Afrikanische Beteiligung am transatlantischen Sklavenhandel

Habe mir diesen Faden, den ich bisher übersehen habe, nun durchgelesen:
Ich bin der Meinung die "Kernaussage" dass "die Schwarzafrikaner am Sklavenhandel auch mitgemacht haben und daher eine Mitschuld am transatlantischen Sklavenhandel tragen, ist nicht nur äußerst zynisch und latent rassistisch, sondern genauso absurd und perfide, als würde man behaupten, dass "die Juden" mitschuldig an der Shoah sind, da nachgewiesenermaßen Judenräte gezwungen wurden, an der Organisation von Deportationen mitzuwirken.
Dieser Vergleich ist absurd, weil schwarzafrikanische Häuptlinge und Könige freiwillig beim Sklavenhandel mitgemacht haben.

Für uns heute mag das schockierend sein, doch galt Sklaverei bis weit ins Zeitalter der Aufklärung hinein fast weltweit als eine mehr oder weniger "normale" Institution.

Ironischerweise kann man dies gerade anhand der wenigen Einschränkungen nachvollziehen, denen die Sklaverei vorher unterworfen war. So verbot Genghis Khan den Mongolen die Versklavung von Mongolen, nicht aber von Angehörigen anderer Völker. Ähnliche Regelungen finden sich in Christentum, Islam und in vielen Kulturen. Sie zeigen, dass Sklaverei nicht als ein Grundübel galt, dem keiner unterworfen sein sollte.
Ja, Einschränkungen dieser Art zeigen, dass man schon immer zwischen „sklavenwürdigen“ und „sklavenunwürdigen“ Menschen unterschied: Also zwischen Menschen, die man versklaven durfte, und Menschen, die man das nicht antun durfte.

Und Schwarzafrikaner wurden lange Jahre als Menschen betrachtet, die man versklaven durfte. Das ist die ganze Erklärung. Heute nennt man das rassistisch, klar.

Im heutigen gesellschaftlichen Klima wird es kaum noch möglich sein, die eigentlich unbestreitbare Mitwirkung von Teilen der afrikanischen Bevölkerung im Einzugsbereich europäischer Expansionsbestrebungen an der Versklavung von Afrikanern objektiv zu untersuchen. (Ein unterschätzter Gesichtspunkt: Diese Mitwirkung wurde natürlich v.a. von den lokalen Eliten geleistet bzw. gelenkt.)
Es ist wirklich ein Jammer, dass sich diesem Thema nur die Extremrechten widmen und es propagandistisch nutzen. Die Mehrheitsgesellschaft hat mangels eigener Forschung dem so gut wie nichts entgegenzusetzen; für sie verbleibt nur die Rolle der beleidigten Leberwurst, spricht sie weigert sich darüber zu sprechen oder bringt unsägliche Vergleiche wie oben Scorpio.

Warum sollte die Beteiligung von Afrikanern wissenschaftlich nicht unterersucht werden können. Das tut man doch längst. Ich hätte auch kein Problem damit, hier im Forum darüber zu diskutieren, welche Rolle etwa die Ashanti im transatlantischen Handel spielten. Dann aber bitte auf Basis von historischen Quellen, dann interessieren mich vor allem soziale, wirtschaftliche und ethnologische Faktoren, weniger moralische.
Das liest sich schon anders, @Scorpio, als dein Beitrag vom 1. August 2021 oben. Aber das Problem bleibt, dass die Mehrheitsgesellschaft eben die moralischen Faktoren geltend macht – aus heutiger Sicht. Wie soll da ein ernsthafter Dialog stattfinden?

Die Frage nach der Schuld der Afrikaner am Sklavenhandel ist jedenfalls ein gefährlicher Topos, da er bereits als Vorwand zur Kolonisierung verwendet wurde oder auch zur Schuldumkehr.
Das ist wahr, aber gerade deswegen muss man sich des Themas annehmen, weil es man sonst den extremen Rechten überlässt.

Es ging um die mittelalterliche Kriegsführung; ich behauptete, der Begriff des Kriegsverbrechens sei in dem Zusammenhang deplatziert. Es gab kein Unrechtsbewusstsein im Wortsinn.
Eben – es gab kein Unrechtsbewusstsein im heutigen Sinn. Deswegen darf man auch nicht mit der heutigen Moral kommen. Man kann Kriegsverbrechen von einst bedauern und meinetwegen auch klagen, dass die Menschheit so lange nicht in der Lage war, Unrecht als Unrecht zu erkennen. Aber Menschen zu verurteilen, die sich zu ihrer Zeit keiner Schuld bewusst waren, das geht zu weit. Sie waren Kinder ihrer Zeit wie wir Kinder unserer Zeit sind, und ob wir heute alles richtig machen, werden nicht wir, sondern unsere Nachkommen beurteilen anhand der Kriterien, die sicher auch wieder anders sein werden als sie heute sind.

Hielten Philosophen, Kleriker, frühe Humanisten dagegen? Sicher. Aber ihre Meinung war nicht verbreitet, sonst hätte sie einen Wandel ausgelöst, wie er im Zuge der Aufklärung dann auch tatsächlich eintrat.
Das ist ganz wichtig: Es gibt immer Menschen, die etwas sagen und vielleicht sogar laut rufen, was sich erst irgendwann später als richtig herausstellt. Aber ebenso gibt es Menschen, die etwas sagen und vielleicht sogar laut rufen, was sich aber später als falsch herausstellt. Erinnert werden aber ggf. nur jene, die schon vor Jahren, Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten richtig lagen, ohne dass sie zu ihrer Zeit so gewürdigt wurden wie heute.

Nein, das ist kein tu quoque, kein Whataboutism. Ich versuchte – vielleicht auf unzulängliche Weise, aber doch immerhin –, jedes Werten an sich aus der Gleichung zu streichen. Denn ich sehe keinen Sinn darin, das Handeln historischer Personen an Maßstäben zu messen, die sie nicht kennen konnten.
Auch dieser Aussage stimme ich zu.

Sklaverei gab es freilich schon vor Ankunft der Europäer in Afrika.
Eben – Europäer erweiterten nur das Bestehende mit einer gewissen Professionalität, weil sie erkannten, dass da enorme Gewinne zu erwarten waren. Das war Kapitalismus pur, ohne dass man das als solches erkannte oder auch nur so benannte: Es waren gewaltige Investitionen nötig, aber als das lief, hat man das Vielfache dieser Investitionen wieder bekommen.

Ohne die Existenz einer innerafrikanischen Sklaverei hätte der transatlantische Sklavenhandel nicht funktioniert, ohne eine gewisse Organisation hätten die Europäer nicht ab Beginn des 17. Jahrhunderts solche große Zahlen Afrikaner verschiffen können.
Ja, das meine ich auch.

In der europäischen Diplomatiegeschichte gab es eine sogenannte Amity-Line, eine fiktive Linie zwischen den Meridian der Azoren und dem Wendekreis des Krebses.
(…)
Diese Rechtsauffassung führte dazu, dass die Kolonien und die außereuropäischen Gewässer im Zeitalter der Allianzen und Kabinettskriege eine gesonderte Zone blieben, in der die Regeln der europäischen Staatengemeinschaft gar nicht oder nur teilweise gültig waren, wo im Prinzip allein das Recht des Stärkeren anerkannt wurde.
Das Recht der Stärkeren ist auch heute nicht ausgestorben – nicht umsonst unterwerfen sich große Staaten wie China, Indien, die Vereinigten Staaten oder Russland nicht dem Internationalen Strafgerichtshof, das für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verbrechen der Aggression und Kriegsverbrechen zuständig ist.

Der Boom der Plantagenwirtschaft sorgte für enorme Nachfrage an billigen Arbeitskräften. Nach den Gesetzen der Marktwirtschaft wird es immer Kräfte geben, die dafür sorgen, dass eine Nachfrage auch durch ein entsprechendes Angebot befriedigt werden kann. Es wäre so gesehen eher verwunderlich, wenn es keine lokalen Eliten gegeben hätte, die mit den Europäern zusammenarbeiteten.
Auch das ist wahr.

Es war ungeheuer lukrativ, und mit der Lukrativität stieg die Versuchung, die Sklaverei als ehrwürdige Institution hinzustellen, sie rassistisch zu rechtfertigen.
Ja, siehe die Verfluchung Hams in der Bibel: Er und seine Nachkommen sollten seinen Brüdern dienen. Jedenfalls wurde Hams Sohn Kanaan als Vorfahre der Schwarzen interpretiert und damit erschien die Andersbehandlung der Schwarzen als gerechtfertigt, weil quasi von Gott gewollt. Wir wissen, dass die Bibel für alles Mögliche herhalten muss, und das völlig zurecht, wenn man bedenkt, was da für Grausamkeiten drinstehen, allesamt von Gott angeordnet.
 
Habe mir diesen Faden, den ich bisher übersehen habe, nun durchgelesen: Dieser Vergleich ist absurd, weil schwarzafrikanische Häuptlinge und Könige freiwillig beim Sklavenhandel mitgemacht haben.
Der Begriff der "Schwarzafriker" ist problematisch. Der Begriff ist nicht klar definiert, sondern besteht aus Gummi. Wer sind denn die "schwarzafrikanischen Häuptlinge und Könige"? Wir sprechen hier über einen riesigen Kontinent und 500 bis 3000 Jahre Geschichte. Und natürlich nehmen wir hier nicht das N-Wort, sondern reden von Schwarzafrikanern, obwohl das eigentlich das gleiche ist. (Euphemismus-Tretmühle)
Der Begriff ist gänzlich absurd und besteht nur aus Gummi und Alltagsrassismus. (Ich möchte jetzt niemanden zum Rassisten abstempeln, sondern darauf hinweisen, dass wir immer noch in diesen Kategorien denken, in denen die vielfältige Bevölkerung eines Kontinents durch die koloniale Brille als schwarze, homogene Masse gedeutet wird.)

Die hier vormals genannte Sklavenhändler Tippu-Tip wurde uns hier im Thread als Afrikaner bzw. Schwarzafrikaner verkauft.
War Tippu-Tip jetzt ein schwarzer Mensch? Offensichtlich.
War Tippu-Tip Araber? Sicherlich.
War Tippu-Tip ein Afrikaner? Das ist kompliziert.
Tatäschlich waren seine Vorfahren Araber und stammten aus Maskat, Oman. Auch wenn er selbst wahrscheinlich auf der Insel Sansibar geboren wurde und seine Mutter in Ostafrika, muss man die ganze Familie als Araber betrachten - selbst wenn Teile der Familie sicherlich auch ostafrikanische Vorfahren hatte. Die Araber aus dem Oman bildeten im 19. Jahrhundert eine wirtschaftiche und politische Elite in Ostafrika. Vor kurzem habe ich im TV ein Interview mit seinem Enkel auf Sansibar gesehen und musste feststellen, dass dieser sogar blaue Augen. Vielleicht hat er auch tscherkessische Vorfahren - gar nicht so selten bei hohen Familien auf Sansibar. Betrachtet man jetzt die Hautfarbe der Bewohner Südarabien (Jemen und Oman) wird man feststellen, dass auch diese Araber objektiv betrachtet nicht weiß sind und anhand der Hautfarbe nicht von Nubiern oder Äthiopiern im eigentlichen Sinne auseinanderzuhalten sind.

Bei den Nubiern gibt es die gleichen Probleme. Der Begriff bezeichnet seit der Antike jene Menschen, die sogar die Ägypter für schwarz hielten. Der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat hatte nubische Vorfahren. Das Leben des Präsident wurde durch ein us-amerikanischen Studio 1983 verfilmt, Sadat wurde von dem Afroamerikaner Louis Gosset Jr. dargestellt. In der ägyptischen Öffentlichkeit wurde die Besetzung kritisiert, weil für die Ägypter klar war, dass ihr Präsident ein Weißer ist, dabei liegt doch Ägypten unzweifelhaft ist in Afrika und Sadat gehört tatsächlich auch zur nubischen Volksgruppe. Die Darstellung von Präsident Nassers durch den ziemlich dunkelhaarigen Schotten John Rhys-Davis war den Ägyptern hingegen genehm, dabei war doch Nasser unzweifelhaft auch ein Afrikaner.

Kurz und knapp: Der Begriff "Schwarzafrikaner" ist für schwierige Sachverhalte nicht zu gebrauchen. Es gibt keine objektive Trennlinie zwischen den "Schwarzafrikanern" und den anderen Afrikanern. Die Afrikaner im eigentlich Sinne, sind bekanntlich ohne nur im südlichen Afrika zu finden. Es handelt sich hierbei nicht nur um weiße Buren, sondern auch um Schwarze oder Farbige mit kapholländischer Sprache (Afrikans) wie die Orlam. Sie stammen teilweise von europäischen Siedlern ab, größtenteils aber von den Nama, die aufgrund ihrer Hautfarbe auch die "rote Nation" genannt wurden. Die berühmteste Gruppierung der Orlam sind jedoch die Witboiis, die "weißen Jungs".
Betrachtet man jetzt natürlich die Kriegsbeute die deutsche Kolonialtruppen dem Orlam-Kapitän Hendrik Witbooi abnahmen, wird es noch komplizierter. Die deutschen erbeuteten die alte Familienbibel und Peitsche des Kapitäns, augenscheinlich europäische Symbole seiner Herrschaft in Afrika. War Hendrik Witbooi jetzt Schwarzafrikaner, ein "weißer Junge" oder ein roter Nama?
Rot, weiß, schwarz, farbig ... Das ist alles irgendwie subjektiv.
 
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Habe mir diesen Faden, den ich bisher übersehen habe, nun durchgelesen: Dieser Vergleich ist absurd, weil schwarzafrikanische Häuptlinge und Könige freiwillig beim Sklavenhandel mitgemacht haben.

Ja, Einschränkungen dieser Art zeigen, dass man schon immer zwischen „sklavenwürdigen“ und „sklavenunwürdigen“ Menschen unterschied: Also zwischen Menschen, die man versklaven durfte, und Menschen, die man das nicht antun durfte.

Und Schwarzafrikaner wurden lange Jahre als Menschen betrachtet, die man versklaven durfte. Das ist die ganze Erklärung. Heute nennt man das rassistisch, klar.

Es ist wirklich ein Jammer, dass sich diesem Thema nur die Extremrechten widmen und es propagandistisch nutzen. Die Mehrheitsgesellschaft hat mangels eigener Forschung dem so gut wie nichts entgegenzusetzen; für sie verbleibt nur die Rolle der beleidigten Leberwurst, spricht sie weigert sich darüber zu sprechen oder bringt unsägliche Vergleiche wie oben Scorpio.
t.

Tatsächlich? Ich hatte bisher eher den Eindruck, dass man schon immer lediglich unterschied zwischen Menschen die man versklaven konnte und solchen bei denen das nicht möglich war.
Bei der Eroberung einer antiken Stadt nahm man keine VIPs aus, weil man denen Sklaverei nicht zumuten durfte. Das Verbot Muslime oder Christen zu versklaven, war auch eher ein theoretisches-

Du kennst doch die Forschungsliteratur gar nicht. Welche innovativen Beiträge die einem wissenschaftlichen Niveau entsprechen würden, hat denn die Extremrechte zur Erforschung des Transatlantischen Sklavenhandels geleistet?

Die Frage ist nicht rhetorisch gemeint- ein einziger Titel würde mir genügen.
 
Es ist wirklich ein Jammer, dass sich diesem Thema nur die Extremrechten widmen und es propagandistisch nutzen. Die Mehrheitsgesellschaft hat mangels eigener Forschung dem so gut wie nichts entgegenzusetzen; für sie verbleibt nur die Rolle der beleidigten Leberwurst, spricht sie weigert sich darüber zu sprechen
Was "die Mehrheitsgesellschaft" über den Sklavenhandel der frühen Neuzeit weiß, wäre Gegenstand empirischer Untersuchungen seitens der Geschichtsdidaktik. Dass aber Afrikaner halfen Afrikaner zu versklaven, ist nichts, was in der historischen Forschung großes Aufsehen erregen würde, weil total neu und unbekannt wäre. Oder dass es muslimischen Sklavenhandel gab. Nein, die Dinge sind bekannt und können in der einschlägigen Literatur problemlos nachgelesen werďen.
Der Punkt ist also nicht, dass "Extremrechte" hier ein "Forschungsmonopol" hätten, sondern dass sie vereinfachte Darstellungsweisen wählen (was durchaus legitim ist) um historische Sachverhalte in ihrem Sinne zu verzerren (was nicht legitim ist).
 
In diesem Thread steht ja viel Interessantes und Bedenkenswertes. Aber vielleicht fehlt ein ganz einfacher Gedanke, den ich in einer Rede aus dem Jahr 1985 gelesen habe:
"Schuld und Unschuld eines ganzen Volkes gibt es nicht. Schuld ist, wie Unschuld, nicht kollektiv, sondern persönlich."
Deshalb geht der Titel des Threads auf jeden Fall in die Irre, denke ich.
 
Eben – Europäer erweiterten nur das Bestehende mit einer gewissen Professionalität, weil sie erkannten, dass da enorme Gewinne zu erwarten waren. Das war Kapitalismus pur, ohne dass man das als solches erkannte oder auch nur so benannte: Es waren gewaltige Investitionen nötig, aber als das lief, hat man das Vielfache dieser Investitionen wieder bekommen.

Das war eigentglich das Gegenteil von Kapitalismus.
Die Einrichtung der großen Plantagenanlagen, vor allem im karibischen Raum und die geplante, erzwungene Heranschaffung von Arbeitskräften, war eigentlich nichts anderes als eine despotische Planwirtschaft.

Der Sklavenhandel diente dazu diesem System Arbeitskräfte zuzuführen, nur auch das unterlag ja nicht irgendwelchen irgendwelchen Gesetzmäßigkeiten des freien Marktes. Der transatlantische Sklavenhandel wurde ja, wie der gesamte Verkehr zwischen Europa und den Kolonien zunächst mal monopolistisch organisiert.

Der Transatlantische Sklavenhandel im wirklich großen, kommerziellen Stiel um die Großplantagen in der Karibik und dem Süden Nordamerikas regelmäßig zu versorgen, ging eigentlich erst im 17. Jahrhundert richtig los.
Zu dem Zeitpunkt befand sich der Transatlantikhandel so ziemlich aller europäischen Staaten, die in den Amerikas koloniale Besitzungen hielten, staatlicher Weise sanktioniert in den Händen von Monopol-Handelsgesellschaften, die entweder den gesammten kolonialen Handel abwickelten oder ein Monopol auf den Handel mit bestimmten Teilen des Kolonialreichs besaßen oder er lag im Fall Spaniens und Portugals in Form eines Monopols bei den königlichen Behörden, die darüber entschieden, wer sich daran beteiligen konnte und wer nicht.

Da war nichts mit freiem Markt und freien Marktäften.

Entsprechend der Monopolstrukturen dieses Handels hatte das in Teilen kartellierte Preise zur Folge und eine legalistische Verdrängung der jeweiligen handelnden Akteure aus dem Großteil der potentiellen Absatzgebiete, nämliche aller Gebiete, in denen andere Gesellschaften das ausschließliche Importmonopol hielten.

Ich verteidige aus meine eigenen Anschauungen heraus wirklich sehr ungerne den Kapitalismus, allerdings im Bezug auf dieses Themenfeld ist dieser Begriff absolut unangebracht und unsinniger Populismus.


Was "die Mehrheitsgesellschaft" über den Sklavenhandel der frühen Neuzeit weiß, wäre Gegenstand empirischer Untersuchungen seitens der Geschichtsdidaktik.

Da würde ich vermuten, dass sie nicht allzu viel darüber weiß.
Ich denke, dass der Fokus der populären Betrachtungen so sehr auf dem Transatlantik-Handel handel liegt (über den Mittelmeer-Raum wird in der populären darstellung wenig gesprochen über den Bereich des indischen Ozeans im Prinzip überhaupt nicht), liegt auch zu einem Großteil an seinen Konsequenzen für die US-Amerikanische Geschichte, die ja doch wenigstens in Teilen mal öffentlich vermittelt wird, wohingehen die lateinamerikanische Geschichte und die Geschichte des Afrikanischen Kontinents abgesehen von einigen Ausnahmen (altes Ägypten, Karthago, Maya- und Inkarreich) und den dazugehörigen Bauten medial ja im Grunde genommen kaum stattfindet.

Ich denke der Umstand, dass gerade die populäre Darstellung doch noch sehr eurozentrisch unterwegs ist, ist da als Erkenntnis bei den VErantwortlichen noch nicht so richtig angekommen.

Dass aber Afrikaner halfen Afrikaner zu versklaven, ist nichts, was in der historischen Forschung großes Aufsehen erregen würde, weil total neu und unbekannt wäre. Oder dass es muslimischen Sklavenhandel gab. Nein, die Dinge sind bekannt und können in der einschlägigen Literatur problemlos nachgelesen werďen.

Der Umstand, dass es sowas zumindest mal gab, taucht auch an anderer Stelle hin und wieder mal auf.
Mit dem Sklavenhandel, was Algier, Tunis und Tripolis betrifft und den dortigen Sklavenmärkten, bin ich als Kind/Jugendlicher das erste mal thematisch in Berührung gekommen, weil das mal in einem "Was ist Was"-Buch über Seeräuberei kurz erwähnt wurde und weil mir tatsächlich mal ein Jugendroman in die Hände gefallen war, dessen Plot die Praxis des "Freikaufens" von in die Hände von Sklavenhändlern gerateten Seefahrern thematisch anschnitt.

Von dieser Thematik konnte man aus populären Darstellungen und Belletristik durchaus auch schon vor 15-20 Jahren etwas erfahren, dfür braucht es im Prinzip nicht einmal einschlägige Litertur.

Der Punkt ist also nicht, dass "Extremrechte" hier ein "Forschungsmonopol" hätten, sondern dass sie vereinfachte Darstellungsweisen wählen (was durchaus legitim ist) um historische Sachverhalte in ihrem Sinne zu verzerren (was nicht legitim ist).

Ich denke nicht einmal, dass das der Punkt ist.
Der Punkt ist in meinen Augen eher, dass es ein krasses Missverhältniss zwischen dem Stand der Erkenntnisse und ihrer öffentlichen Representation gibt, was daran liegt, dass wir sehr viele Unterhaltungsmedien haben aber im Grunde genommen keine Medien mit großer Reichweite die sich darum bemühen wissenschaftliche Themen, die im Bewusstsein der breiten Bevölkerung keine Rolle spielen, mal auf die Agenda zu setzen.

Da wäre gerade im Bereich des Internets extrem viel potential, aber das wird bedauerlicherweise, gerade von öffentlich-rechtlicher Seite und von den Staatlichen Stellen her viel zu wenig genutzt.

Und ich halte es auch für ein Problem, dass wenn diese Dinge medial thematisiert werden, dass mitunter auch in Talkshows passiert, mit einer Moderation, die von diesen Themen wenig Ahnung hat und in Teilen einer Besetzung, die auch keine Ahnung davon hat, was dann dazu führt dass die Fragen, die diskutiert werden häufig eher geschichtspolitischer, als geschichtswissenschaftlicher Natur sind und dass mehr über Moral und moralische Verfehlungen, statt den tatsächlichen Forschungsstand und bestimmte Problemfelder gesprochen wird.

Das bereitet den vereinfachten Darstellungen von rechtsextremer Seite schön den Boden. Wenn man das mal anders anginge, hätte man diese Problematik nicht.
Dafür müssten diverse Intendanten allerdings mal einsehen, dass irgendwelche 40-Minuten Formate absolut nicht geeignet sind um irgendwas mal vernünftig zu beleuchten, sondern dass man sich damit schon auch über einen längeren Zeitraum beschäftigen und das alles mal vernünftig darstellen müsste.
Wäre in Zeiten des Internets, wo Speicherplatz und jederzeitige Verfügbarkeit und Wiederabrufbarkeit eigentlich kein Problem sind, durchaus zu machen.
Statt so ein Thema mal aufzugreifen und eine wirklich tiefgreifende Darstellung zu schaffen, in der man die Experten auch tatsächlich mal ihren Stand ausführen lässt, statt sie zu Stakkato-Statements zu zwingen um das ja im 40 min-Format unterbringen zu können.
Von letzteren werden dann anstatt sich einmal die Zeit nehmen das vernünftig zu beleuchten zu einem Thema 5 Stück produziert, die alle auf Grund der Kürze nicht einigermaßen tiefschürfend sein können und, sofern es sich dabei noch um Talkshows handelt, die mit Fachfremden Gästen besetzt sind mehr mit persönlichen Meinungen und Moralisieren überfrachtet werden, als mit Information.

Diese Art der medialen Darstellung ist einfach nur gewaltiger Unfug.
Sowohl vom didaktischen Standpunkt her, als auch vom Endergebnis.
Da versagen in meinen Augen vor allem unsere öffentlich-rechtlichen, die ihre Reichweite für sinnvolle Formate und Darstellungen nicht nutzen.
 
Der Begriff der "Schwarzafriker" ist problematisch.

Verallgemeinderende Begriffe sind immer Problematisch, leider kommen wir nur schwer darum herum, denn für jede Gruppe von Menschen gibt es mehr oder weniger viele Ausnahmen. Aber ich wüsste aber keinen besseren, höchstens Afrikaner unterhalb der Sahara/Sahelzone und der ist Problematisch.

Wenn ich darüber nachdenke wird dieser Thread aber richtig problematisch, ich muss das Buch lesen, der hat über den Holocaust in Serbien geschrieben und meinte, Hitler hätte auch unter den Juden Leute finden können die am Holocaust mitmachen, es gibt halt überall Sadisten und Menschenhasser.

Noch dazu kommt das mein Beispiel sogar Megahingt, es gibt hunderte Völker und Sprachen in Afrika und das ist weder ein Volk, noch eine Sprachgemeinschaft, noch eine Religion.

Der Panafrikanismus ist ja auch nicht in Afrika entstanden sondern unter afrikanischen und afroafrikanischen Studenten an westlichen Universitäteten und ist stark bei den Afroafrikanern die ihre Wurzeln durch die Sklaverei, faktisch gar nicht mehr kennen.

Peter Scholl Latour meinte habe mit den frankophonen Senegalesen sich mehr verbunden gefühlt und umgekehrt, als die Senegalesen und die sudanischen Völker.
 
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Wer sind denn die "schwarzafrikanischen Häuptlinge und Könige"?
Gemeint waren jene, die beim transatlantischen Sklavenhandel mitgemacht haben – mit oder ohne Wissen, was mit Menschen geschah, die sie gefangen und an die Europäer verkauft haben.

Bei der Eroberung einer antiken Stadt nahm man keine VIPs aus, weil man denen Sklaverei nicht zumuten durfte
Die VIPs hatten meistens die Möglichkeit, sich freizukaufen. Das war auch für die Sieger lukrativer, weil sich damit mehr Geld erzielen ließ, als wenn man einen VIP in die Sklaverei verkaufte.

Das Verbot Muslime oder Christen zu versklaven, war auch eher ein theoretisches-
Aufgrund des Verbots haben Muslime in der Regel keine Muslime versklavt, und wenn doch, dann haben sie sich darüber hinweggesetzt. Das gleiche galt auch für Christen – siehe z.B. den Verkauf der christlichen Kinder, die beim sog. Kinderkreuzzug mitgemacht haben, durch Christen an Araber. Dass Gebote und Verbote von manchen Leuten nicht beachtet werden, das gibt es nicht erst seit heute.

Welche innovativen Beiträge die einem wissenschaftlichen Niveau entsprechen würden, hat denn die Extremrechte zur Erforschung des Transatlantischen Sklavenhandels geleistet?
Darauf hat schon El Quijote geantwortet:
Der Punkt ist also nicht, dass "Extremrechte" hier ein "Forschungsmonopol" hätten, sondern dass sie vereinfachte Darstellungsweisen wählen (was durchaus legitim ist) um historische Sachverhalte in ihrem Sinne zu verzerren (was nicht legitim ist).

"Schuld und Unschuld eines ganzen Volkes gibt es nicht. Schuld ist, wie Unschuld, nicht kollektiv, sondern persönlich."
Obwohl das stimmt, neigen wir Menschen dazu, zu verallgemeinern. In diesen Fällen sprechen wir beispielsweise von den Franzosen, Russen oder Amerikanern. Und diese reden anstelle von sich vielleicht von den Deutschen.

Und eine gewisse Berechtigung haben diese Zuschreibungen schon: Franzosen haben zugelassen und begeistert mitgemacht, dass Napoleon halb Europa unterwarf und besetzte, und die Deutschen haben zugelassen, dass Hitler an die Macht kam und begeistert bei der Eroberung von halb Europa mitgemacht ... Und so war es auch bei Schwarzafrikanern, die am Sklavenhandel beteiligt waren: Auch ihre Häuptlinge und Könige hätten das nicht tun können, wenn ihre Völker dabei nicht mitgemacht hätten, schließlich sind sie nicht persönlich auf Menschenjagd gegangen, sondern …

Gewiss gab es für all das unterschiedliche Gründe, aber das interessiert außer Historikern niemand wirklich.

PS: Ich habe hier 2 Namen (Napoleon und Hitler) als Beispiele genannt. Damit will ich keineswegs eine Diskussion um das, was ich im Zusammenhang mit diesen beiden gesagt habe, entfachen. Wer darüber diskutieren will, kann bitte einen neuen Faden aufmachen oder in einen bestehenden schreiben. Bitte.
 
Aufgrund des Verbots haben Muslime in der Regel keine Muslime versklavt, und wenn doch, dann haben sie sich darüber hinweggesetzt. Das gleiche galt auch für Christen – siehe z.B. den Verkauf der christlichen Kinder, die beim sog. Kinderkreuzzug mitgemacht haben, durch Christen an Araber. Dass Gebote und Verbote von manchen Leuten nicht beachtet werden, das gibt es nicht erst seit heute.
Diese Regel galt vor allem im christlichen Mittelalter. Im Zeitalter des Kolonialismus wurde sie aber durch die Europäer nicht mehr beachtet und durch eine neue Ideologie, den Rassismus, ersetzt. Entscheidend war jetzt nicht mehr die Religionszugehörigkeit, sondern die Hautfarbe bzw. das "Blut".

Mit muslimischen Raum war auch in der Neuzeit die Religionszugehörigkeit entscheidend. Nur ein Ungläubiger, arabisch "Kafir," dürfte von einem Muslim versklavt werden. Dieses arabische Wort wurde auch ins deutsche Kolonialjargon als "Kaffer" entlehnt und als Bezeichnung für die Schwarzen übernommen, wobei der Begriff im Deutschen im Sinne der vorherrschenden Rassenideologie umgedeutet wurde. Ironischerweise war "Kafir" im Arabischen auch ein Schimpfwort für die christlichen Europäer.

Und eine gewisse Berechtigung haben diese Zuschreibungen schon: Franzosen haben zugelassen und begeistert mitgemacht, dass Napoleon halb Europa unterwarf und besetzte, und die Deutschen haben zugelassen, dass Hitler an die Macht kam und begeistert bei der Eroberung von halb Europa mitgemacht ... Und so war es auch bei Schwarzafrikanern, die am Sklavenhandel beteiligt waren: Auch ihre Häuptlinge und Könige hätten das nicht tun können, wenn ihre Völker dabei nicht mitgemacht hätten, schließlich sind sie nicht persönlich auf Menschenjagd gegangen, sondern …
Der Vergleich hinkt. Es gibt da gravierende Unterschiede.
Die Franzosen und die Deutschen waren und sind seit Jahrhunderten eigene Nationen mit eigenem Identitätsbewusstsein und Nationalismus. Bei den "Schwarzafrikanern" gab es jedoch keine Zusammengehörigkeitsgefühle bzw. es entstand marginal erst in der 2. Hälfte des 20. Jahrhundert und hat auch nie sonderlich viel Einfluss gehabt.
Die "Schwarzafrikaner" kann man nicht mit den Deutschen und den Franzosen vergleichen. Die "Schwarzafrikaner" muss man mit den "Langnasen", den "Bleichgesichtern" oder den "Mzungus" vergleichen - ihr wisst schon, ich meine diese Menschen aus Europa, die anders aussehen als alle anderen. ;)
Es handelt bei den "Schwarzafrikanern" sich um einen Sammelnamen, der nur für Europäer Sinn ergibt und zwar nur unter der Prämisse, dass innerhalb des afrikanischen Kontinents Rassen unterschieden werden müssen. Im Selbstverständnis vor Ort spielt das keine Rolle. Die Trennungslinien verlaufen zwischen den Religionen. Häufig gibt es auch Konflikte zwischen sesshafter Bevölkerung und Nomaden oder zwischen Kreolen und tribalen Gruppen.
Eine schwarzafrikanische Community mit Zusammengehörigkeitsgefühl gibt nur in Amerika und Europa. Hintergrund ist natürlich die Kreolisierung der afrikanisch-stämmigen Bevölkerung und der vorherrschende Rassismus.

Die "Häuptlinge der Schwarzafrikaner" sind eine koloniale Konstruktion. Sie wurden nicht nur als Klischee von den Europäern erfunden, sondern auch als Institution erschaffen.
Ich muss hier natürlich auch auf Pippie Langstrumpf verweisen: Der wahre "Negerkönig" ist gar kein schwarzer Mann, sondern immer ein Weißer.;)
Im Kolonialismus herrscht keine Gleichberechtigung. Die Europäer haben eine Vormachtstellung und herrschen direkt oder indirekt über Afrika. Die Europäer bestimmen, wer an der afrikanischen Sklavenküste Herrschaft ausüben darf und wer Sklaven verkaufen darf. Die Frage einer Mitschuld stellt sich hier nicht, weil die sogenannten "Schwarzafrikaner" einfach keine andere Wahl hatten, als sich der europäischen Übermacht zu fügen. Die einzige Alternative dazu ist der Untergang.

Fallbeispiel:
Bereits im 15. Jahrhundert geriet das Königreich Kongo (vor allem im heutigen Angola) unter starken Einfluss der Portugiesen. Sie schickten Sklavenhändler und Missionare. Der König trat zum katholischen Glauben über.
König Afonso I. war europäisch erzogen worden und hatte das Christentum schon richtig verstanden. Er sah sich selbst als Teil der christlichen Welt und glaubte dem portugiesischen König ebenbürtig zu sein. Daher beschloss er den Sklavenhandel mit den Portugiesen zu beenden und alle portugiesischen Sklavenhändler auszuweisen. Die Missionare sollten aber bleiben.
Tatsächlich ist es Afonso I. nie gelungen den Sklavenhandel zu beenden.
Nachdem das Königreich Kongo den Handel mit Portugal offiziell beendet hatte, gründete die Portugiesen einfach ihre eigenen Kolonial-Festung Luanda, um dort ungestört und gesichert durch Kanonen weiterhin afrikanische Sklaven nach Amerika zu verschleppen. So entstand Portugiesisch-Angola, während das bei den Portugiesen in Ungnade gefallene, einst mächtige Königreich Kongo zerfiel und unterging.

Die Europäer setzen die Könige und Häuptlinge, die beim Sklavenhandel nicht mehr mitmachen wollen einfach ab und setzen neue Herrscher ein.
Dieses Handlungsmuster setzt sich kurioserweise fort, als es im 19. Jahrhundert darum ging Afrika komplett zu erobern, um die Sklaverei abzuschaffen.
 
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Diese Regel galt vor allem im christlichen Mittelalter. Im Zeitalter des Kolonialismus wurde sie aber durch die Europäer nicht mehr beachtet und durch eine neue Ideologie, den Rassismus, ersetzt. Entscheidend war jetzt nicht mehr die Religionszugehörigkeit, sondern die Hautfarbe bzw. das "Blut".

Mit muslimischen Raum war auch in der Neuzeit die Religionszugehörigkeit entscheidend. Nur ein Ungläubiger, arabisch "Kafir," dürfte von einem Muslim versklavt werden. Dieses arabische Wort wurde auch ins deutsche Kolonialjargon als "Kaffer" entlehnt und als Bezeichnung für die Schwarzen übernommen, wobei der Begriff im Deutschen im Sinne der vorherrschenden Rassenideologie umgedeutet wurde. Ironischerweise war "Kafir" im Arabischen auch ein Schimpfwort für die christlichen Europäer.


Der Vergleich hinkt. Es gibt da gravierende Unterschiede.
Die Franzosen und die Deutschen waren und sind seit Jahrhunderten eigene Nationen mit eigenem Identitätsbewusstsein und Nationalismus. Bei den "Schwarzafrikanern" gab es jedoch keine Zusammengehörigkeitsgefühle bzw. es entstand marginal erst in der 2. Hälfte des 20. Jahrhundert und hat auch nie sonderlich viel Einfluss gehabt.
Die "Schwarzafrikaner" kann man nicht mit den Deutschen und den Franzosen vergleichen. Die "Schwarzafrikaner" muss man mit den "Langnasen", den "Bleichgesichtern" oder den "Mzungus" vergleichen - ihr wisst schon, ich meine diese Menschen aus Europa, die anders aussehen als alle anderen. ;)
Es handelt bei den "Schwarzafrikanern" sich um einen Sammelnamen, der nur für Europäer Sinn ergibt und zwar nur unter der Prämisse, dass innerhalb des afrikanischen Kontinents Rassen unterschieden werden müssen. Im Selbstverständnis vor Ort spielt das keine Rolle. Die Trennungslinien verlaufen zwischen den Religionen. Häufig gibt es auch Konflikte zwischen sesshafter Bevölkerung und Nomaden oder zwischen Kreolen und tribalen Gruppen.
Eine schwarzafrikanische Community mit Zusammengehörigkeitsgefühl gibt nur in Amerika und Europa. Hintergrund ist natürlich die Kreolisierung der afrikanisch-stämmigen Bevölkerung und der vorherrschende Rassismus.

Die "Häuptlinge der Schwarzafrikaner" sind eine koloniale Konstruktion. Sie wurden nicht nur als Klischee von den Europäern erfunden, sondern auch als Institution erschaffen.
Ich muss hier natürlich auch auf Pippie Langstrumpf verweisen: Der wahre "Negerkönig" ist gar kein schwarzer Mann, sondern immer ein Weißer.;)
Im Kolonialismus herrscht keine Gleichberechtigung. Die Europäer haben eine Vormachtstellung und herrschen direkt oder indirekt über Afrika. Die Europäer bestimmen, wer an der afrikanischen Sklavenküste Herrschaft ausüben darf und wer Sklaven verkaufen darf. Die Frage einer Mitschuld stellt sich hier nicht, weil die sogenannten "Schwarzafrikaner" einfach keine andere Wahl hatten, als sich der europäischen Übermacht zu fügen. Die einzige Alternative dazu ist der Untergang.

Fallbeispiel:
Bereits im 15. Jahrhundert geriet das Königreich Kongo (vor allem im heutigen Angola) unter starken Einfluss der Portugiesen. Sie schickten Sklavenhändler und Missionare. Der König trat zum katholischen Glauben über.
König Afonso I. war europäisch erzogen worden und hatte das Christentum schon richtig verstanden. Er sah sich selbst als Teil der christlichen Welt und glaubte dem portugiesischen König ebenbürtig zu sein. Daher beschloss er den Sklavenhandel mit den Portugiesen zu beenden und alle portugiesischen Sklavenhändler auszuweisen. Die Missionare sollten aber bleiben.
Tatsächlich ist es Afonso I. nie gelungen den Sklavenhandel zu beenden.
Nachdem das Königreich Kongo den Handel mit Portugal offiziell beendet hatte, gründete die Portugiesen einfach ihre eigenen Kolonial-Festung Luanda, um dort ungestört und gesichert durch Kanonen weiterhin afrikanische Sklaven nach Amerika zu verschleppen. So entstand Portugiesisch-Angola, während das bei den Portugiesen in Ungnade gefallene, einst mächtige Königreich Kongo zerfiel und unterging.

Die Europäer setzen die Könige und Häuptlinge, die beim Sklavenhandel nicht mehr mitmachen wollen einfach ab und setzen neue Herrscher ein.
Dieses Handlungsmuster setzt sich kurioserweise fort, als es im 19. Jahrhundert darum ging Afrika komplett zu erobern, um die Sklaverei abzuschaffen.

Danke für diesen Beitrag, der sehr überzeugend deutlich macht, dass die Schwarzafrikaner eben ein Konstrukt ist. Die Aschanti haben in ihrer Perspektive nicht "Schwarzafrikaner", sondern Haussa, Fulbe, Wolof gefangen.

Die Aschanti konnten sich im Handel mit den Europäern sehr lange eine eigenständige Rolle behaupten und den Europäern sogar erfolgreich Widerstand entgegensetzen. Die Briten rafften sich einige Male zu Militärstrafexpeditionen gegen die Aschanti auf, ein gewisser Oberst Sir Charles McCarthy brach etwa um 1810 auf, wurde aber von den Aschanti in einen Hinterhalt gelockt und wurde getötet. Der König der Aschanti ließ sich aus McCarthys in Gold gefasster Hirnschale ein Trinkgefäß anfertigen. Auch 1864 war eine britische Strafexpedition gegen die Aschanti aufgerieben worden. Das schrie nach Rache- und es wurde gerochen!

Bevor Henry M. Stanley zu seiner zweiten großen Expedition aufbrach, bei der er im Auftrag des New York Herald und des Daily Telegraph Afrika von Ost nach West durchquerte und den Kongo erforschte, war er als Kriegskorrespondent an einer Strafexpedition von General Wolsey, bei der die Aschanti endgültig unterworfen teil.

Bis 1875 aber hatten die Aschanti sich nicht nur die Unabhängigkeit bewahrt, sondern auch sich mehrfach militärisch gegen die Europäer zu behaupten. Das Aschantireich bestand fast 200 Jahre von ca. 1690-1875. Den Wohlstand verdankten die Aschanti vor allem den Goldvorkommen, ihre Macht aber zum großen Teil dem Sklavenhandel. Bei den Aschanti war es tatsächlich so, dass Razzien tatsächlich im Auftrag des Königs erfolgten, sonst aber wurde der Sklavenfang meist von lokalen Warlords ausgeübt.

Sklaverei gab es in Afrika natürlich bereits vor Ankunft der Europäer. Sklave konnte man werden 1. durch Kriegsgefangenschaft, 2. durch eine Art von Schuldknechtschaft, 3. durch Gewalt, Entführung.

Sklavenjagden, Sklaverei und Sklavenhandel gab es bereits vor den Europäern in Afrika, der enorme Bedarf an Arbeitskräften sorgte aber für maximierte Push and Pull-Faktoren, die es zuvor nicht gegeben hat.
 
Die "Häuptlinge der Schwarzafrikaner" sind eine koloniale Konstruktion. Sie wurden nicht nur als Klischee von den Europäern erfunden, sondern auch als Institution erschaffen.
Bereits im 15. Jahrhundert geriet das Königreich Kongo (vor allem im heutigen Angola) unter starken Einfluss der Portugiesen. Sie schickten Sklavenhändler und Missionare.
Ich finde, diese beiden Aussagen widersprechen sich – in dem von dir verlinkten Artikel in Wikipedia wird gesagt, dass es das Königreich Kongo gab, Jahrzehnte bevor es zu Kontakten mit den Portugiesen kam.
 
Und eine gewisse Berechtigung haben diese Zuschreibungen schon: Franzosen haben zugelassen und begeistert mitgemacht, dass Napoleon halb Europa unterwarf und besetzte, und die Deutschen haben zugelassen, dass Hitler an die Macht kam und begeistert bei der Eroberung von halb Europa mitgemacht ... Und so war es auch bei Schwarzafrikanern, die am Sklavenhandel beteiligt waren: Auch ihre Häuptlinge und Könige hätten das nicht tun können, wenn ihre Völker dabei nicht mitgemacht hätten, schließlich sind sie nicht persönlich auf Menschenjagd gegangen, sondern …

Zunächstmal möchte ich @Maglor insofern Recht geben, als dass "Deutsche" und "Franzosen" wenigstens noch Eigenzuschreibungen sind, bei denen man immerhin noch in Rechnung stellen kann, dass sie sich als Mitglieder der genannten Gruppe identifizierten und auch Bewusst in der Rolle von Gruppenmitgliedern aggierten, was sich im Falle der Fremdzuschreibung "Schwarzafrikaner" durchaus nicht sagen lässt.

Darüber hinaus halte ich diese Vergleiche noch aus anderer Sicht für unzulässig:

1. Wenn du die Machtübernahme der Nazis mit dem Sklavenhandel im subsaharischen Afrika vergleichst, setzt du einen Umstand, der sich innerhalb eines einigermaßen modern-demokratisch Organisierten, industrialisierten Raums mit einer politisierten Bevölkerung, einem modernen öffentlichen Raums als Forum für politische Debatten ereignet hat, in ein Verhältnis mit Ereignissen, die unter vollkommen anderen Rahmenbedingungen stattfanden.
Das ist an und für sich genommen Unfug.

Die Beteiligung oder mindestens das Wohlwollende Wegsehen großer Teile der Bevölkerung ist erst in dem Moment eine Notwendigkeit, wo Teile dieser Bevölkerung über eine so große Organisationsmacht verfügen, dass sie einen tatsächlichen politischen Faktor darstellen.

Dazu, dass die Bevölkerung selbst mit den Möglichkeiten des Drucks mit beweglichen Lettern und einer Alphabetisierung, die bis dahin vielleicht 10 oder 20% der Bevölkerung erfasst haben mag, tatsächlich dauerhaft zu einem politischen relevanten Faktor wurde, hat es in Europa immerhin bis ins späte 18. Jahrhundert gedauert.

Eine solche Organisations- und Aktionsmacht völlig anders strukturierten Gesellschaften zuzuschreiben, denen Massenmedien, gut ausgebaute Informationswege und möglicherweise auch in Ermangelung einsetzender tiefgreifenderer Urbanisierung, entsprechende öffentliche Foren zwecks politischer Diskussion und Entscheidungsfindung fehlten, ist einfach eine sträfliche Missachtung der materiellen Grundlagen dieser Gesellschaft.

2. Die Gewinne aus dem Sklavenhandel erlaubten den Profiteuren natürlich auch den Import überlegener Waffentechnik, die potentiellen Widersachern nicht zur Verfügung stand und damit eine unerhörte militärische Stärkung der eigenen Position nach innen, die in weit größerem Maße auch die Erzwingung eigener Handlungsfreiheit und Vorherrschaft ermöglichte und erwirken konnten.

Mach einfach mal ein Gedankenexperiment und stell dir die Frage ob die Pariser Bürger 1789 die Bastille gestürmt hätten, hätte Louis XVI. schon die Möglichkeit besessen anderswo Waffentechnik einzukaufen, die ein paar Jahrhunderte weiter gewesen wäre, als alles, was die Bevölkerung so aufbieten konnte und die drinn sitzenden Schweizer Truppen z.B. über Maschienengewehre, Giftgas und Flammenwerfer verfügt hätten.

Es ist natürlich kontrafaktisch, aber man wird es wohl bezweifeln dürfen.


Bei der Frage, inwieweit einer Bevölkerung vorzuwerfen ist, das Handeln ihrer Elite zu dulden, sind unbedingt die jeweiligen Möglichkeiten dieser Bevölkerung sich zu informieren, zu politisieren, zu organisieren genau so in Rechnung zu stellen, wie das Ausmaß an ihr zur Verfügung stehenden Zwingmitteln, dass sie gegen die Eliten einsetzen kann und umgekehrt, dass den Eliten zur Verfügung stehende maß an Zwingmitteln und militärischen Potentialen, dass diesen zur Verfügung steht.

Berücksichtigt man diese Faktoren, wird man zu dem Eergebnis kommen, dass der Vergleich, den du oben gebracht hast schon deswegen in keiner Weise sinnvoll ist, weil du die Rahmenbedingungen nicht in adäquatem Maße in Rechnung stellst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Demnächst wird in den Kinos der Film The Woman King – Wikipedia gezeigt. Es geht um die Agooji (Agojie/Mino)-Kriegerinnen im Königreich Dahomey. Das Königreich lebte schon vor seiner späten Kolonisation 1892/94 vorwiegend vom Sklavenhandel und das wird im Film auch thematisiert. Für ihre Überfälle auf die benachbarten Reiche benutzte es u.a. eine Einheit, die nur aus Frauen bestand. Diese Truppe soll im 19. Jh. bis zu 6000 Frauen umfasst haben. Wenig historisch kann im Film die Generalin der Frauensoldaten den König dazu überreden, den Sklavenhandel aufzugeben. Dazu die Regisseurin in einem Interview:
We’re going to tell the truth. We’re not going to shy away from anything. But also we’re telling a part of the story which is about overcoming and fighting for what’s right.
The Real History Behind 'The Woman King' | The Agojie Warriors of Dahomey | History | Smithsonian Magazine
Die ersten Diskussionen dazu laufen an.

Ich finde es erst einmal gut, dass etwas aus der Geschichte des heutigen Benins sichtbar gemacht wird und erwarte bei dem gewählten Genre (Action/Abenteuer) und Thema aus Hollywood keine historische Aufarbeitung des afrikanischen Sklavenhandels. Der Film hat aber das Potential, ein breiteres Publikum anzusprechen und das Interesse an diesem Teil der afrikanischen Geschichte zu wecken, so wie es Samurai-Filme für die Geschichte Japans waren (oder Naresuan-Filme für die Geschichte Thailands ;)).

Schätzungsweise werden ihn mehr Zuschauer sehen, als die ZDF Doku (2018) über die Kriegerinnen Dahomeys. Darin wird die Rolle Dahomeys im Sklavenhandel zwar mehrmals erwähnt, es ist aber nicht gerade das zentrale Thema. Trotzdem interessant. Warrior Women: Afrikas Kriegerinnen
 
Sklavenjagden, Sklaverei und Sklavenhandel gab es bereits vor den Europäern in Afrika, der enorme Bedarf an Arbeitskräften sorgte aber für maximierte Push and Pull-Faktoren, die es zuvor nicht gegeben hat.
Es gibt da ein Quellenproblem. Eine schriftliche Überlieferung in Westafrika setzt erst mit der Ankunft der Portugiesen. So gesehen ist uns das ursprüngliche Afrika ziemlich unbekannt.
Was wir sicher wissen ist, dass es vor den Portugiesen keinen intensiven Fernhandel zur See gab. Es gab schlicht kaum Austausch. Das Mali-Reich hatte zwar schon Anschluss an den Transsaharahandel mit den Berbern und Arabern in Nordafrika, aber die Gebiete weiter südlich, die in der Kolonialzeit als Goldküste, Sklavenküste, Elfenbeinküste und Pfefferküste bekannt wurden, hatten schlicht keinen Anschluss an den Welthandel. Das hatte auch zur Folge, dass dort große Mengen Gold einfach nur gehortet wurden. Es gab keinen Handel mit Gold übers Meer. Das gleiche gilt für die Sklaven - sie waren einfach da und zum Prestige der Herrscher gehörte es, viele Sklaven zu halten und gegebengalls ein paar von ihnen in spektakulären Zeromonien zu opfern.
Die Portugiesen knüpften jedoch ein weitreichendes Handelsnetz. Sie knüpften überall Kontakte und kontrollierten im 16. Jahrhundert sogar den ostafrikanischen Sklavenhandel. Die Portugiesen versorgten praktisch die ganze Welt mit Sklaven, belieferten nicht nur Amerika, sondern auch Arabien, Indien und vereinzelt gelangten Sklaven aus Afrika sogar ins ferne Japan. In Japan blieb der afrikanische Sklave Yasuke ein einmaliges Statussymbol. Amerika entwickelte sich aufgrund des akuten Mangels an Arbeitskräften zum Hauptabnehmer.
Portugal verlor jedoch mit dem Aufstieg der arabischen Sultanate Oman und Sansiibar jedoch schnell die Kontrolle über Ostafrika. In Westafrika verlor Portugal später zu Gunsten der vielen anderer europäischen Kolonialmächte und am Ende traten sogar Brasilianer an die Stelle der Portugiesen - aber dazu später mehr.

Der Fernhandel veränderte Westafrika für immer und sorgte für den Aufstieg lokaler Herrschaften zu regionalen Großmächten. Diese Herrschaften waren militärisch von den Portugiesen abhängig, die sie mit Waffen und zum Teil auch mit Söldnern versorgten. Die militärische Expansion wurde mit Sklaven finanziert und die politische Macht lag in den Händen kleptokratische Warlords, die immer wieder raubzüge unternahmen oder Tribute forderten, um an Sklaven zu kommen.

Ich finde, diese beiden Aussagen widersprechen sich – in dem von dir verlinkten Artikel in Wikipedia wird gesagt, dass es das Königreich Kongo gab, Jahrzehnte bevor es zu Kontakten mit den Portugiesen kam.
Bei meinen Verallgemeinerungen wirst du immer schnell Widersprüche finden, weil die Geschichte des Königreichs Kongo eben doch komplizierter ist. Die Reichsgründung ist nur aus mündlicher Überlieferung bekannt - von daher eher sagenhaft. Erst mithilfe der Portugiesen erlangte der König Nzinga zu seiner Vermachtstellung in der Region. Als sich die Könige des Kongo ihre Politik zu Ungunsten des Sklavenhandels änderten, wurden sie abgestraft. Es folgten militärische Interventionen und der Aufbau von Forts zur direkten Kontrolle. Wenn ein Klientelstaat nicht mehr gefügig ist, wird auf sein Verschwinden hingearbeitet.

Ähnlich ist es mit dem Königreich der Aschanti - nur das es ein Klient der Holländer war. Der Aufstieg der Aschanti begann mit dem Niedergang des portugiesischen Kolonialreich, als diese Region unter Einfluss der Holländer geriet. Zeitweise kämpften Aschanti-Krieger sogar im fernen Java für das holländische Kolonialreich.

Das Königreich Dahomey war im 19. Jahrhundert in starker Abhängigkeit Brasiliens. 1987 gab es übrigens mit Cobra Verde schon einmal einen Film über Dahomey mit Klaus Kinski in der Rolle des brasilianischen Sklavenhändlers und Vizekönigs. Die Besetzung der Hauptrolle mit dem strohblonden Deutschen ist übrigens ein eindeutiger Fall von Whitewashing. Das historische Vorbild des Vizekönigs von Ouidah war Francisco Félix de Souza, ein brasilianischer "Mestize", d.h. er war kein Weißer. In Brasilien wurde anders im spanischen Teil Lateinamerikas nicht zwischen Mulatten und Mestizen unterschieden, sondern alle Mischlinge wurden schlicht Mestizen genannt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der brasilianische Sklavenhändler und politische Intrigant selbst unter anderem auch von Sklaven aus Afrika abstammte.
Die Herausbildung solcher Phänomene wie die Amazonen von Dahomey zeigt meiner Meinung nach wie sehr der jahrhundertelange Sklavenhandel die Gesellschaften geprägt hat. Es handelte um Theokratien, deren Macht auf brutaler Gewalt beruhte. So ein Spektakel wie eine ganze Gruppierung weibliche Kämpfer, die die Köpfe ihrer Gegner abhacken und als Trophäen vor sich her tragen, ist eine blutige Machtdemonstration, der blanke Terror. Der Schockwert der halbnackten Damen mit Machete ist zwar hoch, aber man muss sich auch vor Augen halten, dass Dahomey zu der Zeit schon über moderne Winchester-Gewehre verfügte. Diese modernen Waffen waren die Grundlage der Macht und ermöglichten es das Hinterland zu tyrannisieren und so immer neue Sklaven für den Handel mit den Brasilianern zu erbeuten.
 
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@Maglor eine überzeugende Übersicht, danke!

Aber zu folgendem Ausschnitt drängt sich mir eine Frage auf:
Das Mali-Reich hatte zwar schon Anschluss an den Transsaharahandel mit den Berbern und Arabern in Nordafrika, aber die Gebiete weiter südlich, die in der Kolonialzeit als Goldküste, Sklavenküste, Elfenbeinküste und Pfefferküste bekannt wurden, hatten schlicht keinen Anschluss an den Welthandel. Das hatte auch zur Folge, dass dort große Mengen Gold einfach nur gehortet wurden. Es gab keinen Handel mit Gold übers Meer. Das gleiche gilt für die Sklaven - sie waren einfach da und zum Prestige der Herrscher gehörte es, viele Sklaven zu halten und gegebengalls ein paar von ihnen in spektakulären Zeromonien zu opfern.
beim lesen des unterstrichenen Satzes hatte ich den Eindruck, dass die schon vor der Einmischung durch die Portugiesen offenbar vorhandene - quasi "traditionelle"? - Sklaverei gleichsam wie eine etwas rustikale Folklore verharmlost dargestellt ist - ich nehme an, dass das nicht deine Intention war.
 
Und Schwarzafrikaner wurden lange Jahre als Menschen betrachtet, die man versklaven durfte. Das ist die ganze Erklärung. Heute nennt man das rassistisch, klar.

Eben – es gab kein Unrechtsbewusstsein im heutigen Sinn. Deswegen darf man auch nicht mit der heutigen Moral kommen. Man kann Kriegsverbrechen von einst bedauern und meinetwegen auch klagen, dass die Menschheit so lange nicht in der Lage war, Unrecht als Unrecht zu erkennen. Aber Menschen zu verurteilen, die sich zu ihrer Zeit keiner Schuld bewusst waren, das geht zu weit. Sie waren Kinder ihrer Zeit wie wir Kinder unserer Zeit sind, und ob wir heute alles richtig machen, werden nicht wir, sondern unsere Nachkommen beurteilen anhand der Kriterien, die sicher auch wieder anders sein werden als sie heute sind.

Der Sklavenhandel war legal, es haben sich im 18. Jahrhundert alle seefahrenden Nationen daran beteiligt. Selbst ein Staat wie Brandenburg, der nicht einmal eine nennenswerte Marine besaß beteiligte sich daran, aber die Tatsache, dass dieser Handel sozusagen "systemrelevant" war schloss ein Unrechtsbewusstsein keineswegs aus.

Grundsätzlich gelten die Gebote des Christentums für alle Menschen. Das Gleiche galt auch für die Werte der Aufklärung. Die Institution der Sklaverei war mit der Unabhängigkeitserklärung kaum zu vereinbaren, und dieser enorme Widerspruch war Gründungsvätern wie Thomas Jefferson durchaus bewusst.

Eine Atlantikpassage mit gefangenen Afrikanern zu erleben, war eine sehr starke Belastung des Nervenkostüms, auch wenn man die Passage nicht im Zwischendeck mitmachen musste.

Es gab Fälle von Kapitänen, die damit nicht fertig wurden. Der Verfasser des Chorals "Amazing Grace", ein gewisser John Newton, war Kapitän eines Sklavenschiffs, der sich durch ein persönliches Erlebnis auf einer Überfahrt zum Abolitionisten entwickelte. Newton war 1748 in schwere Seenot geraten. Er stellte den Dienst auf Sklavenschiffen zwar nicht sofort ein, behandelte die Fracht aber humaner und suchte sich einen anderen Lebensunterhalt.

Leute wie William Wilberforce, Thomas Clarkson oder John Newton mögen zu ihrer Lebenszeit Minderheiten gewesen sein, die Argumente gegen den Sklavenhandel aus humanitärer Sicht, entfalteten aber eine starke Nachwirkung. Als die ersten authentischen Berichte über den Sklavenhandel im 18. Jahrhundert in Europa bekannt wurden, sorgten sie für einen Aufschrei der Empörung. In Liverpool oder Bristol gab es eine Reihe von Reedern, die daran beteiligt waren. Ein Vorfahre des späteren britischen Premiers Gladstone hatte damit sein Vermögen verdient. Mit dem Bekanntwerden der unangenehmen Details dieses Handels bekamen diese Leute schon ein massives Problem in Sachen Public Relations.

Auf Jamaika etablierte die Familie Beckford ein Imperium. Wenn die Beckfords aber England besuchten, mussten sie sich weiße Dienerschaft suchen oder die Schwarzen freilassen. Es gab verschiedene Formen von Leibeigenschaft, oder Schuldknechtschaft, als der Sklavenhandel aber volle Fahrt aufnahm, gab es in Europa Sklaverei schon nicht mehr. Die Sklaverei war auch keine altehrwürdige Institution, als die ihre Apologeten sie sehen wollten. Die Antike kannte keine rassistisch motivierte Sklaverei. Die Sklaverei der frühen Neuzeit war ein Produkt des Frühkapitalismus, und sie verdankte ihre Existenz einzig und allein dem enormen Arbeitskräftebedarf in der Zuckerindustrie.

Die Sklaverei war "systemrelevant" und enorm profitabel. Frankreichs Kolonien Guadeloupe und Martinique warfen mehr ab, als ganz Louisiana und Kanada. Frankreich schaffte die Sklaverei 1790 ab, Napoleon führte sie aber unter dem Eindruck eines erfolgreichen Sklavenaufstands auf Haiti wieder ein, und erst 1848 wurde die Sklaverei in den französischen Kolonien abgeschafft. Die Sklaverei war aber ein Schlag ins Gesicht für alle Werte und Gebote der Religion, und sie war ein Schlag ins Gesicht für alle Errungenschaften der Aufklärung. Das war sie auch schon im 17. und 18. Jahrhundert, und die Sklaverei war nicht etwas, worauf man stolz war. Es war ein Geschäftszweig wie Prostitution, Drogenhandel oder Pornographie etwas sehr Lukratives, das man aber nicht unbedingt mit dem blanken Firmenschild in Verbindung bringen wollte, ein Geschäftsmodell, über das man sich lieber über Strohmänner beteiligte.

Auch im 18. Jahrhundert war den Apologeten der Sklaverei klar, dass sie sich in die Tasche logen, oder es musste ihnen zumindest klar sein. Kein noch so primitiver Mensch auf der ganzen Welt konnte zufrieden damit sein, ein Leben lang Tabak oder Baumwolle zu pflücken oder Zuckerrohr schneiden. Kein Mensch will das für Mindestlohn tun und schon gar nicht für einen Scheffel Mais im Monat und 1 Jacke, 1 Hose und 1 Paar Schuhe im Jahr.

Diese Erkenntnis wird man auch Zeitgenossen des 17. und 18. Jahrhunderts zutrauen dürfen. Wenn jegliches Unrechtsbewusstsein den Zeitgenossen völlig fremd gewesen wäre- dann hätte der Abolitionismus niemals diesen Einfluss entfalten können. Vorträge von Abolitionisten wie Clarkson und Wilberforce sorgten in Städten wie Bristol und Liverpool für sehr großes Aufsehen, und Leute wie Eduard Colton bekamen ein gewaltiges Problem, denn der Profit allein konnte diese Geschäftspraktiken nicht rechtfertigen.

Auch im 18. Jahrhundert musste man das Gewissen totschlagen und alle Gebote der Religion und der Humanität samt allen Werten der Aufklärung über Bord werfen, um sich diesem Geschäftszweig hingeben zu können. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätten Leute wie Clarkson und Wilberforce nicht solche Aufmerksamkeit erregt, und GB hätte niemals 1807 die Sklaverei abgeschafft.
 
Auch im 18. Jahrhundert musste man das Gewissen totschlagen und alle Gebote der Religion und der Humanität samt allen Werten der Aufklärung über Bord werfen, um sich diesem Geschäftszweig hingeben zu können. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätten Leute wie Clarkson und Wilberforce nicht solche Aufmerksamkeit erregt, und GB hätte niemals 1807 die Sklaverei abgeschafft.
Alles richtig, was du sagst, aber zwischen der Abschaffung der Sklaverei 1807 in England und dem Anfang des 18. Jhdt., als die Sklavenhandel florierte und z.B. dem Sklavenhändler Edward Colston ermöglichte, sich in seiner Heimatstadt Bristol als Philanthrop zu gerieren, liegen 100 Jahre. So lange hat es gedauert, bis dieses Denken bezwungen war – und trotzdem ging der Sklavenhandel noch ein halbes Jahrhundert weiter.

Und noch einmal fast 100 Jahre hat die Menschheit gebraucht, um durch die UNO die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zu verkünden, was trotzdem viele Staaten ignorierten und manche bis heute ignorieren, ohne dass sie eine Bestrafung durch die Staatengemeinschaft befürchten müssen.
 
In der Forschung wird der Begriff Dreieckshandel zunehmend in Frage gestellt. Natürlich gab es einen verschränkten Handel zwischen Europa, Afrika und der Karibik/den Amerikas, es kam aber selten vor, dass einzelne Schiffe tatsächlich die ganze Route fuhren, dass sie von Europa nach Afrika segelten, dort Sklaven aufnahmen und dann nach Amerika schipperten, dort die "Fracht" verkauften und mit Kolonialwaren beladen, nach Europa fuhren.

Sklavenschiffe waren meist Pötte, die schon etwas in die Jahre gekommen waren. Oft waren das relativ kleine Schiffe, Briggs, Brigantinen oder Schoner, in die sich Zwischendecks einbauen ließen, die aber keine übermäßig großen Laderäume hatten und sich daher weniger für den Transport von Waren eigneten.

Das waren meist kleinere schnelle Schiffe, die hoch am Wind segeln konnten, die aber sozusagen als Sklavenschiffe ausrangiert wurden und in die man nur noch das Nötigste investierte, um sie sicher zu halten. Die hygienischen Zustände spotteten jeder Beschreibung. Sklaven litten an Ruhr und Dysenterie. Sklavenschiffe verbreiteten einen infernalischen Gestank. Einige Kapitäne ließen ihrer Fracht Werg in den After stecken. Sklavenschiffe fuhren bis sie schrottreif waren.

1781 ereignete sich das sogenannte Zong-Massaker. Die Zong war ein britisches Schiff, dass vom Kurs abkam. Die Besatzung hatte nur noch geringe Trinkwasservorräte. Diese reichten nicht mehr aus, so dass der Kapitän mehr als 100 Sklaven die für Jamaika bestimmt waren, kurzerhand über Bord, da man so die Versicherungsprämie kassieren konnte.

Der Anwalt und Abolitionist Granville Sharp versuchte, eine Anklage wegen Mord durchzusetzen. Das Zong-Massaker fand anfangs nicht viel Beachtung, die Ereignisse wurden aber bekannt und das Zong-Massaker wurde zum Symbol für die Grausamkeit des Sklavenhandels.
 
Alles richtig, was du sagst, aber zwischen der Abschaffung der Sklaverei 1807 in England und dem Anfang des 18. Jhdt., als die Sklavenhandel florierte und z.B. dem Sklavenhändler Edward Colston ermöglichte, sich in seiner Heimatstadt Bristol als Philanthrop zu gerieren, liegen 100 Jahre. So lange hat es gedauert, bis dieses Denken bezwungen war – und trotzdem ging der Sklavenhandel noch ein halbes Jahrhundert weiter.

Und noch einmal fast 100 Jahre hat die Menschheit gebraucht, um durch die UNO die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zu verkünden, was trotzdem viele Staaten ignorierten und manche bis heute ignorieren, ohne dass sie eine Bestrafung durch die Staatengemeinschaft befürchten müssen.

Es gibt auch heute noch Sklaverei, und damit meine ich nicht einmal Phänomene wie Zwangsprostitution. Staatsmänner, Kirchenleute und Apologeten der Sklaverei verstanden es, die Sprache, die Ethik und die Gesetze in einer Weise zu biegen und zu beugen, die einfach nur atemberaubend und erstaunlich ist. Aber so moralisch heruntergekommen, dass sie das in der tiefsten Tiefe für gut und richtig gehalten hätten, waren doch auch die Leute im 17. und 18. Jahrhundert nicht. Man mochte den (schwarzen) Sklaven noch so sehr das Menschsein absprechen-Menschen blieben sie doch. Auch in diesen Zeiten galt die "Goldene Regel", galten die Zehn Gebote, und mag es noch so verwildert sein, so etwas wie ein Gewissen, eine innere Stimme hat doch in der Regel jeder, und jeder muss es eigenhändig totschlagen oder über Bord werfen.

Die Begleitumstände wie Sklaven gekauft, gehalten, transportiert wurden, die Geschäftspraktiken waren ein solcher Widerspruch zu anerkannten Verhaltensweisen, dass man sie in Europa nicht praktizieren konnte.

Solange die "Schwarzafrikaner" eine anonyme Masse waren, solange sie kein Gesicht hatten, solange man sich nichts Konkretes darunter vorstellen konnte-Solange hielt sich auch die Kritik am Sklavenhandel in Grenzen. Als aber Abolitionisten wie Wilberforce, Clarkson und Granville Sharp dieser anonymen Masse eine Stimme verliehen, unterstützt dabei von Leuten, die persönlich davon betroffen waren wie Olaudah Equiano, geriet der Sklavenhandel zunehmend unter Druck der öffentlichen Meinung.

Olaudah Equiano – Wikipedia

Das ist übrigens sehr lesenswert, der Verfasser hat auch bei der Erforschung der Kongo-Gräuel große Verdienste;

Adam Hochschild, Sprengt die Ketten- Der entscheidende Kampf um die Abschaffung der Sklaverei
 
Die Begleitumstände wie Sklaven gekauft, gehalten, transportiert wurden, die Geschäftspraktiken waren ein solcher Widerspruch zu anerkannten Verhaltensweisen, dass man sie in Europa nicht praktizieren konnte.
Ja, Europa war eine Insel, auf der anstelle von Sklaven die sog. Leibeigenen schuften mussten, die aber samt den Dörfern, in denen sie lebten, auch verkauft werden durften. Leibeigenschaft bzw. Untertänigkeitsverhältnis wurden fast gleichzeitig mit der Sklaverei abgeschafft, im Osten Europas dauerte dies bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, in manchen Teilen auch darüber hinaus.

Solange die "Schwarzafrikaner" eine anonyme Masse waren, solange sie kein Gesicht hatten, solange man sich nichts Konkretes darunter vorstellen konnte-Solange hielt sich auch die Kritik am Sklavenhandel in Grenzen.
Nicht nur das: Amerika war weit weg und auch England hatte sich erst bewegt und die Sklaverei verboten, als es seine nordamerikanische Kolonien verlor.

Begriff Afrikaner südlich der Sahara/Sahel, wird sich genauso wenig durchsetzen
Ja, dieser Begriff wird sich genauso wenig durchsetzen, weil zu lang und zu ungenau, weil südlich Sahara auch die Republik Südafrika liegt, in der auch ca. 9 % europastämmigen Weißen leben. Deshalb präferiere ich nach wie vor das Wort Schwarzafrikaner – sich davon mit Anführungsstrichen distanzieren zu wollen, finde ich kleinlich und an die Methode der Springerzeitungen erinnert, die Abkürzung DDR in Anführungsstriche zu setzen, um so die Nichtanerkennung des ostdeutschen Staates zu demonstrieren.
 
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