Unterschiede in der Hygiene mögliche Ursache für die Judenpogrome?

Was ich nicht ganz verstehe bei dem Thema:
Hier, wie auch in älteren Threads, wird die Badehauskultur immer im Zusammenhang mit der Hygiene gesehen.
War diese aber nicht eher ein gesellschaftliches Ereignis?
Hygiene betrieb man (oder man betrieb sie eben nicht) mit der Waschschüssel und dem Waschlappen zu Hause, dafür brauchte es kein Badehaus.
Dorthin ging man, um sich den neuesten Tratsch anzuhören.
Aus dem Nichtvorhandensein von Badehäusern auf mangelnde Hygiene zu schließen, halte ich für abwegig.
Ebenso wie die Mikwe eben kein Zeichen besonders ausgeprägter Hygiene ist. Auch die Juden wuschen sich an den meisten Tagen ganz normal zu Hause.
 
Zwischenzeitlich habe ich auch gegoogelt und bin zu einer Überzeugung gekommen!
(so als nicht Wissenschaftler und nicht Historiker!)

Zuerst zu den Badehäuser:
Badehäuser dienten natürlich nicht ausschließlich der Reinlichkeit, sondern waren ein 'gesellschaftlicher' Treff.
Gelegentlich habe ich auch gelesen, dass die Badehäuser eher kontra-produktiv für die Gesundheit der Menschen waren.

Und natürlich, Hygiene ist was Individuelles!
Entweder man wäscht sich oder man wäscht sich nicht.

Mein ursprüngliche Frage zielte aber auf einen anderen Punkt:
Waren die Juden im Mittelalter per se reinlicher als die Christen, und somit nicht so anfällig für Infektionskrankheiten (z.B: Pest).

Und meine Antwort ist JA!

Die Begründung:
Rituelle Waschungen, egal auch welche, waren/sind Teil der jüdischen Kultur und teil des alltäglichen Lebens.
(sicherlich gab es unter den Juden auch 'Schmutzfinke', aber...)
Somit kann sagen, dass die Hygiene bei den Juden stark ausgeprägt war.

Bei den Christen war es genau umgekehrt.
Die aufkommende Städte mussten umfangreiche Vorschriften erlassen, damit ein Mindestmaß an Hygiene erreicht wurde. Teilweise unter drakonische Strafen.
Solche Regelungen und auch Strafen bezeugen, dass es um die Reinlichkeit im Mittelalter nicht zum bestem stand.

siehe dazu auch:
Hygiene im Mittelalter
Was ich nicht ganz verstehe bei dem Thema:
Hier, wie auch in älteren Threads, wird die Badehauskultur immer im Zusammenhang mit der Hygiene gesehen.
War diese aber nicht eher ein gesellschaftliches Ereignis?
Hygiene betrieb man (oder man betrieb sie eben nicht) mit der Waschschüssel und dem Waschlappen zu Hause, dafür brauchte es kein Badehaus.
Dorthin ging man, um sich den neuesten Tratsch anzuhören.
Aus dem Nichtvorhandensein von Badehäusern auf mangelnde Hygiene zu schließen, halte ich für abwegig.
Ebenso wie die Mikwe eben kein Zeichen besonders ausgeprägter Hygiene ist. Auch die Juden wuschen sich an den meisten Tagen ganz normal zu Hause.
 
Zwischenzeitlich habe ich auch gegoogelt und bin zu einer Überzeugung gekommen!
(so als nicht Wissenschaftler und nicht Historiker!)

Zuerst zu den Badehäuser:
Badehäuser dienten natürlich nicht ausschließlich der Reinlichkeit, sondern waren ein 'gesellschaftlicher' Treff.
Gelegentlich habe ich auch gelesen, dass die Badehäuser eher kontra-produktiv für die Gesundheit der Menschen waren.

Und natürlich, Hygiene ist was Individuelles!
Entweder man wäscht sich oder man wäscht sich nicht.

Mein ursprüngliche Frage zielte aber auf einen anderen Punkt:
Waren die Juden im Mittelalter per se reinlicher als die Christen, und somit nicht so anfällig für Infektionskrankheiten (z.B: Pest).

Und meine Antwort ist JA!

Die Begründung:
Rituelle Waschungen, egal auch welche, waren/sind Teil der jüdischen Kultur und teil des alltäglichen Lebens.
(sicherlich gab es unter den Juden auch 'Schmutzfinke', aber...)
Somit kann sagen, dass die Hygiene bei den Juden stark ausgeprägt war.

Bei den Christen war es genau umgekehrt.
Die aufkommende Städte mussten umfangreiche Vorschriften erlassen, damit ein Mindestmaß an Hygiene erreicht wurde. Teilweise unter drakonische Strafen.
Solche Regelungen und auch Strafen bezeugen, dass es um die Reinlichkeit im Mittelalter nicht zum bestem stand.

siehe dazu auch:
Hygiene im Mittelalter
 
Mein ursprüngliche Frage zielte aber auf einen anderen Punkt:
Waren die Juden im Mittelalter per se reinlicher als die Christen, und somit nicht so anfällig für Infektionskrankheiten (z.B: Pest).

Und meine Antwort ist JA!

Die Begründung:
Rituelle Waschungen, egal auch welche, waren/sind Teil der jüdischen Kultur und teil des alltäglichen Lebens.
(sicherlich gab es unter den Juden auch 'Schmutzfinke', aber...)
Somit kann sagen, dass die Hygiene bei den Juden stark ausgeprägt war.
Und du meinst ernsthaft, dass es den Floh, dessen eigentliches Wirtstier, die Ratte, stirbt - denn erst wenn die Ratten sterben geht der Floh massiv auf andere Wirte über - dass es also den Floh interessierte, wie gewaschen oder ungewaschen sein neuer Wirt war?

Nicht alles, was im Internet steht, ist jüngster Forschungsstand. Der von dir verlinkte Text stammt aus dem Jahr 1937.
 
Zwischenzeitlich habe ich auch gegoogelt und bin zu einer Überzeugung gekommen!
[...]

Das halte ich in dieser Form für nicht stichhaltig.

Zunächstmal wäre hier zu überprüfen, ob es denn bei den entsprechenden einschlägigen Krankheitswellen überhaupt besondere Abweichungen in der Häufigkeit voon jüdischen oder christlichen Opfern gab.

Das sehe ich nämlich nirgendwo bewiesen.
Das wurde zwar zeitgenössisch hin und wieder unterstellt, nur wie das mit der Stichhaltigkeit von Unterstellungen eben so ist, wenn Sündenböcke gesucht werden.......
Ich wäre zunächst damit einmal vorsichtig.

Wenn man sich damit befassen wollte, müsste man im Grunde genommen nach Aufzeichnungen aus Städten suchen in denen keine Pogrome stattgefunden haben und sich wirklich mal damit befassen, ob statsitisch gesehen die christlichen Teile der Bevölkerung mehr Opfer aufwiesen, als die Jüdischen.

Dann wäre, sofern das feststellbar ist, noch zu untersuchen, so weit das möglich ist, um welche Art von Krankheiten es sich handelte und wie, sofern sich das rekonstruieren lässt die Wohnsituation in den jeweiligen Vierteln war und an welcher Stelle sie die Verbreitung von Infektionen begünstigte oder nicht.

Das wäre im Grunde genommen der Weg.
Und wenn sich danach weisen sollte, dass Juden statistisch gesehen, so weit man das ermitteln kann, tatsächlich seltener Seuchen zum Opfer fielen, dann hätte man eine Basis um Spekulationen anzustellen, warum das wohl so sei.
Vorher aber nicht.
So weit mir bekannt, liegt da bisher keine einschlägige Arbeit vor, die das überzeugend statistisch belegt hätte.

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Alles andere ist wirklich sehr spekulativ und auch wenn ich durchaus ein Freund von Spekulationen bin, da stochert man doch etwas sehr im Nebel.

Dann noch ein paar andere Dinge:


Zuerst zu den Badehäuser:
Badehäuser dienten natürlich nicht ausschließlich der Reinlichkeit, sondern waren ein 'gesellschaftlicher' Treff.
Gelegentlich habe ich auch gelesen, dass die Badehäuser eher kontra-produktiv für die Gesundheit der Menschen waren.

Und natürlich, Hygiene ist was Individuelles!

Natürlich konnten Badehäuser ein potentieller Hotspot für die Verbreitung von Krankheiten sein.
Das traf allerdings auch auf jeden Brunnen zu, der möglicherweise verunreinigtes Wasser führte.

Das Wasser auch für die individuellen Reinigungen musste ja irgendwo herkommen.
Und wenn dieses Wasser verunreinigt war, wuschen sich Leute, die sich besonders oft wuschen eben besonders oft mit verunreinigtem Wasser und Krankheitserregern.

Die Argumentation kann man also durchaus auch ganz grundsätzlich umdrehen.


Bei den Christen war es genau umgekehrt.
Die aufkommende Städte mussten umfangreiche Vorschriften erlassen, damit ein Mindestmaß an Hygiene erreicht wurde. Teilweise unter drakonische Strafen.
Solche Regelungen und auch Strafen bezeugen, dass es um die Reinlichkeit im Mittelalter nicht zum bestem stand.

Die Regelunge in den Städten hatten in diesem Sinne nichts mit den Marotten der christlichen Bewohner zu tun, sondern schlicht und ergreifend damit, dass man diese Dinge in irgendeiner Form einheitlich regeln muss, wenn viele Menschen an einem Ort und auf engem Raum leben.
Zumal ein Großteil der Regelungen, die es da tatsächlich gab überhaupt nicht auf die persönliche Hygiene abzielte, sondern schlicht auch auf Abfallentsorgung, Lärm- und Geruchsbelästigung durch die Handwerksbetriebe etc. abzeilten.
 
Die aufkommende Städte mussten umfangreiche Vorschriften erlassen, damit ein Mindestmaß an Hygiene erreicht wurde. Teilweise unter drakonische Strafen.
Solche Regelungen und auch Strafen bezeugen, dass es um die Reinlichkeit im Mittelalter nicht zum bestem stand.

Auch heute noch gibt es umfangreiche Hygienevorschriften. In Deutschland ist es verboten, Müll auf die Straße oder in Flüsse zu kippen. Und wer z. B. Abfälle illegal entsorgt, die gefährliche Krankheitserreger enthalten, kann drei Jahre Knast bekommen.

Daraus lässt sich nicht folgern, dass die Deutschen besondere Schmutzfinken sind.

Noch weniger lässt sich daraus folgern, dass bestimmte Minderheiten, die in Deutschland leben, sich hygienischer verhalten als der Rest der Einwohner.
 
Die Regelunge in den Städten hatten in diesem Sinne nichts mit den Marotten der christlichen Bewohner zu tun, sondern schlicht und ergreifend damit, dass man diese Dinge in irgendeiner Form einheitlich regeln muss, wenn viele Menschen an einem Ort und auf engem Raum leben.
Zumal ein Großteil der Regelungen, die es da tatsächlich gab überhaupt nicht auf die persönliche Hygiene abzielte, sondern schlicht auch auf Abfallentsorgung, Lärm- und Geruchsbelästigung durch die Handwerksbetriebe etc. abzeilten.

Und diese Problematik gibt es überall auf der Welt, wo Städte entstehen und die Einwohnerzahl wächst:

In den chinesischen Großstädten sah es nicht besser aus als in Europa. Auch dort hatte man mit Abfallhäufen und verdreckten Straßen zu kämpfen. In Südchina waren die Städte oft mit einem dichten Netz von Flussläufen und Kanälen durchzogen, aber auch diese waren häufig mit Abfall verstopft.
Die einzige staatliche Behörde, das Straßenamt (Jiedaoting 街道廳) scheint sich vorrangig um den Zustand der Straßen gekümmert zu haben, die vom Kaiser oder von hochrangigen Beamten benutzt wurden.

Exkremente wurden als Dünger für die Landwirtschaft gebraucht, damit ließen sich einträgliche Geschäfte machen. In den chinesischen Großstädten gab es eigene Märkte, auf denen die Bauern der Umgebung den von der Stadtbevölkerung produzierten Dung kauften.

Yu Xinzhong, Night Soil and Waste in Modern China, in: Health and Hygiene in Chinese East Asia (Hrsg. Angela Ki Che Leung / Charlotte Furth), Durham/London 2010

Als Edo (Tokyo) im 17. Jahrhundert zur Millionenstadt anwuchs, begegneten die Behörden der Vermüllung durch diverse Verordnungen:

"Das Abfallentsorgungssystem der Edo-Zeit ist ein hervorragendes System, das auch heutzutage eingesetzt werden kann. Zu Beginn der Edo-Zeit wurde Müll ganz einfach auf freie Plätze oder in den Fluss geworfen. Weil das jedoch zu Missständen führte, die den Verkehr behinderten und die Bürger durch schlechten Geruch etc. plagte, hat das Büro des Magistrats eine derartige Beseitigung von Müll verboten und bestimmte Fukagawa Eitai-Ura (gegenwärtig der Bezirk Koto in Tokyo) als Deponie. Auch wurde die kommerzielle Müllbeseitigung organisiert, wobei der Müll auf bestimmten Plätzen gesammelt und dann von Entsorgungsunternehmern beseitigt wurde. Dadurch wurden die drei Prozesse Sammlung, Abtransport und Entsorgung schon damals in der Edo-Zeit rigoros in die Praxis umgesetzt. Es wurden zahlreiche Verordnungen erlassen, die das Wegwerfen von Müll auf nicht dazu bestimmten Plätzen untersagten, und ebenso wie heute Gegenmaßnahmen für illegale Müllbeseitigung getroffen sodass ein System für ordnungsgemäße Abfallentsorgung entstand. Des Weiteren wurde der Abfall von Eitai-Ura nach biologischem Abbau zur Landschaftsgestaltung verwendet und das dadurch gewonnenen Land zu neuen Reisfeldern kultiviert."
https://www.env.go.jp/recycle/3r/approach/hokusai_de.pdf

Siehe auch: Basic Studies in Environmental Knowledge, Technology, Evaluation, and Strategy
 
Einhard schreibt über Karl den Großen
Ja, @Sepiola, dieser Hinweis auf Karl den Großen fehlt in keiner Diskussion über Badesitten im Mittelalter.

Dass in Klöstern auch mal gebadet wurde, will kein Mensch abstreiten, aber das war den Mönchen und Nonnen nur im Fall der Krankheit erlaubt, sonst sollten sie, wenn überhaupt, nur einmal im Monat baden, besser nur einmal im Jahr. Dafür gibt es schriftlichen Quellen.

Und klar, es wurde auch in mittelalterlichen Burgen gebadet, fragt sich nur wie oft. :D

Aber hier geht es nicht um diese privilegierten Schichten, sondern um öffentliche Badeanstalten. Und diese kamen im Westen erst nach dem 1. Kreuzzug, also im 12. Jhdt. auf. Und die verschwanden wieder nach 2-3 Jahrhunderten, u.a. wegen der dort herrschenden Unmoral. Dabei war diese Unmoral tatsächlich nur in als Badeanstalt getarnten Bordellen zu beobachten - das hat Hans Peter Duerr in seinem Band Nacktheit und Scham nachgewiesen. Übrigens geschieht das heute wieder: Bordelle tarnen sich mit unverdächtigen, weil fast asexuellen FKK-Kürzel (für Freie Körperkultur).
 
Mein ursprüngliche Frage zielte aber auf einen anderen Punkt:
Waren die Juden im Mittelalter per se reinlicher als die Christen, und somit nicht so anfällig für Infektionskrankheiten (z.B: Pest).

Und meine Antwort ist JA!

Was mich in dem Zusammenhang zuerst interessieren würde, ist die Frage nach den psychologischen und soziologischen Bedingungen für ein Progrom. Denn deine Annahme setzt ja voraus, dass die Ursache der Progrome in einem empirischen Beobachten liegt. Als hätten die Menschen ganz nüchtern und faktisch korrekt festgestellt, dass bestimmte Bevölkerungsteile, hier die Juden, weniger von Krankheiten betroffen waren, als der Rest der Bevölkerung. So stelle ich mir die Lage eher nicht vor. Ich habe ein Beispiel für ein Progrom in Erfurt gefunden, dass diese Annahme widerlegt.

Es scheint mir vielmehr in der menschlichen Natur zu liegen, bei Katastrophen einen Sündenbock auszumachen. Neben Progromen gab es ja zum Beispiel auch die Hexenverfolgung. Wen macht man aber zum Sündenbock? Es war immer mein Verständnis, dass es diejenigen getroffen hat, die man sowieso loswerden wollte. So merkt schon der Chronist des Progroms in Erfurt an, dass man bei den betroffenen Juden viele Schulden hatte. Ich denke, einen Sündenbock, einen vermeintlich Schuldigen zu finden, hilft dem Menschen in einer unkontrollierbaren Situation das Gefühl von Kontrolle wiederzuerlangen. Eine weitere Vermutung, warum es gerade die Juden getroffen hat, mag in den religiösen Vorstellungen der Menschen liegen. Es gab doch die Idee, dass ein Gottloser den Zorn auf die ganze Gemeinschaft zieht. Andersgläubige waren damit die Schwachstellen im Bollwerk gegen das Böse. Hier nun mein Beispiel:


Die Mär von den Brunnenvergiftern

In Erfurt brach die Pest im Sommer 1350 aus und wütete fast ein dreiviertel Jahr. Ein Stadtchronist schreibt, es werde angenommen, Juden hätten die Quelle eines Flusses vergiftet. Er verweist jedoch gleichzeitig auf die hohen Schulden, die Bürger, Bauern und Adlige bei den Juden haben.

Eines ist trauriger Fakt der Stadtgeschichte: Im März 1349, also noch vor dem schweren Ausbruch der Pest, begann einer der folgenreichsten Judenpogrome in der Stadt

  • Das Progrom fand statt, bevor die erste schwere Pestwelle kam. Man hatte also gar keine Grundlage für eine Beobachtung, wie du sie dir vorstellst.
  • Schon die Zeitgenossen vermuteten andere Interessen (Schulden) hinter den Ausschreitungen.

Wenn deine These richtig wäre, müsste man, um sie zu bestätigen, zunächst feststellen, ob die jüdische Bevölkerung tatsächlich weniger von Krankheiten betroffen war. Das wäre der erste Schritt, ohne den die Idee auf tönernen Füßen steht.

Die Idee der Brunnenvergiftung schließt ja irgendwie mitein, dass die Juden auch betroffen waren. Die hatten doch keine eigenen Brunnen, schon gar keinen eigenen Fluss.

P.S. Wie rational oder besser irrational Menschen auf Krisen dieser Art reagieren, zeigen doch die letzten 2 Jahre. Wie muss das erst bei der Pest gewesen sein?
 
Dass in Klöstern auch mal gebadet wurde, will kein Mensch abstreiten, aber das war den Mönchen und Nonnen nur im Fall der Krankheit erlaubt, sonst sollten sie, wenn überhaupt, nur einmal im Monat baden, besser nur einmal im Jahr. Dafür gibt es schriftlichen Quellen.
Und warum gab es diese Gebote? Weil die Mönchen und Nonnen den Luxus des Bades nur spärlich nutzten? Wird ihnen das Gebot am besten nur zwei Mal im Jahr, und wenn unbedingt häufiger, dann wenigstens in Vorbereitung auf den Sonntag zu baden nicht als weltlicher Tand vorgeworfen? Lies doch noch mal in den Quellen nach.

Und klar, es wurde auch in mittelalterlichen Burgen gebadet, fragt sich nur wie oft. :D
Wenn du den nackten Boten des Strickers liest, setzt der das als ziemlich normal voraus. Der ganze in dem Schwank geschilderte Skandal setzt sich deshalb in Gang, weil der bôte hört, dass der Burgherr im Bad ist und er die Gelegenheit nutzen will, dabei aber wegen des Angriffs eines Hundes nicht mitbekommt, dass der Burgherr nicht alleine im Bad ist, sondern mit seiner Frau und seinen Töchtern.
 
Aber hier geht es nicht um diese privilegierten Schichten, sondern um öffentliche Badeanstalten. Und diese kamen im Westen erst nach dem 1. Kreuzzug, also im 12. Jhdt. auf.
Ja, dann müssen wir uns aber auch mal über den Grad der Urbanisation und die Veränderungen in diesem Bereich in der Zeit unterhalten.

Denn das 12. Jahrhundert fällt ja zeitlich nicht nur einigermaßen mit dem 1. Kreuzzug zusammen, sondern auch mit der zunehmenden Häufung von Stadtgründungen und einem damit verbundenen gewissen Siedlungswachstum.

Wie viele Städte gab es vor dem 12. Jahrhundert auf den Gebiet des Heiligen Römischen Reiches, nördlich der Alpen, die eine Einwohnerzahl aufwiesen, dass sich Badehäuser entsprechend unterhalten ließen?

Dass die Anzahl der Badehäuser ab dem 12. Jahrhundert deutlich zunimmt, mag auch ganz einfach an der Vermehrung und dem Wachstum der städtischen Siedlungen liegen, in denen solche Einrichtungen Sinn machen.

Was für eine Stadt mit mehreren tausend Einwohnern Sinn machte, machte für ein Dorf mit einigen Dutzend Einwohnern natürlich nich unbedingt Sinn.
Das sagt uns aber erstmal nichts über das Badeverhalten im Allgemeinen aus.
 
Ja, @Sepiola, dieser Hinweis auf Karl den Großen fehlt in keiner Diskussion über Badesitten im Mittelalter.
Er belegt, dass in natürlichen Thermalbädern fleißig weitergebadet wurde, auch als die städtischen Thermen aufgrund zerstörter Wasserleitungen nicht mehr benutzbar waren. Die Fridolinsvita bezeugt, dass die christliche Bevölkerung der Umgebung von Bad Säckingen die dortigen Thermalquellen frequentierte, es scheint der Treffpunkt zumindest der betuchteren Kreise gewesen zu sein.
 
Wir wollen, El Quijote, die bereits geführte Diskussion nicht wieder aufwärmen, deshalb zu deinem Einwand nur so viel: Der Kirchenlehrer Augustinus sagte, ein Bad pro Monat sei gerade noch mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren, und für Mönche sei das schon zu viel.

Das entsprach und entspricht dem christlichen Denken, nur die Seele sei wichtig im Leben, deswegen musste auch nur sie reingehalten werden. Der Körper aber sei weltlich – sehr gut deine Formulierung „weltlicher Tand“ –, und führe, wenn er (beim Baden) nackt ist, zu fleischlicher Begierde, also Fleischeslust, die aber eine Sünde an sich sei, gleichgültig ob allein, in der Ehe oder nicht. Diese Ablehnung der Nacktheit zieht sich durch die ganze Geschichte der Kirche, erst der polnische Papst Johannes Paul II. hat sich dazu vernehmlich positiv geäußert, was aber an der Sexualmoral der katholischen Kirche bisher kaum Spuren hinterließ.

Gerechtigkeitshalber muss man dazu sagen, dass die christliche Religion – wie auch der Islam – das von den Juden erbte, die im Gegensatz z.B. zu den Griechen ein Problem mit der Nacktheit und dem Sex hatten, man muss im Alten Testament nur nachlesen, was ihnen drohte, wenn sie dagegen verstießen, dann weiß man, woher das kam.
 
Wir wollen, El Quijote, die bereits geführte Diskussion nicht wieder aufwärmen, deshalb zu deinem Einwand nur so viel: Der Kirchenlehrer Augustinus sagte, ein Bad pro Monat sei gerade noch mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren, und für Mönche sei das schon zu viel.

Das entsprach und entspricht dem christlichen Denken, nur die Seele sei wichtig im Leben, deswegen musste auch nur sie reingehalten werden. Der Körper aber sei weltlich – sehr gut deine Formulierung „weltlicher Tand“ –, und führe, wenn er (beim Baden) nackt ist, zu fleischlicher Begierde, also Fleischeslust, die aber eine Sünde an sich sei, gleichgültig ob allein, in der Ehe oder nicht. Diese Ablehnung der Nacktheit zieht sich durch die ganze Geschichte der Kirche, erst der polnische Papst Johannes Paul II. hat sich dazu vernehmlich positiv geäußert, was aber an der Sexualmoral der katholischen Kirche bisher kaum Spuren hinterließ.

Gerechtigkeitshalber muss man dazu sagen, dass die christliche Religion – wie auch der Islam – das von den Juden erbte, die im Gegensatz z.B. zu den Griechen ein Problem mit der Nacktheit und dem Sex hatten, man muss im Alten Testament nur nachlesen, was ihnen drohte, wenn sie dagegen verstießen, dann weiß man, woher das kam.

Du hattest das Mittelalter als rückständig und badefeindlich geschildert und damit im wesentlichen im 19. Jhdt. entstandene und seitdem tradierte wirkmächtige und populäre Vorurteile in die Debatte eingebracht. Auf den Hinweis, dass diese nicht stimmen, kommst du mit Badever- bzw. geboten (für Kanoniker!). Auf den Hinweis, das Ver- und Gebote nicht kontextlos entstehen, kommst du nun mit Augustinus und theologischen Diskussionen, die du nicht weiter vertiefen willst. Das geht so nicht. Du kannst nicht ständig irgendetwas mit Behauptungen anreißen und dann sagen „wir wollten das Thema nicht vertiefen“. Das ist unlauter.
 
Auf den Hinweis, dass diese nicht stimmen, kommst du mit Badever- bzw. geboten (für Kanoniker!).
Nicht ich habe zuerst Klöster erwähnt, sondern @Sepiola: “gebadet wurde in Klöstern”.

Also ging ich darauf ein und verwies auf Regeln, die für Klöster galten.

Dann kamst du und fragtest: „Und warum gab es diese Gebote?“ Diese Frage bezog sich auf Kanoniker, oder nicht? Warum tust du jetzt so, als ob meine Antwort darauf unstatthaft wäre?

Ich verwies in meiner Antwort einfachheitshalber noch kurz auf Augustinus und auf das Denken, das der kirchlichen Ablehnung der Nacktheit und der Sexualität zugrunde liegt. Und sagte, darüber haben wir schon diskutiert, wir sollten das nicht wiederholen.

Das ist nicht unlauter, denn wer will, kann jene Diskussion hier nachlesen.

Und ich will auch nicht mehr darüber in diesem Thread diskutieren, egal was du noch dazu schreibst.
 
Das ist nicht unlauter, denn wer will, kann jene Diskussion hier nachlesen.
habe ich gerade gemacht: dort ist es dir nicht gelungen, deine Ansichten argumentativ durchzusetzen.

Die karolingische Wasserleitung nach Ingelheim (Kaiserpfalz), die Bäder in Aachen - das sind schon mal zwei frühmittelalterliche Fakten. Es wirkt wenig wahrscheinlich, dass diese gebaut wurden und zugleich gegen Reinlichkeit wirkten...
 
Nicht ich habe zuerst Klöster erwähnt, sondern @Sepiola: “gebadet wurde in Klöstern”.
Nee, das lass ich so nicht gelten.
Ausgang der kleine Debatte zwischen Sepiola und Dir war die Aussage von Little Tiger:
Auf der anderen Seite, wird behauptet, dass die Christen im Mittelalter das "Wasser fürchteten, wie den Teufel" und es mit der Hygiene nicht so genau nahmen.
Auf die hat Sepiola mit spezieller Rücksichtnahme auf Little Tigers Herkunftsregion so reagiert:
Dieser Nonsens gehört zu den unausrottbaren neuzeitlichen "Mittelalter-Märchen".
Im weiteren Verlauf dieses Beitrags rekurriert Sepiola ausschließlich auf städtische Bäder für Bürger/Laien.
Du greifst das dann auf:

Das ist kein Nonsens: Die Badekultur der Römer war im Westen nach und nach verschwunden, im Osten lebte sie jedoch weiter, auch die Muslime haben sie übernommen und mit einigen Veränderungen weiter gepflegt. Diese Badekultur haben die Kreuzfahrer dort kennengelernt und in den Westen gebracht. Ab dem 12. Jhdt., also nach dem 1. Kreuzzug, gab es auch im Westen Badehäuser. Das kann man hier nachlesen.

Sepiola bringt dann Quellenbelege für frühere Badekultur:
... gebadet wurde aber auch weiterhin. Einhard schreibt über Karl den Großen:

"Delectabatur etiam [...]
Gebadet wurde in Bischofsresidenzen, gebadet wurde in Klöstern, gebadet wurde in Burgen, archäologisch und quellenmäßig nachweisbar:

[…]
Sepiola hat als Beispiele für literarisch und archäologisch bezeugte Bäder
- (nur indirekt) Kaiserpfalzen
- Bürgerstädte
- Bischofsresidenzen
- Klöster
und
- Burgen
genannt

Auch der Sankt Galler Klosterplan zeigt eindrücklich, dass es eine Diskrepanz zwischen der augustinischen Forderung und der Lebenspraxis der Mönche gab:

Hier noch der St. Galler Klosterplan aus der 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts.
Blau eingerahmt sind die Badehäuser bzw. -räume.

Anhang anzeigen 21065

Du hast dann versucht, den Beleg kleinzureden:
Ja, @Sepiola, dieser Hinweis auf Karl den Großen fehlt in keiner Diskussion über Badesitten im Mittelalter.
Aber Beleg ist Beleg, der verschwindet nicht, weil er dir nicht gefällt.

Sepiola hat eine ganze Reihe von Badeorten im frühen Hoch- und SpätMA genannt. Derjenige, der versucht hat, mit kanonischen Badegeboten zu argumentieren warst du. Du kommst mit den Geboten, willst dann aber über die Natur von Geboten nicht mehr reden.
 
Ich verwies in meiner Antwort einfachheitshalber noch kurz auf Augustinus und auf das Denken, das der kirchlichen Ablehnung der Nacktheit und der Sexualität zugrunde liegt
Vor allem nimmst du Augustinus Anführungen einfach mal pars pro toto für die gesamte Christenheit oder mindestens des gesamten christlichen oder ordensgeistlichen Klerus.

Das ist in dieser Form nicht haltbar.
Augustinus ist schließlich nicht der einzige wirkmächtige Kleriker gewesen, der sich zu diesen Dingen eingelassen hat und längst nicht jede klösterliche Gemeinschaft richtete sich immer oder auch nur im Zweifel nach Augustinus.
Damit misst du dem Mann eine Bedeutung bei, die er so nicht hatte.

"Augustinus schrieb und deswegen gilt für Klöster im Mittelalter allgemein......" funktioniert als Argumentation offensichtlich nicht.
 
Das ist nicht unlauter, denn wer will, kann jene Diskussion hier nachlesen.
habe ich gerade gemacht: dort ist es dir nicht gelungen, deine Ansichten argumentativ durchzusetzen.
Nein, natürlich nicht – weil ich es irgendwann satt hatte.

Eben habe ich dem betreffenden Faden auch gelesen und festgestellt, dass die Gegenseite meiner Aufforderung, endlich ihre Sicht der Dinge darzustellen, nicht nachgekommen ist – weiter siehe bitte dort, weil es in diesem Faden hier eigentlich um das Thema "Unterschiede in der Hygiene mögliche Ursache für die Judenpogrome?" geht bzw. gehen soll.
 
Fun Fact zu Augustinus von Hippo:
Augustinus lebte in der Spätantike und hat das Mittelalter nie gesehen. Wenn Augustinus von den Bädern schreibt, meint er die römische Badekultur. Da geht es auch nicht ums Waschen, sondern eher ums nackte Relaxen in den geheizten Thermen, also dem Zugang zu einer Art Saunalandschaft.

Zum Thema Bäderkultur:
Ein Vollbad in der Wanne hat wahrscheinlich mehr mit Wellness zu tun als mit Hygiene. Das gilt heute genauso wie im Mittelalter. Die entscheidende Frage ist natürlich, wer zuerst in die warme Wanne darf und wer nur im abgekühlten Dreckwasser der anderen baden darf. Bis weit ins 20. Jahrhundert war das wöchentliche Bad in der Wanne (mit Reihenfolge) üblich, inzwischen ist das aber von der Dusche weitgehend verdränkt. Mit Mittelalter gab es jedoch keine Dusche, sondern eben andere Gerätschaften für die tägliche Körperpflege mit Wasser.

Ritualisierte Handhygiene im Mittelalter:
Gewaschen wurde sich mit einer Kanne und einer Waschschüssel. Kunsthistorisch etabliert hat sich für diesen Wasserhahn mit Handbetrieb der kunsthistorische Begriff Aquamanile.
Hier unter dem Link gut erklärt: https://www.schloss-neuenburg.de/ih...bote/die-neuenburg/das-freyburger-aquamanile/
Bitte nicht falsch verstanden: Aus dem Orient übernommen wurde vor die Kannenform in Tier- oder Menschengestalt. Kannen zum Händewaschen waren bereits vorher im Frühmittelalter und natürlich in der römischen Antike bekannt. Bei dieser Praxis des Händewaschens scheint es keinen Unterschied zwischen den Religionen zu geben. Zu beachten ist hier, dass "das Wasser reichen" im christlichen Mittelalter vor allem mit Standesbewusstsein zu hat und nicht so stark religiös konnotiert war wie im Judentum und Islam. (Vielleicht ist der Unterschied auch, dass die Handwäsche in der heutigen christlichen Liturgie keine Rolle spielt und die einstige religiöse Bedeutung der Handwäsche im Christentum weitgehend vergessen wurde.)
Waschschüssel und Wasserkanne war dann bis ins 20. Jahrhundert in Deutschland verbreitet, bis sie von den modernen Waschbbecken mit Wasserhahn verdrängt wurden.

Pestübertragung und Hygiene:
Die Pest wurde bekanntlich durch Flohstiche übertragen. Händewaschen und Vollbäder können die Pestübertragung nicht verhindern.
Das Problem des Mittelalters waren die Wohnung. Fast alles bestand aus Holz und Lehm und es gab keinen Staubsauger. In den zahlreichen Ritzen und Teppich konnte sich die Flöhe ungestört vermehren. Es war daher fast unmöglich die Wohnungen frei von Nagetieren und Schadinsekten zu halten.

Mittelalterliches Verständnis von Hygiene:
Damals hat man Infektionskrankheiten noch nicht verstanden und ging davon aus, dass sie von schlechter Luft ausgelöst werden. Zur Vorbeugung und Behandlung wurden daher Bisamäpfel bzw.. Riechdosen empfohlen. Wenn es stinkt, hält man sich einfach die Riechdose an die Nase und hofft darauf gesund zu bleiben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben