Ich habe hier vor kurzem einen Link auf eine Doku zur Varusschlacht gepostet, in der eine Reihe (es waren 7 oder 8) angesehener Archäologen und Historiker zu Wort kamen. Aber die Doku wurde im Jahr 2009 publiziert, d.h. wahrscheinlich im Jahr 2008 produziert. Eine 15 Jahre alte Dokumentation kann nur bringen, was damals Stand der Forschung war.

Es war darauf hingewiesen worden, dass diese Dokus eine ganze Menge Unsinn beinhalten. Ich erwähnte diesbezüglich explizit eine Doku über das Nibelungenlied, die Joachim Heinzle als Gewährsmann heranzog, dieser sich im Rahmen der Doku überhaupt nicht zum Varusschlachtkomplex äußerte, in seinen Publikationen aber eindeutig dagegen ausgesprochen hat. Nichtsdestotrotz war der Inhalt der Doku „das Nibelungenlied ist eine Reminiszenz an die Varusschlacht“. In diesem Dokus werden viele Faktoide weitertradiert.

Es ist auch möglich, dass die neuere Forschung – z.B. die von Steuer – nicht berücksichtig worden ist, weil diese noch nicht publiziert/etabliert war oder gar von den befragten Wissenschaftlern abgelehnt wurde.
Bei allem Respekt für Heiko Steuer, sein neues Germanenbuch ist nicht eine Zusammenschau seiner Forschungen. Gerade in Bezug auf die Varusschlacht haben mich auch einige seiner Aussagen in dem Buch von 2021 irritiert und z.T. amüsiert. Aber der Mann muss auch mittlerweile 80+ sein. So nennt er z.B. als leitenden Archäologen Salvatore Orsini. Da mag ihm die die klassische Bildung durchgegangen sein, denn der seit 2016 die Grabungen leitende Archäologe heißt Ortisi.

So viel ich weiß, müssen Schulbücher vom Kultusministerium genehmigt werden,
Das ist richtig.

und da kann es schon sein, dass Schulbücher mit Inhalten, die einer bestimmten Partei oder vielmehr dem Zeitgeist nicht (mehr) genehm sind, nicht (mehr) genehmigt werden.
Da unterstellst du allerdings den Autoren der Schulbücher, den Beamten im Ministerium und zu guter letzt den tausenden mit den Büchern arbeitenden Pädagogen eine ziemliche Unselbständigkeit im Denken.
 
Zur Biographie des Arminius sagt Reinhard Wolters, Die Schlacht im Teutoburger Wald das Nötige. Die Bezeichnung von Erfindungen, unzulässigen Schlüssen und Hilfshypothesen als Faktoide samt petitio, dass für diese andere Regeln gelten sollen, ist eine unzulässige und nicht zutreffende Hilfshypothese.
Ich würde dir gerne folgen, aber ich verstehe leider nicht, was du mir sagen möchtest.
Also, ich unterscheide Fakten (Tatsachen) und Faktoide (unbewiesene Tatsachenbehauptungen).
Zur Rolle Arminius‘ im römischen Heer haben wir nur die Abgaben von Velleius Paterculus. Darin sind wir uns wohl einig.

Abgesehen davon stehen die zeitlichen Angaben der Quellen jenen Biographien rein faktisch im Weg.
Was wissen wir über Arminus? Wir kennen sein Alter und sein Todesjahr (Tacitus), die Angaben von Velleius und das Arminus einen Sohn mit Thusnelda, der Tochter des Segestes hatte. Außerdem wissen wir, dass er seinen Sohn nie gesehen hat, da Segestes die schwangere Thusnelda - ob freiwillig oder nicht, wissen wir nicht - Germanicus auslieferte und Thumelicus in Italien aufwuchs. Außer, dass er in den Jahren 9 - 16 Krieg gegen die Römer führte, kennen wir nur noch zwei Details aus seinem Leben: dass Arminus gegen Marbod kämpfte und dass er ermordet wurde.
Sind wir uns da einig?

Die Ritterwürde allein begründet keine Treueverpflichtung gegenüber Rom.
Nein. Aber offensichtlich gehörte Arminius bis zum Abend vor der Varusschlacht zur Entourage des Varus. Die Anekdote, die auf Segestes zurückgeht, will sogar, dass Segestes Varus noch vor Arminus gewarnt habe. Die Anekdote dürfte eher Ausweis des Konflikts zwischen Arminius und Segestes im Jahr 15 sein als auf ein tatsächliches Ereignis des Jahres 9 im Feldherrenzelt zurückgehen.

Deine Unterstellungen gegen Ende, ob beabsichtigt oder nicht, weise ich zurück. … du deutest an, dass ich halbvergessenes Schülerwissen zum Zeitvertreib zum Besten gebe. Das lässt mir keine Wahl, als das zurückzuweisen.
Da hast du etwas auf dich bezogen, was nicht auf dich gemünzt war. Auf niemanden hier im Forum. Allenfalls die Vorstellung, dass der Geschichtsunterricht dafür da sei, die Allgemeinbildung zu verbessern. Es geht um eine ganze Reihe von Kompetenzen. Offiziell sind natürlich alle Kompetenzen (Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Handlungskompetenz) gleichermaßen wichtig.

Das Überwältigungsverbot ist meiner Erfahrung nach eine fromme Legende. Aber das bezweifelst du ja immer wieder. Nun, ich habe es mehrfach erlebt und ein Beispiel reicht für die Widerlegung. Dass du dass dann nicht glaubst, ist irrelevant für die Welt.
Es geht nicht ums Glauben. Dass du einmal oder auch mehrfach Zuwiderhandlungen erlebt hast, macht den BK nicht ungültig. Wenn ein Priester sexuell übergriffig wird, oder ein Polizist Drogen vertickt, hebt das ja auch nicht die Sexualmoral der Kirche oder das Strafrecht auf.
 
Gerade in Bezug auf die Varusschlacht haben mich auch einige seiner Aussagen in dem Buch von 2021 irritiert und z.T. amüsiert. Aber der Mann muss auch mittlerweile 80+ sein. So nennt er z.B. als leitenden Archäologen Salvatore Orsini. Da mag ihm die die klassische Bildung durchgegangen sein, denn der seit 2016 die Grabungen leitende Archäologe heißt Ortisi.
Bei diesem Buch ist erschreckend schlampig Korrektur gelesen worden, das bin ich von diesem Verlag bisher nicht gewohnt.
 
Ein Zitat von Jan de Vries (1934) (zitiert nach Steuer, „Germanen“, 2021)

Jede Generation hat die Aufgabe, sich ihre eigene Anschauung über die Vergangenheit zu bilden. Die Vorzeit ist nicht eine Reihe historischer Tatsachen, die durch das Studium der erhaltenen Denkmäler ein für allemal unverrückbar festgestellt werden können; die Vergangenheit ist viel- mehr auch eine Zeit, die erlebt worden ist, und die deshalb ihren eigenen geistigen Inhalt hat [...]. Dieses Bild wechselt je nach den Generationen, die es zu entwerfen versuchen. Denn jedesmal, wenn wir uns eine Vorstellung über das Wesen früherer Jahrhunderte bilden wollen, fragen wir, was jene Zeiten für uns bedeuten. Wir sind wie Reisende, die sich zu einer weiten Fahrt durch die Zeit anschicken, und wie jeder Wanderer nehmen wir uns selbst auf unserer Reise mit [...]; es ist unser eigener Geist, der sich ein Urteil bildet.
Die „objektive“ Forschung hat zwar den naiven Glauben gehegt, daß es möglich sei, die Vergangenheit so darzustellen, wie sie wirklich gewesen ist. Das ist aber eine eigentümliche Selbsttäuschung [...], wir wollen die Bedeutung dieses Ereignisses kennen [...] eine Entschei- dung treffen. Die Antwort aber wird verschieden ausfallen, je nach dem Glaubensbekenntnis, der Nationalität oder der politischen Einstellung des Urteilenden.
Wir fordern deshalb das Recht, unsere Ansicht über die Vergangenheit auszusprechen, obgleich wir wissen, wie zeitbedingt und persönlich bestimmt das Urteil sein wird.
(Auch da im Übrigen wieder eine kleine Lektoratsschlamperei, de Vries starb 1964 und nicht 1994, wie bei Steuer angegeben. 104jährige gibt es zwar, aber ich hätte das als Lektor überprüft.)
Nur so nebenbei: Jan de Vries war durchaus problematisch, hatte keine Scheu mit dem Ahnenerbe zusammenzuarbeiten (teilte aber durchaus nicht dessen Positionen), und floh vor den anrückenden Alliierten 1944 nach Deutschland, wurde daher auch nach den Krieg in seinem Heimatland wissenschaftlich geächtet. Er konnte zwar weiter publizieren, verlor aber seine Stellung als Professor in Leiden und in der Königlich-niederländischen Akademie der Wissenschaften. Nichtsdestotrotz sind seine Arbeiten bis heute wichtig.
 
Ich habe bei vielen Geschichtsdokus den Eindruck, dass die Macher der Dokus ein bestimmtes Narrativ im Kopf haben. Die zu Rate gezogenen Historiker sind in vielen Fällen durchaus keine Kronzeugen für dieses Narrativ. In ihren Publikationen haben sie häufig ganz andere Thesen vertreten. Da wird dann in den Dokus viel geschnitten, bis es zum Narrativ passt.

Besonders "berüchtigt" sind in diesem Zusammenhang die Dokus von Terra X.
Dokumentarfilmer treten eben nicht mit einem Lehrauftrag an, sondern verkaufen ein Produkt, dessen Erfolg sich in Einschaltquoten und Werbeeinnahmen bemisst. Der Endverbraucher des Produkts ist eher selten eine in der Thematik komplett unbeschlagene Person; soll heißen, da sitzt jemand vor dem Fernseher, der ein bestimmtes Bild vor Augen hat und dieses Bild bestenfalls erweitert oder hinterfragt, aber nicht geradezu umgestoßen sehen möchte. Wird zu sehr an seiner vorgefassten Meinung zum Thema gerüttelt, schaltet er eben den Fernseher ab. Damit wäre das Produkt aus kommerzieller Sicht gescheitert.
Tja, eure Reaktion auf meine Argumente ist allerdings ziemlich einheitlich.
Könnte das an den Argumenten liegen?
Klar gibts auch Leute die freundlich sind, aber das ist die Ausnahme.
Mein selbst erarbeitete "Erkentniss" das Deutschland die Hauptschuld am 1. Weltkrieg hatte, oder der Falklandkrieg von Margaret Thatcher ohne blutvergießen hätte beenden können fandet ihr allerdings auch nicht toll.
Deine Thesen in puncto Falklandkrieg waren nicht nur logisch fragwürdig, sondern auch moralisch angreifbar, denn Du hast Schuldumkehr zulasten des Opfers betrieben und Dir angemaßt, Deine persönlichen Werte über die Rechte von immerhin dreitausend Menschen zu stellen. Auf Zweifel daran hast Du von Anfang an überaus dünnhäutig reagiert und Deinen Kritikern Militarismus, Kriegstreiberei und Geschichtsvergessenheit unterstellt. Worüber genau beklagst Du Dich hier?
 
Die Aufgabe des Geschichtsunterrichts ist nicht, Schüler zu Historikern auszubilden.[...]

Das ist mir alles durchaus klar. Ich weiß nur nicht, ob man sich mit dem gewählten Ansatz einen großen Gefallen tut.

Ich sehe einfach das Problem, dass die angestrebten Fähigkeiten nicht wirklich in dem Umfang vermittelt werden, dass sich ohne weiteres vernünftig darauf aufbauen lieeße, während durch die Konzentration auf Kompetenzentwicklung die Vermittlung von eereignisgeeschlichtlichen Kenntnissen mitunter leidet.

Diese sich widersprechenden Forderungen der Demonstrationsteilnehmer provozieren eine kognitive Dissonanz, welche die Schüler hoffentlich die Frage aufwerfen lässt, zu der du als Lehrer die entsprechende Textquelle vorbereitet hast.

Problematischer Weise, dass ist mindestens meine Einschätzung, produziert das Gegeneinanderstellen zweier vorselektierter Positionen vor allem deutlich zu scharf kontrastiertes Schwarz-Weiß- und Lagerdenken.
 
Meiner Erfahrung nach haben vor allem die Rechten Schaum vorm Mund. Marx war weitaus rationaler als die Vordenker des Faschismus.

Hast du dich mal intensiver mit Marx beschäftigt? Ich habe mich vor einiger Zeit mal in die Marx-Engels-Briefwechsel eingelesen und habe den Eindruck, dass der gute Herr Marx durchaus öfters mal Schaum vor dem Mund hatte, was sicherlich zum Teil nicht einfachen Lebensumständen geschuldet war, teilweise aber auch einfach Brass über die Auseinandersetzungen mit politischen Revialen/Gegner wie Lasalle.

Und was die Rationalität bei Marx betrifft, da müsste man denke ich das Frühwerk, in dem noch sehr viel an romantisch-philosophischen Gedankengut steckt, von den späteren Schriften trennen.

Und auch was das Spätwerk angeht, könnte man da durchaus monieren, dass er in bestimmten Bereichen erfassbaren Entwicklungen, die seiner Theorie widersprachen, nicht oder absolut unzureichend Rechnung trug.

Man wird Herrn Marx lassen müssen, dass er eine fundamentale und bahnbrechende Analyse der kapitalistischen Gesellschaft und Produktionsverhältnisse geleistet hat.
Was aber den politischen Marx betrifft, kann man bei ihm durchaus einige Probleme ausmachen, die sich später auch bei Vordenkern er extremen Rechten finden.

Beispielsweise hat er mit seinem Proletarier-Begriff eine recht gute Arbeitsdefinition für theoretisches Arbeiten geliefert, einfach weil der viel trennschärfer ist, als eher diffuse und sehr weit verhandelbare Termini und Gegensätze wie "arm/reich", "Unterschicht/Oberschicht", etc.
Aber ein Problem bei Marx ist, dass sich eine derartige Klassenvorstellung aus den gesellschaftlichen Realitäten nicht herleiten ließ und dass das auch nicht unbedingt mit der sozialen Hackordnung der werdenden Industriegesellschaften übereinstimmte, zumal die sich in Teilen noch mehr über die überkommene Feudalordnung, als über die ökonomischen Verhältnisse definierte.
Noch krasser wird in diesem Zusammenhang das Auseinanderklaffen marx'scher Begrifflichkeiten und der sozialen Realität, wenn man die kolonialen Verhältnisse mit einbezieht, in der die marx'schen Klassengegensätze insofern auf den Kopf gestellt wurden, als dass innerhalb des Kolonialen Rahmens selbst Proletarier in der marx'schen Setzung zur sozialen Oberschicht eines Gebiets gehören konnten, wenn sie aus der Gruppe der Kolonisatoren kamen, während selbst ökonomisch erfolgreiche Produktionsmittelbesitzer in den kolonialen Gebieten sehr häufig keine gesellschaftliche Führungsrolle spielen konnten.

Das wäre mMn ein schönes Beispiel dafür, wie Marx, auch wenn ich seine Definitionen und Arbeiten an sich als kontrastierende Perspektive sehr schätze, mitunter in ähnlicher Weise am Gegensatz zwischen Theorie und sozialer Realität gescheitert ist, wie das später Leute aus ganz anderen Lagern noch tun sollten und wo auch bei Marx mitunter zu Gunsten der Theorie die gesellschaftlichen Verhältnisse simplifiziert oder ignoriert wurden.

Ähnliches könnte man z.B. auch über sein Entwicklungsmodell sagen, an der Stelle, an der er davon ausgeht, dass mit der Industrialisierung die ökonomische Macht vom Adel an das Bürgertum als Träger dieser Entwicklung übergeht, was das Bürgertum dazu ermächtigte die Adelscherrschaft zu stürzen und eine Gesellschaft nach eigenen Bedürfnissen einzurichten.
Das mag sich vor allem in Frankreich und ggf. auch in den Niederlanden so verhalten haben, was aber da aber nicht berücksichtigt hat, aber hätte sehen können/müssen, ist, dass es durchaus Teile Europas gab (z.B. Schlesien), in denen die Industiralisierung nicht vom Bürgertum, sondern zumindest Teilweise oder vor allem von den adligen Grundbesitzern getragen wurde, womit in diesen Gebieten eine ökonomische Ermächtigung des Bürgertums, wie er sich das dachte, nicht stattfand.
Was er auch nicht berücksichtigt hat, ist dass es Gesellschaftsmodelle gab, in denen der Übergang zwischen Großbürgertum und Adel relativ fließend war (Großbritannien und je nachdem wie streng man sich an die Petrinische Rangtabelle hielt auch Russland) in denen die Vorstellung eines Klassenkampfes der "Bourgeoisie" gegen den Adel, nicht in dem Maße einleuchtend ist, wie dass vielleicht für andere Teile West- und Mitteleuropas zutreffen konnte, weil im Gegensatz dazu der Adel hier keine exklusive, abgeschottete Gesellschaftsschicht darstellte.

Insofern, so überzeugend marxen's Theorien mitunter klingen, sie stimmen häufig nicht unbedingt mit den gegebenen gesellschaftlichen Grundlagen überein, deren Analyse und Interpretation Marx und Engels selbst ja zur Königsdisziplin erhoben.

Insofern halte ich die Einschätzung "rationaler" für schwierig.
Natürlich ist das noch immer wesentlich rationaler als diverse Formen rechtsesoterischen Schwurbels, aber eine gewisse Tendenz die komplexe Realität simplifizierenden theoretischen Ansichten anzupassen und Teilen der Bevölkerung eine Identität zuzuschreiben, die sie übrhaupt nicht besaßen und in Teilen auch nicht besitzen wollten, auch wenn das hier nicht nach nationalen/rassistischen sondern nach Klassenparadigmen lief, ist etwas, was man Marx durchaus ankreiden kann.
Und ob man die Idee eines immerwährenden, Kampfes zwischen, nach Klassengeichtspunkten organisierten, streng kollektivistisch organisierten Grußgruppen, unbedingt für rationaler halten möchte, als die Vorstellung eines solchen Kampfes rassistisch organisierter Gruppen gegeneinander, daran kann man durchaus ein Fragezeichen machen.

Hätte wohl doch gleich aufs Gymnasium gehen sollen. Mein selbst erarbeitete "Erkentniss" das Deutschland die Hauptschuld am 1. Weltkrieg hatte, oder der Falklandkrieg von Margaret Thatcher ohne blutvergießen hätte beenden können fandet ihr allerdings auch nicht toll.

Zum Thema Falklandkrieg kann ich nichts sagen, in der Diskussion habe ich mich nicht beteiligt und da muss ich auch freimütig einräumen, dass ich darüber auch herzlich wenig weiß.
Ich bin schlicht zu Jung, als dass ich das in irgendeiner Form als Zeitzeuge hätte mitbekommen können und meine Interessen und Schwerpunkte liegen in anderen Bereichen.
Über den Falkland-Krieg beschränkt sich mein unsicheres Halbwissen auf 2-3 Dokumentationen, die ich dazu mal gesehen habe und das ist schlicht keine solide Diskussionsgrundlage, insofern, muss ich was das angeht passen.

Deine Einlassungen hinsichtlich Schuldverteilung, was den ersten Weltkrieg betrifft, waren im Wesentlichen ein Referieren der Positionen Fischers.
Die Probleme dieser Position sind aufgezeigt worden.
Ich weiß nicht, woher du nimmst das "wir" (wer immer das sein soll) das einfach nicht besonders "toll" finden, es ist einmal lediglich so, dass es durchaus auch andere Deutungsmöglichkeiten gibt, die den aktuellen Diskurs zum Thema geprägt haben.
Die sind im Forum in den verschiedensten Fäden rauf und runter diskutiert worden und wenn du darauf hingewiesen wirst, dass da durchaus im Hinblick auf die Gesamtlage noch einiges mehr zu diskutieren wäre, ist das durchaus keine Unmutsäußerung zu deinen Ansichten.

Es muss schon auch die Möglichkeit geben, auf Diskurse und Schwächen einer Argumentation hinzuweisen, ohne dass das gleich als persönliche Beleidungung aufgefasst wird.
 
Non vitae sed scholae discimus.

Spätestens seit der Abschaffung der Leistungskurse gilt diese Phrase sogar für das bayerische Gymnasium (man verzeihe mir diese kleine elitistische Anwandlung). Wobei man einschränkend sagen muss, für eine intellektuelle Eigenleistung, wie @El Quijote sie anspricht, ließ der bayerische Lehrplan auch schon vor der Reform keine Zeit, wenn nicht gerade eine engagierte Lehrkraft sich die Zeit nahm.

Genügen würde es freilich schon, die Schüler ganz allgemein mit dem Innenleben der Wissenschaften bekannt zu machen. Damit etwa, wie wissenschaftlicher Diskurs und Konsensbildung funktionieren. Auch im Sinne der staatsbürgerlichen Erziehung wäre dies wünschenswert. Denn es ist kein Wunder, dass wir im "postfaktischen" Zeitalter leben – einer Ära, in der man naturwissenschaftliche Fakten abstreiten und trotzdem in den Bundestag gewählt werden kann (von den Geisteswissenschaften gar nicht zu reden).

Wie könnte es anders sein? Verdammt vielen Menschen wurde schlicht und ergreifend niemals beigebracht, mit dem scheinbaren Widerspruch umzugehen, wenn z.B. die Medien heute das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie als Faktum präsentieren, nur um in der Woche darauf eine abweichende Meinung aus derselben Disziplin ebenfalls als Tatsache hinzustellen.

Was die Wissenschaften so treiben, interessiert viele Menschen nur noch zum Zwecke der Untermauerung ihrer politischen Ansichten. Das trifft selbst auf gebildete Schichten zu, selbst auf den von Konservativen bisweilen als "wissenschaftshörig" gescholtenen Progressivismus. Die Progressiven ignorieren oder verbiegen unliebsame Erkenntnisse ebenso hartnäckig wie ihre Widersacher; von den Konservativen unterscheidet sie meist nur das Vokabular.

Warum sollte diese Entwicklung vor Historikern haltmachen? Immerhin hat es auch Ärzte im Lager der Corona-Leugner gegeben. Wohl kaum ein Akademiker ist der Integrität seines Fachgebiets dermaßen mit Haut und Haar verschrieben, dass er gegen die Versuchung gefeit wäre, sie in den Dienst seiner politischen Ansichten zu stellen. Insofern: Natürlich gibt es revisionistische Historiker. La fin.
 
Problematischer Weise, dass ist mindestens meine Einschätzung, produziert das Gegeneinanderstellen zweier vorselektierter Positionen vor allem deutlich zu scharf kontrastiertes Schwarz-Weiß- und Lagerdenken.
Ja gerade nicht in absoluter gegenseitiger Ausschließlichkeit. Da sind am 4. Dezember viele Zehntausende DDR-Bürger auf der Straße bei einer gemeinsamen Großdemonstration und ihre Transparente reflektieren als Gemeinsamkeit den Wunsch nach Veränderung, aber eben auch die verschiedenen, nicht miteinander zu vereinbarenden Lösungsvorstellungen (Sozialismus mit menschlichem Antlitz/Marktwirtschaft). Trotzdem stehen beide Lager Seite an Seite.
 
So lautet die politische Vorgabe des KLP Geschichte für die Sek. II in NRW (2013, noch unterzeichnet von Silvia Löhrmann, GRÜNE):

Die Aufgaben des Geschichtsunterrichts sind fokussiert im Auftrag der Förderung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins. Geschichtsbewusstsein meint die Verschränkung der Wahrnehmungen und Deutungen von Vergangenheit mit Gegenwartserfahrungen und Zukunftserwartungen. Das angestrebte Geschichtsbewusstsein wird als reflektiert gekennzeichnet, um zu betonen, dass es sich des Konstruktionscharakters von Geschichte, seiner eigenen Standortgebundenheit und Perspektivität bewusst sein soll. Die Beherrschung der Fähigkeiten zur sinnbildenden Darstellung von Geschichte sowie zur Analyse und Beurteilung historischer Narrationen charakterisieren ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein. Ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein steht somit gleichermaßen gegen „Identitätslosigkeit“ als auch verfestigte Geschichtsbilder. Es leitet zu einem aktiven demokratischen Umgang mit konkurrierenden Identitäten an.
Fettdruck und Unterstreichungen durch mich.
 
Dokumentarfilmer treten eben nicht mit einem Lehrauftrag an, sondern verkaufen ein Produkt, dessen Erfolg sich in Einschaltquoten und Werbeeinnahmen bemisst.
Das kann man nicht so allgemein sagen.* Das mit den Werbeeinnahmen trifft vor allem auf die im Ausland produzierten zu. Da wird oft eine (vermeintliche) Entdeckung, die man in 5 Minuten abhandeln könnte, auf 42 Minuten ausgewälzt, mit einem Cliffhanger alle 10 min. dazwischen, in denen im Ausland Werbung gezeigt wird.

Solche Dokumentationen laufen auch bei unseren Privatsendern: Wenn ich einmal durch den Titel doch angelockt werde und dann sehe, wie ein Wissenschaftsjournalist durch die Gegend stampft und lang und breit erklärt, wie er darauf kam, genau diese Gegend zu besuchen, dann weiß ich, da werde ich kaum was Neues erfahren, denn der Zweck solcher Sendungen ist meistens, die Zeit zwischen den Werbepausen auszufüllen.

Terra-X gehört nicht zu dieser Art von Sendungen, denn sie werden in öffentlich-rechtlichen Sendern (ZDF, ZDF-Info, ZDF-Neo, Phoenix, 3Sat und Arte) gezeigt und sind auch in deren Mediatheken jahrelang abrufbar – alle ohne Werbung. Die Qualität schwankt natürlich trotzdem, denn bei ca. 40 Produktionen pro Jahr können nicht alle von gleich hohem Niveau sein.

Experten finden natürlich hin und wieder etwas, das nicht (ganz) stimmt, aber wer ist schon perfekt. Außerdem muss man wissen, für wen diese Dokus gemacht werden: An Zuschauer mit mehr oder weniger guter Allgemeinbildung, was bedingt, dass man nicht zu sehr ins Detail gehen kann.

* öffentlich-rechtliche Sender haben bei uns einen Bildungsauftrag

PS:
Warum sollte diese Entwicklung vor Historikern haltmachen? Immerhin hat es auch Ärzte im Lager der Corona-Leugner gegeben. Wohl kaum ein Akademiker ist der Integrität seines Fachgebiets dermaßen mit Haut und Haar verschrieben, dass er gegen die Versuchung gefeit wäre, sie in den Dienst seiner politischen Ansichten zu stellen. Insofern: Natürlich gibt es revisionistische Historiker.
Meine Rede. Danke.

PPS:
Wobei man einschränkend sagen muss, für eine intellektuelle Eigenleistung, wie @El Quijote sie anspricht, ließ der bayerische Lehrplan auch schon vor der Reform keine Zeit, wenn nicht gerade eine engagierte Lehrkraft sich die Zeit nahm.
Im Umkehrschluss heißt das wohl, dass die anderen Lehrer nicht engagiert genug sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
Terra-X gehört nicht zu dieser Art von Sendungen, denn sie werden in öffentlich-rechtlichen Sendern (ZDF, ZDF-Info, ZDF-Neo, Phoenix, 3Sat und Arte) gezeigt und sind auch in deren Mediatheken jahrelang abrufbar – alle ohne Werbung. Die Qualität schwankt natürlich trotzdem, denn bei ca. 40 Produktionen pro Jahr können nicht alle von gleich hohem Niveau sein.
Als großer Fan des ÖRTV muss ich leider sagen, dass gerade dein geliebtes Terra X leider oft nicht dem Bildungsauftrag gerecht wird. Es gibt sogar Sendungen aus diesem Format (ich habe es schon länger nicht gesehen, aber bemerkt, dass Terra X nicht mehr wie früher ein ausschließlich auf Geschichte und Archäologie fokussiertes Format ist, sondern sich thematisch mittlerweile breiter aufstellt), die geradezu antiaufklärerisch sind. Da wird dann bei einer spanischen Burg die Torre Albarrana (ein durch eine Brücke mit der Burg verbundener Turm, typisch für spanische Burgenarchitektur im 12. und 13. Jahrhundert) zum „Burgtor“ erklärt und gefragt, warum die Templer so ein hohes Burgtor bauten, dass keinen fortifikatorischen Sinn ergäbe, ob das was mit Bafomet zu tun habe... das hat nichts mehr mit schwankendem Niveau zu tun, das ist antiaufklärerisch. Oder man zeigt archäologische Grabungen wo ein mittelalterlicher „Geheimgang“ gefunden wird und in dem Geheimgang befinden sich dann plötzlich Holzverschläge mit Vorhängeschlössern, wo die Dorfbewohner ihren Krempel lagern.

Experten finden natürlich hin und wieder etwas, das nicht (ganz) stimmt, aber wer ist schon perfekt.
Man muss schon differenzieren zwischen Irrtümern - errate humanem erst - und Schmu!

Außerdem muss man wissen, für wen diese Dokus gemacht werden: An Zuschauer mit mehr oder weniger guter Allgemeinbildung, was bedingt, dass man nicht zu sehr ins Detail gehen kann.
Das rechtfertigt nicht, offensichtlichen Unsinn zu erzählen, denn wie du richtig sagst:

* öffentlich-rechtliche Sender haben bei uns einen Bildungsauftrag
 
Aus dem KLP Gesellschaftslehre (zusammengefasst Erkunde/Geschichte/Politik) für die Sek. I in NRW (2017, verantwortet durch Yvonne Gebauer, FDP):

Die Entwicklung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins ist die zentrale Aufgabe des Geschichtsunterrichts im Fach Geschichte. Dadurch werden die drei Zeitebenen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft so miteinander in Verbindung gesetzt, dass junge Menschen historisches Denken lernen. Auf diese Weise entfalten junge Menschen ihre Fähigkeit und Bereitschaft, differenziert historisch-politisch zu urteilen. Das Geschichtsbewusstsein ist dann als reflektiert zu bezeichnen, wenn Schülerinnen und Schüler sich des Konstruktionscharakters von Geschichte, ihrer Standortgebundenheit und Perspektivität bewusst werden. Geschichtsbewusstsein verlangt von ihnen, eigene Deutungsmuster zu überprüfen und ggf. zu verändern.
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln im Geschichtsunterricht durch die systematische Analyse von historischen Bezügen und Prozessen anschaulich die Zusammenhänge zwischen gestern, heute und morgen. Indem sie die historischen Wurzeln der Gegenwart erkennen und dabei hinterfragen, wie ihre Lebenswelt entstanden ist, lernen sie, sich in der Gegenwart zu orientieren sowie Perspektiven und Wertmaßstäbe für die Gestaltung ihrer Zukunft zu gewinnen. Fachlich geht es dabei im Kern um die exemplarisch an historischen Gegenständen zu gewinnende Erkenntnis, dass das gesamte Umfeld des Menschen vom Nahbereich bis hin zu den großen Systemen von internationalen Organisationen, Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur in komplexen historischen Prozessen entstanden ist und ständigem Wandel unterliegt.
Die Lernenden erkennen Faktoren und Wirkungszusammenhänge, die zum Verständnis und zur Erklärung von Gegenwartsphänomenen erforderlich sind, und erfassen so das Gewordensein der gegenwärtigen Welt.
Gleichwohl müssen zur Vermeidung von historisch nicht begründbarer linearer Erzählungen im Sinne historischer Narrationen ebenso die der Vergangenheit stets innewohnenden Widersprüche, unvorhersehbarer Wendungen, Brüche oder alternativen Entwicklungsmöglichkeiten (Kontingenzen) aufgezeigt werden. So verschafft das Fach Geschichte auch Einsichten in jene Existenzformen und Denkvorstellungen früherer Epochen oder anderer Kulturen, welche nicht unmittelbar mit unserer Gegenwart verbunden sind oder in der Vergangenheit Teil einer kontingenten Zukunft waren. Die reflektierte Auseinandersetzung mit Alterität bewirkt in Kenntnis der Alternativen zum „Hier und Jetzt“ eine kritische Distanz, somit die Einsicht in die historische Gebundenheit des eigenen Standortes und den Gewinn sowie die Nutzung neuer Handlungsperspektiven. Das Fach Geschichte schafft personale und soziale Orientierung für die Schülerinnen und Schüler und befähigt sie, auch unter Einbeziehung außerschulischer Lernorte und digitaler Angebote, zur kompetenten Teilhabe am gesellschaftlichen Umgang mit Geschichte, an der Geschichts- und Erinnerungskultur sowie zur aktiven Mitwirkung und Mitgestaltung unseres demokratischen Gemeinwesens.
Konstitutiv für historisches Denken sind einerseits die Formulierung historischer Fragen, die Ermittlung und (Re-)Konstruktion von Vergangenem und das Verfassen eigener Narrationen. Zu historischem Denken gehört auch die Dekonstruktion vorhandener historischer Orientierungsangebote, also in Narrationen enthaltener Deutungen und Beschreibungen, wie sie den Schülerinnen und Schülern in den Angeboten der Geschichtskultur entgegentreten. Historisches Denken ist geprägt durch Multiperspektivität und die Beachtung historischer Qualitätskriterien (Triftigkeit historischer Narrationen), die den fachlichen Anspruch der jeweils erzählten Geschichte sichern.
Durch die reflektierte Auseinandersetzung mit historischen Ereignissen, Personen, Prozessen und Strukturen gewinnen die Schülerinnen und Schüler Einsichten in die Komplexität geschichtlicher Prozesse, in Dauer und Wandel, in Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit, in Beharrung, aber auch Veränderbarkeit von Ordnungen mit ihren Chancen und Risiken, in das wechselseitige Bedingungsverhältnis von Person und Struktur. Insbesondere der Geschichtsunterricht bietet aufgrund seiner zeitlichen Expertise Chancen, Entscheidungen von Handelnden in der Vergangenheit sowie deren Handlungsspielräume und -alternativen in objektivierbarer Form zu analysieren.
Hervorhebungen (fett) durch mich.
 
Experten finden natürlich hin und wieder etwas, das nicht (ganz) stimmt, aber wer ist schon perfekt.

Ich halte mich durchaus nicht für einen ausgesuchten Experten, aber wenn ich mir ansehe, was uns im Fernsehen an Dokumentationen so geboten wird, da rollen sich mir ehrlich gesagt die Fußnägel hoch.

Gerade wo du "Terra X" ansprichst, dieses Format lieefert doch in Teilen ihnaltlich wirklich so viel Unfug, dass jeder, der sich mal ein wenig mit der Materie beschäftigt hat, ganze Folgen komplett zerpflücken kann.
Wenn ich jeedes mal, wenn ich in diesem Format einen Satzt oder eine Darstellung höre, die so nicht haltbar ist, die Folge anhalten und das kommentieren würde, bräuchte ich für 45 min Material wahrscheinlich 2 Stunden um das abzuarbeiten.

* öffentlich-rechtliche Sender haben bei uns einen Bildungsauftrag

Die Öffentlich-rechtlichen haben zwar einen Bildungsauftrag, sind aber, sofern sie die Produktion nicht selbst verantworten, sondern nur die Ausstrahlungslizenz für die entsprechenden Sendungen erwerben, auch nicht für den Inhalt verantwortlich.

Ob dem Bildungsauftrag damit denn genüge getwan wird, ist eine vollkommen andere Geschichte.
 
@El Quijote

Mir sind die theoretischen Vorgaben durchaus bekannt, jemand in meinem familiären Umfeld arbeitet als Lehrer unter anderem für Geschichte in NRW und da die Person an einer Gesamtschule tätig ist, sind mir auch die Probleme, die dadurch entstehen, dass es reinen Geschichtsunterricht an bestimmten Schulformen in der S1 überhaupt nicht gibt,
durchaus bewusst.

Mein Problem ist, dass ich nicht sehe, wie das angestrebte Ziel ohne eine deutliche Ausweitung selbstständigen Arbeitens erreicht werden soll.

Z.B. fällt es mir relativ schwer mir vorzustellen, wie Multiperspektivität erreicht werden soll, wenn vorselektierte Quellen herangezogen werden , deren Interpretationsmöglichkeiten relativ eingeschränkt sind.
Daraus lassen sich dann vielleicht 2 verschiedene, miteinander vereinbare oder auch nicht vereinbare Positionen gewinnen, allein, tatsächliche Multiperspektivität ist etwas anderes.
Mal abgesehen davon, dass durch die Vorselektion der Quellen dann auch von vorn herein festgelegt wird, welche Perspektiven aufgezeigt werden.
 
Denn es ist kein Wunder, dass wir im "postfaktischen" Zeitalter leben – einer Ära, in der man naturwissenschaftliche Fakten abstreiten und trotzdem in den Bundestag gewählt werden kann (von den Geisteswissenschaften gar nicht zu reden).

Den Umstand, dass Personen, die naturwissenschaftliche Fakten leugnen reale Chancen haben ins Parlament gewählt zu werden, würde ich allerdings nicht unbedingt am heutigen Stand des Schulwesens festmachen, jedenfalls sehe ich keine Anzeichen dafür, dass Probleme wissenschaftliche diskurse und Abläufe nachvollziehen zu können im besonderen Maße Probleme der jüngeren Generation wären.

Was die Wissenschaften so treiben, interessiert viele Menschen nur noch zum Zwecke der Untermauerung ihrer politischen Ansichten.

Das nehme ich so eigentlich nicht wahr, jedenfalls nicht abseits bestimmter gesellschaftlicher Reizthemen.
 
soll heißen, da sitzt jemand vor dem Fernseher, der ein bestimmtes Bild vor Augen hat und dieses Bild bestenfalls erweitert oder hinterfragt, aber nicht geradezu umgestoßen sehen möchte. Wird zu sehr an seiner vorgefassten Meinung zum Thema gerüttelt, schaltet er eben den Fernseher ab. Damit wäre das Produkt aus kommerzieller Sicht gescheitert.

Da wäre ich mir durchaus nicht so sicher, ob das der tatsächliche Effekt wäre, kann mir allerdings durchaus vorstellen, dass genau solche Erwägungen die Produzenten da durchaus beeinflussen.
 
Das kann man nicht so allgemein sagen.* Das mit den Werbeeinnahmen trifft vor allem auf die im Ausland produzierten zu. Da wird oft eine (vermeintliche) Entdeckung, die man in 5 Minuten abhandeln könnte, auf 42 Minuten ausgewälzt, mit einem Cliffhanger alle 10 min. dazwischen, in denen im Ausland Werbung gezeigt wird.

Solche Dokumentationen laufen auch bei unseren Privatsendern: Wenn ich einmal durch den Titel doch angelockt werde und dann sehe, wie ein Wissenschaftsjournalist durch die Gegend stampft und lang und breit erklärt, wie er darauf kam, genau diese Gegend zu besuchen, dann weiß ich, da werde ich kaum was Neues erfahren, denn der Zweck solcher Sendungen ist meistens, die Zeit zwischen den Werbepausen auszufüllen.

Terra-X gehört nicht zu dieser Art von Sendungen, denn sie werden in öffentlich-rechtlichen Sendern (ZDF, ZDF-Info, ZDF-Neo, Phoenix, 3Sat und Arte) gezeigt und sind auch in deren Mediatheken jahrelang abrufbar – alle ohne Werbung. Die Qualität schwankt natürlich trotzdem, denn bei ca. 40 Produktionen pro Jahr können nicht alle von gleich hohem Niveau sein.

Experten finden natürlich hin und wieder etwas, das nicht (ganz) stimmt, aber wer ist schon perfekt. Außerdem muss man wissen, für wen diese Dokus gemacht werden: An Zuschauer mit mehr oder weniger guter Allgemeinbildung, was bedingt, dass man nicht zu sehr ins Detail gehen kann.

* öffentlich-rechtliche Sender haben bei uns einen Bildungsauftrag

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Die Öffentlichen Rechtlichen Sender haben in der BRD laut Rundfunk-Staatsvertrag einen Bildungsauftrag. Diesen sollte man auch einfordern, denn ungeachtet, ob man sich die Formate der Öfis ansehen will oder nicht, Rundfunkgebühren muss der Bundesbürger dennoch (zwangsweise) bezahlen.

Dass laut Rundfunkstaatsvertrag ein Bildungsauftrag besteht, heißt ja noch lange nicht, dass öffentlich rechtliche Sender, diesem Bildungsauftrag auch nachkommen. Insgesamt finde ich die Art der Geschichtsdokus ziemlich boulevardesk. Dem Zuschauer wird eine Story, eine Sensation, etwas Außergewöhnliches präsentiert. Der Zuschauer wird abgeholt und mitgenommen, und in den meisten Dokus wird ihm auch nahegelegt, wie er empfinden und historische Ereignisse deuten soll.

Dagegen ist zunächst mal nichts zu sagen. Es ist legitim, den Zuschauern eine Sache schmackhaft zu machen, eine Story mit einer Anekdote aufzulockern, einen Wow-Effekt zu produzieren und zu nutzen. Auch eine etwas reißerische Doku, eine mit kleinen Fehlern kann immerhin Interesse wecken, kann einen Informationsgehalt bieten, kann-gut gemacht- zu einem "Aha-Erlebnis führen. Wenn das geschieht, dann hat die Doku durchaus auch einen Bildungsauftrag erfüllt.

Leute wie Peter Milger oder auch der Wissenschaftsjournalist Horst Stern, verstanden es, auch komplexe Themen leicht verständlich dem Zuschauer zu präsentieren, und ein Peter Lustig verstand es, auch die Wunder, die im Alltäglichen stecken, anschaulich zu machen, sie zu begreifen.

Es haben sich seitdem Sehgewohnheiten verändert, und sich auf die nicht einzustellen, wäre fatal. Fatal ist es aber auch, den Zuschauer nur ja nicht überfordern zu wollen, immer schön an der Oberfläche zu bleiben.

Dokus der öffentlich-rechtlichen Sender wie Terra X-Dokus haben vielleicht ein höheres Niveau, als das "Wissensmagazin" Galileo. Ihnen aber ein durchgängig hohes Niveau zu attestieren, ist aber etwas euphemistisch.

Wenn in einer Doku über Piraten des 18. Jahrhunderts Pistolen mit Perkussionsschloss auftauchen, wenn mal in einer Doku die Kleidung oder Accessoires nicht ganz der abgebildeten Zeit entsprechen, wenn es kleinere Detailungenauigkeiten in einer Doku gibt, sind das, meiner Meinung nach Fehler, die man wohlwollend übergehen kann, wenn die Doku didaktisch und handwerklich gut gemacht ist.

Für den durchschnittlichen Zuschauer, aber auch für Historiker sind Fehler oft nicht ohne Weiteres erkennbar. Auffallen werden einem Fehler erst dann, wenn man sich intensiv mit einem Thema beschäftigt oder dazu geforscht hat.
 
Reinhard Schulze, Geschichte der islamischen Welt. Von 1900 bis zu Gegenwart. München 2016, S. 33 (Einleitung):

Die Kapitel 1 bis 5 stellen eine umfassende Überarbeitung meines erstmals 1994 erschienenen Buchs Geschichte der islamischen Welt im 20. Jahrhundert dar. Ich habe hier manches präzisiert, neugefasst, erweitert und zudem versucht, diese Teile dem Interpretationshorizont anzupassen, der sich durch die jüngere und jüngste Geschichte ergeben hat. […] Diese Zuspitzung auf die Gegenwart ist der Tatsache geschuldet, dass die zeitgenössische Umbruchsituation eine Vielzahl von sozialen, ökonomischen und politischen Prozessen freigelegt hat, die zu einer gewissen Veränderung der Sicht auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts geführt haben. Die erste Auflage war 1993 unter dem Eindruck der postideologischen Ethnisierung und der Konflikte in Bosnien-Herzegowina, Somalia, Tadschikistan und Afghanistan verfasst worden; die zweite Auflage von 2002 hatte ein zusätzliches Kapitel unter der Überschrift Postislamismus erhalten. Mit diesem Begriff versuchte ich, die Pluralität islamischer Vorstellungswelten zu erfassen: … vom Terrorismus der al-Qā‘ida [bei Schulze ein Buchstabendreher. EQ] … bis hin zu liberalen Islamdeutungen…
Dreizehn Jahre später prägen die Erfahrungen des Arabischen Frühlings die Wahrnehmung der jüngeren und jüngsten Geschichte der islamischen Welt. Die Prozesse, die der Arabische Frühling freigelegt hat, waren 2002 nur ansatzweise und 1993 kaum zu erkennen. Daher war ich gezwungen, manche Aussagen über längerfristige Trends und Prozesse zu überdenken und umzuformulieren. … Daher hat das Buch auch eine neue Einleitung erhalten.​
 
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