Kelten, Germanen und Gallier.

Little_Tiger

Mitglied
Vermutl. ist diese Frage für Historiker banal.
Aber ich habe eine Problem diese 'Völker' auseinander zu halten.

Liest man so in Wikipedia, über die Kelten, dann werden sie als Volk beschrieben
zwischen Nordspanien und Mitteleuropa (das heutige Deutschland/Böhnen).

Und dann verschwinden die Kelten von der Geschichtsschreibung
und Gallier und germanische Stämme tauchen auf.

Somit stellt sich die Frage, sind Germanen/Gallier die Nachfolger der Kelten.
(Umbenennung der Kelten durch die Römer)

Oder haben diese Völker nichts miteinander zu tun.....
 
Gallier ist einfach ein anderer Begriff für Kelten. Um mal Caesar zu zitieren:
Gallia est omnis divisa in partes tres, quarum unam incolunt Belgae, aliam Aquitani, tertiam qui ipsorum lingua Celtae, nostra Galli appellantur.​
Gallien ist in drei Teile geteilt, von denen in dem einen die Belger leben, in einem anderen die Aquitanier und in einem dritten, diejenigen, die in ihrer eigenen Sprache Kelten, in unserer aber Gallier heißen.​
Die Trennung, die Caesar gemacht hat, würden wir heute nicht unbedingt so machen, die Aquitanier sprachen vermutlich baskisch, aber die Belger (nicht zu verwechseln mit Belgier) würden wir auch als Kelten subsumieren.

Germanen und Kelten sind verschiedene Gruppen. Beide bilden innerhalb der größeren indoeuropäischen Sprachfamilie ihre jeweils eigene Sprachfamilie.
Archäologisch lässt sich aber nicht immer ganz entscheiden, wer Kelte und wer Germane war. Tendentiell: Kelten hatten befestigte Städte (oppida), Germanen eher nicht. Aber: in der Kontaktzone von Germanen und Kelten lässt sich das nicht immer so genau differenzieren. Du wirst keltische Erzeugnisse in germanischen und germanische Erzeugnisse in keltischen Kontexten finden.
 
Gallier ist einfach ein anderer Begriff für Kelten.
was @Little_Tiger offenbar übersehen hat:
Liest man so in Wikipedia
dann ganz am Anfang des Artikels
wird genau das mitgeteilt:
Gallier war eine römische Bezeichnung für die keltischen Stämme auf dem Territorium Galliens (entspricht in etwa dem heutigen Frankreich, Belgien, Luxemburg, der Westschweiz und Norditalien[1]).
;)
 
....aber die Belger (nicht zu verwechseln mit Belgier) würden wir auch als Kelten subsumieren.

... aber mit einem dicken Fragezeichen.
Es ist immer noch unklar, wie "germanisch" oder wie "keltisch" die Belger waren.
Oder ob an der Theorie einer eigenständigen Gruppierung (nennen wir sie mal "Nord-West-Block") etwas dran ist.
 
Na ja, die Gallier sind also Kelten.

Aber was ist mit den germanischen Stämmen.

Die Region des heutigen Deutschland war augenscheinlich auch von Kelten gewohnt.
Wurden sie infolge der Völkerwanderung von den Germanen vertrieben, "ausgerottet".
Oder fand eine Assimilation statt.
 
... aber mit einem dicken Fragezeichen.
Es ist immer noch unklar, wie "germanisch" oder wie "keltisch" die Belger waren.
Zumindest die überlieferten Ortsnamen sind keltisch.

Oder ob an der Theorie einer eigenständigen Gruppierung (nennen wir sie mal "Nord-West-Block") etwas dran ist.
Die Nordwestblock-Theorie wird eigentlich niccht mehr vertreten. Sie ist wissenschaftshistorisch interessant.
 
Die Region des heutigen Deutschland war augenscheinlich auch von Kelten gewohnt.
Wurden sie infolge der Völkerwanderung von den Germanen vertrieben, "ausgerottet".
Oder fand eine Assimilation statt.
Sie wurden romanisiert, sie wanderten ab, sie wurden assimiliert. Von allem was. Aber romanische Sprachinseln findest du noch bis ins Mittelalter. Wir kennen z.B. das Moselromanische. Nichtsdestotrotz gibt es zeitgleich an der Mosel deutsche Namen. Wir kennen das am Alpensaum, wo teilweise in den Tälern offenbar schon germanisch gesprochen wurde, wohingegen in den Hochlagen noch romanisch gsprochen wurde. Zumindest scheint sich das an der Evolution Ortsnamen so abzuzeichnen, also Ortsnamen in Tallage machten die Hochdeutsche Lautverschiebung mit, wohingegen Ortsname in Hochlage sie nicht mitmachen - @Sepiola wird mich hier ggf. korrigieren, ich gebe eine mir bekannte Theorie wieder, deren Diskussion ich aber nicht weiter verfolgt habe. Wir müssen hier von einer Mixtur aus Vertreibung und Duldung ausgehen.
 
Die Kelten hatten sich schon vor der Zeitenwende nach Westen hinter den Rhein zurückgezogen. Dort trafen die Römer auf zB die keltischen Treverer (Trier) und einen Teilstamm davon im Mainzer Raum. Das heutige Rhein-Main Gebiet war im 1. Jh. n. Chr. ein „leeres“ Land. Da gab es keinen keltischen oder germanischen Stamm und nur die germanischen Chatten nördlich des Taunus.

Archäologische Funde in Rhein-Main sind dem keltischen Kreis zu zuordnen. Elbgermanische Funde gibt es ab Drusus nur in Verbindung zu römischen Legionen.

In Gallien hat sich aus den Kelten und Römer die Gallorömische Kultur entwickelt und die Belgische Ware die Terra nigra die auch eine keltische Formensprache folgt.
 
Aber romanische Sprachinseln findest du noch bis ins Mittelalter. Wir kennen z.B. das Moselromanische. Nichtsdestotrotz gibt es zeitgleich an der Mosel deutsche Namen. Wir kennen das am Alpensaum, wo teilweise in den Tälern offenbar schon germanisch gesprochen wurde, wohingegen in den Hochlagen noch romanisch gsprochen wurde. Zumindest scheint sich das an der Evolution Ortsnamen so abzuzeichnen, also Ortsnamen in Tallage machten die Hochdeutsche Lautverschiebung mit, wohingegen Ortsname in Hochlage sie nicht mitmachen

Hier kann man aber eigentlich nicht mehr von Kelten sprechen, sondern von Romanen, die wiederum Nachfahren der romanisierten Kelten waren. Die keltische Sprache auf dem Kontinent ist bereits in der Antike verschwunden und durch Latein ersetzt worden. Teile ihrer Kultur sind allerdings in die regionale römische Kultur integriert worden.
 
Zumindest die überlieferten Ortsnamen sind keltisch.

Gerade das ist ja umstritten.

Die Nordwestblock-Theorie wird eigentlich niccht mehr vertreten. Sie ist wissenschaftshistorisch interessant.

Da gibt es ja nicht nur Kuhn, sondern auch Gysseling.
Zumindest widerlegt wurde da nichts, auch wenn heute eher andere Thesen vertreten werden.

Die Gemengelage zwische "Germani cisrhenani", Galliern und Belgern ist nach wie vor unklar.
Eine klare Zuordnung etwa der Eburonen ist nicht möglich, und auch nicht sinnvoll.
Es gab keine klare Trennlinie zwischen Galliern und ihren Nachbarn.
 
Es gibt manchmal in Ortsnamen regionale Schwerpunkte von einzelnen produktiven Ortsnamenbestandteilen, die oder weniger kleinräumig sind. Diese verweisen aber nicht auf eine eigene Sprache.
 
Die Harpstedt-Nienburger Gruppe wird heute noch als "Übergang" zwischen keltischer und Jasdorf-Kultur gesehen, mit unklarer Zuordnung.

Die Niederländische Wikipedia listet übrigens schön brav die Stämme der Belger mit Zuordnung zu Galliern bzw. Germanen auf, auf welcher Grundlage ist unklar.

Noch ein Zitat aus der niederl. Wikip.:

Laut Luc Van Durme, einem belgischen Sprachwissenschaftler, gibt es praktisch keine toponymischen Belege für eine frühere keltische Präsenz in den Niederlanden. Die örtliche Kontinuität der niederländischen Gebiete wurde durch die vorrömische (d.h. keltische) Einwanderung nicht wesentlich unterbrochen.
Es ist unklar, wann das Germanische erstmals im Nordwestblock Fuß fasste. Das Gebiet des Nordwestlichen Blocks nördlich des Rheins wird traditionell zu den Gebieten der nordischen Eisenzeit gezählt , wobei man im Allgemeinen Die allgemeine Entwicklung konvergiert mit dem Aufstieg des Germanischen in anderen früheren Regionen der nördlichen Bronzezeit östlich davon, was ebenfalls durch ein gewisses Maß an germanischer kultureller Verbreitung erklärt werden kann .
Etwa ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. kam es in diesem Gebiet zur Entwicklung der „Weser-Rhein“-Gruppe westgermanischer Dialekte, aus der später das Altfränkische des 4. Jahrhunderts hervorging .

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieses Problem noch immer nicht gelöst ist und bislang keine schlüssigen Beweise
für eine Alternative vorgelegt wurden. James Patrick Mallory betrachtet die Frage als heilsame Erinnerung an die Möglichkeit, dass

eine anonyme Sprachgruppe, die nicht klar in die aktuelle Klassifizierung passt, bis zum Anbeginn der Geschichte überlebt haben könnte.
 
Die Harpstedt-Nienburger Gruppe wird heute noch als "Übergang" zwischen keltischer und Jasdorf-Kultur gesehen, mit unklarer Zuordnung.
Das ist Archäologie. Archäologsich lassen sich Kelten und Germanen nicht trennen. Man hat Jastorf und man hat La Tène. Jastorf wird als germanisch angesprochen, La Tène als keltisch. Aber de facto können wir allenfalls Verbreitungszentren ausmachen, die dann irgendwann ausdünnen.
Linguistisch müssen wir die Ortsnamen und - so vorhanden - weiteren Sprachzeugnisse ansehen. Auch die besagen natürlich nichts darüber aus, wer dort letztlich nebeneinander lebte.


Die Niederländische Wikipedia listet übrigens schön brav die Stämme der Belger mit Zuordnung zu Galliern bzw. Germanen auf, auf welcher Grundlage ist unklar.
Die Treverer werden in dieser Liste als Germanen aufgeführt. Tacitus behauptete, dass die Treverer sich selbst als germanischer Herkunft sahen.
Die Zuordnungen werden auf römische Historiographen zurückgehen. So sollen ja etwa die Aduatuker Nachfahren der überlebenden Kimbern gewesen sein - behauptet Caesar.


Noch ein Zitat aus der niederl. Wikip.:

Laut Luc Van Durme, einem belgischen Sprachwissenschaftler, gibt es praktisch keine toponymischen Belege für eine frühere keltische Präsenz in den Niederlanden. Die örtliche Kontinuität der niederländischen Gebiete wurde durch die vorrömische (d.h. keltische) Einwanderung nicht wesentlich unterbrochen.
Damit werden wohl die heutigen Niederlande gemeint sein.
Es gibt ja Gründe, warum Belgien (die katholischen Niederlande) den Namen der Belger adoptiert hat. Eben um sich von den protestantischen Niederländern abzugrenzen (und sicher auch, wegen des althergebrachten Namens).
Wenn also Luc van Durme eine keltische Präsenz in den Niederlanden auschließt, beißt sich das nicht damit, dass die Belger Kelten waren. Allenfalls mit der Region Nordbrabant.

Aber z.B. Nijmeegen < Noviomagus ist ein lupenreiner keltischer Name.
 
Aber z.B. Nijmeegen < Noviomagus ist ein lupenreiner keltischer Name.

Bitte mit einem "e" weniger - auch wenn das "e" im nl. Namen lang ausgesprochen wird ;) : Nijmegen (nl.) bzw. Nimwegen (dt.)

s. hierzu folgenden Beitrag mit Verweis auf Peter Honnen: Kelten und Konsorten

Wie weit sind die Kelten nach Norden vorgestossen?

Nach Honnnen sind die keltischen Ortsnamen im Rheinland (als geographischer Begriff - gemeint ist der Norden der germanischen Provinzen) auf Übertragungen in der Römerzeit wohl durch gallorömische Legionäre zurückzuführen, nicht aber durch ein vorher existierendes keltisches Siedlungsgebiet.
 
Es gibt ja Gründe, warum Belgien (die katholischen Niederlande) den Namen der Belger adoptiert hat. Eben um sich von den protestantischen Niederländern abzugrenzen (und sicher auch, wegen des althergebrachten Namens).

Du suggerierst hier, dass sich die Belgier in 1830 bewusst waren, in welcher Region 1900 Jahre vorher Belger lebten, und in welcher nicht?
Und was hat in diesem Zusammenhang die Konfession hier verloren?
 
Es ist kein Widerspruch wenn einerseits die Theorie aufgestellt wird, dass einige Toponyme der Gegend weder typisch keltisch, noch typisch germanisch sondern möglicherweise eigenständig sind, andereseits es ein gleichzeitiges Vordringen des "germanischen" von Osten und des "keltischen" von Süden gab.

Nochmal van Durme dazu:

Luc van Durme summarizes competing evidence of Celtic and Germanic influence at the time of Caesar by saying that "one has to accept the rather remarkable conclusion that Caesar must have witnessed a situation opposing Celtic and Germanic in Belgium, in a territory slightly more to the south than the early medieval Romance-Germanic language border", but van Durme accepts that Germanic did not block "Celticisation coming from the south" so "both phenomena were simultaneous and interfering".
 
Du suggerierst hier, dass sich die Belgier in 1830 bewusst waren, in welcher Region 1900 Jahre vorher Belger lebten, und in welcher nicht?
Und was hat in diesem Zusammenhang die Konfession hier verloren?
Nein, die Belgier wählten - wie die Schweiz (Helvetische Republik) - den Namen der Region, wie er aus der Antike überliefert war. Eben in Abgrenzung zu den protestantischen Niederlanden. Mehr habe ich nicht gesagt. Die römische Provinz Gallia Belgica, nebst Teilen der Germania Inferior (später Germania Prima und Secunda). Das wusste man natürlich.

Ich sehe jetzt in der Paraphrase von Luc van Durme weder eine Bestätigung des NWB noch eine Widerlegung desselben. Er hat Raum in dieser Paraphrase, ergibt sich aber aus ihr nicht.
 
Ich sehe jetzt in der Paraphrase von Luc van Durme weder eine Bestätigung des NWB noch eine Widerlegung desselben.

Darum ging es doch gar nicht.

Die Nordwestblock-Hypothese ist weder bestätigt noch widerlegt, sie ist aber der Grund, weshalb man an das "keltisch" bei den Belgern ein Fragezeichen setzen darf.
Ein weiterer Grund ist, dass wir offensichtlich wesentliche Elemente der Kultur und Sprache einiger belgischer Stämme als germanisch ansehen können.

Wir wissen, dass sich von Süden her gallischer, von Osten her germanischer Einfluss in das Gebiet der Belger - dieses lag zwischen den Ardennen und Süd-England - ausgebreitet hat. Eine Zuordnung der vorher dort lebenden Bevölkerung ist derzeit nicht möglich.
 
Sie wurden romanisiert, sie wanderten ab, sie wurden assimiliert. Von allem was. Aber romanische Sprachinseln findest du noch bis ins Mittelalter. Wir kennen z.B. das Moselromanische. Nichtsdestotrotz gibt es zeitgleich an der Mosel deutsche Namen. Wir kennen das am Alpensaum, wo teilweise in den Tälern offenbar schon germanisch gesprochen wurde, wohingegen in den Hochlagen noch romanisch gsprochen wurde. Zumindest scheint sich das an der Evolution Ortsnamen so abzuzeichnen, also Ortsnamen in Tallage machten die Hochdeutsche Lautverschiebung mit, wohingegen Ortsname in Hochlage sie nicht mitmachen - @Sepiola wird mich hier ggf. korrigieren, ich gebe eine mir bekannte Theorie wieder, deren Diskussion ich aber nicht weiter verfolgt habe. Wir müssen hier von einer Mixtur aus Vertreibung und Duldung ausgehen.
Also ich bin kein Historiker,

aber das römische Reich ging ja nur bis zur Donau.
Was geschah mit den Kelten nördlich der Donau und östlich des Rheins.

Die Völkerwanderung setzte ja erst viel später ein....
 
Also ich bin kein Historiker,

aber das römische Reich ging ja nur bis zur Donau.
Was geschah mit den Kelten nördlich der Donau und östlich des Rheins.

Die Völkerwanderung setzte ja erst viel später ein....

Die scheinen sich schon vor der Ankunft der Römer ziemlich verdünnisiert zu haben. Die großen keltischen Siedlungen wurden ab 100 v. Chr. verlassen, siehe z. B. das Oppidum Manching nahe der Donau: Kelten in Manching

Siehe z. B. die "Helvetiereinöde":

 
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