THESE are the times...

Nun bekommt das Kabarett eine Erweiterung.

Die permanente Bezeichnung von "Impeachment" durch Trump als "häßliches Wort" ruft Sprachwissenschaftler und Sprachhistoriker auf den Plan, die Herkunft des Wortes zu klären, und bis ins 14. Jahrhundert für die Verfassungsklausel auszuholen...

Trump called ‘impeachment’ an ‘ugly word.’ Linguists say it actually has a fascinating history.

“Impeachment” has been around in the English language since the 14th century, but it didn’t start out having anything to do with accusing someone of high crimes and misdemeanors.
The word came into English as “empechen” by way of the Old French word empechier, meaning to prevent or to hinder, according to the British etymologist Michael Quinion. Empechier, in turn, is rooted in the Latin word impedicare, which means to tie the feet together, or to “fetter.” From there you get pedica, which in Latin means shackle, and from there all you’re left with is a foot: ped.
 
Man glaubt es kaum, was da heute aufgefahren wurde:

Trump’s impeachment is like Jesus’ crucifixion, the Salem witch trials and Pearl Harbor all rolled into one

Eine Auswahl:
Rap. Barry Loudermilk (R-Ga.) decided that the due process Trump was afforded is also worse than it was before Jesus’ crucifixion.
“When Jesus was falsely accused of treason, Pontius Pilate gave Jesus the opportunity to face his accusers,” Loudermilk said. “During that sham trial, Pontius Pilate afforded more rights to Jesus than Democrats have afforded this president in this process.”


Rep. Fred Keller (R-Pa.) invoked Jesus’ crucifixion — specifically when Jesus, on the cross, asked God to forgive those who had wronged him.
“So I want Democrats voting for impeachment today to know that I’ll be praying for them,” Keller said. “From the Gospel of Luke, the 23rd chapter, verse 34: And Jesus said, ‘Father, forgive them, for they know not what they do.’ ”


Shortly after Loudermilk spoke, Rep. Mike Kelly (R-Pa.) offered his own comparison, saying Trump’s impeachment was more like Pearl Harbor. Here are his comments:
In addition to Christmas being something we celebrate, the Boston Tea Party took place in December, but also on December 7, 1941, a horrific act happened in the United States. And this one that President Roosevelt said, ‘This is a date that will live in infamy.’ Today, December the 18th, 2019, is another date that will live in infamy — when just because you hate the president of the United States and you can find no other reason other than the fact that you’re so blinded by your hate that you can’t see straight that you’ve decided the only way we can make sure this president doesn’t get elected again is to impeach him.



Unfassbar.
 
Da steht er nun in aller Pracht, und wie vor einer Woche dargestellt, wird der Komplex im März angepackt, und Mitte des Jahres in der heißesten Wahlkampfphase entschieden.

Das juristische Schlachtfeld weitet sich aus.

In der Sache Trump gegen Staatsanwalt Vance hat sich nun mit Paukenschlag eines "Brief amicus curiae" eine NPO als Prozess-Partei eingeschaltet, die die Staatsgewalt durch die Ermittlung "generell" in Gefahr sieht. Sie unterstützt den Antrag und die Seite Trumps, dem bereits als Partei - undenkbar in der deutschen Rechtsgeschichte - die Regierung der "USA", also die Administration, beigesprungen ist.

Bei dem neuen amicus handelt es sich um: Christian Family Coalition, Florida, eines der Sammelbecken der "religious right" (Wilcox: Onward Christian Soldiers?: The Religious Right in American Politics)

https://www.supremecourt.gov/Docket...5 Amicus Brief Christian Family Coalition.pdf
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Während der Rest reift, nun die wohl erste Klage wegen Bereicherung in der US-Geschichte gegen folgendes illustres Trio:
1. Inaugural-Kommittee zur Amtseinführung
2. Die Trump-Organisation
3. „Ein“ Trump-Hotel

Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Trumps Festkomitee - DER SPIEGEL - Wirtschaft
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Mitteilung des Staatsanwalts zur Art und Weise def Bereicherung:
AG Racine Sues Presidential Inaugural Committee and Trump Entities for Abusing Nonprofit Funds to Enrich Trump Family

OAG’s investigation found that Rick Gates, a Trump associate tapped to serve as Deputy Chairman of the PIC, personally managed discussions with the Trump Hotel about using event space, including the ballroom and meeting rooms, for allegedly official Inaugural events. As part of its investigation, OAG discovered that one of the PIC’s key event planners, Stephanie Winston Wolkoff, raised concerns about the Trump Hotel’s event pricing with President-elect Trump, Gates, and Ivanka Trump. This included issuing a written warning to Gates and Ivanka Trump that the Hotel’s final price proposal was at least twice the market rate. Despite this warning, Gates allowed the PIC to enter into a contract with the Trump Hotel for four days of event space at a total cost of $1.03 million, an amount far above even the Hotel’s own internal pricing guidelines.
 
Die Seite der Antragsteller auf Kassation der Entscheidungen der Vorinstanzen hat nun eine umfassende rechtliche Stellungnahme in den Mazars/Deutsche Bank-Fällen eingereicht.

Enthalten ist wie üblich die gesamte Rechtsgeschichte über die verfassungsrechtliche Gewaltenteilung.
Daraus leiten die Antragsteller ab, dass SCOTUS so entscheiden müsse, dass gegen den "sitting president" inklusive seiner gesamten Amtsumgebung und Privatumgebung (Familie, Firmen, Geschäftspartner etc.) nicht ermittelt werden könne.

Die Subpoenas des Repräsentantenhauses seien eine Verschwörung, die schon vor der Wahl angekündigt worden sei.
Der New Yorker Staatsanwalt dürfe nicht gegen Dritte mit Beschlagnahmen vorgehen, die den sitting president betreffen.
Dieser genieße absolute Immunität während des Amtes, auch bei vorgeworfenen Verfehlungen vor und außerhalb des Amtes.

https://www.supremecourt.gov/Docket...9_19-715 and 19-760 Brief for Petitioners.pdf





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Ohne historisches Beispiel in der US-Justizgeschichte über einen politisch brisanten Strafprozess. Singulär ist es dagegen nicht.

Am 15. November 2019 befand ein Geschworenengericht den Angeklagten Stone in allen sieben Anklagepunkten für schuldig.
Die mit dem Fall befassten VIER Staatsanwälte beantragten vor Gericht ein Strafmaß von sieben bis neun Jahren.
Es folgt eine präsidiale "Unmutsäußerung", nachfolgend eine "Anregung" des Justizministeriums auf deutliche Reduktion ("far less") der geforderten Strafe.

Epochal daran ist, dass damit die Idee der Gewaltenteilung liquidiert wird. Witzigerweise ist die BRD derzeit international auf dem Prüfstand (zB in der Frage von Auslieferungen), weil der Rechsstaat durch die (historische, traditionelle) Dienstaufsicht eines Ministeriums über die Staatsanwaltschaft "zweifelhaft" sei.

Dagegen ist der direkte, administrierende Eingriff des DoJ in einen laufenden Prozess und in Verfahrenshandlungen von (dem Grundgedanken nach unabhängigen) Staatsanwälten eine ganz andere Nummer.

Alle vier Staatsanwälte legten nun ihre Befassung im Verfahren nieder. Der erste:

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usw. usf.

Und hier die "Überschreibung" der Strafmaßforderung seitens des Ministeriums durch Schreiben an das Gericht:

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40 Monate.
Summarisch betrachtet, sorgfältig (übrigens auch recht selbstbewusst angesichts der Versuche der Einflussnahme) von der Richterin begründet.
 
Gestern drei Stunden Telefonkonferenz unter Aufschaltung der Öffentlichkeit.

Die rechtlichen Vertreter aller Seiten beantworteten Fragen der SC-Richter zu den Fällen. Es könnte sein, dass ein gemischter Ausgang zu erwarten ist.

Während der Fall vom New Yorker Staatsanwalt Vance gegen Mazars auf Herausgabe der Steuerakten von Trump in strafrechtlichen Ermittlungen weniger Interesse und Streit hervorrief (ein fast lustiges Argument der Trump-Seite war, dass dies eingedämmt werden müsse, weil sonst 2300 Staatsanwälte einen US-Präsidenten mit Aktenherausgaben belästigen könnten), ....

... waren die drei Subpoenas mit Aktenherausgabe durch den Kongress gegen den Präsidenten sehr umstritten. Offenbar suchen die SC-Richter hier nach einem "ausbalanzierten" Mittelweg.

Umfassend: Supreme Court debate over Trump’s tax returns, business records points to a mixed outcome
 
Zwischendurch der nächste Fall mit ausgreifendem rechtshistorischem Hintergrund.

Vor knapp 50 Jahren, Juni 1971, wurde der Fall der Pentagon Papers zum Vietnamkrieg vom Supreme Court ausgeurteilt.
NEW YORK TIMES COMPANY, Petitioner, v. UNITED STATES. UNITED STATES, Petitioner, v. The WASHINGTON POST COMPANY et al.
Pentagon-Papiere – Wikipedia

Gestern wurde der Fall der Bolton-Publikation angehängt:
Docket for United States v. BOLTON, 1:20-cv-01580 - CourtListener.com

Die File-Sammlung (Kläger ist die USA, vertreten durch die Trump-Regierung, also auf Staatskosten vom District Court of Columbia über das Berufungsgericht bis zum Verfassungsgericht) ist schon nach zwei Tagen beeindruckend. :D
 
In dem Verlauf des Bolton-Falles ist binnen 48 Stunden die sehr umfangreiche, offenbar lange vorbereitete Klageerwiderung eingegangen.

Das Schriftstück inkl. Anhänge von mehreren Hundert Seiten ist ein Extra-Krimi: enthalten sind der Mailverkehr und die gesamten umfangreichen redaktionellen Änderungen und Streichungen seitens der Regierung in dem Buch.

Ansonsten wird wohl ein Zitat hängenbleiben: die Klage sei "surreal", weil
"The Government cannot plausibly argue that Ambassador Bolton has power to stop the Amazon delivery trucks in America, unshelve the copies in Europe, commandeer the copies in Canada, and repossess the copies sent to reviewers or in the possession of major newspapers"

Und der Auftakt mit viel Pathos:
"If the First Amendment stands for anything, it is that the Government does not have the power to clasp its hand over the mouth of a citizen attempting to speak on a matter of great public import."

Hier beispielhaft Streichungen und Änderungen:


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Das Schriftstück inkl. Anhänge von mehreren Hundert Seiten ist ein Extra-Krimi: enthalten sind der Mailverkehr und die gesamten umfangreichen redaktionellen Änderungen und Streichungen seitens der Regierung in dem Buch.

Genau das hatte mich schon beschäftigt, hatte ich mal gelesen (im Zusammenhang sogar mit Boltons geplantes Buch, wenn ich mich recht erinnere), dass die US-Regierungen rechtlich gesehen Einsicht in Manuskripte nehmen dürfen, welche aktive oder Regierungsmitglieder a.D. zur Veröffentlichung vorsehen, und Änderungen/Streichungen fordern können, wenns um vertrauliche, geheime oder die nationale Sicherheit betreffende ('klassifizierte') Kenntnisse/Informationen usw. geht. Das war also bei Bolton schon geschehen, wenn ich das richtig verstehe.
 
Vom rein juristischen watscht die Beklagtenseite die Leistungsklage (=Unterlassung) jetzt ganz trocken mit „Unmöglichkeit“/zu spät ab.
 
Zack-Bumms-Klage abgewiesen.

Allerdings ist das kein umfassender Sieg Boltons, denn die Regierung habe nicht überzeugend einen drohenden nationalen Schaden für den Eilantrag belegen können. ABER:

Defendant Bolton has gambled with the national security of the United States. He has exposed his country to harm and himself to civil (and potentially criminal) liability. But these facts do not control the motion before the Court. The government has failed to establish that an injunction will prevent irreparable harm. Its motion is accordingly DENIED.

Urteil auf PACER:
https://pacer-documents.s3.amazonaws.com/36/219024/04517891261.pdf

Ob sich AG Barr und die Regierung damit abfinden werden?
 
Ob sich AG Barr und die Regierung damit abfinden werden?
Morgen befindet sich das Buch auf dem globalen Ladentisch. Das ist dann nicht mehr zurückzuholen.

(P.S.: ich versuche mir vorzustellen, ich wär ein Historiker des Jahres 2100 und ich könnte eine noch vorhandene Aufzeichnung des Wahlkampfauftakts 2020 in Tulsa des POTUS anschauen.
Wie würde meine Welt aussehen, wenn ich zu dem Schluss käme, dass das eine große Rede war?)
 
Ich hab mir das Buch jetzt schweren Herzens bestellt, weil ich keinen der beiden auch nur irgendwie finanziell unterstützen möchte, aber dennoch (auch beruflich) wissen will / muss, was der eine xxxx über den anderen xxxx schreibt (pardon my French).
 
Bolton wird sich nicht auf das 1971er Urteil berufen können, er ist nicht Teil der freien Presse, und seine Stellung als Ex-Bundesregierungsmitglied wird vom Urteil nicht berührt.
 
Da wäre ich mir nicht so sicher.

Dies würde voraussetzen, was höchst umstritten ist und nhM abgelehnt wird, dass das 1971-Urteil New York Times vs. United States nur auf die "organized press" anzuwenden wäre.

Die per curiam-Entscheidung legt durch Zitat weiterer Fälle eher nahe, dass die Zensurkriterien/Einschränkungen generell anzuwenden sind, wie folgt:

"The per curiam opinion clearly states that in any situation in which the government wishes to resort to censorship, it faces a difficult task in convincing the courts to issue the necessary legal orders."
New York Times Co. v. United States

Es wird auch in weiteren Kommentaren davon ausgegangen, dass sich das Urteil auf alle "Medien" anwenden lässt. Letztlich ist das aber ungeklärt.
 
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