.

Wie gesagt, die Tutorin will ein engeres Thema von mir. Wofür würdest du dich hypothetisch entscheiden, falls du so etwas geschrieben hättest?Wie gesagt, die Tutorin will ein engeres Thema von mir. Wofür würdest du dich hypothetisch entscheiden, falls du so etwas geschrieben hättest?

Das hatte ich als entsprechenden Vorschlag gedacht:
Du könntest die russische Sicht auf den Zusammenbruch der SU aus Sicht verschiedener politischer Akteure untersuchen, etwa alter Kader (v.a. auch beim Militär), Gorbi etc. und den Wandel dieser Sicht von 1991 bis heute. Also wie sah man das staatsofiziell unter Boris Jelzin, als der noch einigermaßen klar war, wie sah man das staatsoffiziell, als er nur noch nominell an der Macht war und seine Tochter die Fäden zog, wie sah man das unter Putin, vor dem letzten Golfkrieg und wie hat sich das seit der Regierung Bush Junior verändert?
 
Nein, das ist falsch. Jugoslawien war kein Ostblockstaat
Danke, ich habe es tatsächlich vergessen.

im Deutschen schreibt man Bürgerkrieg
Danke (2), ich spreche Deutsch erst seit 2 1/2 Jahren und verwende manchmal inkorrekte Begriffe.

Du könntest die russische Sicht auf den Zusammenbruch der SU aus Sicht verschiedener politischer Akteure untersuchen
Würdest du etwa vorschlagen, eine vergleichende geschichtswissenschaftliche Untersuchung zu schreiben?
Kann man dann diese Arbeit nicht als beschreibend bezeichnen? Man beschreibt ja die Ansichten verschiedener politischen Figuren und entdeckt dabei keine prinzipiell neuen Korrelationen, wobei der sinn einer wissenschaftlichen Untersuchung das Entdecken neuer Zusammenhänge sein sollte.

Nochmal vielen Dank für deine Rückmeldung
 
Hallo, ich möchte auch hier meine Meinung bleiben (tut mir Leid, dass ich mit Fehlern schreibe: Deutsch ist nicht meine Muttersprache, ich lebe in Russland ).

1. Inwiefern beeinflussten die Westblockstaaten den Zusammenbruch der UdSSR?
3. Der Zusammenbruch der UdSSR: ein Resultat der gescheiterten Nachkriegspolitik oder ein unvermeidbarer Prozess?

Die UdSSR wurde wegen vielen Sachen zusammengebrochen. Aber meiner Meinung nach sind die wichtigsten:
1) der Kalter Krieg bzw. die hohe Anzahl von Rüstungsausgaben am BIP der Sowjetunion (der entscheidende Grund);
2) die Ölpreiskrise (sinkende Einkommen, da das Öl in 80-ern Jahren für die Sowjetunion eine große Rolle spielte)
3) Aber nur mit der Reihe von Ereignissen wie der Afghanistan-Krieg (besonders seit 1985 bis 1989), Tschernobyl (im Jahr 1986 - das sowjetische Budget hat kolossale Gelder ausgegeben, um Konsequenzen der Katastrophe zu vermeiden und zu minimieren) und Erdheben von Spitak (1988) hat der Staat auf solche Probleme getroffen, die er nicht lösen könnte. Mit der Ölkriese auf dem Hintergrund war die ganze Situation ziemlich fatal.
4) und Perestroika. Kriminalisierung der Gesellschaft u.s.w.

Max, du kannst jedes von mir beschriebene Ereignis nehmen und betrachten. Das ist ja schwer.

Du könntest die russische Sicht auf den Zusammenbruch der SU aus Sicht verschiedener politischer Akteure untersuchen, etwa alter Kader (v.a. auch beim Militär), Gorbi etc. und den Wandel dieser Sicht von 1991 bis heute. Also wie sah man das staatsofiziell unter Boris Jelzin, als der noch einigermaßen klar war, wie sah man das staatsoffiziell, als er nur noch nominell an der Macht war und seine Tochter die Fäden zog, wie sah man das unter Putin, vor dem letzten Golfkrieg und wie hat sich das seit der Regierung Bush Junior verändert?

Das ist auch schwer. In der russischen Gesellschaft (insbesondere bei älteren Generationen) wird der Zusammenbruch am meisten empfunden als Katastrophe (wie Putin es gesagt hat).
 
Ich kann ein paar Links empfehlen.
1) Z.b. [mod]bitte keine Links zu Videoplattformen einfügen. Danke.[/mod] das ist Dokumentarfilm von einem berühmten russischen Reporter. Auf Russisch, natürlich. Aber wenn du Russisch kannst, dann ist es kein Problem für dich.
2) Meinungen von Militär sind auch auf Youtube verfügbar. Дмитрий Язов z.B. - der vorletzte Verteidigungsminister der UdSSR und ein Mitglied vom gescheiterten Augustputsch 1991.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Zurück
Oben