Bitte um zwei Buchtipps zum Dritten Reich

Gegenfrage:

Wie konnten Millionen von Soldaten den ersten Weltkrieg überleben, wo sie doch immer und immer wieder sinnlos in die feindlichen Stacheldrahtverhaue, Granaten und Maschinengewehre hineingerannt sind, wo es doch, sofern gerade kein Gasangriff stattfand, rational gewesen wäre, sich in den nächsten Trichter zu verdrücken und später im Schutz der Dunkelheit als "Versprengter" wieder zu den eigenen Linien zurück zu kehren?
Jedenfalls wäre das viel rationaler gewesen als den Xten sinnlosen Angriff mit zu machen und sich dabei die Yte Verwundung für Kaiser, Gott und Vaterland zu holen oder nicht?
Das sind jetzt aber zwei völlig andere Themen bzgl. "Rational". Hatl wollte deutlich machen, dass eine psychische Krankheit nicht den Verstand abschafft. Shinigamis Thema dagegen ist die Belastung der Soldaten im Kriegseinsatz.

Zum zweiten (rationales Verhalten im Krieg): Tja, leider liessen sich Deutsche im ersten und zweiten Weltkrieg (genauso wie Soldaten auf der ganzen Welt) durch Propaganda (und Zeitgeist) dazu bringen, für Gott und Vaterland und vielleicht auch für den Führer im Schlamm rumzurobben, Menschen zu töten und vielleicht sogar den Heldentod anzustreben oder zumindest in Kauf zu nehmen. Wobei es wohl auch Soldaten gab, die nur aus Angst( vor den Strafen im Falle des Desertierens) mitmachten. Also vielleicht doch rational. Ich weiß nicht ob Pervitin (das Speed der Wehrmacht) auch mit dazubeigetragen hat. die Soldaten psychologisch bei der Stange zuhalten.
 
Das sind jetzt aber zwei völlig andere Themen bzgl. "Rational". Hatl wollte deutlich machen, dass eine psychische Krankheit nicht den Verstand abschafft. Shinigamis Thema dagegen ist die Belastung der Soldaten im Kriegseinsatz.

Zum zweiten (rationales Verhalten im Krieg): Tja, leider liessen sich Deutsche im ersten und zweiten Weltkrieg (genauso wie Soldaten auf der ganzen Welt) durch Propaganda (und Zeitgeist) dazu bringen, für Gott und Vaterland und vielleicht auch für den Führer im Schlamm rumzurobben, Menschen zu töten und vielleicht sogar den Heldentod anzustreben oder zumindest in Kauf zu nehmen.) Wobei es wohl auch Soldaten gab, die nur aus Angst( vor den Strafen im Falle des Desertierens) mitmachten. Also vielleicht doch rational. Ich weiß nicht ob Pervitin (das Speed der Wehrmacht) auch mit dazubeigetragen hat. die Soldaten bei der Stange zuhalten.

Nein, mir geht es nur darum, dass ich den schluss von "nicht in der Lage rationale Entscheidungen zu treffen" auf "kann in einem gefährlichen Umfeld nicht überleben", so nicht teilen kann.

Für Millionen Soldaten in Europa, wäre, als im Spätherbst 1914 sämmtliche militärischen Pläne gescheitert waren, noch wesentlich mehr bei der Weihnachtlichen "Gemeinschaftsaktion" im Winter 1914, die einzig rationale Entscheidung gewesen, sich, wo man dem Feind einmal Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, mit diesem auf den Status Quo ante zu verständigen, die Schlachtfelder zu verlassen und die jeweils eigene Regierung und Generalität zum Teufel zu jagen, statt sich in der Folge dann wieder einem Himmelfahrtskommando nach dem Anderen auszusetzen.

Zu einer solchen rationalen Entscheidung, war die Masse der Soldaten, auch der Subalternoffiziere, die den Frontalltag ja auch kannten, aber offensichtlich nicht fähig, sonst wäre die Geschichte anders verlaufen.

Dennoch haben Millionen Menschen, die diese hochirrationale Entscheidung getroffen haben, sich anschließend wieder gegeneinander zu hetzen und sich mitunter über Jahre hinweg dauerhaft wiederholter Lebensgefahr auszusetzen, die ganze Klamotte ohne lebensgefährliche Beeinträchtigung überlebt.

Warum sollte also ein Hitler oder Stalin, wenn er zu rationalen Entscheidungen nicht fähig gewesen wäre, keine Chance haben sollen, gefährliche Situationen zu überleben?
Ob die Irrationalität nun aus einer Fehlgeleiteten Überzeugung und falsch verstandenem Pflichtgefühl herrührt oder aus einer psychischen Krankheit, macht doch für das Faktum der irrationalen Entscheidung erstmal keinen Unterschied.
Vor dem Hintergrund, dass sich Millionen mehr oder minder freiwillig (wer hätte eine ganze meuternde Armee aufhalten wollen, das funktionierte ja nicht einmal, mit ein paar meuternden Matrosen in Kiel) irrationale Entscheidungen trafen, die sie in Lebensgefahr brachten, wären da wahrscheinlich hochgradig irrationale Entscheidungen Hitlers oder Stalins nichtmals besonders aufgefallen.

Die Diskussion um Aufputschmittel und Strafen, würde ich für die Wehrmacht so stehen lassen. Nur im Ersten Weltkrieg gabs in dem Maße keine Aufputschmittel für die Truppe und angesichts der stehenden Fronten, die frustieren mussten und 1914 auch der Weihnachtlichen Begegnung mit dem Feind auf der anderen Seite, dem es genau so ging, wäre der Gedanke, dass kollektiver Befehlsverweigerung so irrational nicht gewesen. Die Subalternoffiziere saßen, wie angemerkt genau so im Dreck und wer will denn ein ganzes frustritertes und allmählich demoralisiertes Heer entwaffnen und erschießen lassen?

Im späteren Verlauf des Krieges, kam es dann ja zu Akten kollektiver Gehorsamsverweigerung, etwa ausgedrückt in der Weigerung der französischen Truppen im Gefolge der Nivelle-Offensive wieder zum Angriff anzutreten.

Ich würde vor diesem Hintergund behaupten, dass es für die Zeit von 1914-1918 und für einige noch darüber hinaus (Folgekonflikte) gesamtgesellschaftlich etwas vollkommen normales war Entscheidungen zu treffen, die wir heute "irrational" nennen würden und die dauerhaft akkute Lebensgefahr mit sich brachten.
 
Nein, mir geht es nur darum, dass ich den schluss von "nicht in der Lage rationale Entscheidungen zu treffen" auf "kann in einem gefährlichen Umfeld nicht überleben", so nicht teilen kann.
Ich glaube nicht, dass das so gemeint war. Jedenfalls hast du recht, die Schlußfolgerung ist nicht korrekt.

Ob Hitler oder Stalin nur mit irrationalen Entscheidungen durchgekommen wären, ist schwer zu beurteilen. Ich schwanke da zwischen Ja und Nein. Wenn sie nach außen einen rationalen und starken Eindruck gemacht hätten/haben, wäre das möglich.
 
Um nicht falsch verstanden zu werden, ich wollte auch gar nicht in Abrede stellen, dass es nicht sinnvoll sein kann sich mit dem Thema zu beschaffen, sofern man denn selbst im Bezug auf die Diagnostik psychischer Störungen ..
Shini, ich versuche da einen anderen Blickwinkel.
Es geht mir gar nicht um psychische Störungen, was immer das sein soll, sondern um eine Ausprägung eines Charakters.
Ob eine solche jetzt als krankhaft, oder auch nicht, eingestuft wird lasse ich außen vor und ist mir auch egal.
Ich find es nur so interessant, dass sich z. B. Goebbels in der Narzissmus-Definition von ICD/DSM beschrieben findet.
Nun sind diese Definitionen recht neu, doch ausreichend distanziert und anerkannt, dass ich vorschlagen würde mal einen Blick darauf zu werfen.
Schau Dir z. B. an was Du über Hitler weißt, und dann z. B. die Liste der Merkmale der Psychopathie nach Hare*.
Psychopathie – Wikipedia
Mach dann Deine Hitler-Haken an die Liste und vergleiche das mit anderen Protagonisten auf der Bühne und Leuten die Du selbst noch so kennst.
Das ist ja durchaus als Spiel zu verstehen. Denn diese Art der Beurteilung ist wirklich neu, ebenso wie die daraus folgenden Klassifizierungen.
Ich vermute aber, dass es wert ist sich des Themas anzunehmen. Im Blick auf das Gestern und auf das Heute.
Doch wir kommen da nun vom Thema ab...
manchmal auch gern.


* Der kanadische Kriminalpsychologe Robert D. Hare (geb. 1934) gilt als Begründer der Psychopathie-Forschung.
 
Hier wurde verschiedentlich auch gesagt, dass möglicherweise mit dem Für-krank-erklären der oberen Parteibonzen Leute versuchen würden, die Schuld der kleinen Leute kleinzureden. Das sehe ich nicht so.

Ja wir schweifen ab. Aber das mache ich recht häufig, sowohl im Netz als auch "offline". Und ich finde das Thema, das wir gerade hatten, auch sehr interessant.
 
Wenn ein Funktionär krank gewesen sein sollte, würde es der Wahrheitsfindung dienen, das herauszufinden. Das würde ja niemanden von Schuld entlasten.
 
Aber genau dazu haben diese Zuschreibungen immer gedient: Hitler war verrückt, in der SS haben sich die ganzen Sadisten versammelt und der Rest hat von nix was gewusst und wenn doch, konnte er nichts sagen, weil dann hätte er sich doch "dazu stellen" können. Die Schuld lag bei Hitler und der SS und alle anderen sind einigermaßen suaber geblieben. Das ist der Narrativ, der bis Mitte der 90er Jahre erzählt wurde und tw. bis heute funktioniert. Aber dieser Narrativ funzt nicht mehr, denn wir wissen heute, dass er nicht stimmt.
 
Aber genau dazu haben diese Zuschreibungen immer gedient: Hitler war verrückt, in der SS haben sich die ganzen Sadisten versammelt und der Rest hat von nix was gewusst und wenn doch, konnte er nichts sagen, weil dann hätte er sich doch "dazu stellen" können. Die Schuld lag bei Hitler und der SS und alle anderen sind einigermaßen suaber geblieben. Das ist der Narrativ, der bis Mitte der 90er Jahre erzählt wurde und tw. bis heute funktioniert. Aber dieser Narrativ funzt nicht mehr, denn wir wissen heute, dass er nicht stimmt.
Ich will auf keinen Fall LEuten helfen, die versuchen, die Schuld der Deutschen zu relativieren.
Aber ich verstehe nicht wieso Folgendes von Schuld entlastet: "Ein Verrückter hat mir befohlen, Menschen zu töten. Und ich habe ihm gehorcht." Ich finde, dann ist die Schuld eher noch größer. Ich verstehe die Argumentation nicht. Psychische Krankheit oder Störung hat doch nichts damit zu tun, ob der "kleine Mann" etwas gewußt hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich will auf keinen Fall LEuten helfen, die versuchen, die Schuld der Deutschen zu relativieren.
Aber ich verstehe nicht wieso Folgendes von Schuld entlastet: "Ein Verrückter hat mir befohlen, Menschen zu töten. Und ich habe ihm gehorcht." Ich finde, dann ist die Schuld eher noch größer. Ich verstehe die Argumentation nicht. Psychische Krankheit oder Störung hat doch nichts damit zu tun, ob der "kleine Mann" etwas gewußt hat.


Ich würde das noch unter einem anderen Aspekt sehen wollen, als einzig unter demjenigen der Verteilung von Schuld:

Wenn man sich einfach auf einen Narrativ einschießt, nach dem damals halt alle irgendwie einen an der Waffel hatten oder einfach nur als freiwillige Ja-Sager hinter selbsternannten Führerpersönlichkeiten mit adäquartem pathologischen Dachschaden hinterherliefen, kann das sehr schnell zu einem Zerrbild führen, dass das Unterschätzen moderner Extremismen begünstigt.
Denn das könnte zu dem irrigen Schluss führen, dass jemand, der nicht bereit ist, pathologisch Irren hinterher zu laufen, für Extremismen per se nicht mehr anfällig wäre.
 
Ich kann da nur noch mal Welzer als Lektüre empfehlen. Denn die (vermeintliche) Immunität gegen Rassismus macht nicht immun dagegen, an rassistischen Verbrechen teilzunehmen. Das gilt auch für alle anderen im weitesten Sinne politisch motivierten Verbrechen.
 
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