Leningrader Kapitulationsversuche?

Ein Kriegsverbrechen ist doch kein hypothetisches Konstrukt.
Eben. Das scheinst Du selber zu übersehen. Das Kriegsverbrechen entstand durch den Entschluss der Verantwortlichen in Wehrmacht und NS-Führung, die Stadt einzuschließen mit dem Ziel die Bevölkerung verhungern zu lassen.

Was Du hier konstruierst, ist eine merkwürdige Sackgasse. Weil die Leningrader Verantwortlichen keine Kapitulation angeboten haben, ist das kriegsverbrecherische, vorsätzliche Verhungern lassen der Zivilbevölkerung Leningrads durch die Wehrmacht kein Kriegsverbrechen? Junge, Junge.

Von Seiten der Wehrmacht ist ansonsten auch keine Kapitulationsaufforderung ergangen.
 
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Das Kriegsverbrechen entstand durch den Entschluss der Verantwortlichen in Wehrmacht und NS-Führung, die Stadt einzuschließen mit dem Ziel die Bevölkerung zu verhungern zu lassen.
Das ist keine sonderlich logische Schlussfolgerung. Wenn A sich entscheidet X zu tun, aber nie in der Lage ist X aus eigenem Anlass zu erreichen, kann A nicht unmittelbar zum Eintreten von X begetragen haben.
 
Wenn A sich entscheidet X zu tun, aber nie in der Lage ist X aus eigenem Anlass zu erreichen, kann A nicht unmittelbar zum Eintreten von X begetragen haben.
Hier hat A (die Nazis) sich entschlossen X zu tun (Belagerung von Leningrad mit dem Ziel, dass die Bevölkerung stirbt). Dass nicht alle Leningrader während der Belagerung gestorben sind, entlastet die NS-Führung nicht. Der "Teilerfolg" bezüglich Ziel X ist ihnen anzurechnen.
 
Ok, ich hoffe ich komme der Sache etwas näher. Ist euer Argument, dass durch den Befehl die Stadt verhungern zu lassen aus der Belagerung ein Kriegsverbrechen geworden ist? Anderherum: Ohne diesen Befehl und bei gleichem Ausgang wäre es keines gewesen?
 
Ich denke, ohne den "Hungerbefehl" wäre es nicht zu einer 28monatigen Blockade und somit auch nicht zu einem vergleichbaren Ausgang gekommen. Entweder hätten die Deutschen die Stadt eingenommen wie z.B. in Kiew oder sie wären bei dem Versuch daran gescheitert wie in Moskau.
 
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Man könnte auch einen Vergleich mit dem Kampf um Berlin 1945 ziehen. Es gab zwar auch dort Tausende Tote, aber Ziel der Sowjets war nicht die Berliner Bevölkerung zu vernichten. Nach der Kapitulation war Bersarin erster sowjetischer Stadtkommandant in Berlin. Er kümmerte sich dann sehr um die Lebensmittelversorgung und die Zivilverwaltung. Er wurde posthum zum Ehrenbürger Berlins ernannt.
Vergleich das mit den Zielen und dem Vorgehen der Nazis bei der Blockade von Leningrad, dann sollte der Unterschied klar sein. Der Hungerplan war Teil der verbrecherischen Kriegsführung gegen die gesamte UdSSR.
 
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Meine Worte referierten schlicht den anerkannten Tatbestand des Kriegsverbrechens im Rahmen der Leningrader Blockade. Der hängt nicht davon ab, ob Stadt X um eine Kapitulation nachgesucht hat. Schon gar nicht sind die Tatbestände der Kriegsverbrechen von logischen Beziehungen oder Schlussfolgerungen abhängig, geformt oder darauf aufgebaut. Die Haager Landkriegsordnung, das Humanitäre Völkerrecht etc. sind keineswegs durch logische oder formallogische Definitionen entstanden oder daraus abgeleitet.

Ist euer Argument, dass durch den Befehl die Stadt verhungern zu lassen aus der Belagerung ein Kriegsverbrechen geworden ist?
Es war eine - wissenschaftlich einschlägig anerkannte - Einschließung, eine Blockade mit dem Ziel, die Zivil-Bevölkerung in der Stadt verhungern zu lassen. Dazu wurden beispielsweise entsprechend Luftangriffe und Beschießungen versorgungsrelevanter Einrichtungen gezielt vorgenommen.
Sofern Du anderweitige wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen hast, durch neue, noch unbekannte Quellen, neue wissenschaftliche Publikationen, die anderes belegen können, z.B. dass die Blockade gar keine gewesen war, sondern nur eine sehr lange, vergebliche Belagerung einer nicht kapitulationsbereiten Stadt, bei der die vielen hunderttausend zivilen Hungertoten lediglich als 'Kollateralschäden' einzustufen sind, so ist hier der Platz für eine gute, wissenschaftlich belegte knappe Darstellung.
 
Man könnte auch einen Vergleich mit dem Kampf um Berlin 1945 ziehen. (...)
Das klingt durchaus schlüssig. Ich bin mir unsicher aber meine gelesen zu haben, dass die Truppen vor Leningrad nach einem Teilabzug in Prinzip erst keine Eroberung zugelassen hätten. Das war vor Berlin sicher anders. Die militärische Sinnhaftigkeit kann ich nicht bewerten. Ich habe keine Informationen zu den durch die Belagerung gebundenen sowjetischen Truppen oder möglicherweise kaltgestellte Kriegsindustrie, die es aus deutscher Sicht vielleicht doch Wert gemacht hätten.
 
Sich aus der Lage der Stadt ergebenden Bitten um Übergabe werden abgeschlagen werden. Ein Interesse an der Erhaltung auch nur eines Teils dieser großstädtischen Bevölkerung besteht (…) unsererseits nicht.“ So steht es in einer geheimen Direktive des Stabes der deutschen Kriegsmarine vom 22. September 1941. Titel: „Über die Zukunft der Stadt Petersburg“.​

Q: Erica Zingher, Leningrad: 'Niemand ist vergessen', BpP, 17.09.2021.
 
Sofern Du anderweitige wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen hast, durch neue, noch unbekannte Quellen, neue wissenschaftliche Publikationen, die anderes belegen können, z.B. dass die Blockade gar keine gewesen war, sondern nur eine sehr lange, vergebliche Belagerung einer nicht kapitulationsbereiten Stadt, bei der die vielen hunderttausend zivilen Hungertoten lediglich als 'Kollateralschäden' einzustufen sind, so ist hier der Platz für eine gute, wissenschaftlich belegte knappe Darstellung.
Um mehr als diese Unterscheidung ging es mir eigentlich nicht. Wenn ich dich richtig deute, dann ist durch den formal nicht umgesetzen Hungerbefehl aus der Belagerung ein Kriegsverbrechen geworden. Damit kann ich wohl leben.
 
Es tut mir Leid. Ich kann es unmöglich so deuten, dass dieser Befehl faktisch formal umgesetzt wurde. Höchstens indirekt durch maßgebliches sowjetisches Zutun in Form von sturen Durchhaltedirektiven.

Ich denke wir drehen uns hier im Kreis. Ich danke für eure Mühen.
 
@SörenH , du scheinst doch noch recht wenig substanzielle, auch einschlägige wissenschaftlich relevante Sachkenntnisse zum Thema zu besitzen, wenn ich deine offenkundigen Unsicherheiten & 'Ungereimtheiten' zutreffend wahrnehme. Vielleicht hilft der Link beispielsweise in Beitrag # 32, selbst der entsprechende TanteWiki-Artikel dürfte dir noch gute Dienste leisten, zur besseren Orientierung usw.
 
Es tut mir Leid. Ich kann es unmöglich so deuten, dass dieser Befehl faktisch formal umgesetzt wurde. Höchstens indirekt durch maßgebliches sowjetisches Zutun in Form von sturen Durchhaltedirektiven.

Ich denke wir drehen uns hier im Kreis. Ich danke für eure Mühen.
'wir':D:D?
Letzte Chance für dich: wie hätte denn die 'faktisch formale Umsetzung' dann real aussehen müssen, deiner Ansicht nach? Im Unterschied zu den deutscherseits durchgeführten Massnahmem? Und im Unterschied zu den realen Folgen für die Leningrader Zivilbevölkerung?
 
Es tut mir Leid. Ich kann es unmöglich so deuten, dass dieser Befehl faktisch formal umgesetzt wurde. Höchstens indirekt durch maßgebliches sowjetisches Zutun in Form von sturen Durchhaltedirektiven.

Ich denke wir drehen uns hier im Kreis. Ich danke für eure Mühen.

Da gibt es auch nichts zu deuten. Die Zahlen und Fakten sprechen eine unmissverständliche Sprache.
 
Es tut mir Leid. Ich kann es unmöglich so deuten, dass dieser Befehl faktisch formal umgesetzt wurde. Höchstens indirekt durch maßgebliches sowjetisches Zutun in Form von sturen Durchhaltedirektiven.

Ich denke wir drehen uns hier im Kreis. Ich danke für eure Mühen.

Wir (damit meine ich alle ausser dir) drehen sich nicht im Kreis. Und schönreden kann man dieses Kriegsverbrechen auch nicht. Es ist was es war ein Kriegsverbrechen an der Bevölkerung Leningrads.

Wenn du dich nun wirklich mit dem Thema beschäftigt hast, dann solltest du auf das Protokoll der Staatssekretäre-Besprechung vom 2. Mai 1941 gestossen sein, der Einfachheit halber zitiere ich aus Wikipedia/Hungerplan:

„1.) Der Krieg ist nur weiter zu führen, wenn die gesamte Wehrmacht im 3. Kriegsjahr aus Rußland ernährt wird.
2.) Hierbei werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern, wenn von uns das für uns Notwendige aus dem Lande herausgeholt wird.“

Quelle: Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, Nürnberg, 14. November 1945 bis 1. Oktober 1946 (im Folgenden: IMG), Bd. 31, Nürnberg 1948, S. 84, Dok. 2718-PS, Aktennotiz über Ergebnis der heutigen Besprechung mit den Staatssekretären über Barbarossa, 2. Mai 1941.

Wenn du das Dokument lesen möchtest dann hier: Zusammenfassung Aktennotiz über Ergebnis der heutigen Besprechung mit den Staatssekretären über Barbarossa, 2. Mai 1941 / Bayerische Staatsbibliothek (BSB, München)

Die Blockade von Leningrad muss man im Kontext vom Unternehmen Barbarossa ansehen. Das Ziel war ganz klar die Vernichtung der Menschen im Osten, sei es durch Hunger, Versklavung etc. Dazu muss nach natürlich auch wissen, dass für die Nazis der Russe ein "Untermensch" war. Wie schon gesagt, man muss es im ganzen Kontext anschauen.
 
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