Konnte man einfach aus einer Organisation austreten?

Griffel

Mitglied
Ich habe hier eine Frage, die sich wie ich hoffe, schnell klären lässt. Es geht um die NSDAP und ihre verschiedenen Organisationen. :cool: Eine verstorbene Tante, hat mir mal erzählt, dass es zwar zurzeit als die Nazis aufkamen, beliebt war, beizutreten, weil, man sich Vorteile erhoffte! :rolleyes:

Allerdings war es wohl auch so, dass die NSDAP und ihre Unterorganisationen von Anfang bis Ende schlecht bei Kasse waren. Bei der Partei war es ja so, dass man zuerst einmal einen Antrag auf Mitgliedschaft stellen musste. Dieser bedurfte einer Bearbeitung, was natürlich Geld kostete. Genauso wie regelmäßige Beiträge, die zu zahlen waren. Das ist ja bei allen Parteien heute noch so.

Die NSDAP war ja darauf bedacht, möglichst alle Menschen, welche sie als Volksgenossen identifizierte, zu absorbieren bzw. zu kontrollieren. Dazu wurden ja die Massenorganisationen geschaffen. Dabei beschäftigt mich die oben genannte Frage! Klar man konnte in eine Organisation eintreten wenn, man das wollte. Aber wie sah es mit dem umgekehrten Weg aus?

Es gab keinen Zwang der NSDAP beizutreten. Allerdings machten sich natürlich die Leute, die nicht Mitglied wurden durchaus verdächtig. Wäre schön wenn, hierzu jemand etwas Genaues sagen könnte.
 
Es gab keinen Zwang der NSDAP beizutreten. Allerdings machten sich natürlich die Leute, die nicht Mitglied wurden durchaus verdächtig. Wäre schön wenn, hierzu jemand etwas Genaues sagen könnte.

Ich glaube nicht, dass sich Nicht-Mitglieder verdächtig machten. Es gab zwischen 1933 und 1939 sogar eine Aufnahmesperre. Es konnte vom Antrag bis zur Mitgliedschaft bis zu 2 Jahre dauern. Also die Rechnung, wer nicht Mitglied ist ist Gegner der NSDAP, geht nicht auf.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Zeitzeugen behaupten, ohne ihr Wissen Mitglied gewesen zu sein.

Mitglieder-Aufnahmesperre der NSDAP – Wikipedia
 
Der Zeit-Artikel ist ein Interview mit dem Politologen Jürgen Falter. Es geht um die Parteimitgliedschaften bei der NSDAP: 900.000 bis 1933 und 1,6Mio folgten als "Märzgefallene" nach der Machtergreifung. Er erwähnt den Aufnahmestopp von Mai 33 bis 1937 und dann das Ziel 10% der Deutschen in die NSDAP aufzunehmen, was mit 9 Mio Mitgliedern übertroffen wurde. Falter referriert über die meist männlichen, jungen Durchschnittsmitglieder, die allen sozialen Millieus entstammten. Er erwähnt, dass Parteiaustritte möglich waren und auch 100.000fach erfolgten zumindest bis etwa 1937. Ein Austritt könne berufliche Nachteile mit sich bringen, jedoch fänden sich keine Beispiel, dass deswegen jemand ins KZ eingeliefert worden sei, so Falter.

Ich war mal so frei und habe dir @Traklson den gesamten Text als PN geschickt.
 
Es gab Austritte aus der NSDAP. Jürgen W. Falter hat nennt in seinem Buch Hitlers Parteigenossen folgende Gründe: Unfähigkeit, mangelnder Wille, die monatlichen Beiträge zu zahlen bis hin lieber die Partei verlassen als die katholische Kirche. Ein seltener Fall das jemand aus der Partei austrat um sich dem Widerstand anzuschliessen. Einer verliess die Partei wegen den Gauleiters, dem er Korruption vorwarf. Alles nachzulesen in dem Buch von Falter. Das von mir erwähnte steht auf Seite 467.

Sicher ist, dass der Anreiz in die Partei einzutreten nach 1933, wenn man mal die Ideologie weglässt, der Arbeitsplatz war, die Karriere und wer im Staatsdienst weiter arbeiten wollte der sollte NSDAP Mitglied sein. Ebenfalls nicht zu unterschätzen war der politische Druck. Dazu hat Falter eine sehr schöne Tabelle gemacht die steht auf Seite 472 in seinem Werk.

Jürgen W. Falter: Hitlers Parteigenossen. Die Mitglieder der NSDAP 1919 - 1945. Campus Verlag. 2020 584 Seiten.
Sven Felix Kellerhoff: Die NSDAP. Eine Partei und ihre Mitglieder. Klett-Cotta Verlag. 2017. 440 Seiten.

Wenn man sich ernsthaft mit dem Thema der NSDAP und ihren Mitgliedern auseinandersetzen möchte, kommt man nicht darum herum diese beiden Werke mal zu lesen. Empfehlen kann ich beide.
 
Mein Urgroßvater ist noch vor dem Putschversuch von 1923 in die NSDAP eingetreten, und er trat nach den Novemberpogromen 1938 wieder aus. Eine niedrige Parteinummer war zweifellos überaus förderlich für die Karriere. Er war in der kaiserlichen Kriegsmarine und später in der Handelsmarine. Außer dass er mit seinem Parteiaustritt möglicherweise noch größere Karrieresprünge hätte machen können, hatte er aber nicht unter irgendwelchen Repressalien zu leiden.
 
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