etymologische Kuriositäten

Carolus

Aktives Mitglied
Ich lege hier einen Thread an zur Sammlung spachlicher Kuriositäten, die durch Entlehnungen und Rückentlehnungen und/ oder Bedeutungswandlungen etc. entstanden sind.

Angeregt durch den Beitrag von El Quijote

Ich dachte, das wär' Silage :scheinheilig:
Fouragieren heißt es korrekt. Kann sein, dass der Dichter des Prinz Eugen-Liedes da pseudoetymologisch Futter versucht hat unterzubringen.

Edit: Korrektur. Es scheint tatsählich etymologisch doch mit Futter in Verbindung zu stehen.
Das germanische fodar ist über das fränkische ins Französische entlehnt worden und dann aus dem Französischen ins Deutsche wiederentlehnt, wohingegen sich germanisch fodar im Deutschen zu Futter verschoben hat. Ist so ähnlich wie die Garderobe, die ursprünglich ja auch eine Kiste mit Namen "Raubwächter" (wardjan + rauba) war und als Aufhängevorrichtung für Kleidung aus dem Französischen wieder ins Deutsche entlehnt wurde.

habe ich herumgesucht, was denn die Robe mit dem Raub zu tun haben soll:


S’il existe un lien entre la robe, vêtement féminin, et l’action de dérober « voler », cela tient au fait que robe avait à l’origine un sens tout différent de celui qu’on lui donne aujourd’hui. Robe (XIIe) vient du germanique rauba, signifiant « butin ». En ancien français, le mot a le sens de « butin » et parfois de « vol, pillage », comme en témoigne l’ancien verbe rober « piller ». Mais, dès le XIIe siècle, le mot robe désigne aussi, par glissements de sens successifs, le vêtement dont on a dépouillé l’ennemi (le vêtement pris comme butin), puis un vêtement, tout simplement.

Curiosits tymologiques


Danach hat sich der Sinn von Raub(gut)/Beute zu der geraubten Kleidung des Feindes gewandelt, später verengte sich der Sinn auf Kleidung und später dann zum Damenkleid.:D
 
das "englische" Fräulein in der Literatur der deutschen Romantik (Eichendorff, Tieck, Hoffmann) ist keine Britin :) "englisch" bedeutete damals "engelsgleich" (wie ein Engel)
kurios: von der dt. Romantik bis heute ist keine sooo lange Zeit... :grübel:
 
Ein Klassiker ist "kaputt", das als deutsches Lehnwort seinen Weg um den Globus gemacht hat. Es ist jedoch überhaupt nicht originär Deutsch/ Germanisch, sonder erst seit dem dreißigjährigen Krieg im Deutschen bezeugt.
Mir war die Ableitung von frz. "décapiter" (enthaupten) bekannt, in der das lateinische "caput" (Kopf, Haupt) steckt. Wikipedia präsentiert weitere Alternativen: Aus dem Kartenspiel "faire capot" (keinen Stich machen), in Beziehung gesetzt zu "capoter" (kentern), sowie aus dem mittelalterlichen juristischen Latein "caput esse" = unbrauchbar sein, wörtlich "man muss von vorne (am Kopf) anfangen".
Daneben gibt es auch noch eine Ableitung vom hebräischen "kaparot" (Sühneopfer). Am jüdischen Versöhnungstag wurden "Kapores" (Opferhühner) geschlagen - da kommen wir wieder zum Geflügel (schnatternden Gänsen) ...

kaputt ? Wikipedia
 
Opuntia ficus-indica
Ficus indica wird wissenschaftlich fälschlischerweise indische Feige genannt(ursprung höstwahrscheinlich Zentralamerika) und im englischen ist die stachelige Frucht eine Birne südlich wird sie Barbaren Feige genannt.
 
Balkon - Balken

Unser Balkon hat auch eine interessante und weit gereiste Etymologie hinter sich:

entlehnt vom französischen balcon, deswegen auch die nasalierte Aussprache der letzten Silbe, geht letzteres auf ein italienisches balcone zurück. Balcone ist eine Vergrößerungsform zu balco. Dieses leitet sich wohl von einem germanischen Wort der Langobarden ab: *balko - das wiederum Balken bedeutete und mit diesem verwandt ist.

Das englische Wort balcony (auch Balkon) leitet sich ohne den Umweg über das Französische direkt vom italienischen balcone ab.

Balkon – Wiktionary
 
(Falls das in diese Reihe gehört)
Jupiter
einfache Form: Iovis, aus Diovis
Somit: Diovis piter <= Dius pater (glänzender, himmlischer Vater), Dius verwandt mit Zeus.
(gefunden bei: G. Wissowa, Religion und Kultus der Römer, 1912, S. 113)
 
klammheimlich
Angeblich nicht von "Klamm" enge Schlucht + heimlich, sondern eine tautologische Bildung aus Schüler/Studentensprache: lat. clam (heimlich) + heimlich
Damit erscheint unser klammheimlich wie abgeleitet vom Lateinvokabeln lernen :D ala clam = heimlich, clamheimlich, klammheimlich
 
Wenn es hier um "schräge" Ausdrücke geht, dann finde ich einige deutsche Redewendungen, die englisch klingen, es aber nicht sind, ganz instruktiv:

Handy
Whirlpool
Smoking
Davon gibt's noch mehr: Scheinanglizismus – Wikipedia , lustig finde ich Dressman.

Auch "rück-gedeutschte" Ausdrücke "bringen es":
ausrollen (roll-out)
Sinn machen (make sense)
händisch (manuell)
 
In den frühen Erzählungen von Thomas Mann wird der Schal noch Shawl geschrieben.
(Die Briten haben den Shawl allerdings aus dem persischen sal)
 
Manche dieser Anglizismen gehen mir gewaltig auf den KEKS. Kann man denn nicht mal vernünftiges Deutsch reden?

"Etymologie Keks1 m. n. 'trockenes Kleingebäck'. Der Plural engl. cakes 'Kuchen-, (süße) Gebäckstücke' wird im 19. Jh. ins Dt. übernommen ( Leibniz-Cakes 1889). Wahrscheinlich ist engl. cake 'Kuchen, (süßes) Gebäck' eine Entlehnung aus gleichbed. anord. kaka ; vgl. isl. schwed. kaka , dän. kage , die im Ablaut zu dt. Kuchen (s. d.) stehen."
Quelle: irgendwo im Internet.
 
Davon gibt's noch mehr: Scheinanglizismus – Wikipedia , lustig finde ich Dressman.

Lachen mußte ich bei diesem schönen englischen Wort: public viewing ist in England die öffentliche Aufbahrung mit offenem Sarg; englisch public sports broadcast

(Stelle mir gerade folgenden Text vor: during the last football world cup I went almost every second day to a public viewing to watch the games. We all had so much fun.:D - Engländer müssen denken, in der Leichenhalle steht so ein offener Sarg mit dem Verstorbenen, und um ihn herum jede Menge Deutsche, die Fußball schauen, Bier trinken und Spaß haben - merkwürdige teutonische Totengebräuche.)

Manche dieser Anglizismen gehen mir gewaltig auf den KEKS. Kann man denn nicht mal vernünftiges Deutsch reden?

Das ist auch so eine Kuriosität - zumal ja im Englischen der Keks mit Cookie bezeichnet wird. Dieses englische Wort kommt wohl von dem niederländischen koekje oder im Dialekt koekie und ist die Verkleinerungsform von koek (Kuchen) und damit wieder ein Cousin des englischen cake und des deutschen Kuchen.

Aber nicht nur im Deutschen wurde der cakes als Keks übernommen: in Schweden habe ich auch einen solchen als Kex verspeist. Bekommt man möglicherweise auch im IKEA hierzulande.

Wo wir schon bei Kuchen sind: auch der deutsche Kuchen hat in Fremdsprachen seinen Niederschlag hinterlassen. Mir wurde von Chile berichtet, dass dort zumindest regional der deutsche Kuchen auch beliebt ist und auch direkt sprachlich assimiliert wurde. Analog zur phonetischen Übernahme von Cakes zu Keks bzw. Kex im Schwedischen wurde dort der Kuchen an die spanischen Ausspracheregelungen angepaßt und schreibt sich dort: cújen

Das Wort wird dann im Spanischen genauso wie unser Kuchen ausgesprochen.
 
Da unbedarft: Ob wohl der Kuchen mit Küche zu tun hat, und damit lateinischen Ursprungs ist?
 
Da unbedarft: Ob wohl der Kuchen mit Küche zu tun hat, und damit lateinischen Ursprungs ist?

Ein Problem ist, dass die germanischen Sprachen erst ab dem frühen MA belegt sind, als es schon eine Beeinflussung durch das Lateinische gab. Mangels Quellen kann man also nicht feststellen, wann genau ein Wort in die germanischen Sprachen übernommen wurde.

Lt. DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache wird das deutsche Wort Kuchen, wie auch die Wörter in den nord- und westgermanischen Schwestersprachen, auf ein rekonstruiertes germanisches *kōka-, *kaka- zurückgeführt.

Das protogermanische Reconstruction:Proto-Germanic/kakǭ - Wiktionary hat eine unbekannte Etymologie. Es könnte ein indogermanisches Wort sein.

cake | Etymology, origin and meaning of cake by etymonline schreibt:

Not believed to be related to Latin coquere "to cook," as formerly supposed. Replaced its Old English cognate, coecel.​

Küche geht - wie Du schon oben geschrieben hast - auf das lateinische coquina zurück: DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache (gleichermaßen in die anderen westgermanischen Sprachen - das spricht dann für eine Übernahme bereits in der Spätantike, also noch bevor die Angelsachsen England erreichten. Oder möglicheweise ist es unabhängig von der Übernahme auf dem Kontinent erst in England parallel aus dem Lateinischen entlehnt worden.)

s. Küche – Wiktionary

Die Entlehnung erfolgte nur in die westgermanische Sprachfamilie (vergleiche englisch kitchen → en, niederländisch keuken → nl; die nordische Wortgruppe um entsprechend schwedisches kök → sv stammt aus dem Mittelniederdeutschen).[7] – Die Küche ist also als ‚Kochraum‘ benannt.[7]
 
Ich frag mich ,ob man bei der "Küchen-Schabe" beim englischen coack ins Deutsche ,an die Küche ,beim übersetzen gedacht hat.

Denn das "Coackroche" kommtt aus dem spanischen Cukaracha und Cuka ,mein ich soll Schmetterling bedeuten.
 
Zu dem "Racha" im Spanischen vermute ich mal ,dass es aus dem Maurischen gelehnt wurde dort heisst die Kakerlake ;Zerraq .
 
Ich frag mich ,ob man bei der "Küchen-Schabe" beim englischen coack ins Deutsche ,an die Küche ,beim übersetzen gedacht hat.

Das Tier heißt Schabe. Es gibt eine Vielzahl von Schabenarten.
Es gibt z. B. Waldschaben, die findet man (wie der Name sagt) vor allem im Wald, und es gibt Küchenschaben, die findet man (wie der Name sagt) vor allem in der Küche.

Zu dem "Racha" im Spanischen vermute ich mal ,dass es aus dem Maurischen gelehnt wurde dort heisst die Kakerlake ;Zerraq .

Das Wort racha im Spanischen hat aber mit der Kakerlake nichts zu tun.

Und welcher sprachlich nachvollziehbare Weg soll denn von sarrāq ez-zīt zu cucaracha führen?
 
"Cockroach" kommt aus dem spanischen Cucaracha und cuca, meine ich, soll Schmetterling bedeuten.

Cuca sind Nachfalterraupen. Das Wort kommt über das Lateinische aus dem Griechischen. Meist werden Raupen aber als oruga bezeichnet.

Zu dem "Racha" im Spanischen vermute ich mal, dass es aus dem Maurischen gelehnt wurde, dort heisst die Kakerlake Zerraq.

Zerraq bedeut "Dieb" vollständig heisst die Schabe dort, "Öl-Dieb"

سراق الزيت — Wiktionnaire (wiktionary.org)
Gemeint ist wohl das sich Ernähren der Schabe von gelagerten Oliven(?).

sarrāq(u z-zayt)
würde wohl kaum zu racha führen. Zu erwarten wäre ein *cerraque/*zarraque/*cirraque (das Sternchen heißt, dass diese Worte hier nur theoretisch angenommen worden sind, nach dem wie sich erfahrungsgemäß Arabismen im Spanischen ableiten, diese Worte sind also nicht existent).

Auch das -ch- ist in historischen Arabismen eher ungewöhnlich, es existiert aber durchaus.
Etwa im Ortsnamen Aznalfarache: Ḥiṣn al-Faraǧ - das -ch- geht hier also nicht auf das Qāf zurück, wie in sarrāq, sondern auf das Ǧīm.
Normalerweise wird das arabische -ǧ- [ʒ] zu spanisch -j- ([χ⁠]), was daran liegt, dass das altspanische -j- noch eine Entsprechung zum -ǧ- oder auch zum italienischen -gi- [ʒ] war.
Bei modern entlehnten Arabismen liest man häufig für -ǧ- im Spanischen -ch-, weil es für den entsprechenden Arabischen Laut in der spanischen Orthographie keine Entsprechung gibt. Da wird dann aus dem ǧihād [ʒi'ha:d] der ['t⁠ʃihad]. Ganz verknäuselt wird es dann, wenn Spanier die englische Teanskription wiedergeben ('jihad'), was sie korrekterweise auf Spanisch als [χihad] läsen.

Aber gut, nach diesem Exkurs wieder zurück zur cucaracha: Wie schon gesagt, ist ein racha aus sarrāq nicht wirklich sinnvoll abzuleiten, auch ist -ch- in historischen Arabismen eher die Ausnahme als die Regel, ich würde hier mal die These wagen, dass -ch- eigentlich in historischen Arabismen nur dort vorkommt, wo das -ǧ- im Auslaut bzw. vor einem Konsonanten stand. (Auch der Begriff jarcha von arab. Ḫarǧa ist eine moderne, literaturwissenschaftliche Entlehnung, ca. 1930.) Sobald es vor einem Vokal stand, entwickelte es sich im Lehnwortschatz zu -j- ([χ⁠]).

Ein weiterer Grund, warum ein Zusammenhang von sarrāq und -racha eher unwahrscheinlich ist, ist außerphonetischer Natur. Es gibt natürlich immer wieder mal Hybridbildungen, also Zusammensetzungen von Worten aus zwei verschiedenen Sprachen. In Topo- und Hydronymen kommt das ab und zu mal vor. Bei Konkreta und Abstrakta ist das dann doch eher die Ausnahme, das ein Kompositum aus zwei verschiedenen Herkunftssprachen zusammengesetzt ist. Bei Ortsnamen häufig auch, wenn die Ursprungsbedeutung nicht mehr klar vor Augen liegt. Z.B. Puente de Alcántara, Minas de Almadén, Castillo de Alcocer
puente = Brücke
qanṭara =Brücke
mina = Mine, Bergwerk
ma'adin - Mineral (in al-Andalus wohl Bergwerk)
castillo - Burg
quṣair - kleines qaṣr - < lat. castrum
Aber das sind keine richtigen Hybride.

Noch eines zum Begriff "Maurisch". "Maurisch" ist ein historischer Begriff, mit dem man in Unkenntnis ihrer Ethnizität die Leute, die aus hispanischer Sicht aus Nordafrika kamen (den ehemaligen römischen Provinzen Mauretania Caesariensis und Mauretania Tingitana) die Muslime bezeichnete: Araber und Berber. Daher ist der Begriff maurisch heute ein Hilfskonstrukt, das reichlich unpräzise ist. Wenn es aber um konkrete Sprachen geht, bitte von Arabisch oder Berber/Tamazight sprechen.
 
Zurück
Oben