Che Guevara

Dieses Thema bekleidet uns nun seit Oktober 2007. (...)
Nach den Sieg von M-26-7 begleitete er in Kuba verschiedene Ämter (Wirtschaftsberater, Ideologe, Leiter der Nationalbank, Industrieminister). (...)
So wie man über ihm liest war einen schon klar
...die Autokorrektur, gleichgültig ob Notebook oder Handy, ist ein kapriziöses Ärgernis ;):D
@Ralf.M mich plagt das Korrekturdings auch oft genug!
Wie sieht es bei Sankt Che aus heutiger strenger Sicht mit der political correctness aus? Was bei Tante Wiki über diese Ikone in Sachen Menschenrechtsverletzungen zu lesen ist, macht keinen erfreulichen Eindruck...
 
Wie sieht es bei Sankt Che aus heutiger strenger Sicht mit der political correctness aus? Was bei Tante Wiki über diese Ikone in Sachen Menschenrechtsverletzungen zu lesen ist, macht keinen erfreulichen Eindruck...
Da ich das für eine Crosspost zum Ikonoklasmusthread halte, mit dem du implizit mich adressierst, drei Zitate daraus:

Du hältst es für Geschichtsbewusstsein, die weiter vor sich hin verrotten zu lassen, ich halte für Geschichtsbewusstsein, mit ihnen umzugehen. Und dieser Umgang sieht ggf. Musealisierung vor. Ich jedenfalls halte nichts davon erfurchterheischende Statuen von Kaisern und Sklavenhändlern unkommentiert auf unseren öffentlichen Plätzen herumstehen zu lassen. Aber vielleicht schärft sich der Blick für diese Dinge erst dann, wenn man mal in diktatorisch verfasste Länder gereist ist. Ich war in Syrien, ich war auf Kuba, da sieht man auch viele Statuen. Wobei auf Kuba immerhin hauptsächlich von José Martí und Ernesto de la Serna, hier und da auch mal ein Camilo Cienfuegos. [...]
Ich glaube, diese quasireligiöse Statuenverehrehrung ist nichts für Geschichtsbewusste, sondern eher für Autoritäre Charaktere.

Konsequent zu Ende gedacht plädierst du also dafür, den Stalin in Minsk, den Kaiser Wilhelm in Stuttgart, den Bomber Harris in London oder den Ernesto de la Serna in Santa Clara stehen zu lassen, damit ihre zukünftigen Verehrer nicht auf die Idee kommen können, sie wieder aus dem Magazin herauszuholen? Das ist doch nicht logisch.

Aber genau das ist doch die Forderung, die ich hier lesen muss: "Die Denkmäler sind für bestimmte öffentliche Plätze konzipiert und gehören genau dorthin."
Wenn wir das übersetzen heißt das doch nichts anderes als

- die Gegenwart hat sich gefälligst nicht an den Statuen der Vergangenheit zu vergreifen.
- die jungen schwarzen Leute aus den ehem. Kolonien sollen sich gefälligst wie Gäste verhalten und müssen akzeptieren, dass ein Sklavenhändler in alle Ewigkeit ein ehrendes Gedächtnis in unsere für weiße Männer gebauten Stadt erhält.
[...]
Für die Angehörigen der in La Cabaña Emordeten heißt das, dass sie auf ewig damit leben müssen, das von jeder zweiten Wand das Konterfei von Ernesto de la Serna auf sie herabblickt.
 
Da ich das für eine Crosspost zum Ikonoklasmusthread halte, mit dem du implizit mich adressierst
Da irrst du dich.
Du warst hier weder von mir angesprochen, noch "crossposte" ich.
Dass ich meine Frage nach der heutigen Perspektive auf die Ikone Che (auf Postern und T-Shirts gerne abgebildet) ein wenig ironisch gestellt habe, ist weder illegitim noch muss es dich in Harnisch bringen.
 
Dass ich meine Frage nach der heutigen Perspektive auf die Ikone Che (auf Postern und T-Shirts gerne abgebildet) ein wenig ironisch gestellt habe, ist weder illegitim noch muss es dich in Harnisch bringen.
Ich habe weder das eine noch das andere behauptet.
Allerdings war im Kontext der anderen Diskussion das Aufgreifen dieses Themas in diesem Thread durchaus im Sinne eines Crosspostings und durchaus zu verstehen, dass ich adressiert gewesen sei (wohlgemerkt Konjunktiv) im Sinne unserer Divergenzen im anderen Thread, fand ich dabei durchaus naheliegend.

Aber du siehst, es sind nicht nur bürgerliche Ikonen, deren Podestwürdigkeit man infragestellen kann, sondern auch nichtbürgerliche (wobei ja sowohl Ernesto de la Serna als auch Wladimir Uljanow priviligierte Bürgersöhnchen waren).
 
Durch das berühmte Foto von Alberto "Korda" Gutierrez wurde er zum Heiligen gemacht
Hasta siembre Comandante...

Von dem Lied von Carlos Puebla gibt es ja unzählige Coverversionen, eine erotisch angehauchte von Nathalie Cardone, eine griechische, eine halb italienische, halb spanische in der aus toda Santa Clara se despierta para verte ('ganz Santa Clara steht auf, um dich zu sehen'*) die Variante todos hasta Clara ('alle bis hin zu Clara') wird (ich habe bis heute nicht herausgefunden, ob es da einen tieferen Sinn gibt, oder ob die italienischen Künstler einfach nur nicht textfirm waren). Es gibt auch eine griechische Variante des Liedes und von Boikot eine Punkrock-Version.
Die peinlichste Variante des Liedes hat aber Wolf Biermann verbrochen mit dem Vers Jesus Christus mit der Knarre.

Der rote Stern an der Jacke
Im schwarzen Bart die Zigarre
Jesus Christus mit der Knarre
So führt dein Bild uns zur Attacke.

Man muss Biermann aber wohl auch zugute halten, dass er den Sozialismus eines Ernesto Guevara mit dem Sowjet- und SED-Sozialismus konterkarieren wollte:

Und bist kein Bonze geworden
Kein hohes Tier, das nach Geld schielt
Und vom Schreibtisch aus den Helden spielt
In feiner Kluft mit alten Orden.


*die Doppeldeutigkeit liegt darin, ob die Leute aufstanden, weil sie wusste, dass Guevara mit seiner Kolonne nach Santa Clara kommt oder überrascht waren, dass er am Stadtrand von Santa Clara den gepanzerten Zug angriff, der die Militärs mit Waffen gegen die Guerilleros versorgen sollte. Der Sieg von Santa Clara am 28./29.12.1958 führte zur Flucht Batistas und zum Zusamenbruch seines Regimes drei Tage später. In Santa Clara hat man Guevara und seinen Gefährten beim kolumbianischen Abenteuer ein Mausoleum mit integriertem Museum errichtet.
 
ich stelle meine Frage einfach nochmal (in der Hoffnung, dass nicht erneut Ikonoklasmen-Fanatiker ;) mit der rhetorisch-zitatwütigen Streitaxt umherfuchteln)
Wie sieht es bei Sankt Che aus heutiger strenger Sicht mit der political correctness aus? Was bei Tante Wiki über diese Ikone in Sachen Menschenrechtsverletzungen zu lesen ist, macht keinen erfreulichen Eindruck...
letztes Jahr sind Guevaras Briefe in deutscher Übersetzung erschienen, siehe #96 und man kann einen ebenso unerfreulichen Eindruck von "Sankt Che", der Revoluzzer-"Ikone", bekommen wie im Tante Wiki Artikel:
Laut Eichler werfen die Briefe ein neues Licht auf Guevaras Entwicklung vom privilegierten Bürgersöhnchen zum Sozialisten und vom Revolutionär zum Kommandanten und Henker von La Cabaña. Eichler empfindet die Ausgabe, die über diese Entwicklung hiweggeht als zynisch und wundert sich darüber, dass hier trotz der eindeutigen Texte Guevaras Heldenromantik betrieben wird.
Hat sich denn seit dem bekannt werden dieser Briefe hierzulande in Sachen Rezeption noch irgendwas getan, oder ist hierzulande alles beim alten geblieben, also weiterhin in weiten Kreisen kritiklose oder besser gesagt geschichtsklitternde Heldenromantik?
 
Ich habe diesen Thread zum Anlass genommen, den Film Che! von 1969 anzuschauen. Den habe ich schon seit 20 Jahren oder so auf einer CD und bisher nie angesehen, weil mich der Protagonist wenig interessiert. Immerhin, die Diskussion hier hat mich "angetriggert".
Der Film ist weitgehend biographisch orientiert (weniger politisch) und zeigt vor allem die Radikalität und Skrupellosigkeit Ches. Ihm gegenüber erscheint Fidel Castro geradezu als ein Friedensengel. Man hat den Eindruck, dass sich Che vor allem in Destruktivität badete. So der Eindruck des Films (aber auch der beim Lesen der Beiträge in diesem Forum), und daher kann ich die Urteilen in der wiki, hier werde keine Stellung bezogen, nicht nachvollziehen. Dass nun Omar Sharif den Che spielt... nun ja, warum sollte er nicht? Danny de Vito hätte weniger gepasst.

Ein paar interessante Details des Films, deren Wahrheitsgehalt ich nicht überprüfen kann:
  • Das eigentliche militärische Genie der 26.-Juli-Rebellen soll nicht Fidel, sondern Che gewesen sein.
  • Schon im Kubanischen Guerillakrieg erschoss Che selbst eigene Leute, die als Spione, Überläufer, Deserteure etc ausgewiesen wurden. Sein Motto im Film:
    One life or even thousands of lives have no importance in carrying out world revolution.
    (Auf rechter Seite heißt das Motto:
    Da bist nichts, dein Volk ist alles.
    Ersetze einfach "Volk" durch "Weltrevolution".)
  • Es wird dargestellt, dass es Che's Idee war, die Russen samt ihren Nuklearwaffen nach Kuba zu holen. Das habe ich aber, wenn's um die Kubakrise geht, nirgendwo sonst gehört.
 
Man hat den Eindruck, dass sich Che vor allem in Destruktivität badete.
Ich denke, das wird Ernesto Guevara auch nicht gerecht. Der Mann ist sicherlich in manchen Kreisen so beliebt, weil seine dunkle Seite ausgeblendet und übersehen wird. Auf Kuba ist er heute sehr bliebt, was wohl die „Gnade des frühen Todes“ ist, er war ja als Wirtschafts- und Arbeitsminister (im Spanischen ministro de industria ist semantisch etwas breiter als das deutsche Industrieminister) eher unglücklich und hat sich dann aus dem Staub gemacht, wird also nicht so sehr mit der wirtschaftlichen Misere Kubas in Verbindung gebracht, wie die Castros. Deshalb ist sein Mausoleum auch viel größer als Fidels Findling in Santiago. Che blickt von jeder zweiten kubanischen Wand sinnierend in die Ferne.
Ich glaube nicht, dass die Darstellung, dass er sich in Destruktivität badete, gerechtfertigt ist, ohne seine Verbrechen rechtfertigen zu wollen.
Seine Aufgabe war ja ursprünglich, den Rebellen als Arzt zu dienen. Die Rebellion wäre beinahe schon am Tag der Landung der Granma gescheitert, da die Landung der Rebellen und der ungefähre Landungsort bekannt waren, und sie direkt am ersten Tag zusammengeschlossen und zersprengt wurden, dadurch wurde Che quasi erst zum bewaffneten Kämpfer.

Das eigentliche militärische Genie der 26.-Juli-Rebellen soll nicht Fidel, sondern Che gewesen sein.
Che war ein Hasardeur, ein Draufgänger und hat damit die militärisch überlegenen Batistaleute mehr als einmal überrascht. Sein Überfall auf den gepanzerten Zug in Santa Clara mit Baufahrzeugen hat den Krieg beendet. Dass er deswegen das eigentliche Genie der Rebellenarmee gewesen sei, würde ich nicht sagen.

Schon im Kubanischen Guerillakrieg erschoss Che selbst eigene Leute, die als Spione, Überläufer, Deserteure etc ausgewiesen wurden.
Das kann man im Kubanischen Tagebuch von ihm selbst lesen. Nun, Ernesto Guevara hat hinreichend Verbrechen begangen, da gibt es nichts zu beschönigen. Die Leute, die in der Sierra Maestra während des Guerillakrieges erschossen wurden, waren allerdings Leute, welche den Rebellen Nahrungsmittel und Waffen entzogen hatten oder diese an die Batista-Soldaten verraten hatten. Die Rebellen lebten damals in im Wald verstreuten Holzunterständen (als Schutzmaßnahme gegen Luftangriffe), hatten kaum Waffen und Munition und wenig Nahrungsmittel, waren also extrem vulnerabel.
 
Danke für die Antwort: offenbar hat sich der Film weitgehend an den Quellen orientiert und nicht an der Phantasie und ist von daher nicht so schlecht, wie die Kritik ihn vorführt.
Wie gesagt, ich weiß so gut wie nichts von Guevara. Doch nach dem Film und auch nach dem hier im Thread Dargestellten sehe ich dennoch das destruktive Element stärker als ein konstruktives.
  • Das wäre an den (eigenhändigen) Tötungen der Deserteure zu belegen,
  • aber auch später an den Ermordungen der Gefängnisinsassen (eigenhändiges Töten der Gefangenen kommt im Film nicht vor), die übrigens, falls das stimmt, von Fidel nicht für gut geheißen wurden
  • das zeigt sich in der verantwortungslosen Befürwortung von Atomwaffen (bis hin zum Einsatz),
  • aber vor allem auch daran, dass ihn ein Aufbau von Kuba offenbar wenig interessiert hat.
  • Ebenfalls ein Beleg hierfür, dass ihn die Situation der Armen wenig interessiert hat: Von einem bolivianischen Guerillero befragt, was er hier eigentlich suche, wo er gar kein Bolivianer sei, antwortete er: das Land grenze an soundsoviel andere lateinamerikanische Länder, und so könne man von hier aus am einfachsten die Revolution auf diese Länder hinübertragen.
Ihm ging es um Kampf und immer wieder nur um Kampf.
 
  • Ebenfalls ein Beleg hierfür, dass ihn die Situation der Armen wenig interessiert hat: Von einem bolivianischen Guerillero befragt, was er hier eigentlich suche, wo er gar kein Bolivianer sei, antwortete er: das Land grenze an soundsoviel andere lateinamerikanische Länder, und so könne man von hier aus am einfachsten die Revolution auf diese Länder hinübertragen.
Wenn der Film das als Widerspruch aufbaut, ist das vielleicht nicht ganz so gerecht. Die Weltrevolution ist nun mal Teil der kommunistischen Ideologie. Das gehört zusammen.
 
Zurück
Oben