Russland besiegt ... und dann?

Vizzler

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Mich würde eine Diskussion zu folgendem Thema interessieren: Nehmen wir an, egal unter welchen Umständen, die Wehrmacht hätte Russlands Armee besiegt, Leningrad, Stalingrad und Moskau eingenommen und verhandelt aus einer Position der Stärke heraus den Frieden.
Was dann? Das Land besetzen wie Polen oder Frankreich - unmöglich wegen der weite des Raumes, dafür gäbe es nicht genüg Soldaten. Daher müsste massiv auf Kollaborateure gesetzt werden, aber hätte es diese gegeben? Ich glaube eher nicht. Ich halte es für wahrscheinlich das sich das russische Volk in einem immerwährenden Guerillakrieg weiter gewehrt hätte und sich die Deutschen irgendwann einfach zurückziehen hätten müssen weil sie keine Aussicht gehabt hätten dieses weite Land jemals unter Kontrolle zu bringen.
Natürlich wäre dies mit gewaltigen Verlusten für die russische Bevölkerung einhergegangen - Hunger und die Gewalt der Deutschen hätten ihren Tribut gefortert. Aber das die Deutsche Russland unter Kontrolle gehabt hätten, glaube ich nicht, was meint ihr?
 
Die Guerilla - bei den Kämpfen in Polen, Weißrussland und der Ukraine oder auch Jugoslawien spricht man meist von Partisanen, aber letztlich ist es dasselbe - war eine Folge der deutschen Besatzungspolitik, wenn auch die stalinistische Führung mittels Kommissaren versuchte Einfluss zu nehmen. In der Ukraine und im Baltikum wurden die Deutschen 1941 anfänglich sogar als Befreier begrüßt - eine schwere Fehleinschätzung der Bevölkerung, bedingt durch stalinistischen Terror und auch den noch unvergessenen Holodomor etc.
Das Partisanentum erhielt v.a. deshalb Auftrieb, weil die Deutschen das Land ausplünderten. Ganz konkret sah der Backe-Plan (als Teilplan des Generalplans Ost) vor, die Bevölkerung arbeiten zu lassen, ihnen aber die Produkte ihrer Arbeit abzunehmen und einzukalkulieren, dass sie verhungerten (daher ist der Backe-Plan auch als Hungerplan bekannt). Während des Krieges wurden ca. 30.000.000 Sowjetbürger getötet (das ist über die Hälfte der insgesmat im WKII Verstorbenen = 53.000.000) Hätte Dtld. also den Krieg im Osten gewonnen, dann wäre die Politik klar diese gewesen, Gebiete zu entvölkern und durch "Wehrbauern" wiederzubesiedeln. Die Entvölkerung wäre durch Versklavung, Verhungernlassen und Vertreibung vonstatten gegangen. Vereinzelt hätte man Personen eingedeutscht. Das hätte man getan, weil man sie entweder als "Volksdeutsche" anerkannte (diese hatten tatsächlich eine deutsche Herkunft) oder weil man sie anhand der Pseudowissenschaft Kraniometrie als germanischer Herkunft eingestuft hätte.
Da die Wolgadeutschen aber nach Kasachstan verbracht worden waren, dürfte es in den besetzten sowjetischen Gebieten verschwindend wenige Leute gegeben haben, welche als volksdeutsch eingestuft worden wären.

Deine Fragestellung berücksichtigt nicht, dass die Deutschen einen Rassekrieg führten. Hätten die Deutschen einen herkömmlicheren Krieg geführt und die Zivilbevölkerung nicht drangsaliert, wären sie weiter als Befreier wahrgenommen worden, ein militärischer Widerstand hätte sich vielleicht auf vereinzelte Kommunisten beschränkt. Das würde aber völlig außer Acht lassen, warum Hitler überhaupt den Überfall auf die SU befahl. Das Kontrafaktische fängt also nicht beim hypothetischen Ergebnis deiner Fragestellung an, sondern im Prinzip schon im Frühsommer 1941. Will sagen, der Krieg folgte einer rassistischen und sozialdarwinistischen Logik mit dem Anspruch auf Osteuropa als historisches Siedelland der Germanen (so sahen die Nazis das), ohne das hätte es den Krieg nicht gegeben und ohne das wäre der Krieg nicht so geführt worden, wie er geführt wurde.
 
Da deine Frage hypothetischer Natur ist, füge ich jetzt keine Belege an, da mir aktuell auch keine geeigneten einfallen. Also sind das im Folgenden spekulative Gedanken von meiner Seite aus.
Ich denke, dass sich zu einem solchen Zeitpunkt die Alliierten nicht auf ein Friedensabkommen eingelassen hätten (zb aufgrund des Angriffs Japans auf Pearl Harbor, Luftkrieg mit UK, ...). Davon abgesehen denke ich, dass Hitler-Deutschland die SU zwar besetzt hätte, jedoch keine Kontrolle über das gesamte Land hätte erreichen können, wie du ja bereits schon geschrieben hast. Von einer nennenswerten Kollaboration der Zivilbevölkerung, wie bspw. in Frankreich, ist denke ich aufgrund der politischen, ideologischen und ethischen Distanz zum sog. Dritten Reich nicht auszugehen. Ich gehe davon aus, dass das sog. Dritte Reich vor allem den Westen der SU als „Lebensraum im Osten“ verwendet hätte aber nicht weiter in den Osten (Städte wie Jakutsk) vorgedrungen wäre. Dazu ist das Land einfach zu groß und für Hitler-Deutschland uninteressant. Hitler hätte es sicher versucht weiter vorzustoßen (Bspw. nach dem Ende des 2.WK; Expansive Politik Hitlers), aber meiner Meinung nach mit geringem Erfolg, bei zu großem Personalbedarf. Würde daher von einem Fortbestehen der SU ausgehen, in verkleinertem Territorium. Kurz gesagt wäre nach einer Besetzung Moskaus (wie du sie ja hypothetisch beschreibst) erst einmal der Feldzug im Osten beendet worden. Für den Osten der SU wäre hierbei aber auch der Faktor des Chinesisch-Japanischen Krieges, die Position Britisch-Indiens sowie des Pazifikkrieges möglicherweise entfernt relevant gewesen.
 
Mich würde eine Diskussion zu folgendem Thema interessieren: Nehmen wir an, egal unter welchen Umständen, die Wehrmacht hätte Russlands Armee besiegt, Leningrad, Stalingrad und Moskau eingenommen und verhandelt aus einer Position der Stärke heraus den Frieden.
Was dann?
Eine "Position der Stärke" wäre mit der Entwicklung der Atombombe spätestens 1946-1947 nicht mehr gegeben gewesen.
 
Hätte Dtld. also den Krieg im Osten gewonnen, dann wäre die Politik klar diese gewesen, Gebiete zu entvölkern und durch "Wehrbauern" wiederzubesiedeln.

Hätte das NS-Regime dazu dann eigentlich Teile der deutschen Bevölkerung aus dem Reich in den Osten zwangsumgesiedelt, oder wie stellte man sich das vor, diesen "Lebensraum" mit "Germanen" zu besiedeln?

Es ist ja eher unwahrscheinlich, dass viele Deutsche wahnsinnig daran interessiert gewesen wären ihre Heimat zu verlassen um irgendwo im Kaukasus oder in der russischen Steppe zu siedeln.
 
Hätte das NS-Regime dazu dann eigentlich Teile der deutschen Bevölkerung aus dem Reich in den Osten zwangsumgesiedelt, oder wie stellte man sich das vor, diesen "Lebensraum" mit "Germanen" zu besiedeln?

Es ist ja eher unwahrscheinlich, dass viele Deutsche wahnsinnig daran interessiert gewesen wären ihre Heimat zu verlassen um irgendwo im Kaukasus oder in der russischen Steppe zu siedeln.
Ich denke, Landbesitz zu haben, wäre schon ein großer Anreiz gewesen, nach Osten zu gehen, besonders in die fruchtbaren Regionen wie (so weit ich weiß) Ukraine und Weißrussland. Besser ein Großbauer im Osten als ein Habenichts im "Westen". Außerdem wäre das ja innerhalb Deutschlands gewesen nach Nazi-Interpretation (nicht nach unserer heutigen Interpretation). Man vergleiche das mit Amerika-Auswanderern. Die haben ja auch ihre Heimat verlassen.

Grüße
Peter
 
Nein, so ist das sicherlich nicht korrekt (vgl. Daten im Link ab ca. #15) Der Vergleich mit Auswanderern ist zudem vor dem Hintergrund des Vernichtungskrieges eines totalitären Regimes nicht zutreffend.

https://www.geschichtsforum.de/thema/der-generalplan-ost.46321/page-2

Es gab den Generalplan Ost, in dessen Kontext die imperialistische Erschließung des Ostens vorangetrieben werden sollte. Das Konzept lief darauf hinaus, dass diese Gebiete eine Art "Kolonien" bilden sollten. Und somit NS-Deutschland ein "landbasiertes Großreich" werden sollte, um die Vorstellungen zur blockadefesten Autarkie gegenüber den "See-Imperien" sicher zu stellen.

Eine ähnliche Strategie wie NS-Deutschland verfolgte das kaiserliche Japan mit "Mandschuko" (vgl. z.B. Young: Japans Total Empire)
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein, so ist das sicherlich nicht korrekt (vgl. Daten im Link ab ca. #15) Der Vergleich mit Auswanderern ist zudem vor dem Hintergrund des Vernichtungskrieges eines totalitären Regimes nicht zutreffend.
Vollkommen einverstanden. Ich meine nur, wenn man einen Mitläufer des Naziregimes nimmt, der die Wahl hat, woanders sein Glück zu versuchen, dann ist das aus seiner Sicht (die die Vertreibung oder Ermordung der vorherigen Landbewirtschafter einfach ausblendet) eine ähnliche Motivation wie ein Auswanderer. Dass das nicht vergleichbar ist, sehe ich auch so.

Wenn der Plan Ost das nicht vorsah, dann stimmt das allerdings so nicht.

Grüße
Pete
 
Hätte das NS-Regime dazu dann eigentlich Teile der deutschen Bevölkerung aus dem Reich in den Osten zwangsumgesiedelt, oder wie stellte man sich das vor, diesen "Lebensraum" mit "Germanen" zu besiedeln?

Es ist ja eher unwahrscheinlich, dass viele Deutsche wahnsinnig daran interessiert gewesen wären ihre Heimat zu verlassen um irgendwo im Kaukasus oder in der russischen Steppe zu siedeln.

Es gibt ja auch heute Neo-Nazis, die an Kolonisierungsprojekten in Osteuropa teilnehmen. In Polen oder im Königsberger Raum z.B. Und es war durchaus geplant, SS-Veteranen als Wehrbauern anzusielden (auf ihre recht spezielle Art waren die die Nazis "Romantiker"...)
Nun ist Ideologie nicht Realität und gerade bei den Nazis nicht. Aber auch das Problem, des Siedler Findens wollten die Nazis nicht dem Zufall überlassen, es gab z.B. Planungen, die renitenten katholischen Bauern des Münster- und Emslandes in den Kolonien anzusiedeln, nachdem man ihren Heroen, den Bischof von Münster, Graf von Galen aufknüpft hätte. Das sparte man sich aber für nach dem Endsieg auf.
 
Es ging nicht darum, ein paar Renitente los zu werden. Folgt man der Darstellung bei Aly "Vordenker..." dann gab es zwei sich ergänzende Dimensionen, die Vernichtung bzw. Umsiedlung aus Polen und Gebieten der UdSSR und es ging um die volkswirtschaftliche Seite. Mehrere hundert Tausend Klein- und Kleinstunternehmen, auch im Bereich der Landwirtschaft, sollten aus dem "Altreich" in den Osten umgesiedelt werden.

Zum einen, um im "Altreich" größere Einheiten zu schaffen, die mit Maschinen bewirtschaftet werden sollten und zum anderen, um in diesen neuen Siedlungsgebieten produktive Einheiten zu schaffen. Und die "entvölkerten" Städte und ländlichen Gebiete im Zuge der "Umvolkung" (AfD/NS-Terminologie) "stützpunktartig" zu Arisieren. Der entsprechende Anteil an Deutschen - als entsprechende "Spartiaten" - zur "Heloten-Bevölkerung" sollte ca 25 bis 50 Prozent betragen.

Diese Stützpunkte im Osten sollten durch Patenschaften aus dem "Altreich" unterstützt werden. Die Mittel für den infrastrukturellen Umbau der neue Gebiete sollten durch Raub, Ausplünderung etc. beschafft werden.

Als Voraussetzung für diese "Umvolkung" waren - je nach Planungsversion - bis ca. 40 Mio Polen und / oder Russen zu vertreiben bzw. zu töten.
 
Es ging nicht darum, ein paar Renitente los zu werden.
Natürlich nicht. Der Lebensraum im Osten war Ideologie der Nazis und nicht allein in wirtschaftlicher Autarkie begründet, sondern hatte als theoretischen Unterbau gewissermaßen die Ariertheorie.
Aber es gab eben diese Überlegungen, die renitenten katholischen Bauern auf diese Art und Weise loszuwerden und ihre Bande zu zerschneiden. Die Nazis hätten damit "deutsches Blut" in die Kolonisierungsgebiete gebracht und wären diese blöden bischofstreuen Katholiken, die sich einfach nicht fügen wollten und Predigten gegen Euthanaise weiterverbreiteten, losgeworden.
 
Mit ein paar Bauern wäre es aber nicht getan gewesen. Man hätte ja auch Ärzte, Lehrer, Polizisten, Handwerker etc. gebraucht, die in einer z.B. weissrussischen Stadt das ganze Leben und die Infrastruktur betreiben.

Und das eroberte Gebiet bis zum Ural wäre ja ein vielfaches grösser gewesen als Deutschland selbst. Wie hätte man das besiedeln sollen?
 
Mit ein paar Bauern wäre es aber nicht getan gewesen. Man hätte ja auch Ärzte, Lehrer, Polizisten, Handwerker etc. gebraucht, die in einer z.B. weissrussischen Stadt das ganze Leben und die Infrastruktur betreiben.
So ein germanischer Wehrbauer ist hart im Nehmen. (Ich könnte jetzt schreiben "Spaß beiseite", aber das sind tatsächlich hinter diesen Plänen stehende Gedankenkonstrukte.)

Du übersiehst die Diskrepanz zwischen einer Ideologie von rassistischen Allmachtsphantasien und einer realen Umsetzung nach den Bedürfnissen von Menschen des 20. Jahrhunderts. Insgesamt haben aber auch die Nazis hier mit wenigen Millionen Menschen zur Ansiedlung gerechnet.

Und das eroberte Gebiet bis zum Ural wäre ja ein vielfaches grösser gewesen als Deutschland selbst. Wie hätte man das besiedeln sollen?
Erstens war es nicht das gesamte Gebiet bis zum Ural, welches den Nazis vorschwebte und zweitens waren auch in dem Gebiet, welches den Nazis vorschwebte nicht alle Flächen als Siedelland vorgesehen. Die Flächen, die für die Besiedlung vorgesehen waren, waren der Gotengau (Schwarzmeer-Ukraine, einschließlich der Krim), das Ingermanland, das lag östlich des Baltikums und rund um Sankt Petersburg und das Memelgebiet, rund um die polnisch-litauische Grenze.

Dass ich gestern den Begriff "Romantiker" verwendete, war nur halb-lapidar. Die Leute, die diese Pläne ausbrüteten, hatten wirklich eine krude romantische Vorstellung (nicht unnähnlich den heutigen Salafiten). Die wollten im Prinzip eine Art frühmittelalterliches Bauernkriegertum wiederherstellen. Und in der Tat ist neben dem Begriff Wehrbauer im Generalplan auch von Lehen die Rede.
 
Du übersiehst die Diskrepanz zwischen einer Ideologie von rassistischen Allmachtsphantasien und einer realen Umsetzung nach den Bedürfnissen von Menschen des 20. Jahrhunderts.
Oder die Diskrepanz zwischen den Plänen einer radikalen Diktatur und dem vernünftigen Gehalt dieser Pläne. Für die Nazis war das Alles machbar, sinnvoll und logisch. Für uns heute ist es das eher nicht.

Grüße
Peter
 
Oder die Diskrepanz zwischen den Plänen einer radikalen Diktatur und dem vernünftigen Gehalt dieser Pläne. Für die Nazis war das Alles machbar, sinnvoll und logisch. Für uns heute ist es das eher nicht.

Grüße
Peter

Naja, im Prinzip, war dass, was die entsprechenden Köpfe sich da ausdachten ja nicht neu, sieht man von den Methoden zur "Beseitigung"/Unterjochung der ansässigen Bevölkerung ab.

Die Idee, einer geplanten neuen Siedlungspolitik, nach strategischen und ethnischen Gesichtspunkten hatte es ja inklusive "Feldversuchs" in den überweigend polnisch-sprachigen Gebieten, während des Kaiserreichs schonmal gegeben und war, letzendlich krachend gescheitert.

Insofern würde ich das nicht nur wirren Planungen einer einer radikalen Diktatur mit Allmachtsphantasien zuschreiben, denn so ganz unähnlich, waren die im Kaiserreich ausgeheckten Bestrebungen die "Ostsiedlung", aus strategischen und nationalistischen Gründen zu reaktivieren oder die vollkommen verfehlte Konzeption Süd-West-Afrikas als Siedlungskolonie um überschüssigen Arbeitskräften Platz zu bieten, ja auch nicht.


Ich würde dabei eher meinen, dass Allmachtsphantasien, was die Steuerung der Bevölkerung in diesem Sinne angeht, da eher eine marginale Rolle spielten, im Gegensatz zum dem zu Grunde gelegten Menschenbild.
Wenn die damaligen Akteure, die sich dieses Zeug ihrerezeit zusammenspinntisierten, ich selbst und ihre romantisierenden Vortellungen für den Normalfall hielten, mussten sie davon ausgehen, dass es überhaupt gar keiner weitergehenden Steuerung bedürfe, wenn der Raum erst einmal vorbereitet sei und sich die Adressaten, schon aus freien Stücken dazu bereit finen würden, in ihrem Sinne zu handeln.

Ich würde meinen, dass namentlich der Generalplan Ost in dieser Hinsicht einen Kompromiss zwischen entsprechenden ideologischen Spinnern darstellte und solchen, die sich einfach nur Gedanken darüber machten, wie die zu erobernden Gebiete zu halten und zu kontrollieren sein würden, weil Allmacht eben nicht vorhanden war und man nicht davon ausgehen konnte, ohne entsprechende Schaffung von Loyalitäten in den entsprechenden Gebieten irgendeine Kontrolle ausüben zu können, schon gar nicht, wenn man gedachte die ansässige Bevölkerung zu Menschen zweiter Klasse herab zu würdigen.
 
Da wir mit diesen Thread n. m. M. etwas im Reich der Phantasien sind, erlaube ich mir auch eine Meinung zu äußern.

Also für mich stellt sich da eher die Frage, was wäre aus Deutschland geworden, wenn damals Russland eine ähnliche Regierungsform gehabt hätte wie z.B. die USA oder England, oder auch Frankreich.
Ich meine, wenn z.B. die Krenskiregierung (Nachfolger) an der Macht in Russland geblieben wäre, und Russland ein freiheitlich-demokratischer und Rechtsstaat, vielleicht sogar sozialer Rechtsstaat gewesen wäre?

Diesen Krieg hätte es n. m. M. wohl trotzdem gegeben (z.B. Landgewinnung usw.).

Und ich komme da zu keinen anderen Schluss wie den, den Berthold Brecht mal in einen seiner Gedichte beschrieb:

Das große Karthago führte drei Kriege.
Nach dem ersten war es noch mächtig.
Nach dem zweiten war es noch bewohnbar.
Nach dem dritten war es nicht mehr zu finden.​

Was meint Ihr?
 
Ich meine, wenn z.B. die Krenskiregierung (Nachfolger) an der Macht in Russland geblieben wäre, und Russland ein freiheitlich-demokratischer und Rechtsstaat, vielleicht sogar sozialer Rechtsstaat gewesen wäre?
Dann, würde ich meinen, würde man in London von Anfang an einer direkten Kooperation mit diesem Russland wesentlich freundlicher gegenüber gestanden und dementsprechend von Beginn an in der Weise gegen Deutschland gemeinsam aggiert haben, wie Litvinov das vorschwebte.
 
Aber hätte ein nicht diktatorisches Russland diesen Blutzoll (sofern er überhaupt in diesem Maße eingetreten wäre ohne die "Säuberungen" in der roten Armee) ertragen und so verbissen gekämpft ? Ich glaube kaum.

Ob aber überhaupt ein Vernichtungskrieg geführt worden wäre ist die andere Frage - die man mit Blick auf die westlichen Kriegsschauplätze evtl verneinen würde.
 
Ob aber überhaupt ein Vernichtungskrieg geführt worden wäre ist die andere Frage - die man mit Blick auf die westlichen Kriegsschauplätze evtl verneinen würde.
Der Rassismus gegenüber den Ostvölkern war ausgeprägter als gegenüber den Westvölkern, die Engländer nahm man eh als Germanen wahr und die Franzosen und Spanier etc. zwar nicht auf derselben Stufe stehend aber als "westisch" akzeptabel. Die Slawen hingegen sah man als Untermenschen. Und man sollte nicht vergessen, dass der Einmarsch der Deutschen in der Ukraine und in Weißrussland gefeiert wurde, die bolschewikische Herrschaft dort war nicht beliebt, insbesondere in der Ukraine nicht, wo der Holodomor noch sehr gut in Erinnerung war. Dass ausgerechnet hier die deutsche Besatzungsmacht die fundamentalste Opposition durch Partisanen erlebte, war auch eine Konsequenz des deutscherseits als Rassenkrieg geführten Krieges. Die Besetzung Frankreichs war mehr oder weniger Revanche für den Ersten Weltkrieg, und eine Konsequenz aus der Kriegserklärung an Polen, die wiederum zu einer Kriegserklärung Englands und Frankreichs an Deutschland geführt hatte. Die Besetzung Osteuropas verfolgte ganz andere Ziele, die man auch in den historischen Dokumenten über die zwanzig Jahre on 1923 bis 1945 zurückverfolgen kann. Ist ja nicht so, als sei der Generalplan Ost aus der sowjetischen Gegenwehr entstanden. Man kann das Vorhaben schon in Mein Kampf finden und wenn man Schulungsmaterial für Wehrmacht, SS und Ordnungspolizei sich ansieht, findet man das auch wieder. Oder man schaut mal in Schulbücher für die Regelschule, worin dargestellt wird, dass Barbarossas Kreuzzug eine fehlgeleitete Politik gewesen sei und man besser mit Heinrich dem Löwen die deutschen Kräfte in die deutsche Ostsiedlung hätte stecken sollen. Nach NS-Schulbüchern trafen deutsche Städtebauer auf Slawen, die ein wenig Waldwirtschaft wie Zeidlerei (= Imkerei) betrieben, im Klartext: Nach den Behauptungen der NS-Schulbücher traf das deutsche Mittelalter auf slawische Altsteinzeit.

Also:
- der Krieg im Westen hatte ganz andere Zielsetzungen als im Osten
- die rassische Wahrnehmung der west- und der osteuropäischen Völker war eine völlig andere

Daher kann man auch nicht in der sowjetischen Gegenwehr den Grund für den Rassen- und Vernichtungskrieg sehen, der deutscherseits geführt wurde, bzw. für die Entwicklung des Generalplan Ost. Das war so ausdrücklich Hitlers Wille und der seiner Anhänger.
 
Zitat/Auszug vom Beitrag El Quijote: „... die bolschewikische Herrschaft dort war nicht beliebt, insbesondere in der Ukraine nicht, wo der Holodomor noch sehr gut in Erinnerung war...“

Und weil die Gewaltigen der Sowjetunion von ihrer „Beliebtheit“ auch wussten, war das keine Krieg unter den Motto/Losung: „Bürger/Genossen unser sozialistisches Vaterland ist in Gefahr“, sondern unter der Losung wie 1812.

Und auf dem Mamajew – Hügel steht auch keine Statue einer strammen Sozialistin (die gabs ja wie z.B. die Soja Kosmodemjanskaja), nein, diese Statue heißt: Скульптура «Родина-мать» (Skulptur Mutterland).
 
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