Andreassolar bezieht sich im Kern auf das "Gutachten" des wissenschaftlichen Dienstes.
Du kannst mich ruhig immer direkt ansprechen, sonst wirkt das, bilde ich mir ein, als würdest Du in Deiner Aufregung oder Deinem Ärger über mein Posting manchmal primär versuchen, der 'Forums-Gemeinschaft' klar zu machen und das Urteil nahe zu legen, wie haltlos und fragwürdig meine Argumentation, meine vermeintlichen Kenntnisse in 'Wirklichkeit' ausfallen....
im Vergleich gar zu den renommierten, anerkannten WissenschafterInnen....
Zurück: Nein, das trifft nicht zu, das war nur ein Beispiel einer knappen Übersicht. Ausgangsbasis sind die Quelleneditionen. Du übersiehst bei Baker konsequent den damals aktuellen historischen Kontext und tatsächlich hat Baker, siehe das Dokument in der sowjetischen Sammlung, die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen kommender möglicher Gespräche über 'Deutschland' ausgelotet. Er hatte keineswegs einen mit der US-Regierung und dem US-Präsidenten oder Kohl und Genscher abgestimmten, fixierten und inhaltlich festgelegten Auftrag für verbindliche, dauerhafte Zusagen.
Und natürlich handelt der Secretary of State immer im offiziellen Auftrag. In welchem denn sonst.
Du nutzt im Eifer der Erwiderung offenkundig eine wissenschaftlich wenig haltbare Ungenauigkeit, jene, Baker wäre immer im offiziellen Auftrag unterwegs, was alles und nichts bedeuten kann. Baker war zu einem bestimmten Zweck, in einem bestimmen Rahmen in Moskau, er hatte weder die Autorisation, noch den Auftrag, eine bestimmte, als diplomatisch verbindliche Zusage zu wertende, festgelegte Formulierung im Sinne einer zukünftigen, dauerhaft garantierten Grundlage bilateraler oder multilateraler Qualität zu vermitteln.
Es nützt ja nix, die Grundlagen zu übersehen, die jeweilige historische Situation. Offenkundig ersparst Du dir 'Grundlagenarbeit', zumindest wirkt das aktuell im Eifer so....
Das ist umso verwunderlicher, da Zelikov und Rice sich auf Spohr beziehen und diese Sarotte u.a. als Referenzpunkt für ihre Sicht auswählt. Da von - laut andreassolar- : "m. E. tendenziös und mehr literarisch orientiert" zu sprechen ohne jegliche Belege, ist eine Meinung, aber nicht mehr.
Dass darüberhinaus Zubok Sarotte als kompetenteste Darstellung zu diesem Themenkomplex anspricht ist dann auch - aus der Sicht von andreassolar - wohl auch völlig egal.
Und so werden unkritisch wissenschaftliche Expertise und Kompetenz abgeleitet und übernommen, ein Hilfskonstrukt gewiss, bilde ich mir ein.
Kristina Spohr, die sich vermeintlich auf Sarotte 'stützt', zumindest suggeriert Dein Satz dies, meine ich, nimmt sie keineswegs als 'Referenzpunkt'. Zumindest im auf
Dekoder publizierten Wissenschaftstext mit Stand vom 10.2.2022, mit dem Titel
Die Geschichte der NATO-Osterweiterung.
Sie schreibt dort u.a.:
[...]
Laut Putin hatte Moskau in diesen Fragen nur nachgegeben, weil die NATO dem Kreml zugesichert habe, sich künftig „keinen Zoll ostwärts“ auszudehnen. Dieses Versprechen sei später immer wieder gebrochen worden. Dass der Westen damit durchkam, liege vor allem daran, dass es nie eine verbindliche Vereinbarung oder ein schriftliches Abkommen zu diesem Punkt gegeben hatte.
Dieser Teil der Erzählung, mit Bezug auf 1990, beruht jedoch sowohl auf einem Missverstehen der diplomatischen Prozesse auf verschiedenen Ebenen als auch auf der Missinterpretation des 2+4 Vertrags.
Bei der viel-zitierten „keinen Zoll ostwärts“-Aussage vom 9. Februar 1990 handelt es sich um eine Formel des US-Außenministers Baker, und nicht (wie mitunter kolportiert) des US-Präsidenten George H.W. Bush, dem die außenpolitische Richtlinienkompetenz und Entscheidungsgewalt letztlich unterlag. Baker benutzte jenen Wortlaut in einem frühen Stadium der Sondierungsgespräche mit dem sowjetischen Generalsekretär Michail Gorbatschow, die bei der Lösungsfindung zur deutschen Frage in einer sich stetig verändernden europäischen Sicherheitsordnung helfen sollten. Hier ging es vor allem darum, der Sowjetunion die Angst vor einem sich vergrößernden Deutschland zu nehmen, indem man zusicherte, weder integrierte NATO-Kommandostrukturen auf das „Territorium der vormaligen DDR“ zu verlegen noch NATO-Truppenstationierungen dort vorzunehmen.
Da Bakers Formulierung „keinen Zoll ostwärts“ es allerdings verunmöglicht hätte, die Sicherheitsgarantien der NATO gemäß Artikel 5 auf Gesamtdeutschland anzuwenden, schlug Bush Bundeskanzler Helmut Kohl in einem Brief am selbigen Tag vor, künftig von einem „speziellen Militärstatus“ für die DDR zu sprechen. Dieser Wortlaut wurde am 24./25. Februar 1990 von beiden bei ihrem Treffen in Camp David bestätigt und fand auch Eingang in den späteren 2+4 Vertrag.
Bei den Gesprächen im Februar 1990 ging es also nie um die Erweiterung der Mitgliedschaft der NATO, sondern einzig um die Ausdehnung der integrierten NATO-Verteidigungsstrukturen nach Ostdeutschland. Dabei ist auch zu bedenken, dass zu diesem Zeitpunkt der Warschauer Pakt noch bestand und es somit gar keinen Anlass gab, sich mit der Sowjetunion über zukünftige NATO-Osterweiterungen auszutauschen oder sich gar auf mögliche territoriale Einschränkungen einzulassen.
Bei aller Unsicherheit, wie die Sowjetunion mit der deutschen Frage umging, standen im Winter/Frühjahr 1990 natürlich auch andere europäischen Sicherheitsmodelle im Raum und hinter verschlossen Türen wurden vielerlei diplomatische Versuchsballons gegenüber Moskau gestartet, um die politischen roten Linien der sowjetischen Führungsriege in Erfahrung zu bringen. [...]
Die Position von Spohr lässt sich lückenlos, substanziell beispielsweise mit den Quelleneditionen belegen. Mein Hinweise oben gelten nach wie vor, bislang nutzen Deine Postings lediglich das direkt und indirekt abgeleitete 'Renommee', um sich den ganz banalen Grundlagen-Fragen zu entziehen, bilde ich mir ein.
Man würde zusätzlich andreassolar empfehlen, sich wenigstens die Teile von Sarotte anzusehen, in denen sie methodisch die Probleme reflektiert, die sich aus dem eingeschränkten und schwierigen Zugang von teils noch "klassifizierten" Dokumenten ergeben. Und genau die Gewährung des Zugangs für einzelne Personen / Historiker sollte man sich genau ansehen. Also wer welchen Zugang zu welchen "geheimen" Papieren erhalten hat und an diesem Punkt unterscheidet sich die Qualität der Darstellungen doch erheblich, auch bedingt, dass einzelne Arbeiten früher und so mit eingschränktem Zugang konfrontiert waren.
Gerne empfehle ich nochmals die Grundlagenarbeit von
- Werner Weidenfeld u.a., Außenpolitik für die deutsche Einheit. Die Entscheidungsjahre 1989/90, Stuttgart 1998, 952 Seiten.
Hier wurden, wie es sich gehört, zahllose Interviews mit zahllosen Akteuren und mehr oder weniger auch zeitweise Beteiligten aus allen möglichen Ländern geführt (66 Personen), zusätzlich zu und vergleichend mit den eingesehenen Dokumenten, Akten, Notizen, aber auch bereits publizierten Memoiren usw. Der Anmerkungsapparat ist entsprechend sehr detailliert und umfangreich.
Ähnlich wurde die sowjetische Dokumentensammlung in der dt. Ausgabe von den deutschen Herausgebern gegengeprüft, verglichen etc. etc.
Ein ganz normales, wissenschaftliche und geschichtswissenschaftliches Vorgehen.
Ich meine, damit wäre eine vermeintliche geheimnisvolle 'Verschwörung' oder vertuschte Geheimstrategie zwangsläufig weniger Beteiligter schon längst aufgedeckt worden, wäre längst aufgefallen, aufgrund der 'Lücken'.