Frauen an Bord britischer Kriegsschiffe

Mittelalterlager

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Moin

Ich lese gerade ein altes Buch von E. Bradford über Nelson.
Er schreibt bei der Schlacht von Abukir über das "übliche" Vorhandensein von Frauen an Bord der Schiffe von Nelson.
War das zu der Zeit in der britischen Marine üblich?
 
Moin

Ich bin überrascht, in den militärischen Abhandlungen, die ich bisher gelesen habe, da kommt dieser Punkt gar nicht vor. Wird das von vielen Historikern als unwichtig unterschlagen, passt das nicht in die Seekriegsauffassung oder welche Gründe könnte es dafür geben.

Bitte die Frage nicht falsch verstehen. Es kann auch an der Literatur liegen die ich so lese/gelesen habe. Aber da da Abukir sehr häufig vorkam wundert mich das doch.
 
Nun, selten war offiziell eine Frau an Bord, aber es schlichen sich zu so ziemlich jeder Zeit welche ins Militär ein.
 
Moin

Ich bin überrascht, in den militärischen Abhandlungen, die ich bisher gelesen habe, da kommt dieser Punkt gar nicht vor. Wird das von vielen Historikern als unwichtig unterschlagen, passt das nicht in die Seekriegsauffassung oder welche Gründe könnte es dafür geben.

Man findet Belege für beides. Es geht teilweise soweit, dass mal in einer Doku (leider Ad Hoc nicht gefunden) behauptet wurde, dass Frauen ein essentieller Bestandteil der Mannschaften gewesen seien. Das ist aber wohl nach meiner Kenntnis vollkommen zu verneinen. Das hätte ja bedeutet, dass man sich auch administrativ mit Frauen an Bord beschäftigt hätte wie wir das aus den Söldnerheeren mit Hurenweibeln und anderen Funktionsträgern kennen, welche speziell für die Belange der Frauen zuständig waren. Obendrein hätte man Rationen usw. für die Frauen einplanen müssen, sowohl Getränke als auch Essen und dazu ist mir nie was untergekommen. Aber ich bin da auch kein Experte.
 
Moin

Ich bin überrascht, in den militärischen Abhandlungen, die ich bisher gelesen habe, da kommt dieser Punkt gar nicht vor. Wird das von vielen Historikern als unwichtig unterschlagen, passt das nicht in die Seekriegsauffassung oder welche Gründe könnte es dafür geben.

Bitte die Frage nicht falsch verstehen. Es kann auch an der Literatur liegen die ich so lese/gelesen habe. Aber da da Abukir sehr häufig vorkam wundert mich das doch.
Frauen an Bord stellten so oder so eine absolute Minderheit dar. Es geht eigentlich nur darum, zu bestimmen, wie klein sie war. Operationsgeschichtlich hatte die Kopfstärke dieser Minderheit m.W. keine direkte Relevanz und den Schlachtenhistorikern kommt sowas nur in die Bücher, wenn ein Nelson völlig freidreht, weil er einer verheirateten Frau am Königshofe beider Sizilien imprägnieren will...
Frauen als offizieller Teil der Besatzung kamen praktisch gar nicht vor. Mir ist nicht eine eintige Frau bekannt, die auch nur versucht hätte, commissioned officer oder warrant officer zu werden. Die formale Anerkennung von Frauen als Teil der Besatzung kanst Du daran erkennen, ob sie besoldet wourden, oder wenigstens ganz oder anteilig (wie eingeschiffte Soldaten oder Kriegsgefangene) Proviant beziehen dürften. Das waren dann bestenfalls die Frauen der standing officers und selbst bei denen müsste das überprüft werden. Spätestens alle anderen Frauen an Bord waren geduldet (oder unerkannt). Duldung wiederum oblag dem Kommandanten und ggf. dem Verbandsführer. Und damit kommen wir bei einer sehr individuellen Landschaft an.

Interessante Fragen wären aus meiner Sicht, ob irgendwann (und sei es im 19.Jh.) der Dienst von Frauen an Bord formal untersagt wurde, oder ob das ungeschriebene Gesetze waren. Gab es weibliche Schmiede, Zimmerleute, Geschützgiesser, Schiffbauer? Oder solche, die das werden wollten aber keine Lehrherren oder keine Zünfte fanden, die sie haben wollten?
Wie verhielt es sich in der christlichen Seefahrt, insbesonder im kleinen Küstenverkehr oder der Fischerei unter der Küste, die ggf. ähnlich wie die Landwirtschaft als Familienbetriebe organisiert waren? Jeder packte mit an, aber wie arbeitsteilig war das Ganze? Gab es zeitliche Wandel und falls ja - in welche Richtungen?
 
Zuletzt bearbeitet:
In der französischen Marine war es 1689 verboten, Frauen auf Kriegsschiffe zu lassen. Die Strafe für Offiziere: 1 Monat Suspendierung, für Gewöhnliche 15 Tage in Eisen.
Aus: Ordonnance de Louis XIV pour les armées navales & arsenaux de marine (15. April 1689)

Von Strafen spricht das Regulations and instructions relating to his majesty's service at sea 1734 nichts, ist aber sonst klar:
He is not to carry any women to sea...

Gemeint sind die Captains and Commanders in Artikel XXXVIII des entsprechenden Kapitels

Wie schon von Slope erwähnt gab es 22 Jahre später die Additional Regulations and instructions relating to his majesty's service at sea 1756

Artikel XI
5. That no Women be ever permitted to be on Board, but such as are really the Wives of the Men they come to; and the Ship not to be too much pestered even with them.
But this Indulgence is only tolerated while the Ship is in Port, and not under Sailing Orders.


Das ungeschriebene Gesetz, es trotzdem zuzulassen, war wohl stärker, sowohl in England, wie in Frankreich.

Yves Joseph de Kerguelen de Trémarec – Wikipedia wurde u.a. verurteilt, weil er angeblich seine Geliebte an Bord hatte. Ich bezweifle jedoch, dass das der Grund war. Noch bin ich auf der Suche nach dem Gerichtsurteil.

Der Historiker Rémi Monaque zählt in seinem Werk Trafalgar von 2005 die Frauen auf, die er auf den Schiffen Villeneuves im Vorfeld von Trafalgar ausmachen konnte:
Bucentaure - die Frau von Lt. Mallet, Kommandant der 3. Artilleriekompanie
Duguay-Trouin - die ganze Familie des Füsiliers Pascal Donnet, Frau, Tochter, Sohn
Neptune - Frau und Tochter von Thomas Benoit, Sergent im 16. Regiment Liniengrenadiere sowie die Frau des Grenadiers Nicolas Gauchenot.
l'Indomptable - Frau und 2 Kinder des Hilfskanoniers d'Arbes

Es ist nicht bekannt, ob diese Angehörigen die Schiffe vor der Schlacht verlassen haben.
 
Marinegeschichte ist nicht gerade meine Stärke. Alles was ich dazu beitragen kann sind Informationen aus zweiter Hand. Vor Hundert Jahren habe ich mal die HMS Victory besucht und eine Führung mitgemacht. Der Guide erzählte, dass man, während die Flotte in Plymouth vor Anker lag, gestattete, dass die Besatzungen einige Tage Besuch von Frauen, Freundinnen, Partnerinnen empfangen durften.

Wie man das organisierte, weiß ich nicht. Es war wohl so, dass die Frauen an Bord kamen und mehrere Tage an Bord blieben und gemeinsam mit der Crew lebten, aß, tranken und schliefen, bis sie an einem bestimmten Termin von Bord gehen mussten. Allenfalls Offiziere hatten eigene Kabinen. Wenn man intim werden wollte, war das kaum möglich, ohne dass Schiffskameraden das mitbekamen.

Es scheint, dass man bei den Besuchserlaubnissen recht tolerant war und nicht darauf bestand, dass die Frauen sich als Ehepartnerinnen oder Verlobte ausweisen mussten. Da kamen dann natürlich auch Prostituierte an Bord, und im Zwischendeck muss es recht freizügig zugegangen sein.

Viele Offiziere sahen diese Besuche aus naheliegenden Gründen kritisch: Die Frauen hielten die Seeleute ihrer Majestät zwar wirkungsvoll bei der Stange. Die sexuellen Lustbarkeiten und die damit verbundenen alkoholischen Exzesse und Schlägereien sorgten aber auch dafür, dass die Crews schwerer zu kontrollieren waren, dass die Disziplin litt und Unteroffiziere und Offiziere ein paar Tage brauchten, bis die Besatzung ausgenüchtert und geschliffen war.
 
Die Schiffe sind erst an den beiden Tagen vor der Schlacht ausgelaufen und hatten 4000 Mann von der Armee an Bord, die mittlerweile nach Italien sollten. Da war das mit den Frauen bekanntlich etwas anders. Dementsprechend finden sich in Monaques Auflistung bei Naresuan auch Artillerie, Füsiliere und Liniengrenadiere. Das erlaubt keine Aussage zur Marine.

Da die Schlacht sich aus der Begegnung entwickelte, ist fraglich, ob solche Rücksichten genommen wurden.
 
Hat jemand vielleicht die Memoiren Cochranes gelesen? Oder ist bei jemandem die Lektüre von Marryat noch nicht 100 Jahre her, wie bei mir?
 
Die Schiffe sind erst an den beiden Tagen vor der Schlacht ausgelaufen und hatten 4000 Mann von der Armee an Bord, die mittlerweile nach Italien sollten. Da war das mit den Frauen bekanntlich etwas anders. Dementsprechend finden sich in Monaques Auflistung bei Naresuan auch Artillerie, Füsiliere und Liniengrenadiere. Das erlaubt keine Aussage zur Marine.
Soweit ich verstanden habe, waren die von Monaque genannten Frauen bei Villeneuves Fahrt zu oder von den Antillen im Frühjahr 1805 an Bord und es sei nicht klar, ob sie die Schiffe schon auf den Antillen, in Cadiz oder gar nicht verließen.

Beim Grenadier der 16. Linieninfanterie dürfte es sich aber tatsächlich eher um den von dir geschilderten Fall handeln, denn laut der Regimentsgeschichte dieses Regiments schifften sich 2 dessen Bataillone erst am 3. Oktober beim Geschwader Villeneuve ein. Sie hätten noch geglaubt wieder in Cadiz von Bord gehen zu können, doch sei es anders gekommen. Einer von ihnen behauptete später, er hätte Nelson getötet.

Beim Artilleristen könnte es sich auch um eine Stationierung samt Familie auf den Antillen handeln
 
Es ist wohl so, dass das in Toulon stationierte 16. Regiment bereits früher im Jahr 1805 die Rolle der sich im Aufbau befindenden französischen Marineinfanterie spielte und auf Schiffen Villeneuves mitfuhr. Man sollte sie und ihre Frauen daher als Teil der Marine betrachten.

Lors de son premier départ le 28 nivôse an 13 (18 janvier 1805), l’escadre de Toulon du vice-amiral
Villeneuve de 11 vaisseaux et sept frégates transporte une armée de 6 333 hommes composée des 2e, 16e,
23e et 67e régiments d’infanterie de ligne, avec 199 chasseurs à cheval du 19e, 241 artilleurs, 72 ouvriers,
129 sapeurs et 94 hommes du train. À son second départ le 9 germinal an 13 (30 mars 1805) l’armée
passagère ne compte plus que 3 332 hommes, dont 55 hommes de l’état-major, 1 219 hommes du 67e
d’infanterie, 1 908 hommes du 16e d’infanterie, 125 hommes du 4e d’artillerie à pied, 25 ouvriers dont 14
d’artillerie de marine.


Aus: Les troupes de la marine 1774-1816, Julien Daget, 2001
http://librecours.eu.free.fr/spip/IMG/pdf/les_troupes_de_la_marine_1774-1816.pdf
 
Lesenswert ist in diesem Zusammenhang Jane Austen: in ihrem Roman "Überredung" (Persuasion) beschreibt sie im achten Kapitel ein Gespräch zwischen Admiral Croft und seinem Schwager, Captain Wentworth, über das Pro und Contra von Frauen an Bord. Die Gattin des Admiral Croft begleitete ihren Ehemann auf seinen Reisen.
Da zwei Brüder von Jane Austen im Laufe der Zeit bis zum Admiral aufstiegen, hatte sie Einblick in die zu ihrer Zeit herrschenden Verhältnisse. Inwieweit diese Schilderung auch für die Kriegsschiffe im Einsatz gilt, führt Jane Austen allerdings nicht aus.
 
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