Gab es das "Pogrom" in Erfurt 1974?

Und nebenbei ist das ein zentraler Kritikpunkt der Mehrheit der Bürger aus den Neuen Bundesländern, dass das Austauschen von Führungspersonal und das Besetzen mit Westdeutschen nach der Wende so radikal vollzogen wurde, dass noch Heute viele Positionen in der Verwaltung, Gerichten oder Universitäten etc. disproportional mit Westdeutschen und nicht mit Ostdeutschen besetzt sind.

Das kann ich aus der subjektiven Sicht vollauf bestätigen. Ich hatte vergangenes Jahr eine Unterhaltung mit einer Kundin, die sehr anti-Wessi war und mir mehrfach die Geschichte von ihrem ehem. Amtsstellenleiter erzählte, darüber war sie noch 29 Jahre später so empört. Die Frau arbeitete als Ingenieurin in einer Behörde und als dann nach der Wiedervereinigung der neue Chef kam, sei die erste Begegnung mit diesem die gewesen, dass ohne Klopfen die Bürtür aufging, ein Kopf hineinschaute, "wieder nur Frauen" brummte und die Tür grußlos zuknallte.

Ob die Geschichte so wahr ist, weiß ich nicht, aber für die betreffende Dame hat das nachhaltig ihr Bild vom Westen beeinflusst. Ihr Bild vom Westen bis heute (also sagen wir mal bis mindestens Dezember 2019): Arrogant und in der Geschlechterfrage Jahrhunderte hinterher.
Ich selbst war damals ja noch Kind, aber ich erinnere mich durchaus, dass man damals munkeln hörte, dass unfähige Beamte, welche auf der Karriereleiter schneller aufsteigen wollten, gerne in die neuen Bundesländer gingen, weil dort die Chancen für Westler gerade sehr gut waren.

Man muss immer eines bedenken: Für die meisten Alt-Bundesbürger hat sich 1989/90 quasi nichts geändert. Ja, es gab die Euphorie der Wendezeit. Das war's aber auch. Für die Neu-Bundesbürger mussten neue Verhaltensweisen erlernt werden (manche haben bis heute nicht den Unterschied zwischen dem Staatsfunk der DDR und dem ÖRTV verstanden), Biographien wurden gebrochen, Massenarbeitslosigkeit mit dem Gefühl, durch die Treuhand verkauft und verraten zu sein (und man muss hier wohl sagen, dass so mancher Westbetrieb durchaus mit unlauteren Absichten ein Schnäppchen machte, andere Betriebe waren aber auch einfach nicht zu halten, nur leider wird das von den Betroffenen bis heute häufig nicht erkannnt). Da kann man das verstehen, dass viele Ostdeutsche sich als Bürger zweiter Klasse verstehen, als Verlierer der Geschichte. Und es gibt natürlich Strömungen, die genau dieses Gefühl wach halten, weil sich daraus politisches Kapital schlagen lässt.
 
Glaubst du das eigentlich wirklich, das Westdeutsche diesen Kokolores glauben, oder ist das Provokation? Wenn man mal von ein paar DKP-Altkadern absieht, dürften die DDR-Funktionäre im Westen eher schlechter wegkommen, als im Osten. Da ich viel mit Sachsen (und Thüringern) zusammenarbeite (Kundenstamm), bekomme ich, sobald die mitbekommen, dass ich Historiker bin, eigentlich immer Geschichten erzählt, die ich mir brav anhöre und mir dabei meinen Teil denke... I.d.R. höre ich von gelernten DDR-Bürgern entweder Relativierungsgeschichten oder krasse Fundamentaloppositionsgeschichten, wenn es um 49 - 89 geht. Normalerweise sind es aber die Relativierer und Verharmloser, die meinen, sie müssten den dummen Wessis erklären, wie die DDR wirklich war. Das, was ich von dir lese ist mir wirklich neu, dass die Relativierer der DDR-Verbrechen im Westen säßen und deshalb Nachhilfe in historischer Aufklärung bräuchten.

Also muss ich nach der Bescherung doch noch ein paar Worte dazu sagen. Ich habe in meinen Beiträgen (invertiert im Weihnachtsmärchen) exakt die Meinung der Bürgerrechtsbewegung der ersten Jahre nach der Wende wiedergegeben, als die Erinnerung noch frisch und die Unterlagen noch nicht so stark dezimiert waren, wie sie heute den Historikern zur Verfügung stehen. Ziel dieser Bewegung war die Auflösung des politischen Filzes, die darin gipfelte, dass man zum Schluss lieber die DDR aufgab, als den Filz unter neuem Namen weiter zu ertragen. Die Bürgerrechtler sind heute in der Versenkung verschwunden. Sie stören die neuen Kreise. Neue Historiker bewerten die Situation anders, und die Bevölkerung ist nach schwerer Enttäuschung vermutlich fast bereit, für sichere Arbeitsplätze den alten politischen Filz , natürlich mit Westlohn und Westwarenangebot, wieder in Kauf zu nehmen. Dabei wird nicht nur von mir beanstandet, dass sich die Aufarbeitung bisher hauptsächlich auf die Stasi bezog, während die der SED als Auftraggeber noch weitgehendst aussteht. Diejenigen DDR-Belasteten, die ich kenne und die in den Westen gingen, wurden dort mit offenen Armen aufgenommen und blieben in ihrer (öffentlichen )Position, selbst wenn ihre denunzierten Opfer nach der Akteneinsicht beweisen konnten, dass sie schwer geschädigt wurden und dies ein absoluter Entlassungsgrund aus dem öffentlichen Dienst gewesen wäre.
Und die Relativierer und Verharmloser? Es gibt sie auf beiden Seiten. Die Ostdeutschen waren nicht homogen. Die Profiteure des realen Sozialismus verharmlosen ihn. Die Nichtprivilegierten, die nicht das Glück hatten, der ungeheuren Mangelwirtschaft durch Sonderläden oder zumindest Sonderbeziehungen begegnen zu können, behaupten das Gegenteil. Im Westen wird das, bar jeder eigenen Erfahrung, oft als Jammern ausgelegt, welches sich nach Arbeitsplatzverlust verstärkt. Von angeblichen Oppositionellen aus diesen Kreisen war bis kurz vor der Wende nie etwas zu spüren. Ich glaube, dieses Problem wird uns noch lange begleiten.
 
Ich habe in meinen Beiträgen exakt die Meinung der Bürgerrechtsbewegung der ersten Jahre nach der Wende wiedergegeben,
Du schreibst weiter unten in deinem Beitrag richtigerweise, dass die Ostdeutschen nicht homogen waren. Das gilt ebenso für die Bürgerrechtler. Ich bin mir nicht sicher, ob du wirklich eine repräsentative Mehrheitsmeinung der Bürgerrechtsbewegung hier wiedergibst, wie du vorgibst.

als die Erinnerung noch frisch und die Unterlagen noch nicht so stark dezimiert waren, wie sie heute den Historikern zur Verfügung stehen.
Das ist alles gut bekannt und die Informatiker arbeiten daran, jede menge geschreddertes Material wiederherzustellen. Es wird Materialien geben, die uns für immer unwiederbringlich verloren gegangen sind. Man nehme nur die getrocknete Papierpampe, die in der Runden Ecke zu sehen ist, da hat de Stasi ganze Arbeit bei der Aktenvernichtung geleistet. Aber das ist wohlbekannt, das ist kein Geheim- oder Spezialwissen. Wenn man deine Beiträge so liest, könnte man meinen, Historiker seien grenzdebile Traumtänzer, die außerhalb Welt lebten.

Sie stören die neuen Kreise.
Mit solchen Sätzen begibst du dich ganz hart in Richtung on Verschwörungstheorien.

Neue Historiker bewerten die Situation anders,
Allein dieses Bild geht doch schon von der explizit zwar nicht geäußerten aber impliziten Prämisse aus, "Historiker" seien alle keine Zeitzeugen und außerdem Westdeutsche. Da spricht so ein wenig die Венн Ду дас лезен каннст, бист Ду кеин думмер весси-Haltung raus.

Die Ostdeutschen waren nicht homogen.
Das habe ich im Übrigen nicht behauptet.
 
Der größte Feind des Zeitzeugen ist der Historiker.

So lautet ein bekanntes Bonmot.
Warum? Weil Historikerinnen und Historiker idealerweise objektivieren, was der Zeitzeuge subjektiv erinnert. Und sie wissen darum, was den meisten Bürgern nicht bewusst ist, dass wir unsere Erinnerungen stetig umbauen (es sei denn, wir haben die Beschreibung eines Geschehens, weil wir es schon so oft erzählt haben, verinnerlicht, hier wirkt aber auch der Drang, sich selbst gut dastehen zu lassen). In unserem Gehirn wirken Prozesse, die unsere Erinnerung unzuverlässig werden lassen, ganz abseits von bewusster Lüge, Selbstdarstellung (damit meine ich hier nicht das neudeutsch mit Posing bezeichnete Verhalten) und Senilität. Jede neue Erfahrung wird zu einem Erinnerungscocktail verrührt und am Ende verschwimmen Erfahrungen und Ereignisse miteinander und wir merken es nicht einmal.
 
Zunächst einmal einen gesunden ersten Weihnachtstag!
Mit den Historikern ist das wie in einer Küche- viele Köche können den Brei verderben. Und heute hat kaum noch ein Normalverbraucher die Muße, alle angesammelten Forschungsergebnisse zu sichten, zu klassieren und zu lesen. Und eine übergeordnete Institution, die diese Wertung übernimmt, ist, wenn vorhanden, politisch gefärbt. Und der Bevölkerung wird durch die Medien ebenfalls eine gewünschte Aussage vermittelt.
Das Internet ist voll davon, und man kann erkennen, was schon existiert und wo noch echte Mängel bestehen. So ist das Thema Stasi über alle Maßen präsent. Ungenügend ist die Rolle der SED als Befehlsgeber und der Kripo als wichtigster Erfüllungsgehilfe dargestellt. Auch die Frage der nach der Wende ausgestellten Persilscheine, die hochbelasteten Stasis eine Mitgliedschaft in weniger im Kritikfeuer stehenden Organen bescheinigten, ist nur angedeutet.
Was ich den Historikern vorwerfe, ist ihr fehlender Einsatz bei der Aufarbeitung des Gemeinsamen und des Trennenden zwischen Ost und West und ein damit verbundenes Drängen an die Öffentlichkeit.
Wie soll denn ein Altbundesdeutscher beurteilen, wie man sich über Jahrzehnte in einer extremen Mangelwirtschaft fühlen konnte, um dann vielleicht noch zu fragen, weshalb man sich dies überhaupt so lange gefallen ließ? Wie kann denn die Meinung entstehen, dass sich zu viele Westdeutsche mangelhafter Eignung in ostdeutschen Führungsebenen breit machten, ohne zu berücksichtigen, dass ohne den rigorosen Austausch der vorhandene Filz nie zu beseitigen gewesen wäre?
Und so wäre noch viel zu tun. Aber ich glaube, wir tun dem Strangeröffner keinen Gefallen und solten die Diskussion abtrennen. Er hat gute Hinweise erhalten und muss nun selbst entscheiden, ob er davon Gebrauch machen möchte.
 
Mit den Historikern ist das wie in einer Küche- viele Köche können den Brei verderben.
Was ich den Historikern vorwerfe,

Was man Dir vorwerfen muss ist, dass Du viele unbelegte Aussagen tätigst, Dir eine unbewiesene Omnipotenz bei der Beurteilung der "wahren" Situation vorzunehmen anmaßt, weil Du ja "Insider" bist. In der DDR gab es 16 Mio Insider und jeder hat so seine Sicht auf die Dinge gehabt. Du bist da nur einer von vielen und das beschränkt die Geltung Deiner Vermutungen. In diesem Sinne wäre vermutlich "excideuil" der erste gewesen, der Dir in Deinen Deutungsanspruch widersprochen hätte.

Methodische Hinweise zur Rolle von "Zeitzeugen" bzw. zur Verallgemeinerungsfähigkeit von individuellen Erfahrungen ignorierst Du komplett, weil Du offensichtlich Deine eigenen Vorstellungen von "wissenschaftlicher Arbeit" hast. Die durchaus dubios sind. Generalisiert man das Argument, dann wäre der "Verbrecher" der kompetenteste, der über Verbrechen schreibt, nur Politiker dürften über Politik schreiben usw.

Bisher werden provozierende Thesen, Diskreditierungen von Historikern und eine gewisse"Ossi-Besserwisserei" ohne jegliche Beweisführung, inklusive Belege vorgelegt.

Deswegen die Forderung an Dich!!!! endlich für die ganzen Behauptungen mal Belege vorzulegen und damit dem vollmundigen Anspruch eine gewisse Substanz zu geben.

Es sind eine Vielzahl substantieller Publikationen bereits vorgelegt worden und es bestehen eine Reihe von Institutionen, die sich mit der Erforschung der DDR wissenschaftlich auseinandersetzen.

Literatur: Zur Planwirtschaft u.a. die von Kopstein und Steiner, in der das System in seinem Wirken und Niedergang beschrieben wird. Von Fullbrook, Jarausch und Bude wurde die Lebenssituation in der DDR untersucht und Jahn und Port haben die Frage versucht zu beantworten wie durch Anpassung, Repression die DDR eine gewisse Stabilität erlangen konnte.

In diesem Sinne ist sicherlich das Buch von Hertle und Stephan ein Ausgangspunkt, um die gesellschaftliche und politische Dynamik der Wende zu verstehen. Und das, was danach "falsch" oder "richtig" gelaufen ist.

Hertle, Hans-Hermann; Stephan, Gerd-Rüdiger (Hg.) (2014): Das Ende der SED. Die letzten Tage des Zentralkomitees. Mit einem Vorwort von Peter Steinbach. 5. Aufl. Berlin: Ch. Links Verlag.

An diesem Punkt wäre eine Diskussion anzusetzen, da diese Publikationen systematisch die vorhandene Quellenlage untersucht haben. Und eine glaubwürdige Kritik läßt sich nur formulieren, sofern man sich halbwegs mit dem aktuellen Kenntnisstand beschäftigt hat.

Bude; Heinz (1993): Das Ende einer tragischen Gesellschaft. In: Hans Joas und Martin Kohli (Hg.): Der Zusammenbruch der DDR. Soziologische Analysen. Frankfurt am Main: Suhrkamp S. 267–281.
Fulbrook, Mary (2009): Anatomy of a dictatorship. Inside the GDR, 1949-1989. Oxford: Oxford University Press.
Fulbrook, Mary (2011): Ein ganz normales Leben. Alltag und Gesellschaft in der DDR. ,Darmstadt: Wiss. Buchges.
Jahn, Roland; Hovestädt, Dagmar (2014): Wir Angepassten. Überleben in der DDR. München: Piper.
Jarausch, Konrad (1999): Dictatorship as experience. Towards a socio-cultural history of the GDR. New York: Berghahn Books.
Kopstein, Jeffrey (2009): The Politics of Economic Decline in East Germany, 1945-1989. Chapel Hill: The University of North Carolina Press.
Port, Andrew I. (2010): Die rätselhafte Stabilität der DDR. Arbeit und Alltag im sozialistischen Deutschland. Berlin: Links
Steiner, André (2007): Von Plan zu Plan. Eine Wirtschaftsgeschichte der DDR., 1. Aufl. Berlin: Aufbau-Verl.-Gruppe
 
Zuletzt bearbeitet:
Mein persönlicher Vorteil ist der Umgang mit vielen Menschen, so dass ich mir daraus eine Meinung bilden kann, und das ohne eine gezielte Befragung. Ein hauptberuflicher Historiker hätte sicher die Zeit, sich durch deine Quellen zu arbeiten und zu vergleichen. Ich wäre wesentlich mehr an einem Komprimat und vor allem an dem Umgang der Medien damit interessiert. Wenn, wie el Q. berichtet, heute noch solche Meinungen in Ost und West vorherrschen, so bezeugt das eine höchst mangelhafte Aufarbeitungs- und Informationspolitik. Ich habe übrigens nicht vor, mit solchen Themen zu promovieren. Einzige schriftliche Beweise, die mir damals zur Verfügung standen, waren die "Nierenspende" und die detaillierte Namensliste der Bildzeitung, die allerdings hier bei Vielen einen Schockzustand ausgelöst haben.
 
Schau Dir bitte die Literaturangabe zu diesem Artikel (ein Komprimat) an: Im Spannungsfeld von Kooperation und Überwachung. Die DDR-Volkspolizei und die Stasi, Dr. Volker Höffer, Leiter der BStU Außenstelle Rostock
"Ungenügend" ist das m. E. nicht.
Danke, eine sehr gute Quelle. Es bestätigt, dass ein Wissenschaftler sich heute selbst in ein schlechtes Licht setzt, wenn er damals Mitglied der Leitungsebene war. Und das völlig losgelöst von seiner wissenschaftlichen Leistung. Natürlich gibt es Ausnahmen. Eine Läuterung würde zB. durch Schuldeingeständnis und ggf. Entschuldigung bewiesen.
 
Verstehe ich nicht. Wen meinst Du? Dr. Volker Höffer war , geboren 1963, schon Mitglied der Leitungsebene?

Muss man wohl auch nicht verstehen:

Dr. Volker Höffer, 1963 in Stralsund geboren, 1982 Abitur, 1983-1991 Lehrstudium für Deutsche Sprache/Literatur und Geschichte an der Uni Rostock, 1992 Promotion. Lehrer und promovierter Historiker, arbeitet seit 1992 beim BStU, forscht und publiziert zu verschiedenen regionalen zeitgeschichtlichen Themen und leitet seit 2009 die BStU-Außenstelle Rostock.

Und eine ganz interessante Möglichkeit, Studien zur DDR online zu nutzen:

OPUS 4 | Search
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein. Selbstverständlich nicht.
Zum Glück haben wir das geklärt.

Ich lese in dem Artikel allerdings dies:
Bei genauerer Betrachtung wird allerdings klar, dass die SED kein besonderes Vertrauen in die unbedingte Treue der DDR-Polizei besaß.
....

Wie bereits festgestellt, entsprang die Überwachung der DDR-Polizei durch die DDR-Geheimpolizei einem tiefen, von der SED ausgehenden politisch-ideologischen und fachlichen Misstrauen. Trotz ihrer Rolle als wichtige Garanten des inneren, alltäglichen Funktionierens der Diktatur galten Polizist*innen immer auch als „unsichere Kantonisten“ mit oft angezweifelter fachlicher Kompetenz.
...
Die Überwachung betraf aber nicht nur untere und mittlere Ränge, sondern ging bis weit nach oben.

Darum gehe ich zuerst von der Unschuldsvermutung aus und denke, dass die "Ausnahmen" häufiger waren.
 
Es bestätigt, dass ein Wissenschaftler sich heute selbst in ein schlechtes Licht setzt, wenn er damals Mitglied der Leitungsebene war. Und das völlig losgelöst von seiner wissenschaftlichen Leistung. Natürlich gibt es Ausnahmen. Eine Läuterung würde zB. durch Schuldeingeständnis und ggf. Entschuldigung bewiesen.

Dass Du ihn in ein "schlechtes Licht" setzt, ohne den geringsten Hinweis auf ein "Vergehen", ist fortgesetzte Rufschädigung.

Ein Schuldeingeständnis kann sich nur auf eine strafbare Handlung beziehen. Welche strafbare Handlung kann man ihm vorwerfen?

Eine Entschuldigung bezieht sich auf eine Gruppe, denen er "Leid" oder "Unrecht" zugefügt hätte. Welche Handlungen sind es also in Bezug auf rechtsextreme Gruppen in der DDR, die diesen Gruppen Leid zugefügt haben? Wofür sollte er sich bei diesen rechtsextremen Gruppierungen entschuldigen?

Und wie ist es mit den Polizisten bei der Kripo, die Gewalttaten aufgeklärt haben, die haben auch ihren Beitrag zur Stabilität des SED-Regimes beigetragen. Müssen die sich auch entschuldigen, weil sie sich - angeblich - moralisch diskreditiert haben als Kripo-Beamter? Sicherlich müssen sich alle NVA-Angehörige entschuldigen, weil sie der "künstlichen" Aufrechterhaltung des SED-Regimes eine aktive Unterstützung geleistet haben. Usw.

Es ist seit dem Holocaust selbstverständlich von einer pauschalen Verurteilung einer Person Abstand zu nehmen. Ein engagierter Protagonist wie Simon Wiesenthal hat zu Recht die "Kollektivschuld" abgelehnt. Das galt u.a. für die hohen Führer der WM, die wichtige Faktoren waren im Rahmen der Vernichtungsmaschinerie.

Vor diesem Hintergrund der Erfahrung des NS-Staates und der Verfolgung von Unrecht wurden rechtsstaatliche Standards definiert, die auch im Umgang mit dem SED-Staat gelten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zur Schädigung eines Rufes bedarf es keines Nachweises eines Vergehens. Dieses wäre nur strafrechlich relevant. Der schlechte Ruf von Stasi und, wie man nun sieht, auch der DVP, insbesondere Kripo, bedarf keiner besonderen Begründung, sondern gilt als offenkundig. Es baut sich bei mir der Verdacht auf, dass Du Verharmlosung betreiben willst.
 
Es baut sich bei mir der Verdacht auf, dass Du Verharmlosung betreiben willst.

Genau, ich stelle mich mit Simon Wiesenthal auf die Seite der rechtsstaatlichen Verharmloser. Gut, eine weitere Diskussion ist völlig sinnfrei. Offensichtlich sind Dir zentrale Überlegungen zur Aufarbeitung von Geschichte völlig fremd.

Deine Position:
Weil der Ruf der Stasi bzw. der der Kripo durch die Repression belastet sind ist jeder einzelne Mitarbeiter automatisch auch belastet. Weil die Kripo belastet ist, ist aus Deiner Sicht automatisch Wagner auch belastet.

hätte vermutlich dazu geführt, dass alle Mitglieder der Waffen-SS summarisch und pauschal zum Tode verurteilt worden wären, weil sie einer kriminellen Vereinigung angehörten, wie es teilweise andiskutiert worden ist, als radikale Sicht der Kollektivschuld.
 
Zuletzt bearbeitet:
"Es ist seit dem Holocaust selbstverständlich von einer pauschalen Verurteilung einer Person Abstand zu nehmen. Ein engagierter Protagonist wie Simon Wiesenthal hat zu Recht die "Kollektivschuld" abgelehnt. Das galt u.a. für die hohen Führer der WM, die wichtige Faktoren waren im Rahmen der Vernichtungsmaschinerie."
Und damit erhalten sie alle automatisch einen guten Ruf. Mach bitte einen besseren Witz!
 
Oder auch: „Banalität des Bösen“.

Zum eigentlichen Thema noch zwei Erlebnisse.

Bei Tante > Wiki < lese ich „pogromartige Ausschreitung“.
Das trifft es besser. Zwischen „Pogrome“ und „pogromartige Ausschreitungen“ sehe ich schon einen Unterschied.

Und Danke für diesen Link (Zeithistorische Studien).
Habe mal das Inhaltsverzeichnis mir angeschaut.
Da fielen mir die Jahre 1957/1958 wieder ein.
Und zu diesen Zeitpunkt die sogenannte Schlossteichbande in Karl – Marx – Stadt/Chemnitz bis 1953.

Es war die Zeit des Schlossteichfestes.
Ich war mit meinem Cousin auf diesem Fest und wir hatten Karten für das nahegelegene Kino, den Luxor-Palast.
Als die Vorstellung zu Ende war und wir herausgingen war die Straße nass.
Das weiß ich noch wie heute. Oh sagte ich, es hat geregnet. Von wegen geregnet, von rechts kam langsam einen Wagen auf denen sich ein Wasserwerfer befand.
Wir gingen in Richtung des Schlossteiches und beim Polizeipräsidium sahen wir was da los war.

Eine Meute Halbstarker (Jungs und Mädels) waren zu Gange und wollten offensichtlich das Polizeipräsidium stürmen.
Inzwischen war der Wasserwerfer ran und los ging es auf diese Horte. Dann kam die Polizei mit Hunden an der langen Leine heraus und trieb diese Horte auseinander.
Sicher wird es da auch Festnahmen gegeben haben, aber dies bekamen wir nicht mit.
Als wir dies sahen bekamen wir schnell schlanke Füße.

Etwas Ähnliches gab es wohl in den 80igern (kann auch Ende der 70iger gewesen sein) in Erfurt auf der IGA - Gartenausstellung.
Meine Frau erzählte mir davon. Sie war zugegen.
Da hatte sich auch so ein Mob zusammengerottet. Und damit sie von den Hunden der Polizei nicht angreifbar waren, schmissen die ihre leeren Flaschen im Umfeld ihrer Füße.
 
Oder auch: „Banalität des Bösen“.

Zum eigentlichen Thema noch zwei Erlebnisse.

Bei Tante > Wiki < lese ich „pogromartige Ausschreitung“.
Das trifft es besser. Zwischen „Pogrome“ und „pogromartige Ausschreitungen“ sehe ich schon einen Unterschied.

Und Danke für diesen Link (Zeithistorische Studien).
Habe mal das Inhaltsverzeichnis mir angeschaut.
Da fielen mir die Jahre 1957/1958 wieder ein.
Und zu diesen Zeitpunkt die sogenannte Schlossteichbande in Karl – Marx – Stadt/Chemnitz bis 1953.

Es war die Zeit des Schlossteichfestes.
Ich war mit meinem Cousin auf diesem Fest und wir hatten Karten für das nahegelegene Kino, den Luxor-Palast.
Als die Vorstellung zu Ende war und wir herausgingen war die Straße nass.
Das weiß ich noch wie heute. Oh sagte ich, es hat geregnet. Von wegen geregnet, von rechts kam langsam einen Wagen auf denen sich ein Wasserwerfer befand.
Wir gingen in Richtung des Schlossteiches und beim Polizeipräsidium sahen wir was da los war.

Eine Meute Halbstarker (Jungs und Mädels) waren zu Gange und wollten offensichtlich das Polizeipräsidium stürmen.
Inzwischen war der Wasserwerfer ran und los ging es auf diese Horte. Dann kam die Polizei mit Hunden an der langen Leine heraus und trieb diese Horte auseinander.
Sicher wird es da auch Festnahmen gegeben haben, aber dies bekamen wir nicht mit.
Als wir dies sahen bekamen wir schnell schlanke Füße.

Etwas Ähnliches gab es wohl in den 80igern (kann auch Ende der 70iger gewesen sein) in Erfurt auf der IGA - Gartenausstellung.
Meine Frau erzählte mir davon. Sie war zugegen.
Da hatte sich auch so ein Mob zusammengerottet. Und damit sie von den Hunden der Polizei nicht angreifbar waren, schmissen die ihre leeren Flaschen im Umfeld ihrer Füße.
Auch eine politisch repressive Staatsform braucht eine Polizei, die solchen rein kriminellen Erscheinungen vorbeugt bzw. sie verhindert. Deshalb war ja die Volkspolizei der DDR als Freund und Helfer bezeichnet und genoss durchaus einige Sympathien. Nach dem Lesen o.g. Quellen waren aber mit der DVP zu viel Negatives verbunden und Forderungen nach einer Neuauflage werden generell abgelehnt. Nur die Einführung von Kontaktbeamten lehnt sich daran an.
 
Zurück
Oben