Welche Regeln galten für den Handel zwischen Ost und West?

Griffel

Mitglied
Ich hätte gerne mal ein paar mehr Informationen darüber, wie man es geschafft hat, den Handel zwischen Ost- und West genau zu regeln? Es ging ja nicht nur um ökonomische Fragen! Sondern auch immer um politische Fragen.
Man darf auch nicht vergessen, dass Handel, auch Waren und Devisenaustausch bedeutet. Das hört sich im ersten Moment gut an; wenn, man aber von der Blocktheorie ausgeht, ergeben sich da doch einige "Probleme".:confused:
Beide Seiten, befanden sich ja in einem sogenannten Systemwettstreit. Das heißt ja nichts anderes, als dass beide Seiten bestrebt waren, die jeweils andere Seite zu besiegen. Insbesondere für den Osten war der Handel ja durchaus lukrativ. Brachte er doch Devisen und erhielt bzw. schuf Arbeitsplätze. Was wiederum das dortige System stabilisierte. Das stand jedoch dem Ziel der Beseitigung des Kommunismus entgegen.

Zwar gab es sogenannte Embargogüter und Listen, aber in der Realität, ließen sich diese Bestimmungen doch nicht lückenlos kontrollieren. Und da es viele Dinge bzw. Waren gibt, die man sowohl für militärische und friedliche Zwecke einsetzen kann, würde das den Handel eigentlich unmöglich machen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Coordinating_Committee_on_Multilateral_Export_Controls

Natürlich weiß ich, dass viele Produkte aus der DDR auch in Westdeutschland bzw. Westeuropa vertrieben wurden. :cool: Meine Mutter hat mir mal erzählt, dass fast alle Möbel welche bei Neckermann verkauft wurden, in der DDR produziert wurden. Auch die Motorräder der Marke MZ waren laut meinem Onkel sehr beliebt, obwohl es in dem Sektor noch andere Anbieter gab.

Die Sowjetunion hat ja auch Erdöl und Gas in den Westen verkauft.

Es wäre schön wenn, sich Leute beteiligen, die was dazu sagen können. Ich persönlich war bzw. bin einfach noch zu jung gewesen, um das bewusst miterlebt zu haben. Ich habe nur als 6-Jähriger den Fall der Mauer erlebt! Zu Hause vor dem Fernseher.
 
Was wiederum das dortige System stabilisierte. Das stand jedoch dem Ziel der Beseitigung des Kommunismus entgegen.

Darauf eine schnoddrige Antwort: Dem Kapitalismus (wenn man diesem abstrakten Konstrukt denn eine Handlungs- und Wirkmacht unterstellen will) ist es egal, wo und wie er Profite erwirtschaftet.

Jetzt gerade wird von Seiten vieler angesichts der aktuellen weltpolitischen Situation in Konzept in Frage gestellt, das Egon Bahr (und Willy Brandt) als "Wandel durch Annäherung" bezeichneten, etwas griffiger spricht man auch von "Wandel durch Handel". Bis vor wenigen Wochen galt diese Politik noch als Erfolg und es ist wohl der derzeitigen aufgeheizten politischen Lage geschuldet, dass dieses Konzept jetzt von Seiten einiger ganz in Frage gestellt wird, nur weil es bei Putin und China nicht funktioniert hat.
 
Beide Seiten, befanden sich ja in einem sogenannten Systemwettstreit. Das heißt ja nichts anderes, als dass beide Seiten bestrebt waren, die jeweils andere Seite zu besiegen.
Hat wer gesagt? Besiegen? Ein bisschen weniger abgehangene Kalte Krieg-Schablonen aus der Politpropaganda sind hilfreich. Deine Idee, jeder wollte den "Kommunismus besiegen" hast du woher geangelt? Die unverstandene Polit-Konfrontationsrhetorik aus uralten Konserven Deines Beitrages schwebt deutlich über den damaligen realen Verhältnissen. Du suggerierst Dir selber eine Dichotomie auf Basis abstrakter Politbegriffe, die Du wo aufgeschnappt hast?

Es hatte vor, während und nach der Existenz der staatssozialistischen Regime vielfältige Wirtschaftsbeziehungen gegeben. Zu keinem Zeitpunkt waren der Güteraustausch, die Wirtschaftsbeziehungen beispielsweise BRD-DDR unterbrochen gewesen usw. Selbst der Mauerbau 1961 in Berlin konnte daran nichts ändern. Und jederzeit konnten Leute aus dem 'Westen' den 'Ostblock' besuchen.

Hüben und drüben lebten Menschen, Verwandte, Bekannte, Deutsche usw. Und mitnichten nur 'Kommunisten', die es angeblich zu besiegen oder zu beseitigen galt.

Insbesondere für den Osten war der Handel ja durchaus lukrativ. Brachte er doch Devisen und erhielt bzw. schuf Arbeitsplätze. Was wiederum das dortige System stabilisierte.
Junge, Junge...die RGW-Staaten, ob Polen oder DDR usw. gerieten langsam aber sicher in eine gewisse Abhängigkeit von westlichen Devisen, vom Handel mit dem 'Westen'. Das hatte durchaus Folgen dort. Und niemand auf Verantwortungsebene in Ost wie West wollte eine 'Destabilisierung', mit Flüchtlingswellen, unberechenbaren politischen Entwicklungen in hochgerüsteten Regionen mit Atomwaffen etc., zusammenbrechenden Versorgungsstrukturen, sich auflösenden staatlichen Strukturen.
 
Darauf eine schnoddrige Antwort: Dem Kapitalismus (wenn man diesem abstrakten Konstrukt denn eine Handlungs- und Wirkmacht unterstellen will) ist es egal, wo und wie er Profite erwirtschaftet.

Sehe ich ganz genauso.

Jetzt gerade wird von Seiten vieler angesichts der aktuellen weltpolitischen Situation in Konzept in Frage gestellt, das Egon Bahr (und Willy Brandt) als "Wandel durch Annäherung" bezeichneten, etwas griffiger spricht man auch von "Wandel durch Handel". Bis vor wenigen Wochen galt diese Politik noch als Erfolg und es ist wohl der derzeitigen aufgeheizten politischen Lage geschuldet, dass dieses Konzept jetzt von Seiten einiger ganz in Frage gestellt wird, nur weil es bei Putin und China nicht funktioniert hat.

Wer stellt denn bitte die Ostpolitik Brandts in Frage? Ohne diese hätte es keine Vereinigung der beiden Deutschlands gegeben.
 
Ich hätte gerne mal ein paar mehr Informationen darüber, wie man es geschafft hat, den Handel zwischen Ost- und West genau zu regeln? Es ging ja nicht nur um ökonomische Fragen! Sondern auch immer um politische Fragen.
Man darf auch nicht vergessen, dass Handel, auch Waren und Devisenaustausch bedeutet. Das hört sich im ersten Moment gut an; wenn, man aber von der Blocktheorie ausgeht, ergeben sich da doch einige "Probleme".:confused:
Beide Seiten, befanden sich ja in einem sogenannten Systemwettstreit. Das heißt ja nichts anderes, als dass beide Seiten bestrebt waren, die jeweils andere Seite zu besiegen. Insbesondere für den Osten war der Handel ja durchaus lukrativ. Brachte er doch Devisen und erhielt bzw. schuf Arbeitsplätze. Was wiederum das dortige System stabilisierte. Das stand jedoch dem Ziel der Beseitigung des Kommunismus entgegen.

Zwar gab es sogenannte Embargogüter und Listen, aber in der Realität, ließen sich diese Bestimmungen doch nicht lückenlos kontrollieren. Und da es viele Dinge bzw. Waren gibt, die man sowohl für militärische und friedliche Zwecke einsetzen kann, würde das den Handel eigentlich unmöglich machen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Coordinating_Committee_on_Multilateral_Export_Controls

Natürlich weiß ich, dass viele Produkte aus der DDR auch in Westdeutschland bzw. Westeuropa vertrieben wurden. :cool: Meine Mutter hat mir mal erzählt, dass fast alle Möbel welche bei Neckermann verkauft wurden, in der DDR produziert wurden. Auch die Motorräder der Marke MZ waren laut meinem Onkel sehr beliebt, obwohl es in dem Sektor noch andere Anbieter gab.

Die Sowjetunion hat ja auch Erdöl und Gas in den Westen verkauft.

Es wäre schön wenn, sich Leute beteiligen, die was dazu sagen können. Ich persönlich war bzw. bin einfach noch zu jung gewesen, um das bewusst miterlebt zu haben. Ich habe nur als 6-Jähriger den Fall der Mauer erlebt! Zu Hause vor dem Fernseher.

Im Unabhängigkeitskrieg der Niederlande praktizierten die Niederländer jahrelang den handel op de fijnd. Sprich, um den Krieg gegen die Generalstaaten der 7 Provinzen der Niederlande führen zu können, waren die Spanier darauf angewiesen, auf Hilfsgüter, die ihnen dubiose, aber auch sehr ehrenwerte Holländer verkauften.

Als die Konföderierten den Sezessionskrieg führten, hätten sie das mit eigener Produktion kaum hingekriegt. Kriegsgerät und Hilfsgüter lieferten Blockadebrecher aus dem Süden, die New York anliefen, und einkauften, was Yankees ihnen verkauften. Das mag den Krieg in die Länge gezogen, hat aber auch eine Menge von Yankee-Betrieben gerettet, die der Konföderation Ramsch verkaufen konnten, der in Friedenszeiten kaum Absatz fand.

Ich würde mal behaupten wagen, dass es zwar zahllose Planspiele gab, dass aber eigentlich keine Seite davon ausgehen konnte, die Gegenseite militärisch, politisch und wirtschaftlich in die Knie zwingen zu können. Die Gegenseite zu besiegen, das schien nur um den Preis der eigenen Vernichtung möglich zu sein. Einen Sieg gab es im Kalten Krieg nicht-eher kam es darauf an, die Gegenseite daran zu hindern, den ersten Schritt zu unternehmen, um die Eskalation zu vermeiden. Es war ein Patt, ein Remis eingetreten. Einen Sieg im Kalten Krieg herbeiführen zu wollen, konnte keine Seite wirklich wollen, denn eine Eskalation konnte die Gegenseite zu Verzweiflungstaten treiben, selbst eine geschwächte, zerfallende, sterbende Gegenseite konnte den Kontrahenten noch vernichten.
 
Bis vor wenigen Wochen galt diese Politik noch als Erfolg und es ist wohl der derzeitigen aufgeheizten politischen Lage geschuldet, dass dieses Konzept jetzt von Seiten einiger ganz in Frage gestellt wird, nur weil es bei Putin und China nicht funktioniert hat.

Wenn schon Ausflug vom Thema, dann eine Erwiderung, weil sie damals ein Erfolg war und in ihrer Zeit auch alternativlos. Vor allem in ihrer Zeit!

Ansonsten: Komischerweise vertreten eine Reihe von Historikern, die sich mit der Außenpolitik von Russland seit 1990 beschäftigt haben, genau die gegensätzliche These. Sie gehen davon aus, dass ein Mangel an praktischen Integrationsangeboten zu einem Zeitpunkt als Russland es am notwendigsten während der Transformationsphase gehabt hätte, diese Phase kompliziert hat.

Insofern muss man schon sehr präzise sich ansehen, welche Politik in der Phase gegenüber der Sowjetunion gemacht wurde und welche nach 1990 praktiziert wurde. Sofern Bahr und Brandt herangezogen werden können, betrifft es die Periode der Beziehung der BRD zur UdSSR.

Mit dem Zusammenbruch der UdSSR und dem Übergang von der UdSSR zu Russland stand bei den russischen "Atlantikern" die Frage an, in welcher Form eine Zusammenarbeit mit der EU möglich war. Und diese Form der institutionellen Zusammenarbeit war durch die EU und Russland geprägt, unter dem Eindruck der Einebnung von ideologischen Gegensätzen. Also einer komplett anderen Voraussetzung wie zu der Periode des "Wandels durch Annäherung". Und praktisch wurde die bilaterale Beziehung durch die "Scheckbuch-Diplomatie" von Kohl geprägt.

Unabhängig davon, dass in der Zeit der Globalisierung Markterschließung relevant war. Marktanteile wurden erobert und das hatte viel mit kapitalistischer Logik und wenig mit der ursprünglichen Idee von Brandt und Bahr zu tun.

Das zentrale Credo der liberalen Demokratisierungstheorie, der sich vor allem die USA verschrieben haben, lautet doch, dass durch zwischenstaatlichem Handel die Vorteile von Frieden gegenüber den Vorteilen eines Krieges deutlich übersteigen. Und das ist ohne den politischen Hintergrund von Brandt und Bahr die rein wirtschaftliche Weiterentwicklung der Handelsbeziehungen u.a. zwischen Deutschland und Russland.

Aber man kann natürlich diese ideologisch aufgeladene Kritik an Brandt und Bahr weiter vertreten. Nicht zuletzt auch deswegen, weil sie hervorragend geeignet ist, aus bestimmten Perspektiven bzw. Interessenkonstellationen, die sozialdemokratische Identität der SPD nachhaltig zu beschädigen, die sich auch auf diese Position und auf Brandt und Bahr bezieht. Das erklärt zumindest auch teilweise das intensive innenpolitische Interesse, mit dem Döpfners Presseimperium versucht, Politik perspektivisch für die nächsten BTW zu machen.

Und es ist lohnenswert, sich das "von Seiten einiger" genauer anzusehen. Und dabei u.a. sich mit der Zusammensetzung und Ideologie von einzelnen Akteuren. Dass es nicht um staatliche Sourveränität geht und nicht um Wandel durch Annäherung, sondern um Machtpolitik, macht folgender Ausschnitt deutlich:

"The two (Nuland - eine alte "Bekannte" - und Botschafter Pyatt in der Ukraine) then discussed how this could be achieved. They considered how to manage the Ukrainian opposition and how to get the UN involved, and noted that high-level reinforcement was waiting in the wings in the form of US vice president Joe Biden, who could move the process along at the appropriate time. Nuland stressed the importance of the UN: ‘I think, to help glue this thing and to have the UN help glue it and, you know, fuck the EU.’ This is certainly a sentiment shared by many Eurosceptics, but in this case it refers to the hesitancy of the EU to go along with American militancy on the Ukraine crisis, as well as its own divisions that inhibited the formulation of a coherent policy."

Sakwa, Richard. Frontline Ukraine (S.87). Bloomsbury Publishing.

Von dieser Seite wird vor allem der Narrativ in Frage gestellt und ein neuer Narrativ und auch ein neues Feindbild gefordert. Es geht schlicht um die "Arbeitsteilung" bei den militärischen Kosten. Eine Diskussion, die Trump schon undiplomatisch angefangen hat und Biden fortsetzt. Die Europäer haben gefälligts in Europa militärisch zu dominieren, während die USA primär sich mit China beschäftigt.

Dass so komische Zeitgenossen wie Donanyi, der ein "Atlantiker ist, die Frage aufwirft, welche Interessen Deutschland hat und welche Interessen wir verfolgen sollten, wäre eine lohnenswerte Fragestellung und die Antwort ist, nicht primär US-Interessen oder die Interessen von irgendjemand anderem.
 
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Natürlich weiß ich, dass viele Produkte aus der DDR auch in Westdeutschland bzw. Westeuropa vertrieben wurden. :cool: Meine Mutter hat mir mal erzählt, dass fast alle Möbel welche bei Neckermann verkauft wurden, in der DDR produziert wurden. Auch die Motorräder der Marke MZ waren laut meinem Onkel sehr beliebt, obwohl es in dem Sektor noch andere Anbieter gab.

  • Für den Einstieg: Ost-West-Handel und Innerdeutscher Handel, das sind schon verschiedene Dinge
  • Ost-West-Handel gehörte zum Bereich des Außenhandels
  • Der Ost-West-Handel wurde nicht über (multilaterale( Kollektivabkommen geregelt, also nicht 'Westen' mit 'Osten'. Staaten des NSW schlossen jeweils bilaterale Abkommen mit einem Staat im RGW. Weder gab es eine einheitliche Linie, noch eine dauerhafte konstante Linie vor allem im 'Westen'.
  • Innerdeutscher Handel gehörte nicht zum Außenhandel, da die DDR kein Ausland darstellte und darstellen konnte
  • der innerdeutsche Handel setzte natürlich die bestehenden binnendeutschen Wirtschaftsbeziehungen vor 1946 fort
  • Eine stabile Rechtsgrundlage bekam der Innerdeutsche Handel mit dem Abkommen über den Handel zwischen den Währungsgebieten der Deutschen Mark (DM-West) und den Währungsgebieten der Deutschen Mark der Deutschen Notenbank (DM-Ost) vom September 1951
  • eine 18-seitige Übersicht dazu bietet Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik 1949-1989 von Peter Gey
  • da die DDR nicht als Ausland galt, wurden natürlich auch keine Zölle erhoben
  • da die BRD seit 1958 der EG/EWG angehörte und der Warenaustausch BRD-DDR ohne Zölle über die innerdeutsche Grenze laufen konnten und damit direkt in den EWG-Marktbereich, partizipierten die Hersteller und Händler in der DDR beim Export in die BRD am Binnenmarkt der EWG, umgekehrt ebenso.
  • Der Warenverkehr, der Handel BRD-DDR entwickelte sich weitestgehend unabhängig von allen politischen Spannungen
 
Abgesehen von den COCOM-Beschränkungen, die den Export von komplexeren technischen Artikeln in die DDR weitgehend unterbanden.
Es gab noch einen gewissen Schleichhandel über Drittländer und dort ansässige (Handels-)Firmen, gerne über die Schweiz oder Österreich (EFTA-Staaten), ab den späteren 1970ern meist von der Kommerziellen Koordinierung organisiert. Das betraf auch Technologie, auf welche die COCOM-Beschränkungen zutrafen.

Dabei sind vor allem ab den 197er Jahren einige industrielle Projekte im RGW auffallend, die mit Technologie aus dem NSW aufgebaut wurden. Die rumänischen Chemieanlagen, das Traktorenwerk von Ferguson in Polen (via Joint Ventures?), die Siemens-Kraftwerke usw.
 
Wie das nun im Einzelnen vor sich ging, das kann nicht erläutern. Bin gespannt ob es da hier jemanden gibt.
Allgemeine Erläuterungen, wie man hier lesen kann, gibt es da schon, aber im Detail wirds interessant und da steckt ja bekanntlich der Teufel.

Ich glaube dieser Handel war sehr vielschichtiger Natur.

Für mich war der DDR –><- BRD Handel sowas von Vielfältigkeit/hatte so unendlich viele Facetten das man es vergleichen konnte mit einem Urwald-Dschungel.

Richtig liegt man allerdings immer wenn man sagt, auf Grund des Devisen Mangel der DDR verkloppten die Verantwortlich der DDR alles was sich verkloppen lies.

Da lese ich z.B. in der „Volksstimme“ vom 18.08.2014 – Ausgabe Magdeburg – unter der Überschrift „Die verschwundenen Pflaster von Barby“ u.a.:

„Die Außenhandelsfirma Limex ließ kilometerweise Landstraßen abtragen und die gut erhaltenen Steine westwärts transportieren. 1986 soll Limex für 2,5 Millionen D-Mark Pflastersteine an westdeutsche Besteller verkauft haben.“

Der Ausdruck „soll“ im Zitat hängt wohl damit zusammen, weil man keine genau belastbare statischen Zahlen recherchieren konnte. Artikel stammt ja vom August 2018.

LIMEX Bau Export-Import -> ein ehrmaliger Staatlicher Außenhandelsbetrieb der DDR.
 
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unabhängig von den politischen Aufgeregtheiten der Gegenwart - die transatlantischen Forderungen nach einem größeren eigenen militärischen Beitrag der europ. NATOmitglieder bzw. Aufbau eigener relevanter, gemeinsamer Militärstrukturen sind mindesten 40 Jahre alt und die renationalisierten Ansichten eines seit Jahrzehnten berenteten Chef einer bubesdeutschen Landesregierung gehören zu erbaulichen tagespolitischen Meinungen abseits wissenschaftlicher Bedeutung - stellen die Bereiche der Wirtschaftsbeziehungen mit den Staaten des RGW ein komplexes Gebiet dar.
 
Insofern muss man schon sehr präzise sich ansehen, welche Politik in der Phase gegenüber der Sowjetunion gemacht wurde und welche nach 1990 praktiziert wurde. Sofern Bahr und Brandt herangezogen werden können, betrifft es die Periode der Beziehung der BRD zur UdSSR.
Unabhängig davon, dass in der Zeit der Globalisierung Markterschließung relevant war. Marktanteile wurden erobert und das hatte viel mit kapitalistischer Logik und wenig mit der ursprünglichen Idee von Brandt und Bahr zu tun.

Die Ostgeschäfte des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft waren und sind primär wirtschaftlich orientiert gewesen. Das erste Groß-Röhrengeschäft mit der Sowjetunion vom 1. Februar 1970 war gewiss von Brandt/Scheel als politisches Signal genutzt/instrumentalisiert - doch nicht von der Brandt-Regierung eingefädelt worden. Die Verhandlungen dazu hatten im Mai 1969 begonnen. Karl Schiller war der entscheidende Minister, schon in der Kiesinger-Regierung, der Ost-Ausschuss der Wirtschaft die entscheidende Wirtschaftsinstitution.
Zudem stieg der Energiebedarf der BRD besonders an Erdgas für die Industrie damals kontinuierlich kräftig, es ging um handfeste Versorgungssicherheit für einen kräftig wachsenden Erdgasbedarf, nicht zuletzt für die Industrie. Zur Erinnerung: Das Röhrengeschäft war als Tauschgeschäft konzipiert, Röhren BRD (Röhren für das Erdgas!) gegen Erdgas Sowjetunion. Allein der Umfang der Spezialröhren-Lieferung sorgte für eine mittel- bis langfristige Auslastung der Produktionsstandorte, der Produktionstechnologie.
 
Unter dem Stichwort "Innerdeutscher Handel" (IDH) formuliert das "DDR Handbuch", das als "offizielle Sicht" des Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen unter der Schirmherrschaft von Egon Franke herausgegeben wurde, dass der Innerdeutsche Handel als Mittel zur "Deutshclandpolitik" von allen Bundesregierungen interpretiert worden (S. 532). Auch gegen den Widerstand der Verbündeten. Auch lschon damals!!

Egon Franke – Wikipedia

Und es ergaben sich Synergieeffekte aus den politischen Kontakten, wie bei andreassolar dargestellt. Bis zu welchem Zeitpunkt, die "Ostpolitik" ein politischer Motivator des Ost-West-Handels war, kann ich nicht beurteilen. Meine Vermutung wäre, dass die Wirtschaftsbeziehungen nach 1990 sich verstetigt und verselbständigt haben.

Ludz, Peter Christian (Hg.) (1979): DDR Handbuch. Unter Mitarbeit von Johannes Kuppe. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen. 2. überarbeitete u. erweiterte Auflage. Köln: Verlag Wissenschaft u. Politik.
 
Ich möchte mich für die Beiträge soweit bedanken! Das ist schon mal alles sehr interessant. Das Thema ist durchaus interessant. Wie man es auch dreht und wendet. Der Handel war ein Sonderfall. Der natürlich auch viel Gutes gebracht hat. Wobei man natürlich nicht vergessen darf, dass neben den beiden deutschen Staaten, auch andere Länder ihren Teil davon hatten. Auch Frankreich und die USA waren ja nicht untätig.
 
Empfehlenswert, da es wissenschaftlich solide die historischen Grundlagen des bundesdeutschen Osthandels seit Beginn der BRD für Einsteiger bietet, ist die im Netz verfügbare 17-seitige Schrift des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft mit dem Titel 50 Jahre Röhren gegen Gas. Deutsch-russisches Jahrhundertgeschäft und deutsch-amerikanischer Wirtschaftskrimi von 2020.

Der große Rahmen:
  • stets abhängig auch von der Haltung der jeweiligen US-Administration, der Wetterlage zwischen den beiden Supermächten, dem Vietnamkrieg, den sino-sowjetischen (gewaltsamen) Konflikten seit Mitte der 1960er
  • die sowjetische Führung ist vor allem ab Beginn 1969 lebhaft ein einem Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu Westdeutschland interessiert. Die Sowjet brauchen dringend Devisen, bieten vor allem 'Energie' in Form von Erdgas und Erdöl für die enorm wachsende Nachfrage auch und gerade von Seiten der Industrie in Westdeutschland
  • die neue Nixon-Administration forciert eine Entspannung im Verhältnis zu der Sowjetunion, auch wegen Vietnam, auch wegen der avisierten Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion. Andererseits ist ihr (und Kissinger) klar, dass die Moskauer Regierung nach der Niederschlagung des Prager Frühlings und vor allem aufgrund der enormen Spannungen zwischen Moskau und Peking eine Verbesserung des Verhältnisses mit dem 'Westen' und den USA sucht.
  • die Sowjetunion forciert den Energieträger-Verkauf in Form von Erdgas und Erdöl in den sehr aufnahmefähigen westlichen Markt, wg. der harten Devisen, wegen möglicher technologisch förderlicher Effekte für die Sowjetwirtschaft
Der kleinere Rahmen:
  • der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft bestand bereits seit 1951 und plädierte vielfach und wiederholt für einen Ausbau des Osthandels
  • BK Erhardt forciert ab 1966 den Osthandel
  • die Große Koalition setzt das Angefangene fort, der legendäre oder sehr populäre Wirtschaftsminister Schiller betreibt strategische Wirtschaftspolitik, bei welcher die Industrie, die Großindustrie gerne auch neue und wichtige Märkte im 'Osten' erschließt
  • die Brandt-Administration nutzt die veränderten Rahmenbedingungen intensiv und sofort für die angepeilte neue Ostpolitik, die natürlich wirtschaftlich ganz andere Größen ermöglicht.
  • die Brandt-Administration pflegte engsten Kontakt zur Nixon-Administration, verblüffend der vielfältige Kontakt zw. Nixon & Brandt, Brandt kannte N. seit 1956
  • Handel, Export und Import mit dem RGW, mit der Sowjetunion florieren auch nach Brandt weiter, Westdeutschland, Ende 1969 schon zweitgrößte Handelsnation im 'Westen', wird für die Sowjetunion zum bedeutendsten Wirtschaftspartner im 'Westen'.
 
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Der Handel war ein Sonderfall
War er nicht. Der Handel war 'eigentlich' der Normalfall. Die hohe Politik hat daraus einen Sonderfall gemacht.
Wobei man natürlich nicht vergessen darf, dass neben den beiden deutschen Staaten, auch andere Länder ihren Teil davon hatten. Auch Frankreich und die USA waren ja nicht untätig.
Seit Ende der 1960er nahmen in den 'westlichen' Ländern die Industrieaufträge aus dem RGW, aus der UdSSR zunächst in kurzer Zeit außerordentlich zu. Da waren alle Industrieländer beteiligt, von Italien bis GB.
Im Endeffekt nahm die Verschuldung diverser RGW-Staaten in den 'westlichen' Industriestaaten verbreitet und stark zu, allerdings auch wg. Import von westlichen Konsumgütern und dem teuren Nachkauf von Ersatzteilen, Erweiterungsteilen und dem Bezug von ausreichend hochwertigen Rohstoffen - die nach dem Ölpreisschock Ende 1973 verbreitet einen starken Preisanstieg zu verzeichnen hatten - beispielsweise für die modernen Industrieanlagen, die mit westlicher Hilfe entstanden waren.

Seit dem 1970ern lebte der RGW vielfach über seine Verhältnisse, dank deficit spending, statt wie bis dahin mit sozialistischer Sparsamkeit = es kann nur ausgeben werden, was erwirtschaftet wurde.
 
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