Hätte GB Frankreich im 1. Weltkrieg auch ohne den Angriff auf Belgien beigestanden?

Naja, also ganz egal war den Briten die deutsche Flottenaufrüstung vor 1914 sicher nicht, immerhin handelte es sich auch eine Sache des Prestige.
Natürlich spielten Prestige und Wahrnehmung eine gewisse Rolle. Dann gehört in der Betrachtung aber auch dazu, dass die Meinung der britischen Öffentlichkeit hier von der der Regierung und der der Royal Navy durchaus zu unterscheiden ist.
Was das angeht, möchte ich etwa auf Roses Studie "Zwischen Empire und Kontinent, Britische Außenpolitik vor dem ersten Weltkrieg" verweisen.

Das es in der britischen Öffentlichkeit und Teilen der Pressselandschaft durchaus eine gewisse Nervosität hinsichtlich der deutschen Flottenpolitik gab, ist durchaus evident, aber wie gesagt von der Linie der jeweiligen Regierungen und der Leitung der RN zu trennen, zumal diese durch das immernoch sehr stark auf die Monarchie fixierte System (ja, auch in GB, wenn auch mit einigen etwas anderen Eigenheiten, als im Kaiserreich), durchaus nicht in dem Maße auf Konformität mit der Öffentlichkeit angewiesen waren, wie das heute der Fall ist.


Und anscheinend war die britische Marine nicht unbedingt davon überzeugt so dermaßen überlegen zu sein, sonst hätte es wohl außer der Skaggerak-Schlacht noch ein paar andere große Schlachten gegeben.
Darf ich mal ganz platt fragen, wozu? Skagerak hat doch an der Tatsache der britischen Blockade, die sich mit dem Kriegseintritt Italiens und Rumäniens noch verschärfte (siehe Afflerbach "Auf Messers Schneide") und effektiver Wurde je weniger von britischer Seite her auf etwaige andere Interessen der Vereinigten Staaten Rücksicht genommen werden musste, war das doch ganz unnötig.
Im Zugzwang aus dieser Situation auszubrechen, wäre die deutsche Seite gewesen, die sich aber im Wesentlichen nach Skagerak nicht mehr aus der Deutschen Bucht heraus wagte. Wozu hätten die Briten also kostbare Schiffe riskieren sollen, wenn die Blockadepolitik voll griff und die Hochseeflotte ohnehin im Hafen vor sich hin rostete?


Die Tatsache, dass die Briten ebenfalls ihre kostbare Home Fleet aufs Spiel setzen wollten ist für mich schon ein Indikator dafür dass sie aus irgendeinen Grund sehr vorsichtig diesbezüglich waren. ;)

Schau dir doch einfach mal die realen Flottenstärken zu Kriegsbeginn an und dann berücksichtige mal dabei, dass auch die Franzosen und die Russen noch über ein gewisses Marinepotential verfügten, während die Österreicher spätestens nach dem Kriegseintritt Italiens nicht mehr ohne weiteres aus der Adria heraus kamen (man bedenke, was dann mit der "Szent István" passierte.
Natürlich wollten die Briten nicht unsinnig Schiffe riskiren, dass sie die überlegene Flotte hatten, bedeutete ja nicht, dass die nicht auch potentielle Verluste haben würde, die zu ersetzen teuer wäre.

Nur wie gesagt, letztlich wozu mussten sie es denn auch riskieren? Durch die Blockade betroffen waren nicht sie, sondern die Deutschen, also hatten die den Schwarzen Peter zu handeln.
Warum genau unter diesen Umständen hätten die Briten sich denn auf größere Gefechte außerhalb der von ihnen kontrollierten Gewässer einlassen sollen, wo sie auf den Vorteil küstennah oprerierender, mit Torpedos bestückter kleinerer Einheiten hätten setzen können?
Der einzige Grund sich darauf einzulassen wäre gewersen, dass die Deutschen in irgendeiner Form in der Lage gewesen wäre, sie dazu zu zwingen. Genau das war aber nicht der Fall.

Man sollte eine defensive auf die Minimierung eigener Verluste angelegte defensive Strategie (die durch die Fernblockade trotzdem erfolgreich war, was hätte man mit der Versenkung der deutschen Flotte mehr erreichen wollen?) nicht auf Grund ihres defensiven Charakters mit Schwäche verwechseln, das geht ein wenig an den Tatsachen vorbei.
 
Natürlich spielten Prestige und Wahrnehmung eine gewisse Rolle. Dann gehört in der Betrachtung aber auch dazu, dass die Meinung der britischen Öffentlichkeit hier von der der Regierung und der der Royal Navy durchaus zu unterscheiden ist.
Was das angeht, möchte ich etwa auf Roses Studie "Zwischen Empire und Kontinent, Britische Außenpolitik vor dem ersten Weltkrieg" verweisen.

Das es in der britischen Öffentlichkeit und Teilen der Pressselandschaft durchaus eine gewisse Nervosität hinsichtlich der deutschen Flottenpolitik gab, ist durchaus evident, aber wie gesagt von der Linie der jeweiligen Regierungen und der Leitung der RN zu trennen, zumal diese durch das immernoch sehr stark auf die Monarchie fixierte System (ja, auch in GB, wenn auch mit einigen etwas anderen Eigenheiten, als im Kaiserreich), durchaus nicht in dem Maße auf Konformität mit der Öffentlichkeit angewiesen waren, wie das heute der Fall ist.



Darf ich mal ganz platt fragen, wozu? Skagerak hat doch an der Tatsache der britischen Blockade, die sich mit dem Kriegseintritt Italiens und Rumäniens noch verschärfte (siehe Afflerbach "Auf Messers Schneide") und effektiver Wurde je weniger von britischer Seite her auf etwaige andere Interessen der Vereinigten Staaten Rücksicht genommen werden musste, war das doch ganz unnötig.
Im Zugzwang aus dieser Situation auszubrechen, wäre die deutsche Seite gewesen, die sich aber im Wesentlichen nach Skagerak nicht mehr aus der Deutschen Bucht heraus wagte. Wozu hätten die Briten also kostbare Schiffe riskieren sollen, wenn die Blockadepolitik voll griff und die Hochseeflotte ohnehin im Hafen vor sich hin rostete?




Schau dir doch einfach mal die realen Flottenstärken zu Kriegsbeginn an und dann berücksichtige mal dabei, dass auch die Franzosen und die Russen noch über ein gewisses Marinepotential verfügten, während die Österreicher spätestens nach dem Kriegseintritt Italiens nicht mehr ohne weiteres aus der Adria heraus kamen (man bedenke, was dann mit der "Szent István" passierte.
Natürlich wollten die Briten nicht unsinnig Schiffe riskiren, dass sie die überlegene Flotte hatten, bedeutete ja nicht, dass die nicht auch potentielle Verluste haben würde, die zu ersetzen teuer wäre.

Nur wie gesagt, letztlich wozu mussten sie es denn auch riskieren? Durch die Blockade betroffen waren nicht sie, sondern die Deutschen, also hatten die den Schwarzen Peter zu handeln.
Warum genau unter diesen Umständen hätten die Briten sich denn auf größere Gefechte außerhalb der von ihnen kontrollierten Gewässer einlassen sollen, wo sie auf den Vorteil küstennah oprerierender, mit Torpedos bestückter kleinerer Einheiten hätten setzen können?
Der einzige Grund sich darauf einzulassen wäre gewersen, dass die Deutschen in irgendeiner Form in der Lage gewesen wäre, sie dazu zu zwingen. Genau das war aber nicht der Fall.

Man sollte eine defensive auf die Minimierung eigener Verluste angelegte defensive Strategie (die durch die Fernblockade trotzdem erfolgreich war, was hätte man mit der Versenkung der deutschen Flotte mehr erreichen wollen?) nicht auf Grund ihres defensiven Charakters mit Schwäche verwechseln, das geht ein wenig an den Tatsachen vorbei.
Okay zugegeben: Mit dem geballten Fachwissen dass du hier auffährst kann ich bei Weitem nicht aufwarten, ich bin eher Geschichts-Amateur und der Seekrieg im ersten Weltkrieg gehört jetzt nicht unbedingt zu den Themen bei dem ich mich gut auskenne. Was du hier schreibst ergibt auf jeden Fall Sinn, mein Einwurf war eher spontaner Gedanke als wirklich fundiertes Wissen.
 
Falsch, GB war durch keine Verträge verpflichtet diesen Staaten im Kriegsfall beizustehen.
Weder das Entente-Abkommen von 1904 noch das spätere Petersburger Abkommen von 1907 waren Bündnis-Verträge, sondern dienten dem Interessenausgleich in Übersee.
GBs Kriegseintritt war und wäre also in erster Linie freiwilliger Natur.
Das ist vom Text der jeweiligen Abkommen her richtig, lässt die normative Kraft des Faktischen außer acht: Mit Frankreich hat England vereinbart, dass Frankreich keine Flotte im Kanal unterhält (sondern diese im Mittelmeer stationiert), damit wäre im Kriegsfall die französische Küste der deutschen Marine schutzlos ausgeliefert. Großbritannien würde sich von einem Gesichtsverlust diplomatisch nicht mehr erholen, falls man dieses in einem Deutsch-Französischen Krieg zuließe. Richtig ist, dass die britische Regierung keine vertragliche Bindung hatte, Frankreich beizustehen falls: 1.) Belgien nicht von Deutschland angegriffen wird 2.) Der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich nicht maritimer Art ist. Die englischen und französischen Diplomaten wussten um das Problem und so kam es bei Kriegsausbruch zu der englischen Anfrage durch General Wilson " Womit können wir euch helfen?" und der französischen Antwort durch Marschal Foch: "Mit einem gefallenen englischen Soldaten. Und wir sorgen dafür, dass er fällt!..." Schlussendlich zerstreute der deutsche Aufmarschplan diese Probleme mit dem Einmarsch in Belgien.
 
Das ist vom Text der jeweiligen Abkommen her richtig, lässt die normative Kraft des Faktischen außer acht: Mit Frankreich hat England vereinbart, dass Frankreich keine Flotte im Kanal unterhält (sondern diese im Mittelmeer stationiert), damit wäre im Kriegsfall die französische Küste der deutschen Marine schutzlos ausgeliefert.
So weit mir bekannt hat man doch aber von britischer Seite von Beginn an klar gemacht, dass man ein Einlaufen der Hochseeflotte in den Kanal, im Kriegsfalle nicht dulden würde.
Somit wäre GB auch faktisch nicht zum Kriegseintritt genötigt gewesen, sofern es die Neutralität des Kanals wirksam hätte garantieren, sprich die deutsche Seite vom Einlaufen abschrecken können, was ich angesichts der Torpedowaffe und der damit verbundenen Gefahren des Operierens in Küstengewässern für durchaus realistisch halte.

Zumal, wenn man es so auslegt, wie du es hier tust, wäre die britisch-französische Marinekonvention ein britischer Blankoschek an Paris auch für einen Angriffskrieg gewesen

Großbritannien würde sich von einem Gesichtsverlust diplomatisch nicht mehr erholen, falls man dieses in einem Deutsch-Französischen Krieg zuließe.
Wie gesagt, die Garantie des Kanals als neutrale Wasserzone und ein faktisch automatischer Kriegseintritt, sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Von der Frage das Kanals einmal abgesehen, woher kommt denn die Gewissheit, dass man deutscherseits bei einem Krieg nur gegen Frankreich und gegebenenfalls Russland von deutscher Seite her automatisch auf die maritime Option gesetzt hätte, wo völlig klar ist, dass Frankreich am Ende ohnehin nur zu Kande zu schlagen sein kann?


Richtig ist, dass die britische Regierung keine vertragliche Bindung hatte, Frankreich beizustehen falls: 1.) Belgien nicht von Deutschland angegriffen wird
Sie hatte auch keine für den Fall das Belgien angegriffen wird, sondern für diesen Fall hatte sie als Garantiemacht der belgischen Unabhängigkeit und territorialen Integrität eine Bindung Belgien gegen Deutschland beizustehen, aber nicht Frankreich.


2.) Der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich nicht maritimer Art ist. Die englischen und französischen Diplomaten wussten um das Problem und so kam es bei Kriegsausbruch zu der englischen Anfrage durch General Wilson " Womit können wir euch helfen?" und der französischen Antwort durch Marschal Foch: "Mit einem gefallenen englischen Soldaten. Und wir sorgen dafür, dass er fällt!..." Schlussendlich zerstreute der deutsche Aufmarschplan diese Probleme mit dem Einmarsch in Belgien.
Wie hier schon rauf und runter diskutiert wurde die Westplanung von deutscher Seite her, war den Entente-Mächten durch nachrichtendiensliche Erkenntnisse und den Eisenbahnbau für den Aufmarsch Jahre vorher bekannt, ebenso, dass sich wegen der hochgerüsteten Grenzbefestigungen und der Vogesen als natürlicher Barriere ein schneller Schlag Deutschlands gegen Frankreich ohnedies nur auf dem Umweg Belgiens verwirklichen ließ, was ebenfalls bekannt war.
Entsprechend war den Entente-Mächten die deutsche Vorgehensweise in einem Kriegsfall, jedenfalls in groben Zügen, von der Weite des Ausgreifens in belgisches Territorium und die Einbeziehung der Reservetruppen in diesen Vorstoß abgesehen (obwohl Michel meines Wissens damit jedenfalls kalkulierte), durchaus über Jahre im Vorhinein klar.
Ein "Problem" wie du es schliedert existierte somit zu Kriegsbeginn nicht.

Wenn es ein Problem für Frankreich gab, bestand das darin, dass die Briten möglicherweise auf die Idee hätten kommen können, die Füße still zu halten, wenn es der deutschen Seite gelungen währe den Briten glaubhaft zu unterbreiten, dass in Westeuropa im Fall eines deutschen Sieges keinerlei territoriale Veränderungen vorgenommen werden würden und Frankreich als Großmacht somit, wenn auch angschlagen, vollständig intakt bliebe.
Nur, wie sollte man das glaubhaft garantieren?
Abgesehen davon, dass der Wert der Britisch-Französischen und der Britisch-Russischen Kolonialabkommen und Marinekonventionen bei einer britischen Neutralität in zukunft äußerst fraglich gewesen wäre.
 
Im Jahre 1932 hatte Grey die Zeitung Times angeschrieben. Gegenstand war die belgische Neutralität. Ich gebe das hier mal wieder:

"Sir. - Eine in einigen Zeitungen erschiene äußerst summarisch gehaltene Wiedergabe des Abschnitts über die belgische Neutralität in dem kürzlich veröffentlichen Band der Britischen Dokumente hat den Anschein erweckt, als hätte ich von den britischen Verpflichtungen bezüglich der belgischen Neutralität eine zynische Auffassung gehegt.
Am 15.November 1908, fast sechs vor dem Krieg, arbeitete der verstorbene Sir Eyre Crowe ein Memorandum aus über die belgische Neutralität und Großbritanniens Verpflichtung sie zu verteidigen."

Crowe kam dort zu dem Schluß, das diese Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der belgischen Neutralität bestünde.
Hardinge fügt dort dann einen Vermerk an.

"Die Verbindlichkeit besteht unzweifelhaft wie oben dargelegt, aber ob man von uns verlangen könnte, unsere Verpflichtung zu erfüllen und die Neutralität Belgiens dadurch zu schützen, dass wir uns ihrer Verletzung widersetzten, muss notwendigerweise zu der Zeit und den gerade vorliegenden Umständen abhängen. Angenommen, Frankreich würde in einem Krieg gegen Deutschland die Neutralität Belgiens verletzen, dann ist es unter den gegenwärtigen Umständen zweifelhaft, ob England und Rußland einen Finger rühren würden, während, wenn die Neutralität Belgiens von Deutschland verletzt würde, wahrscheinlich das Gegenteil der Fall wäre." Soweit Hardinge.

Grey machte die folgende Bemerkung.
"Ich bin sehr verbunden für die dienliche Aufzeichnung (Die von Crowe; Anmerkung von mir). Ich meine, sie fasst die Lage sehr gut zusammen, obschon Sir C.Hardinges Betrachtung ebenfalls treffend ist."
 
Grey machte die folgende Bemerkung.
"Ich bin sehr verbunden für die dienliche Aufzeichnung (Die von Crowe; Anmerkung von mir). Ich meine, sie fasst die Lage sehr gut zusammen, obschon Sir C.Hardinges Betrachtung ebenfalls treffend ist."

Eben...ein typischer sowohl-als-auch-Grey, doch durchaus dominierende Standpunkte in den britischen Administrationen spiegelnd..
 
Es wundert mich, dass hier überhaupt nicht auf den Ursprung der Britisch-Deutschen Feindseeligkeiten eingegangen wird. Etwa um 1895 hat Deutschland (zusammen mit den Vereinigten Staaten) das Britische Empire als größte Wirtschaftsmacht abgelöst und genau zu dieser Zeit hat eine extrem agressive Propaganda in der Britischen Presse eingesetzt, die zum Krieg gegen Deutschland hetzte und in letzer Konsequenz zur physischen Vernichtung der Deutschen aufrief. Hier einer der berühmt-berüchtigten "Germania es delendam" - Artikel von 1896 (d.h. Jahre vor dem Beginn des deutschen Flottenprogramms):

https://opensiuc.lib.siu.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=2907&context=ocj

Zitat: "Were every German to be wiped out to-morrow, there is no English trade, no English pursuit that would not immediately expand. Were every English-man to be wiped out to-morrow, the Germans would gain in pro-
portion. Here is the first great racial struggle of the future. Here are two growing nations pressing against each other, man to man all over the world. One or the other has to go ; one or the other will go."

Fast noch agressiver als die Saturday Review war die Northcliffe-Presse, zu der u.a. die London Times und die Daily Mail gehörten. Der ehemalige Staatssekretär von Kühlmann schreibt in seinen Memoiren, dass er in seiner Zeit an der deutschen Botschaft in London versucht hat, zu verschiedensten Persönlichkeiten Beziehungen aufzubauen. Am aussichtslosesten erschien ihm das aber bei Alfred Harmsworth, alias Lord Northcliffe, der ca. 40 % des gesamten englischen Zeitungsmarktes beherrschte (man bedenke, damals gab es nur Zeitungen, kein Fernsehen, kein Internet, etc.) und der sich in einen infernalischen Hass gegen die Deutschen hineingesteigert hatte.

https://en.wikipedia.org/wiki/Alfred_Harmsworth,_1st_Viscount_Northcliffe#Political_influence

Zitat wikipedia: "Northcliffe's editorship of the Daily Mail in the years just before the First World War in which the newspaper displayed "a virulent anti-German sentiment" caused The Star to declare, "Next to the Kaiser, Lord Northcliffe has done more than any living man to bring about the war""
 
Es wundert mich, dass hier überhaupt nicht auf den Ursprung der Britisch-Deutschen Feindseeligkeiten eingegangen wird. Etwa um 1895 hat Deutschland (zusammen mit den Vereinigten Staaten) das Britische Empire als größte Wirtschaftsmacht abgelöst und genau zu dieser Zeit hat eine extrem agressive Propaganda in der Britischen Presse eingesetzt, die zum Krieg gegen Deutschland hetzte und in letzer Konsequenz zur physischen Vernichtung der Deutschen aufrief. Hier einer der berühmt-berüchtigten "Germania es delendam" - Artikel von 1896 (d.h. Jahre vor dem Beginn des deutschen Flottenprogramms):

Warum nur bis 1895 zurückgehen und nicht konsequent die Linie verfolgen und etwaige deutsch-britische Feindschaft bis z.B. zur Schlacht von Crécy zurück datieren oder Heinrich VIII. dafür verantwortlich mmachen, weil der seinerzeit Anna von Kleve verschmäht und damit Deutschland beleidigt hat? ^^

De facto:

Die von Großbritannien eingeleiteten deutsch-britischen Bündnisgespräche führte er nur zögerlich fort, bis sie 1901 scheiterten. Am 8. Januar 1902 hielt von Bülow im Reichstag seine sogenannte „Granitbeißerrede“ gegen den britischen Kolonialminister Joseph Chamberlain, der das Vorgehen der Briten im Burenkrieg gerechtfertigt hatte, indem er es mit dem Vorgehen der Deutschen im Deutsch-Französischen Krieg verglich. Von da an waren die deutsch-britischen Beziehungen nachhaltig getrübt.

Bernhard von Bülow – Wikipedia

Wenn du also den britischen Kriegseintritt anno 1914 bis 1895 zurückspinnen und mit wirtschaftlicher Konkurrenz begründen willst, darfst du gerne mal erklären, warum man sich von britischer Seite anno 1902 herum um ein Bündnis mit Deutschland bemühte.

Was die wirtschaftliche Konkurrenz angeht, wenn du dich mit dem Thema näher befasst hättest, wäre die klar, dass die steigende Industrieleistung Deutschlands nicht nur zur Konkurrenz, sondern auch zur engen Verpflechtung der deutschen mit der britischen Wirtschaft führte, was für die Briten der Hauptgerund war sich im Rahmen der Pariser Friedeskonferenz was Deutschland betraft, gegen diverse französische Forderungen zu stellen und Deutschland nach kräften wirtschaftlich und territorial intakt zu halten.
Ein handeln, dem es unter anderem zu verdanken ist, dass der größte Teil Masurens und Oberschlesiens bei Deutschland verbleiben konnte, so wie anderes substanzielles Entgegenkommen.

Wüsste man wenn man etwa Werke wie Mc Millans "Peacemakers", Toozes "Sintflut" gelesen oder sich einfach mal mit Leuten, wie dem guten Herrn Keynes oder den Positionen etwa des britischen Kriegspremiers David Lloyd George beschäftigt hätte.
Passt übrigens nicht so gut in dein Narrativ.

Die britische Presse und die Deutsche namen sich Teilweise in ihrer Antipatie nicht viel, auch in Teilen der deutschen Presse konnte jeder, der das unbedingt wollte Schauermärchen und Verwünschungen gegen das "Perfide Albion" anlesen.
Aber was hatte die Stimmung der Presselandschaft in der damaligen Zeit mit den Entscheidungen der entsprechenden Regierungen zu tun?

Weder das deutsche Kaiserreich, noch Großbritannien, jedenfalls vor 1911 waren voll parlamentarisierte Systeme, in denen sich zeitweilige Stimmungen in der Bevölkerung zwangsläufig im Handeln von Parlament und Regierung wiederspiegeln musste.

Ein paar in feindliche Richtung stoßende Presseartikel und Schundromane, sind nicht mit einer politischen Generallinie zu verwechseln.



https://opensiuc.lib.siu.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=2907&context=ocj

Zitat: "Were every German to be wiped out to-morrow, there is no English trade, no English pursuit that would not immediately expand. Were every English-man to be wiped out to-morrow, the Germans would gain in pro-
portion. Here is the first great racial struggle of the future. Here are two growing nations pressing against each other, man to man all over the world. One or the other has to go ; one or the other will go."

Fast noch agressiver als die Saturday Review war die Northcliffe-Presse, zu der u.a. die London Times und die Daily Mail gehörten.

.... was sich inhaltlich nicht so sehr von so manscher Produktion deutscher Persseorgane abhebt, die etwa dem alldeutschen Verband nahestanden, nur mit umgedrehten Vorzeichen.

Dennoch verhandelten die deutsche und die britische Regierung um 1902 herum wegen eines Bündnissvertrages (auf britisches Betreiben) und dennoch kam man vor dem 1. Weltkrieg trotz verschiedentlicher Auseinandersetzungen immer wieder auch zu Einigungen, so de facto in Sachen portugiesische Kolonien und Bagdad-Bahn.


Der ehemalige Staatssekretär von Kühlmann schreibt in seinen Memoiren, dass er in seiner Zeit an der deutschen Botschaft in London versucht hat, zu verschiedensten Persönlichkeiten Beziehungen aufzubauen. Am aussichtslosesten erschien ihm das aber bei Alfred Harmsworth, alias Lord Northcliffe, der ca. 40 % des gesamten englischen Zeitungsmarktes beherrschte (man bedenke, damals gab es nur Zeitungen, kein Fernsehen, kein Internet, etc.) und der sich in einen infernalischen Hass gegen die Deutschen hineingesteigert hatte.

https://en.wikipedia.org/wiki/Alfred_Harmsworth,_1st_Viscount_Northcliffe#Political_influence

Zitat wikipedia: "Northcliffe's editorship of the Daily Mail in the years just before the First World War in which the newspaper displayed "a virulent anti-German sentiment" caused The Star to declare, "Next to the Kaiser, Lord Northcliffe has done more than any living man to bring about the war""

Es sei noch einmal darauf hingewiesen dass Teile der britischen Presselandschaft nicht mit der britischen Regierung identisch waren.

Das Organe einer nationalistischen Presse gegen dieses und jenes Land geiferten, mitunter zum Bedauern der eigenen Regierung, deren Bemühungen um Beziehungspflege das mitunter konterkarierte, war um 1900-1914 herum absolut nichts ungewöhnliches.


Darf ich dich abschließend fragen, wo genau der Bezug zwichen deinen Einlassungen und dem Thema dieses Fadens ist?
Was haben ein paar reißerische Zeitungsartikel mitunter noch aus den 1890er Jahren mit der Frage der belgischen Neutralität und den Überlegungen von Regierung, Kriegsministerium und Generalstab in Großbritannien um 1914 herum zu tun?
 
Es wundert mich, dass hier überhaupt nicht auf den Ursprung der Britisch-Deutschen Feindseeligkeiten eingegangen wird. Etwa um 1895 hat Deutschland (zusammen mit den Vereinigten Staaten) das Britische Empire als größte Wirtschaftsmacht abgelöst und genau zu dieser Zeit hat eine extrem agressive Propaganda in der Britischen Presse eingesetzt, die zum Krieg gegen Deutschland hetzte und in letzer Konsequenz zur physischen Vernichtung der Deutschen aufrief. Hier einer der berühmt-berüchtigten "Germania es delendam" - Artikel von 1896 (d.h. Jahre vor dem Beginn des deutschen Flottenprogramms):

https://opensiuc.lib.siu.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=2907&context=ocj

Zitat: "Were every German to be wiped out to-morrow, there is no English trade, no English pursuit that would not immediately expand. Were every English-man to be wiped out to-morrow, the Germans would gain in pro-
portion. Here is the first great racial struggle of the future. Here are two growing nations pressing against each other, man to man all over the world. One or the other has to go ; one or the other will go."

Fast noch agressiver als die Saturday Review war die Northcliffe-Presse, zu der u.a. die London Times und die Daily Mail gehörten. Der ehemalige Staatssekretär von Kühlmann schreibt in seinen Memoiren, dass er in seiner Zeit an der deutschen Botschaft in London versucht hat, zu verschiedensten Persönlichkeiten Beziehungen aufzubauen. Am aussichtslosesten erschien ihm das aber bei Alfred Harmsworth, alias Lord Northcliffe, der ca. 40 % des gesamten englischen Zeitungsmarktes beherrschte (man bedenke, damals gab es nur Zeitungen, kein Fernsehen, kein Internet, etc.) und der sich in einen infernalischen Hass gegen die Deutschen hineingesteigert hatte.

https://en.wikipedia.org/wiki/Alfred_Harmsworth,_1st_Viscount_Northcliffe#Political_influence

Zitat wikipedia: "Northcliffe's editorship of the Daily Mail in the years just before the First World War in which the newspaper displayed "a virulent anti-German sentiment" caused The Star to declare, "Next to the Kaiser, Lord Northcliffe has done more than any living man to bring about the war""


Kann es sein, dass Du den angeführten Artikel von Websites wie Unmasking The Myths And Lies

heruntergeladen hast? Zwei Autoren Gerry Docherty und Jim Macgregor sind wohl dafür verantwortlich. Laut Angaben auf dieser Seite soll es sich um britische Historiker handeln. Ich habe an Publikationen der beiden Herren nichts gefunden, außer Veröffentlichungen im Kopp-Verlag. Der Kopp-Verlag veröffentlicht vor allem "Werke" zum Thema Präastronautik, Rechtsesoterik, Pseudowissenschaft und Chronologiekritik.
Mehr dazu;
Kopp Verlag - Wikipedia

Der Kopp-Verlag wurde von dem ehemaligen Polizeibeamten Jochen Kopp gegründet. Zu den Themen gehört neben Ufologie, erfundenes Mittelalter, Esoterik, germanische Mythologie, Islamismus, Gender&Gender Mainstreaming und Islamismus. Außer eigenen, ähm "Werken" verlegt Jochen Kopp auch Produkte anderer völkischer Verlage wie Ares, Pour le Merite und Grabert-Verlag. Letzterer ist auch schon durch Holocaust-Leugnung aufgefallen.

Des weiteren versorgt Jochen Kopp Survival-Freaks mit Pfefferspray, Tactical Pens, Elektroschockern und Panzerkeksen (10 Jahre haltbar).
 
Bagdad-Bahn.




Es sei noch einmal darauf hingewiesen dass Teile der britischen Presselandschaft nicht mit der britischen Regierung identisch waren.

Das Organe einer nationalistischen Presse gegen dieses und jenes Land geiferten, mitunter zum Bedauern der eigenen Regierung, deren Bemühungen um Beziehungspflege das mitunter konterkarierte, war um 1900-1914 herum absolut nichts ungewöhnliches.

Ein heute praktisch vergessener Autor, Ernst Lissauer, veröffentlichte bei Kriegsausbruch seinen

Haßgesang gegen England

Was schert uns Russe und Franzos,
Schuss wider Schuss, Stoß wider Stoß,
Wir lieben sie nicht
Wir hassen sie nicht
Wir schützen Weichsel und Wasgaupaß (altertümlich Vogesen)
Wir haben nur einen einzigen Haß,
Wir lieben vereint, wir hassen vereint,
Wir haben nur einen einzigen Feind:
England

usw, usw.

Lissauers Hassgesang gegen England und seine Parole Gott strafe England wurden zu Beginn des Krieges außerordentlich populär, und Lissauer, der übrigens Jude war, erhielt von Wilhelm II. eine hohe Auszeichnung für sein, ähm, Gedicht.

In Karl Kraus Drama "Die letzten Tage der Menschheit" finden sich mehrfach, vor allem in den Gesprächen zwischen "dem Nörgler" und dem "Abonnenten" ironisch-sarkastische Anspielungen auf Lissauer und seinen Hassgesang gegen "das perfide Albion"
 
Kann es sein, dass Du den angeführten Artikel von Websites wie Unmasking The Myths And Lies

heruntergeladen hast?.

hä ??? Ich habe gar nichts runtergeladen, ich habe nur auf einen offiziellen Link einer anerkannten US-amerikanischen Universität verwiesen. Klick doch einfach mal drauf !

https://opensiuc.lib.siu.edu/

Ist die offizielle Webseite der Southern Illinois University und bei dem Artikel handelt es sich um eine Orginalkopie des berüchtigten Artikels in der Saturday Review vom Februar 1896. Jeder, der sich ein wenig mit der Vorgeschichte des 1. Weltkrieges beschäftigt hat, sollte diesen Zeitungsartikel kennen!
 
Aha und darf man auch fragen, warum irgendjemand, der sich mit der Vorgeschichte des 1. Weltkriegs auseinandersetzen möchte, diesen Schrieb kennen müsste?

Er hat noch gleich zu genau welcher Entwicklung gerührt? Evidenter Weise?

Aber vielleicht sollte man, wenn man sich mit dem Thema der deutsch-Britischen Beziehungen vor dem ersten Weltkrieg beschäftigen möchte sich den Schriftverkehr des Auswärtigen Amtes, die geschlossenen und verhandelten Verträge oder neuere Studien dazu (Z.B Rose: Zwischen Empire und Kontinent) Mal ansehen?
Oder Mal einen Blick in ein adäquates Einführungswerk zur wilhelminischen Außenpolitik werfen, bevor man versucht mit irgendwelchen absteigen Pamphleten konfus an den Tatsachen vorbei zu argumentieren?
 
Wüsste man wenn man etwa Werke wie Mc Millans "Peacemakers", Toozes "Sintflut" gelesen oder sich einfach mal mit Leuten, wie dem guten Herrn Keynes oder den Positionen etwa des britischen Kriegspremiers David Lloyd George beschäftigt hätte.

Ich kenne das Buch von Mc Millan. Sie ist die Urenkelin von David Lloyd George und entspreched einseitig ist auch ihre Weltbild. Was Lloyd George selbst angeht, da würde ich mal die Lektüre von Nicholas Lamberts Buch "Planning Armageddon" empfehlen. Dort wird z.B. eingehend auf die Planung (die bereits um 1905 begann) und Ausführung der Britischen Blockade eingegangen, die laut Wikipedia 763 000 deutschen Zivilisten das Leben gekostet hat:

https://en.wikipedia.org/wiki/Blockade_of_Germany

Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass diese Blockade illegal war. Es wurde in den Jahrzehnten vor dem Krieg klar festgelegt, was Konterbande ist und was nicht und Lebensmittel für die Zivilbevölkerung gehörten ganz klar nicht dazu. Die Briten hatten nicht das geringste Recht, Deutschland, das vor dem Krieg ein drittel seiner Lebensmittel importierte, von den amerikanischen Getreidelieferungen abzuschneiden und vor der Versenkung der Lusitania kam es deswegen auch zu scharfen Protesten der amerikanischen Regierung in Richtung Großbritannien. Lloyd Georg war, anders als Churchill, ein absoluter Hardliner in Sachen Blockade und stimmte allem, was Hankey und Konsorten vorschlugen, vorbehaltlos zu (übrigens war Hankey später ein scharfer Kritiker der Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse, nur mal so nebenbei https://en.wikipedia.org/wiki/Maurice_Hankey,_1st_Baron_Hankey#Post-war_writings)

Und ja, mein Post hat mit der Eingangsfrage zu tun, denn aus meinen Ausführungen ergibt sich, dass Großbritannien so oder so einen Weg gefunden hätte, in den Krieg gegen Deutschland einzutreten, ganz unabhängig der Frage der belgischen Neutralität. Übrigens haben die meisten Antwort in diesem Thread mit England gar nichts zu tun, aber sie passen halt ins Bild und werden deswegen nicht kritisiert.
 
Ausführung der Britischen Blockade eingegangen, die laut Wikipedia 763 000 deutschen Zivilisten das Leben gekostet hat:
Diese Zahl wird in wiki angezweifelt. "The German Board of Public Health in December 1918 claimed that 763,000 German civilians had already died from starvation and disease, caused by the blockade. An academic study done in 1928 put the death toll at 424,000."

Die Briten hatten nicht das geringste Recht, Deutschland, das vor dem Krieg ein drittel seiner Lebensmittel importierte, von den amerikanischen Getreidelieferungen abzuschneiden

Woher stammt die Zahl ein Drittel der Lebensmittel? Gab es 1914 überhaupt schon große Frachter, die billiges Getreide interkontinental von den USA nach Deutschland transportierten?
 
hä ??? Ich habe gar nichts runtergeladen, ich habe nur auf einen offiziellen Link einer anerkannten US-amerikanischen Universität verwiesen. Klick doch einfach mal drauf !

https://opensiuc.lib.siu.edu/

Ist die offizielle Webseite der Southern Illinois University und bei dem Artikel handelt es sich um eine Orginalkopie des berüchtigten Artikels in der Saturday Review vom Februar 1896. Jeder, der sich ein wenig mit der Vorgeschichte des 1. Weltkrieges beschäftigt hat, sollte diesen Zeitungsartikel kennen!

Ich kannte den Artikel nicht. In Standardwerken zum 1. Weltkrieg und seiner Vorgeschichte habe ich auch nichts davon gelesen, dass eine "Saturday Review-Affäre" (ähnlich wie die Krüger-Depesche oder die Daily Telegraph-Affäre eine maßgebliche Rolle bei an der Verschlechterung der deutsch-britischen Beziehungen vor 1914 gespielt hat.

Im GF gibt es immer wieder Beiträge, in denen User Artikel verlinken, bei denen nicht immer klar ist, woher die Informationen stammen. Wo es immer wieder vorkommt, dass Informationen aus dem Internet unkritisch übernommen werden.
Eine Nachfrage nach Quellen- oder Literatur ist aber nicht ehrenrührig, nur wenn man weiß, welche Quellen und Literatur verwendet wurden, lässt sich rekonstruieren wie man zu einem bestimmten Schluss kommt.

Mir ist inzwischen klar, dass du den Artikel nicht von verschwörungstheoretischen Werken des Kopp-Verlags übernommen hast, und es liegt mir fern, irgendjemand in eine rechte Ecke stellen zu wollen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Zahl wird in wiki angezweifelt. "The German Board of Public Health in December 1918 claimed that 763,000 German civilians had already died from starvation and disease, caused by the blockade. An academic study done in 1928 put the death toll at 424,000."



Woher stammt die Zahl ein Drittel der Lebensmittel? Gab es 1914 überhaupt schon große Frachter, die billiges Getreide interkontinental von den USA nach Deutschland transportierten?

Zwei Zitate aus dem von mir verlinkten Wikipedia-Artikel:

"Both Germany and the United Kingdom relied heavily on imports to feed their population and supply their war industry."

"The blockade was unusually restrictive in that even foodstuffs were considered "contraband of war". There were complaints about breaches of international law, but most neutral merchant vessels agreed to dock at British ports to be inspected and then escorted, less any "illegal" cargo destined for Germany, through the British minefields to their destinations."

https://en.wikipedia.org/wiki/Blockade_of_Germany

Die Britische Admiralität wußte ganz genau um die Vulnerabilität Deutschlands. Man muss sich auch vorstellen, dass es damals ausser dem Salpeter aus Chile keinen Kunstdünger gab (der von den Briten natürlich auch konfiziert wurde, aber zugegebener Maßen reguläre Konterbande war, da er auch zur Herstellung von Sprengstoff diente) und zusätzlich durch den Wegfall von unzähligen Bauernsöhnen, die als Soldaten eingezogen wurden, der Landwirtschaft die Grundlage entzogen wurde. Der Zusammenbruch 1918 war hauptsächlich der gravierenden Unterernährung sowohl der Soldaten aber auch vor allem der Zivilbevölkerung zuzuschreiben.

Ich kann auch nur nochmal ausdrücklich das Buch von Nicholas Lambert empfehlen:
[mod]Kommerzieller Link entfernt, bibliographische Infos eingefügt.[/mod]
Planning Armageddon: British Economic Warfare and the First World War. Harvard 2012.

Lambert beschreibt ausführlich, wie 1905, kurz nach dem Abschluss der Entente mit Frankreich, die britischen Planungen für die Blockade begannen. Die Briten sprachen sich nach der zweiten Marokko-Krise auch intensiv mit den Franzosen über ein Vorgehen in einem künftigen Krieg ab, sowohl was die Operationen der beiden Marinen, als auch den Einsatz des britischen Expeditionskorps in Frankreich anbelangte. Ich halte es deswegen für völlig ausgeschlossen, dass die Briten bei einem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich neutral geblieben wären.
 
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Ich kenne das Buch von Mc Millan. Sie ist die Urenkelin von David Lloyd George und entspreched einseitig ist auch ihre Weltbild.

Der Meinung kann man ja sein.
Die Rolle Großbritanniens bei der Pariser Friedenskonferenz betreffend Deutschland und das Entgegenwirken der britischen Seite gegenüber frannzösischen Vorstellungen wirst du damit allerdings schwerlich wegdiskutieren können.
Wenn du die bei McMillan nicht ernstnehmen willst, kannst du sie auch gerne etwa bei Jörn Leonhard nachlesen in: "Der überforderte Frieden, Versailles und die Welt 1918-1923", konkret im Kapitel "7. Verflochtene Agenden: Deutschlands Status, Polens Staat, Frankreichs Sicherheit."

Der Mann ist nicht Urenkel von Lloyd George und genuin britische Positionen wird man ihm auch schwerlich vorwerfen können.


Was Lloyd George selbst angeht, da würde ich mal die Lektüre von Nicholas Lamberts Buch "Planning Armageddon" empfehlen.

Dort wird z.B. eingehend auf die Planung (die bereits um 1905 begann) und Ausführung der Britischen Blockade eingegangen, die laut Wikipedia 763 000 deutschen Zivilisten das Leben gekostet hat:

1. Möchte ich denn wärmstens Empfehlen Planungen eventueller Maßnahmen innerhalb eines Krieges von der Planung eines Krieges an und für sich zu unterscheiden, wenn du dich an dieser Diskussion abarbeiten möchtest im Hinblick auf die Planung britischer Eventualszenarien gab es hier bereits vor einigen Seiten eine entsprechende Diskussion vor allem betreffs Antwerpen, der Schelde und Vlissingen.
2. Selbstredend planten die Stäbe von Admiralitäten und Generalitäten für eventuelle Kriegsszenarien. Das ist deren Aufgabe. Übrigens, kleiner Funfact am Rande: 1905 ist übrigens auch das Jahr, in dem ein gewisser Herr von Schlieffen begann Pläne auszuarbeiten, die darauf hinausliefen Belgien die Niederlande (in den originalen Überlegungen wenigstens hinsichtlich der Provinz Limburg) und Luxemburg zu überfallen, sofern die sich im Eventualfall eines Krieges mit Frankreich deutschen militärischen Wünschen wiedersetzen würden.
Oder mit anderen Worten: So what?
3. Keine Ahnung ob die in Wikipedia genannten Zahlen stimmen. Aber selbst wenn, was wolltest du mir jetzt konkret damit beweisen? Soll man das jetzt aufrechnen, gegen die zivilen Opfer des U-Boot-Krieges, der Beschießung von Scarborough, der Übergriffe in Dinant und Leuven, der Versuche London zu bombardieren etc. oder was ist da jetzt die Intention?
Könnte ich das bitte näher erläutert bekommen?

Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass diese Blockade illegal war.
Hat daran irgendjemand substanzielle Zweifel geäußert?

Es wurde in den Jahrzehnten vor dem Krieg klar festgelegt, was Konterbande ist und was nicht und Lebensmittel für die Zivilbevölkerung gehörten ganz klar nicht dazu.
............ weswegen die Briten bis 1916 im Übrigen auch darauf verzichteten, die Blockade auf Lebensmittel auszudehnen, kannst du übrigens bei Afflerbach ("Auf Messers Schneide") nachlesen (sofern ich das gerade richtig im Kopf habe).
Übrigens war auch vor dem Krieg mal so etwas wie eine Priesenordnung festgelegt worden, an die sich die deutsche Seite in Sachen U-Booten auch nicht so unbedingt immer hielt, dass nur am Rande.

Die Briten hatten nicht das geringste Recht, Deutschland, das vor dem Krieg ein drittel seiner Lebensmittel importierte, von den amerikanischen Getreidelieferungen abzuschneiden und vor der Versenkung der Lusitania kam es deswegen auch zu scharfen Protesten der amerikanischen Regierung in Richtung Großbritannien.

Für dieses Drittel hätte ich ganz gerne einen ausführlichen Beleg. Das erscheint mir schon deswegen unglaubwürdig, weil Deutschland wegen des Überangebots an Lebensmitteln vor dem Krieg sein Agrar-Schutzzollsystem erfinden musste, mit dem man die Russen massiv vor den Kopf stieß um die eigene ostelbische Landwirtschaft rentabel zu halten.
Hätte ein derartiger Mangel vorgelegen, dass Deutschland ein Drittel seiner Nahrungsmittel hätte importieren müssen, wäre das wohl kaum nötig gewsen. Davon abgesehen wäre Deutschland auch kaum in der Lage gewesen den Wegfall von einem Drittel der Lebensmittelversorgung länger als ein paar Monate durchzuhalten.
Diese Angabe stammt mit ziemlicher Sicherheit aus nicht besonders seriöser Quelle.
Es ist richtig, dass Deutschland vor dem Krieg Netto-Importeur von Lebensmitteln war, aber nicht in diesen Ausmaßen.

Ja, die Amerikaner protestierten vor der Lusitania gegen die britische Blockadepraxis, dass ist richtig. Übrigens protestierten sie auch regelmäßig gegen die Missachtung der Priesenordnugn durch deutsche U-Boote.


Lloyd Georg war, anders als Churchill, ein absoluter Hardliner in Sachen Blockade und stimmte allem, was Hankey und Konsorten vorschlugen, vorbehaltlos zu (übrigens war Hankey später ein scharfer Kritiker der Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse, nur mal so nebenbei https://en.wikipedia.org/wiki/Maurice_Hankey,_1st_Baron_Hankey#Post-war_writings)

Verzeihung, warum hätte diese Art von Kriegsführung irgendwelcher Einflüsterungen bedürfen sollen?
Großbritannien fehlte an Land vollkommen der Zugriff auf Deutschland, die Front in Nordfrankreich und Flandern steckte fest, während Großbritanniens eigene Ressourcen zunehmend angeschlagenn war, dadurch, dass es zunehmend für französische und russische Kredite Bürgeschaften übernehmen und überdies völlig außerplanmäßig ein ansehnliches Landheer finanzieren musste, dass im Militäretat eigentlich nicht vorgesehen war und nur eine begrenzte Zeit finanziell übrhaupt zu tragen war, bevor das zu massiven Problemen führen musste.

Was hätten die Briten deiner Meinung nach in Sachen Strategie tun sollen? Weiter gegen die Schützengräben in Flandern anrennen und ihre Soldaten sinnlos verheizen? Das wäre ja wohl hübsch dämlich gewesen.

War das Illegal und amoralisch? Na klar.
Andereseits, wenn wir ehrlich sind, war dem vorausgegangen:

- Der deutsche Überfall auf Belgien und Luxemburg, der gerade in Dinant und Leuven zu schweren Schäden und zivilen Opfern führte.
- Die immer häufigere Verletzung der Priesenordnung durch deutsche U-boot-Fahrer
- Die Beschießung von Scarborough durch Einheiten der Deutschen Marine
- Die Bombardierung Londons durch deutsche Zeppeline
- Der planmäßige Einsatz von Giftgas, zunächst durch die deutsche Seite bei Ypern etc.

Alles Handlungen, die nach den Maßstäben damaligen internationalen Rechts illegal waren. Und ziemlich Amoralisch würde ich meinen.

Jetzt wäre die Frage zu stellen, kann man einem Akteur im speziellen vorwerfen, nachdem das internationale Seerecht, die Haager Landkriegsordnung und die genfer Konventionen längst in die Binsen gegangen waren, die Eskalationsschraube zum eigenen Vorteil noch etwas weiter zu drehen, zumal auch die andere Seite keine Anstalten machte in Zukunft zimperlicher zu werden, sondern hübsch an neuem, tötlicherem Giftgas arbeitete?

Sehe ich nicht und im übrigen, wenn du bei McMillan Einseitigkeit beklagst, möchte ich sagen, dass ich die von dir betriebene Ausblendung dieses Kontextes für einseitig halte.


Und ja, mein Post hat mit der Eingangsfrage zu tun, denn aus meinen Ausführungen ergibt sich, dass Großbritannien so oder so einen Weg gefunden hätte, in den Krieg gegen Deutschland einzutreten, ganz unabhängig der Frage der belgischen Neutralität. Übrigens haben die meisten Antwort in diesem Thread mit England gar nichts zu tun, aber sie passen halt ins Bild und werden deswegen nicht kritisiert.

1. Aus welcher Ausführung deinerseits soll sich das ergeben? Aus konfusem Herumreiten auf einem Zeitungsartikel aus den 1890er Jahren? Wohl kaum. Daraus, dass die Admiralität und das britische Kriegsministerium für den Eventualfall eines Krieges mit Deutschland auf eine Blockade setzten, was ohnehin das einzige war, was man da tun konnte, weil es an adäquaten Landstreitkräften fehlte? Wohl kaum.
2. Selbstverständlich hätte die britische Regierung, wenn sie gewollt hätte auch ohne Belgien früher oder später irgendeine Gelegenheit gefunden in einen potentiellen Krieg gegen Deutschland einzutreten, wenn das die Position des britischen Kabinetts gewesen wäre. Das ist doch wohl kaum strittig und auch überhaupt nicht das Thema des Fadens. Das Thema des Fadens ist viel mehr die Frage, ob die britische Regierung ohne einen deutschen Übergriff auf Belgien eine Veranlassung gesehen hätte sich in einen potentiellen Krieg mit deutscher Beteiligung einzuschalten. Auf diese Frage gehen deine bisherigen Einlassungenn in keinster Weise ein, die reiten bislang nur auf einem abgeschmackten Zeitungsartikel aus den 1890er Jahren, der seinerzeit keine besonders hohen Wellen geschlagen hat, herum und auf der Tatsache, das ein Land dessen Hauptlandmasse eine Insel bildet, dass eine dementsprechend starke Marine und kaum ein Landheer unterhält im Eventualfall eines Krieges mit dem Einsatz der vorhandenen Marine zwecks einer Blockade plant. Welch Überraschug!
 
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Der englische Botschafter Goschen in Berlin hatte seinen Bericht an Sir Edward Grey über seine letzte Unterredung mit Kanzler Bethmann glatt unkorrekt dargestellt.
Angeblich soll Bethmann zu Goschen gesagt haben, "Nur wegen eines einzigen Wortes, der Neutralität, ein Wort das im Krieg schon so oft missachtet worden ist - nur wegen eines Fetzen Papier [a scrap of paper] wolle England einer blutsverwandten Nation den Krieg erklären [...]." Kursive Hervorhebung durch mich.

In Schmidt seinen aktuellen Werk "Kaiserdämmerung" ist zu lesen, das Bethmann diese Äußerung so gar nicht gemacht habe. Goschen sein Sohn erteilte 10 Jahre nach Kriegsbeginn darüber Auskunft, das sich so eine Redewendung doch eine erstklassige Propagandmunition liefere. (Schmidt, Kaiserdämmerung, S.561). Schmidt bezieht sich selbst auf T.G.Otte, A German Paperchase: "The Scrap of paper."
 
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Diese Zahl wird in wiki angezweifelt. "The German Board of Public Health in December 1918 claimed that 763,000 German civilians had already died from starvation and disease, caused by the blockade. An academic study done in 1928 put the death toll at 424,000."

Die Zahl von 763.000 Opfern durch die Hungerblockade stammt ursprünglich vom Reichsgesundheitsamt aus einer Denkschrift vom 27.12.1918.
 
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