Vortriebsgeschwindigkeit im mittelalterlichen Bergbau

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gregg

Gast
Wieviel Vortrieb schaffte ein Bergmann im mittelalterlichen (oder antiken) Bergbau in einer Schicht? Wie lang dauerte so eine Schicht und arbeitete man im Bergwerk rund um die Uhr? Sonnenlicht war ja ohnehin nicht vorhanden.
 
Hallo

Zu den Schichten (laut Agricola, Vom Berg- und Hüttenwesen, 1556, dtv-Taschenbuchausgabe 1977),
Es gab 3 Schichten a 7 Std. die 1. Schicht begann um 4:00 , zwischen den Schichten jeweils 1 Std. um zur Arbeit und zurück zu gelangen.

Aus dem obigen Werk, Kapitel Vier.

mfg
schwedenmann
 
Plinius behauptet in der Naturalis Historia, dass die Bergleute, die in Spanien (siehe Las Médulas) die Galerien und Schächte in den Berg trieben, durch die später das Wasser geflutet wurde, welches die Berge abtrug (Plinius nennt diese Methode ruina montium), damit man am Ende nur noch die Kiesbrocken und das Gold trennen musste (es handelt sich um alluviale Erden), über Monate das Tageslicht nicht zu sehen bekamen.* Und er spricht von schrecklichen Unfällen.

Was nun den Vortrieb anbelangt: Stein ist ja nicht gleich Stein, es kommt auf eine ganze Reihe von Faktoren an, welche Einfluss darauf nehmen, wie schnell man voran kam.
  • Ein härterer Stein (Mohs-Härte) ist sicherlich schwieriger zu bearbeiten, als ein weniger harter.
  • wie sieht es mit der Sauerstoffsättigung aus? > Geringere Sauerstoffsättigung, geringere Arbeitsleistung, mehr Pausen
  • wie sieht es mit der Temperatur aus? Wie Sauerstoffsättigung.
  • Wie viel Stützelemente musste man in die Stollen einbringen, als wie stabil war der Berg über dem Bergmann?
  • ...

*Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine, dass man bei Las Médulas auch eine römische Bergarbeitersieldung gefunden hat, was Plinius bzgl. des Sehens von Tageslicht Lügen straft. Dass es aber bei dem alluvialen Material zu tödlichen Unfällen kam, dürfte mehr als wahrscheinlich sein. (meines Wissens hat man aber bisher noch keine vorzeitig eingestürzten Schächte mit menschlichen Überresten in Las Médulas gefunden).
 
Zuletzt bearbeitet:
Sauerstoffsättigung klingt etwas komisch. Wahrscheinlich meinst Du den Sauerstoffgehalt der Luft. Genauso wichtig ist der Kohlendioxidgehalt der Luft. Man kann also auch von der Luftqualitätswerte reden. Die Staubbelastung, gerade im Streb und auch die Luftfeuchtigkeit sind stark beeinflussende Faktoren. Und im Kohlebergbau, gab es schon im Mittelalter. Von Anfang an war hier die Gefahr von Schlagwettern. Sprich Methanausgasungen aus der Kohle mit erreichen der unteren Explosionsgrenze. Dann ein Funke oder offene Flamme, und Bumm. Das kann nur mit vernünftigen Wetterführung, sprich Lüftung, in den Griff bekommen werden. Aber auch die Nahrung, wie üblich. Und wie sah es mit der Wasserhaltung aus? Was braucht man vor Ort, damit die Grube nicht voll läuft.

Eventuell mal im Bergbaumuseum in Bochum mal anfragen, vielleicht können die Damen und Herren dort was zur Literatur zu diesem Thema sagen.
 
Habe selbst etwas gefunden. In einem Bericht zu einem antiken Wassertunnel auf der Insel Samos schätzt der Archäologe die tägliche Vortriebsgeschwindigkeit auf 12-15 cm bei Arbeit in Schichten quasi rund um die Uhr. Der Stollen hat einen Durchmesser von 180 cm zu 180 cm.
 
Habe selbst etwas gefunden. In einem Bericht zu einem antiken Wassertunnel auf der Insel Samos schätzt der Archäologe die tägliche Vortriebsgeschwindigkeit auf 12-15 cm bei Arbeit in Schichten quasi rund um die Uhr. Der Stollen hat einen Durchmesser von 180 cm zu 180 cm.
Aufgrund welcher Daten schätzt er das?
 
Zitat:

Die Bestimmung der für den Vortrieb erforderlichen Zeit ist natürlich von höchstem Interesse. sie läßt sich aber nur mehr schätzen: Wenn man berücksichtigt, daß in den Laureion-Bergwerken für einen 10 bis 12 cm breiten Einbru h v n 10 bis 12 cm Tiefe und 90 cm Höhe zwei Stunden benötigt wurden, errechnet sich für den samischen Tunnel von 1 80 cm Höh 'vor allem die Arbeitsbedingungen günstiger waren - die Arbeiter konnten aufrecht stehen -, ist eine Tagesleistung von zwei nebeneinander arbeitenden Hauern von rund 12 bis 15 cm wohl realistisch. Für den Südstollen von 420 m Länge ergäben sich dann 2800 bis 3500 Tagewerke, und die genannten 8 Jahre würden einen günstigen Mittelwen darstellen. Die bisher veröffentlichten Angaben sind demnach auf jeden Fall zu optimistisch und müssen entsprechend korrigien werden. Zu den Versuchen in den Laureion-Bergwerken s. E. Ardaillon, Les mines du Laurion dans l'antiquiu! (1897) 25 f., ebenso Lauffer a.O.
1 1 22. Vgl. dazu auch die Berechnungen von W. Brinker, Wasserspeicherung im Altertum, Leichtweiß 109, 1990, 25.
 
Interessantes Thema, hier lernt man viel Neues.
über Monate das Tageslicht nicht zu sehen bekamen.
Könnte das nicht eine Hyperbel sein? Freiwillige hätten dergleichen wohl kaum mit sich machen lassen. Und Sklaven, nun ja … Da würde sich mir die Frage stellen, ob der menschliche Organismus dergleichen wirklich verkraftet.

Selbst mit modernsten medizinischen Methoden ist es schwer, in vergleichbaren Situationen heutzutage die Gesundheit der Betroffenen zu erhalten, z.B. von U-Boot-Besatzungen. Und selbst die bleiben selten länger als zwanzig, dreißig Tage am Stück unter Wasser.
 
Plinius behauptet in der Naturalis Historia, dass die Bergleute, die in Spanien (siehe Las Médulas) die Galerien und Schächte in den Berg trieben, durch die später das Wasser geflutet wurde, welches die Berge abtrug (Plinius nennt diese Methode ruina montium), damit man am Ende nur noch die Kiesbrocken und das Gold trennen musste (es handelt sich um alluviale Erden), über Monate das Tageslicht nicht zu sehen bekamen.* Und er spricht von schrecklichen Unfällen.

Was nun den Vortrieb anbelangt: Stein ist ja nicht gleich Stein, es kommt auf eine ganze Reihe von Faktoren an, welche Einfluss darauf nehmen, wie schnell man voran kam.
  • Ein härterer Stein (Mohs-Härte) ist sicherlich schwieriger zu bearbeiten, als ein weniger harter.
  • wie sieht es mit der Sauerstoffsättigung aus? > Geringere Sauerstoffsättigung, geringere Arbeitsleistung, mehr Pausen
  • wie sieht es mit der Temperatur aus? Wie Sauerstoffsättigung.
  • Wie viel Stützelemente musste man in die Stollen einbringen, als wie stabil war der Berg über dem Bergmann?
  • ...

*Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine, dass man bei Las Médulas auch eine römische Bergarbeitersieldung gefunden hat, was Plinius bzgl. des Sehens von Tageslicht Lügen straft. Dass es aber bei dem alluvialen Material zu tödlichen Unfällen kam, dürfte mehr als wahrscheinlich sein. (meines Wissens hat man aber bisher noch keine vorzeitig eingestürzten Schächte mit menschlichen Überresten in Las Médulas gefunden).

Hängt, würde ich ergänzend meinen wollen, auch von den Niederschlagsmengen des jeweiligen Gebiets und vom Grad der Effektivität der Entwässerungssysteme der Stollen ab.
 
über Monate das Tageslicht nicht zu sehen bekamen
Könnte das nicht eine Hyperbel sein? Freiwillige hätten dergleichen wohl kaum mit sich machen lassen. Und Sklaven, nun ja … Da würde sich mir die Frage stellen, ob der menschliche Organismus dergleichen wirklich verkraftet.

Ich schrieb ja Plinius behauptet...

Plinius behauptet [...], dass die Bergleute, [...], über Monate das Tageslicht nicht zu sehen bekamen.*
[....]
*Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine, dass man bei Las Médulas auch eine römische Bergarbeitersieldung gefunden hat, was Plinius bzgl. des Sehens von Tageslicht Lügen straft.
 
Hängt, würde ich ergänzend meinen wollen, auch von den Niederschlagsmengen des jeweiligen Gebiets und vom Grad der Effektivität der Entwässerungssysteme der Stollen ab.
Auf die Gefahr hin, dich missverstanden zu haben:
Die Idee war, dass die Gänge und Galerien einstürzten, deshalb hieß die Methode ja ruina montium.
 
Vorab:

Es ist sich ja bereits recht ausgiebig zu Beispielen von antikem Bergbau im größeren Stil eingelassen worden, ich würde da gerne mal auf die Problematik kleinerer Bergwerke eingehen wollen.



Wieviel Vortrieb schaffte ein Bergmann im mittelalterlichen (oder antiken) Bergbau in einer Schicht? Wie lang dauerte so eine Schicht und arbeitete man im Bergwerk rund um die Uhr? Sonnenlicht war ja ohnehin nicht vorhanden.

Ich denke, die wichtigsten Dinge, da Dank an @schwedenmann, @El Quijote und @Apvar sind da schon genannt worden.
Härte des Steins Sauerstoffgehalt, Art des Bergbaus, ob Kohle oder Erz (Kohleflöze lassen sich mit wesentlich weniger Kraftaufwand und schneller abbauen als Erzadern, sind aber auch gefährlicher), Wasserführung, Luftzufuhr und Qualität etc. spielen hier entscheidende Rollen.

Zwei bis Drei Dinge, die dabei noch banal erscheinen mögen:

1. Der Verlauf der Erzadern oder Kohleflöze.

In der Antike und im Mittelalter gab es natürlich nicht die Möglichkeiten der Prospektion späterer Zeitabschnitte was zu einem ganz banalen Problem führen kann, nämlich dass Flöze und Erzadern ihren Verlauf dahingehend verändern, dass sie "abknicken" und im weiteren Verlauf in die Tiefe gehen.
Beim Stollenbergbau (sofern man noch keine speziellen Nebenstollen zur Entwässerung anlegt) strebt man ja normalerweise an, dass ein Stollen in möglichst leicht ansteigendem Winkel oder zumindest gerade in den Berg getrieben wird, damit sich die Entwässerung durch das Gefälle, jedenfalls so weit, als dass das Wasser aus dem Berg heraus kommt, weitgehend selbst erledigt.

Knicken die Erzadern oder Flöze unerwartet nach unten ab, so dass man ihnen in die Tiefe folgen muss, ist es damit dann natürlich vorbei und dann stellt sich die Frage, ist der Stollen hoch und breit genug, als dass er mittels einer mechanischen Konstruktion zu entwässern wäre, oder muss er in Handarbeit entwässert und nach und nach nach ausgehauen werden um entweder eine mechanische Entwässerung oder die selbstständige Entwässerung nach Rückwärts durch Gefälle wieder zu ermöglichen.
In der Zeit, in der das dann gegebenenfalls umgestaltet werden muss, geht die Vortriebsleistung natürlich ganz massiv zurück.

2. Länge des Stollens.

Ebenso profan.
Je länger ein Stollen wird, zumal in Zeiten ohne Schienen und Loren und wenn er so eng ist, dass Lasttieren und Wagen darin keinen Platz finden, dauert mit jedem Meter, der da weiter in den Berg gehauen wird, natürlich auch die "Einfahrt" länger und vor allem dauert es dann auch länger den Abraum aus dem Bergwerk heraus zu schaffen. Entsprechend muss mehr Arbeitsleistung dafür aufgewendet werden.
Ist dann natürlich die Frage, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, zusätzliche Arbeitskräfte alleine dafür zu beschäftigen den Abraum weg zu schaffen.
Da wird es dann massiv auf die Art des Bergbaus und die Ergibigkeit des Vorkommen ankommen.
Wenn man wie oben angeführt, sich auf Beispiele wie den Bergbau im Laurion bezieht, darf man dabei nicht vergessen, dass es da um, für das Münzwesen essenzielle Edelmetallvorkommen geht, mit entsprechenden Profitraten.
Dazu ist die Gegend einigermaßen Verkehrsgünstig gelegen und der Bergbau fand in hauptsächlich in einer Zeit statt, in der sich ohne weiteres Nachschub an Arbeitern ind Form von Sklaven zuführen ließ.
Entsprechend lohnenswert konnte es sein, Arbeitskräfte allein für das Hinausbefördern des Abraums zu beschäftigen.

Das wiederrum verhält sich aber bei einem mittelalterlichen Kleinstbergwerk, irgendwo im Harz, Erzgebirge oder Siegerland dessen Förderprodukt aus, möglicherweise noch eher minderwertigem Eisenerz oder ähnlichen bestand, ohne Möglichkeit das Zeug überregional abzusetzen, aber vollkommen anders.

Und in dem Moment, wo sich das anders verhält, dahingehend dass nicht oder kaum mehr Arbeitskräfte für die Beseitigung des Abraums verfügbar sind oder sich deren Beschäftigung nicht lohnt, geht der Transport des Abraums natürlich von der verfügbaren Arbeitszeit und damit der Arbeitsleistung ab.

Wenn wir einfach mal eine Vortriebsleistung von 0,12 m am Tag annehmen bei Stollenhöhe von einem Meter und einer Breite, von vielleicht 80 cm, reden wir von, für einzelne Personen ganz erheblichen Gewichten.

Das wären am Tag 0,096 Kubikmeter Abraum.
Nehmen wir mal der Einfachheit halber an, dass der aus Granit besteht, mit einem Gewicht von 2,8 g pro Kubikzentimeter.
Reden wir also von 96 l der oder 96.000 Kubikzentimetern x 2,8 g. wären 268800 g, also etwas über eine 1/4 Tonne Abraum pro Tag.

Da macht sich dann natürlich bemerkbar ob diese über einen Weg von 10 m aus dem Bergwerk herausgebracht werden müssen, zumal in gebückter Haltung oder ob man den Stollen schon 50-60 m in den Berg hinein getrieben hat.

Dann wäre die nächste Frage, welches Maße man für den Stollen gewählt hat.
Je niedriger und schmaler, desto mehr Vortrieb ist natürlich binnen eines Tages zu erreichen, desto eher wird sich das aber auch beim Transport des Abraums und bei den Möglichkeiten irgendeine Form mechanischer Entwässerung oder Bewetterung anzubringen, bitter rechen und hinsichtlich dessen, welche Körperhaltung die Bergleute beim Arbeiten einnehmen können, ohnedies.

3. Witterungsverhältnisse

Natürlich macht ein Bergwerk in einer Umgebung mit größeren Niederschlagsmengen größere Schwierigkeiten bei der Entwässerung, weil mehr Wasser eindringen kann.
Da ist man dann wieder bei ähnlichen Fragen, wie das Bergwerk angelegt ist, was es fördert und ob es ökonomisch sinnvoll ist, weitere Arbeitskräfte, sofern man nicht in den Familien der Bergleute (sprich deren Frauen und Kinder) genügend Helfer dafür zur Verfügung hat, zu beschäftigen für Arbeiten, die nicht dem reinen Abbau dienen und ob es möglich und ökonomisch sinnvoll ist, mechanische Vorrichtungen zur Entwässerung anzubringen und in welche Richtung die Flöze oder Erzadern verlaufen.

4. Schwere und Länge der Kälteperioden.

Da stellt sich natürlich auch die Frage, ob es überhaupt sinnvoll möglich ist, ein Bergwerk ein ganzes Jahr hindurch zu betreiben.

Sofern man für die Abluft nicht nebenstollen etc. gräbt, was aber für die kleineren Betriebe schlicht nicht zu leisten war, verbietet sich (im Kohlebergbau ohnehin), natürlich jede Form größeren offenen Feuers, man will sich ja nicht umbringen.
Konsequent kann ein Bergwerk dann auch nicht beheizt werden.
Jetzt würde man denken, wenig problematisch da es i.d.R. unter Tage ohnehin etwas wärmer ist, aber wenn man es mit einem schlecht isolierten, einigermaßen oberflächenneham Stollen zu tun hat, bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt und in einem Gebiet mit tendenziell großen Niederschlagsmengen und wenn wegen des Verlaufs der Flöze und Erzadern und geringer Ausmaße des Stollens eine von selbst passierende, effektive, kontinuierliche Entwässerung des Stollens nicht möglich ist, kann auch die Temperatur des eindrigenden Wassers, verbunden mit der Außentemperatur, ein nicht zu unterschätzendes Problem für die Arbeiten sein, weil einfach für die Gesundheit der Arbeitenden auf Dauer nicht aushaltbar.
Insofern wird es auch auf Lage und Beschaffenheit des Berkwerks ankommen, über einen wie großen Teil des Jahres es überhaupt betrieben werden konnte und auch in dieser Hinsicht mögen dann Regionen in wärmeren Gebieten mit geringeren Niederschlagsmengen im Vorteil gewesen sein, sofern die Temperaturen im Sommer da noch auszuhalten waren.
 
Auf die Gefahr hin, dich missverstanden zu haben:
Die Idee war, dass die Gänge und Galerien einstürzten, deshalb hieß die Methode ja ruina montium.

Da reden wir etwas an einander vorbei, aber ich ziele da ohnehin vor allen Dingen auch auf die Entwässerung kleinerer Anlagen, zumal in Gebieten, in denen auf Grund mindestens zeitweise niedriger Temperaturen Grubenwasser noch ein ganz anderes Problem ist.
 
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