Zahl der Nationalstaaten im Verlauf der Geschichte: Weltstaat?

Ähnliches ließe sich auf dem indischen Subkontinent feststellen.
Da hat man zwar geistig im Kopf, dass British-Inida im Zuge der Abwickelung in Indien und Pakistan, später dan Bangladesch geteilt wurde, was zunächst mal den Eindruck vermittelt, das da am Ende mehr Akteure herausgekommen wären, als es vorher waren.
Das übersieht allerdings, dass eben bei weitem nicht ganz Indien formal britische Kronkolonie war, sondern gut 1/4 bis 1/3 der Fläche des indisichen Subkontinents bis zum ende der britischen Kolonialzeit de jure aus eigenständigen Fürstentümern/Kleinstaaten unter britischem Protektorat bestand.

Zweien davon, nämlich Nepal und Bhutan gelang es sich nach dem Rückzug der Briten vom indischen Subkontinent als eigenständig zu behaupten, der Rest wurde von den "Nachfolgestaaten" Indien und Pakistan geschluckt, bzw. ging in diesen auf.
Auch hier führte die Unabhängigkeit und die Abwicklung der kolonialen Verhältnisse bei Lichte besehen, wenn man die Komplexität der Konstruktion berücksichtigt zu einer Reduktion der Anzahl staatlicher Akteure, nicht zu ihrer Vermehrung.

Jetzt könnte man im Hinblick auf diverse indische Fürstentümer natürlich die Frage stellen, ob man da in diesem Sinne von Nationalstaaten sprechen kann.
Allerdings scheinen wir im Fall von Nepal und Bhutan kein Problem damit zu haben, das anzuerkennen, weswegen man das auch für die anderen mindestens mal diskutieren könnte.

Erst einmal, vielen Dank an alle bezüglich dieser interessanten Diskussion. Ich bewundere das Wissen, das hier vorhanden ist.

Ich muss gestehen, ich habe keine Ahnung von der Geschichte Indien und welche weitere Kleinstaaten es damals gab. Aber ich find das Beispiel wirklich interessant und würde da gerne mehr Beispiele bekommen und da ein bisschen weiterrecherchieren zu können.

Bei der Entkolonisierung der Staatsbildung danach (die ja oft willkürlich gezogen wurden) sind wohl auch einige Konflikte entstanden, die bis heute anhalten.
 
Betrachtet man jedoch die drei Hauptgefahren: Atomkrieg, Klimawandel und disruptive Techniken (KI), so gibt es nur für die ersten zwei ein internationales Management, dessen angemessene Wirksamkeit leider fraglich bleibt. Bei Punkt 3 herrscht die Anarchie der Gier.

Interessanter Gedanke. Ich würde die Gentechnik noch mit einbeziehen. KI und Gentechnik sind ganz wichtige Felder für die Zukunft und ja, da kocht jeder sein eigenes Süppchen – auch um sich gegenüber anderen einen Vorteil zu verschaffen. Und gerade bei der Gentechnik ist das durchaus deswegen interessant, weil es da von Land zu Land ja auch ganz unterschiedliche Richtlinien was erlaubt ist und was nicht gibt.
 
Aus welcher Entwicklung? Aus der Entwicklung der Halbleitertechnik und dem Mooreschen Gesetz?
Wird da vielleicht eine ganz große Linie gezogen, ohne die extremen Ausschläge jüngster Zeit?

Die Entwicklung der Zahl der politischen Einheiten. Dahingehend war ja auch meine ursprünglich angedachte Frage, welche Zahlen da konkret als Grundlage genommen werden. Habe mir aber schon gedacht, dass die Frage wohl zu knifflig ist. Man müsste halt irgendwie an die Orginalarbeit kommen. Normalerweise müsste er da ja konkret auch mit Zahlen begründen.
 
[Mod]Löschbegründung zu lang.
Der erste Teil des Postings kam zwar eindeutig aus einer ideologischen Position, wäre aber durchaus mit den Regeln des Forums als Hypothese diskutierbar gewesen (und meiner Meinung auch diskutabel).
Der zweite Teil des Beitrags stellte aber als politisches Glaubensbekenntnis eine Verletzung der Forenregeln dar.[/mod]
 
Ich muss gestehen, ich habe keine Ahnung von der Geschichte Indien und welche weitere Kleinstaaten es damals gab. Aber ich find das Beispiel wirklich interessant und würde da gerne mehr Beispiele bekommen und da ein bisschen weiterrecherchieren zu können.

Wenn dich die indischen Kleinsaaten während der Kolonialzeit interessieren, wirf mal einen Blick hier hinein:

Fürstenstaat – Wikipedia

In vielen Fällen waren indische Fürstentümer durch die East India Company militärisch unterworfen worden oder ihre Herrscher hatten sich sogar freiwillig britischem Protektorat unterstellt, weil sie fürchteten ohne auswärtige Hilfe in den chaotischen Zuständen nach dem Zerfall des Mogulreiches sonst unter zu gehen.

Diese Staaten hatten (wenn auch als Vasallen der EIC und ab 1858 formal der britischen Krone, de facto des britischen Staats) nicht selten formal bis zum Ende der britischen Kolonialherrschaft bestand.

Erst danach verschwanden sie und wurden entweder von Indien oder Pakistan geschluckt.

Das Staaten im rechtlichen Sinne, auch wenn sie in die Abhängigkeit eines Kolonialherren gerieten formal eigenständige Subjekte blieben ist keine Seltenheit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Zahl der politischen Einheiten im Lauf der Geschichte ist mir nicht möglich, herauszufinden. Alleine in Deutschland allerdings gab es es 1789 etwa 300 davon und 1815 waren es durch die Neuordnung durch den Deutschen Bund nur noch 39.
 
Die Zahl der politischen Einheiten im Lauf der Geschichte ist mir nicht möglich, herauszufinden
Ist auch vergebliche Liebesmüh, weil man dafür erstmal eine genaue Definition benötigte, was denn eine politische Einheit überhaupt sei.

Darunter mag man in Teilen Afrikas oder in den Kontexten der nomadischen Steppenvölker Sibiriens etwas völlig anderes verstehen, als innerhalb Europas.
Und selbst wenn sich das zweifelsfrei definieren ließe, stünde man vor dem Problem, dass sich in diversen Weltgegenden Formen schriftlicher Überlieferungen erst in den letzten Jahrhunderten durchgesetzt haben.

Das bedeutet nicht, dass es da überhaupt keine Überlieferung gäbe, die gibt es im Rahmen archäologischer Funde und im Sinne mündlicher Überlieferungen sehr wohl, aber daraus über Jahrhunderte zurückgehend präzise Zusammenhänge ableiten zu wollen, was nun Autonom oder im Zusammenhang mit etwas anderem Stand, ist da ein bisschen viel verlangt, dass bekommt man ja selbst da nicht so unbedingt gut auseinander, wo die schriftliche Überlieferung einigermaßen gegeben ist.

Was das angeht, kann man vielleicht einen Horizont von 100-150 Jahren einigermaßen sauber überblicken.

Aus den Entwicklungen eines solchen Zeitraums aber Tendenzen für die Menschheitsgeschichte oder gar die Zukunft ableiten zu wollen, ist gelinde gesagt vollkommener Unsinn.

Schaut man sich an, was wir geschichtlich überblicken können hat es immer wieder Perioden der Zentralisation und Perioden der Dezentralisation gegeben und das unabhängig voneinander in verschiedenen weltgegenden.

Mitunter einfach bedingt durch Veränderungen der Umweltbedingungen oder die sozialen Konsequenzen technischen Fortschritts, die sich beide in präziser Form nicht vorhersagen ließen, noch lassen.

Alleine in Deutschland allerdings gab es es 1789 etwa 300 davon und 1815 waren es durch die Neuordnung durch den Deutschen Bund nur noch 39.

Nicht in Deutschland, sondern innerhalb des Heiligen Römischen Reiches.

Ist auch gar nicht weiter verwunderlich, zumal die strikte Trennung zwischen dem Staatswesen und der Person die es Regiert (insbesondere im Fall monarchischer oder aristokratischer Herrschaft) etwas ist, dass sich im Grunde genommen erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts durchsetzt.

Und auch die Primogenitur und die Unteilbarkeit des Landes im Erbfall sind Dinge, die vor dem 17.-18. Jahrhundert keinesfalls eine Selbstverständlichkeit sind.

Dadurch ergab sich alleine durch die in jeder Generation anfallenden Erbteilungen und erbbedingten Zusammenballungen eine unheimliche Dynamik hinsichtlicher der schlichten Anzahl politischer Einheiten.
 
Die Zahl der politischen Einheiten im Lauf der Geschichte ist mir nicht möglich, herauszufinden. Alleine in Deutschland allerdings gab es es 1789 etwa 300 davon und 1815 waren es durch die Neuordnung durch den Deutschen Bund nur noch 39.

Andererseits waren im frühen Mittelalter auch eher größere Reiche statt dieser Fragmentierung anzutreffen. Erst im Hochmittelalter zerfielen zum Beispiel das Akassiden-Khalifat und das Frankenreich in die Fürstentümer, Königshauser und Stadtstaaten.
 
Ist auch vergebliche Liebesmüh, weil man dafür erstmal eine genaue Definition benötigte, was denn eine politische Einheit überhaupt sei.
Sehr richtig.

Darunter mag man in Teilen Afrikas oder in den Kontexten der nomadischen Steppenvölker Sibiriens etwas völlig anderes verstehen, als innerhalb Europas.
Und selbst wenn sich das zweifelsfrei definieren ließe, stünde man vor dem Problem, dass sich in diversen Weltgegenden Formen schriftlicher Überlieferungen erst in den letzten Jahrhunderten durchgesetzt haben.
Man muss allerdings nicht in graue Vorzeiten oder das "Herz der Finsternis" vordringen - was nicht im geringsten eine Kritik an dir, Shinigami, ist, im Gegenteil.
Denn daraus
Was das angeht, kann man vielleicht einen Horizont von 100-150 Jahren einigermaßen sauber überblicken.
den scheinbar einfachen Schluss zu ziehen
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heute sind es nur noch 195 Nationen
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weil die UNO so viele Mitglieder hat, bringt auch nicht weiter.
Lange war Taiwan Mitglied der UNO und die VR China nicht, jetzt ist es umgekehrt. Wer hat zu entscheiden, ob Taiwan ein Staat ist, die Menschen in Taiwan oder das Regime in Peking? Die Ukraine war, trotz Zugehörigkeit zur UdSSR, Mitglied der UNO. Jetzt, nachdem es die UdSSR nicht mehr gibt, ziehen gewisse Herren in Moskau die Existenz einer selbständigen Ukraine in Zweifel. Ähnliches gilt für Kurdistan und die Regime in Damaskus und Ankara. Und was ist mit Palästina, der Westsahara, den Nachfolgestaaten der UdSSR von Estland über Moldawien und Ossetien bis Kasachstan - teilweise UNO-Mitglieder, teilweise nicht? Die Eigenstaatlichkeit der Puzzle-Teile, in die Jugoslawien zerlegt wurde, war auch lange fraglich und ist vllt. immer noch nicht "gegessen". Usw. erspare ich uns.
Bringt uns das wirklich einer Weltregierung näher oder schlagen die konkurrierenden Regime nur weiter mit immer wieder wechselnden Frontlinien auf ihre Untertanen ein?
 
Die Geschichtegehorcht keinem Geist ....

Die Menschheitsgeschichte ist nicht linear. ...

Eben! Geschichte funktioniert nicht deterministisch oder teleologisch.
Nur zwei Beispiele für gescheiterte Erklärungs- und Prognoseversuche. Weder ging es gemäß der christlichen Heilslehre zum "Reich Gottes", noch gemäß dem dialektischen Materialismus zur "Diktatur der vereinigten Proletarier aller Länder" und anschließend zum "Absterben des Staats" und zur "klassenlosen Gesellschaft".
Zum Absterben der Nationalstaaten kommt es vllt. tatsächlich noch, weil zunehmend multinationale Konzerne und die, die in ihnen das Sagen haben, das Weltgeschehen bestimmen. Aber das wäre dann doch etwas sehr anderes als das, was sich die "säkularen Eschatologen" unter einer Weltregierung üblicherweise vorstellen.
 
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