Reparationsforderungen nach dem 2. Weltkrieg

silesia

Moderator
Teammitglied
Anläßlich aktueller Entwicklungen wurde angesprochen, dass die Bundesreupblik Deutschland (möglicherweise) noch offene "Reparations"-Verpflichtungen gegenüber anderen Staaten habe. Dazu eine Meinung:

1. Reparationen für so genannte herkömmliche Kriegsmaßnahmen

Eine Teil der kriegführenden Staaten hat ausdrücklich auf Reparationen verzichtet (zB Polen, mit Verzicht vom 23.8.1953, ausdrücklich bestätigt anläßlich der Warschauer Verträge).

Ein weiterer Teil hat sich bislang nicht ausdrücklich erklärt (zB Brasilien, dass sich weder an den Reparationsabkommen für die westliche noch für die östliche Reparationszone beteiligt hat). Diese Staaten sind bis 1990 passiv geblieben.

Eine dritte Gruppe von Staaten hatte zunächst ausdrücklich die Reparationsfrage für offen erklärt: dazu gehören zB Griechenland, Indien, Kanada, Niederlande, Großbritannien und die USA. Die Reparationsfrage sollte bis zu einer abschließenden Regelung mit Deutschland aufgeschoben bleiben:
Londoner Schuldenabkommen – Wikipedia
Überleitungsvertrag – Wikipedia

Diese Bedingung ist mit dem 2plus4-Vertrag für die Staaten, die am Londoner Schuldenabkommen teilnahmen (wie zB Griechenland), eingetreten.
Agreement on German External Debts - Wikipedia, the free encyclopedia
Für die Staaten, die dem Abkommen nicht begetreten sind (zB Indien), besteht völkerrechtlich ebenfalls kein Anspruch mehr, der nach völkerrechtlichen Grundsätzen von TReu und Glauben spätestens vor dem Abschluß des 2plus4-Vertrages hätte angemeldet werden müssen.


2. Wiedergutmachung

Höchstwahrscheinlich sind Wiedergutmachungsleistungen (insbes. Verfolgungsschäden, nationalsozialistisches Unrecht, Kriegsverbrechen) nicht von den Reparationsregelungen im engen Sinne erfaßt. Mit einer Reihe von Staaten gab es dazu Vorbehalte bzw. Regelungen (so ließ Polen diese Frage bis zur Klärung der Grenzfrage ausdrücklich offen - inzwischen eingetreten).

Auf dieser Basis wurden daher die Vereinbarungen zwischen Israel und der BRD geschlossen, dazu 12 Globalentschädigungsabkommen mit den Opfern in diesen Staaten (so zB Griechenland am 18.3.1960).
Akten zur auswärtigen Politik der ... - Google Bücher

Offen ist dabei, ob alle denkbaren Fälle der Wiedergutmachung mit den Entschädigungsabkommen abgegolten sind (so zB nicht für Zwangsarbeiter). Dabei dürfte es sich um Einzelansprüche von Personen, nicht von Staaten, handeln. Die Reparationen für so genannte herkömmliche Kriegsfolgen ist dagegen abgeschlossen.
 
Anläßlich aktueller Entwicklungen wurde angesprochen, dass die Bundesreupblik Deutschland (möglicherweise) noch offene "Reparations"-Verpflichtungen gegenüber anderen Staaten habe. Dazu eine Meinung:

1. Reparationen für so genannte herkömmliche Kriegsmaßnahmen

Eine Teil der kriegführenden Staaten hat ausdrücklich auf Reparationen verzichtet (zB Polen, mit Verzicht vom 23.8.1953, ausdrücklich bestätigt anläßlich der Warschauer Verträge).

Ein weiterer Teil hat sich bislang nicht ausdrücklich erklärt (zB Brasilien, dass sich weder an den Reparationsabkommen für die westliche noch für die östliche Reparationszone beteiligt hat). Diese Staaten sind bis 1990 passiv geblieben.

Eine dritte Gruppe von Staaten hatte zunächst ausdrücklich die Reparationsfrage für offen erklärt: dazu gehören zB Griechenland, Indien, Kanada, Niederlande, Großbritannien und die USA. Die Reparationsfrage sollte bis zu einer abschließenden Regelung mit Deutschland aufgeschoben bleiben:
Londoner Schuldenabkommen – Wikipedia
Überleitungsvertrag – Wikipedia

Diese Bedingung ist mit dem 2plus4-Vertrag für die Staaten, die am Londoner Schuldenabkommen teilnahmen (wie zB Griechenland), eingetreten.
Agreement on German External Debts - Wikipedia, the free encyclopedia
Für die Staaten, die dem Abkommen nicht begetreten sind (zB Indien), besteht völkerrechtlich ebenfalls kein Anspruch mehr, der nach völkerrechtlichen Grundsätzen von TReu und Glauben spätestens vor dem Abschluß des 2plus4-Vertrages hätte angemeldet werden müssen.


2. Wiedergutmachung

Höchstwahrscheinlich sind Wiedergutmachungsleistungen (insbes. Verfolgungsschäden, nationalsozialistisches Unrecht, Kriegsverbrechen) nicht von den Reparationsregelungen im engen Sinne erfaßt. Mit einer Reihe von Staaten gab es dazu Vorbehalte bzw. Regelungen (so ließ Polen diese Frage bis zur Klärung der Grenzfrage ausdrücklich offen - inzwischen eingetreten).

Auf dieser Basis wurden daher die Vereinbarungen zwischen Israel und der BRD geschlossen, dazu 12 Globalentschädigungsabkommen mit den Opfern in diesen Staaten (so zB Griechenland am 18.3.1960).
Akten zur auswärtigen Politik der ... - Google Bücher

Offen ist dabei, ob alle denkbaren Fälle der Wiedergutmachung mit den Entschädigungsabkommen abgegolten sind (so zB nicht für Zwangsarbeiter). Dabei dürfte es sich um Einzelansprüche von Personen, nicht von Staaten, handeln. Die Reparationen für so genannte herkömmliche Kriegsfolgen ist dagegen abgeschlossen.


Verjähren solche Ansprüche nicht irgendwann? Fast 70 Jahre dannach wäre das doch eigentlich langsam der Fall, oder?

In Bezug auf Griechenland: Die haben doch im Rahmen der EU als Nettoempfänger eigentlich schon sehr ordentlich Hilfen bekommen. Könnte die BRD das nicht irgendwie verrechnen?

Und wieso hat Polen auf Reparationen verzichtet, um die Oder-Neiße anerkannt zu bekommen?
 
Verjähren solche Ansprüche nicht irgendwann? Fast 70 Jahre dannach wäre das doch eigentlich langsam der Fall, oder?
Und wieso hat Polen auf Reparationen verzichtet, um die Oder-Neiße anerkannt zu bekommen?

Polen hat - mit Bezug auf die DDR - 1953 auf Reparationen verzichtet. Im Warschauer Vertrag wurde klargestellt und durch Notenaustausch bestätigt, dass sich dieser Verzicht auf das Gesamt-Deutschland bezieht. Davon abgesehen hatte sich Polen den Aspekt Wiedergutmachung (s.o.) offen gehalten.

Die Verjährung habe ich oben angesprochen, das wird zum Teil hinsichtlich der nicht "erklärten" Nationen auch in der Literatur so dargestellt.
Eichhorn, Bert Wolfgang: Reparation als völkerrechtliche Delikthaftung -rechtliche und praktische Probleme unter besonderer Berücksichtigung Deutschlands (1918-1990), 1992.


In Bezug auf Griechenland: ...
Die tagespolitische Bedeutung habe ich oben ausgegrenzt. :D
Als historische Fragestellung reichte mir die Bedeutung des LSA iVm dem 2plus4-Vertrag 1990.
 
Zuletzt bearbeitet:
Polen hat - mit Bezug auf die DDR - 1953 auf Reparationen verzichtet. Im Warschauer Vertrag wurde klargestellt und durch Notenaustausch bestätigt, dass sich dieser Verzicht auf das Gesamt-Deutschland bezieht. Davon abgesehen hatte sich Polen den Aspekt Wiedergutmachung (s.o.) offen gehalten.

Die Verjährung habe ich oben angesprochen, das wird zum Teil hinsichtlich der nicht "erklärten" Nationen auch in der Literatur so dargestellt.
Eichhorn, Bert Wolfgang: Reparation als völkerrechtliche Delikthaftung -rechtliche und praktische Probleme unter besonderer Berücksichtigung Deutschlands (1918-1990), 1992.



Die tagespolitische Bedeutung habe ich oben ausgegrenzt. :D
Als historische Fragestellung reichte mir die Bedeutung des LSA iVm dem 2plus4-Vertrag 1990.
Ja, hab ich ja gesehen, dass gilt aber nur für die Länder, die sich 2+4 nicht angeschlossen haben. Und die anderen können das einfach ewig offen halten?
 
Das Thema Reparationen und Wiedergutmachung ist ein außerodentlich heikles Thema. Ich bin der Meinung, das die Bundesrepublik in dieser Hinsicht sicher ohne jede Frage schon beträchtliches geleistet hat.

Wenn man auf das Thema auf Wiedergutmachung in diesem Zusammenhang aber auf das unglaubliche Elend und Leid durch die größte organisierte ethnische Säuberung der Geschichte, hier die Massenvertreibung der Deutschen insbesondere aus Polen und der ehemaligen CSSR zu sprechen kommt, ohne die deutschen Verbrechen irgendwie relativeren zu wollen, dann wird es ganz schnell sehr sehr heikel. Das mögen unsere östlichen Nachbarn, leider, gar nicht gern hören, das auch sie in der Schlußphase des Zweiten Weltkriegen bzw. in der Nachkriegszeit massenhaft Verbrechen an Deutschen begangen haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es scheint, als ware bei 300 Mrd Euro noch nicht Schluß, der Nationalrat für die Entschädigungsforderungen Griechenlands an Deutschland beziffert mittlerweile die Summe auf bis zu 500 Mrd (und ich persönlich bin mir sicher, die finden noch mehr!).

Prinzipell halte ich reparationen und Wiedergutmachungsleistungen für notwendig und legitim. Im falle griechenlands belief sich diese Forderung im Herbst 1945 in Paris auf 10 Milliarden, was von den Alliierten als überzogen abgelehnt worden war (20 Milliarden Gesamtforderung).

Griechenland bekam schließlich Sachleistungen im Wert von 25 Millionen USD zugesprochen, insgesamt 30.000 to. !950 wurden 10.000 to verladen, kamen aber nie an. Die restlichen 20.000 to verrotteten im hamburger hafen und wurden an die briten schließlich verkauft. Was mit dem Erlös passierte ist unklar.
1953 bewilligte man griechenland als verkappte Reparationszahlungen 200 Millionen DM als investitionskredit. 1960 einigten sich die BRD und griechenland auf Wiedergutmachungsleistungen von 115 Millionen DM an Opfer deutscher Verbrechen. dafür verzichtete Griechenland auf weitere individuelle Forderungen.
Zu den 2+4 Verhandlungen schrieb bereits silesia etwas.

Mich interessieren in diesem Zusammenhang, auch, weil ich mich mit dem partisanenkrieg und den Griechischen Bürgerkriegen beschäftigte, vor allem die Verlustzahlen.
Der Nationalrat spricht mittlerweile von 56.000 griechischen Zivilisten, die von den Achsenmächten ermordet wurden, von 20.000 getöteten Partisanen, von 105.000 Griechen, die in KZs ermordet wurden und von bis zu 600.000 kriegsbedingten direkten und indirekten Hungertoten. Die Zahlen sind allerdings sehr fließend. Hierbei sind allerdings auch demographische Verluste eingerechnet.

Während der besatzungszeit kam es in der Tat zu großflächigen Requirierungen von Gütern, auch von Nahrungsmitteln und in diesem Zusammenhang auch zu einer Hungersnot in Griechenland. Mazower geht zB bis 1943 von bis zu 300.000 Toten aus (inklusive demographischer verluste). Es gibt auch Schätzungen, die von einigen wenigen zehntausend ausgehen. Ich fand bislang keine Literatur zu tatsächlichen Verlusten. Gibt es solche?

Was bei diesen zahlen unberücksichtigt bleibt, ist, daß griechenland nicht nur von Deutschland besetzt war, sondern von drei Achsenmächten, Deutschland, Italien und Bulgarien, wobei Italien den Großteil Griechenlands besetzt hielt. Ich konnte bislang nur die deutschen Aktionen untersuchen, gibt es auch Daten zu italienischen und bulgarischen Verbrechen. ich las zwar von "significant mass reprisals", doch ohne genaue Angaben. Lediglich bei Knopp, Guido (2009). Die Wehrmacht - Eine Bilanz, soll eine Zahlenangabe stehen. Ich konnte das Buch allerdings noch nicht einsehen. Vielleicht kann hier jemand helfen? Es soll dort stehen, daß die deutschen 21,000 Zivilisten, die italiener 9.000 und die Bulgaren 40,000 Zivilisten exekutieren und ermorden ließen. Nicht berücksichtigt finde ich auch den Anteil der Verluste an Kollaborateuren. Im Allgemeinen richten sich Partisanenaktivitäten auch stark gegen die kollaborierende Bevölkerung. Hierzu fand ich bislang keine Angaben. Ab dem Winter 1943/44 kam es zudem zu Kämpfen zwischen ELAS und EDES, der ebenfalls ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung geführt wurde. Gibt es hierzu Zahlen?

Deutschland hat ohne Zweifel auch in Griechenland große Schuld auf sich geladen. Für mich scheint aber ein Großteil der Besatzungszeit und der Bürgerkriege noch nicht aufgearbeitet. Das Aufflammen nach reparationsforderungen hat meines Erachtens nach aber wenig mit dem Krieg und seinen Folgen zu tun, sondern dient griechsichen politischen Kreisen als Blitzableiter um vom eigenen Versagen und eigener Verantwortung abzulenken.
 
Wir sollten die Tagespolitik mit Motiven, Zielen etc. außen vor lassen, das Thema läßt sich auch gut rein historisch/rechtsgeschichtlich besprechen.

Insofern erstmal Danke für das Update, der Hintergrund für #1 ergab sich aus den seinerzeitig erstmalig aufgeflammten Diskussionen um diese Ansprüche.

Die (staatlichen!) Reparationsangelegenheiten sind völkerrechtlich abgeschlossen, wie schon erwähnt kann es ausschließlich um die Frage der Widergutmachung, also Entschädigung von Einzelansprüchen von Personen oder Gruppen außerhalb der s.g. "herkömmlichen" Kriegsfolgen gehen, also zB Kriegsverbrechen, Zwangsarbeit, etc.

Requirierungen, "Anleihen" des deutschen Kriegs-Clearingverfahrens bleiben dabei außer Betracht.

Die völkerrechtliche Positionierung besteht seit dem 2plus4-Abkommen.

Wiedergutmachungsregelungen für persönliche Ansprüche erfolgten auch danach:
Zwangsarbeit 1939-1945: Entschädigung - Hintergrundinformationen

Eine völlig andere Frage ist natürlich, was abseits abgeschlossener staatlicher Ansprüche im Sinne einer moralischen Verantwortung für richtig gehalten wird.
 
Ich habe versucht, die Tagespolitik soweit wie möglich außen vor zu lassen, auch wenn sie doch sehr mit der Problematik verbunden ist. Hoffe, daß ist mir einigermaßen gelungen :)

Außer griechischer Sicht scheint das ganz anders zu sein. Hier hat man weder völkerrechtlich abgeschlossen, noch auf der individuellen Ebene.

Mir persönlich wäre es recht, wenn es im Zuge solcher Debatten zu einer deutlich stärkeren Aufarbeitung der Geschehnisse in Griechenland käme. Als Zahlenfetischist, denke ich da zuerst an die Opferzahlen. Natürlich sind auch Zerstörungen und Requirierungen interessant. Wer starb durch wenn, wer requirierte oder zerstörte was etc., in welchem maße gab es kollaboration und wie stark war der Widerstand dagegen etc.
 
Das Thema, rechtlich international in den 1990er bereits erledigt, scheint nun wieder hochzukochen.

Abseits der tagespolitischen Diskussionen ist oben etwas zur Wirkung des 2plus4-Vertrages und den Positionierungen 1990 gesagt worden.

Zur Sonderproblematik ziviler Entschädigungen und zum Globalentschädigungsabkommen 1960 ist oben auch bereits etwas gesagt worden.
 
Die Reparationsfrage ist doch eigentlich, meine Meinung als juristischer Leihe, völkerrechtlich schon seit 1953 erledigt. Die Sowjetunion hatte u.a. auch klargestellt, das Polen aus den russischen Teil der Reparationen, den die DDR geleistet hatte, bedient werden würde.

Bei den 2+4 Verhandlungen sind von der polnischen Seite auch keine Forderungen gekommen. Und jetzt, nach bald 80 Jahren kommt die polnische Regierung mit einer sagenhaften Forderungen von mehreren hundert Milliarden Euro um die Ecke.

Meines Erachtens kommen die Forderungen viel zu spät und man auch kann nicht mal hüh und dann wieder hott sagen. Die heutige Bevölkerung der Bundesrepublik hat diese entsetzlichen Verbrechen nicht begangen.

Meines Wissens nach präsentiert die Volksrepublik Polen gegenüber den anderen Aggressor des September 1939, die Sowjetunion, heute der Rechtsnachfolger Russland, keine Forderung nach Reparationen. Warum nicht?
Und es wird m.W. nach auch nicht darüber nachgedacht, das eine Wiedergutmachung für die eigenen Verbrechen an die Deutschen, die schließlich brutal vertrieben worden sind, geleistet werden soll.
 
Die Reparationsfrage ist doch eigentlich, meine Meinung als juristischer Leihe, völkerrechtlich schon seit 1953 erledigt. Die Sowjetunion hatte u.a. auch klargestellt, das Polen aus den russischen Teil der Reparationen, den die DDR geleistet hatte, bedient werden würde.

Dazu der Artikel aus der Welt (von mir oben verlinkt):

All diese Argumente lässt die Regierung in Warschau nicht gelten. Die polnischen Kommunisten seien ebenso wenig wie die UdSSR berechtigt gewesen, für Polen zu sprechen, und die Regelungen von 1990 und 1991 hätten sich nicht auf Reparationen bezogen. Der eigentliche Hintergrund der immer wiederholten Forderungen dürfte aber eher innenpolitischer Natur sein: Damit heizt die PiS-Partei die antideutschen Ressentiments ihrer Anhängerschaft an.
 
Die Argumentation der PiS-Regierung ist derart absurd, dass es mich ernstlich wundert, dass ihre inneren Widersprüche nicht stärker thematisiert werden – sowohl in Polen als auch international. Gerade international. (Wohlgemerkt, die Angemessenheit der Höhe der Reparationen, die Polen tatsächlich empfing, steht dabei nicht zur Debatte. Hier darf man durchaus zweifeln, aber gerade diesen Weg ist Warschau nicht gegangen.)

Falls die international anerkannte polnische Regierung 1953 nicht befugt war, diese völkerrechtlich bindende Übereinkunft zu schließen, so logischerweise nur deshalb, weil ihr aus heutiger polnischer Sicht jede Befugnis fehlte, für das polnische Volk zu sprechen. Es handelte sich also nicht bspw. um einen Verfassungsbruch, sondern um Usurpation. Damit freilich würden alle Abkommen hinfällig, die Polen bis 1989 geschlossen hat.

Die Dritte Republik hat aber nie bestritten, die Rechtsnachfolge der Volksrepublik Polen angetreten zu haben.

Sollte Polen auf seinem Standpunkt beharren, müssten sich Staaten, mit denen Polen diplomatische Beziehungen unterhält, fragen, ob Warschau nicht folgerichtig auch solche Abkommen als nichtig betrachtet, welche sie mit nicht demokratisch legitimierten Regierungen von Drittmächten geschlossen haben. Der Grundsatz, dass eine Diktatur nicht für ein Volk sprechen kann, kann nur global gelten oder gar nicht.

Last but not least: Aleksander Kwasniewski bestätigte während seiner Präsidentschaft die polnische Rechtsauffassung bezüglich der Übereinkünfte von 1953 bzw. aus der Wendezeit. War er dazu etwa nicht befugt? Auch im internationalen Recht gilt der Grundsatz von Treu und Glauben. Die polnische Regierung kann sich nicht aussuchen, an welche Übereinkünfte ihrer Vorgängerin sie gebunden sein will und an welche nicht.

Gerade weil eine Regierung an die Übereinkünfte gebunden ist, die ihre Vorgängerin im Namen des Landes getroffen hat, enthalten internationale Verträge in aller Regel Kündigungsmodi, denn kaum ein Land möchte sich derart dauerhaft binden, wie es dies ohne rechtmäßigen "Ausweg" unweigerlich täte.

Was mich enttäuscht, ist, dass die EU oder Staaten wie Frankreich hier nicht moderierend eingreifen.
 
Anläßlich aktueller Entwicklungen wurde angesprochen, dass die Bundesreupblik Deutschland (möglicherweise) noch offene "Reparations"-Verpflichtungen gegenüber anderen Staaten habe. Dazu eine Meinung:

1. Reparationen für so genannte herkömmliche Kriegsmaßnahmen

Eine Teil der kriegführenden Staaten hat ausdrücklich auf Reparationen verzichtet (zB Polen, mit Verzicht vom 23.8.1953, ausdrücklich bestätigt anläßlich der Warschauer Verträge).

Eine weitere Runde der Reparatiosndiskussion mit Polen. Eigentlich gibt es wohl keine Grundlage, dennoch scheint sie politisch - aus polnischer Sicht - in der Regierung erwünscht. Und gleichzeitig widerspricht die Opposition.

Zweiter Weltkrieg: Polen verlangt von Deutschland mehr als 1,3 Billionen Euro Reparationen

Polens Oppositionsführer Tusk wirft Regierung »antideutsche Kampagne« vor
 
Zurück
Oben