Ich bitte um Beispiele, wo ich hier im Forum Gier als "als Rechtfertigung für jede Schweinerei und jede Verhaltensweise durchgehen" gelassen habe. Dies ist eine ziemlich starke Unterstellung und Anschuldigung, da solltest du schon klare, eindeutige Belege anführen.
Das ist überhaupt keine Unterstellung/Anschuldigung ich meine nur, dass die Argumentation da falsch abbiegt, die Passage worauf ich mich bezog hatte ich zitiert.
Du hast dich in vorrangegangenen Beiträgen über den Vorwurf von Eurozentrismus und über angeblichen Marxismus mockiert (wenngleich niemand etwas aus der Ecke hatte verlauten lassen, was diesen Faden betrifft) und hier schreibst du dann:
Warum so negativ? Gier ist eine sehr starke Motivation, sie kann zu großen Leistungen anspornen. Gewinnstreben ebenso. Menschen handeln nicht ausschließlich nach den edelsten denkbaren Motiven, und das sollte man weder voraussetzen noch erwarten. Wenn dir ein Staat oder ein Volk bekannt sind, die in ihrer Geschichte immer nur aus rein geistigen, altruistischen Motiven gehandelt haben, dann lass es mich gerne wissen, ich bin gespannt!
Und das ist ja nicht der einzige Faden, in dem du mit bestimmten Stoßrichtungen auffällst, sondern du hast ja schon in Fäden, die den transatlantischen Sklavenhandel betreffen so einiges an Kommentaren abgegeben, was in Richtung Umwertung/Relativierung bestimmter Dinge läuft, nach dem Motto "Die Afrikaner sind am transatlantischen Sklavenhandel mindestens so schuld wie die Europäer".
Wenn du das nicht so meinst und ich das einfach falsch auffasse, lass doch einfach die Seitenhiebe mit politischem Anstrich bleiben, die sind nämlich auch dazu geeignet Missverständnisse über Positionen zu erzeugen.
Darüber lässt sich diskutieren, ich habe dies in verschiedenen Geschichtswerken so wie von mir beschrieben dargestellt gefunden.
Nun dann würde ich dir eine einfache Frage stellen wollen:
Wenn eine Verschiebung des Handelsschwerpunktes seine Ursache in der Osmanischen Expansion und dem Wegbrechen von Handelsmöglichkeiten im Mittelmeer gehabt hätte, warum waren dann nicht die Venezianer, Genuesen und Aragonesen, die den Handel auf dem Mittelmeer dominierten die Träger dieser Veränderung?
Man sollte ja meinen, wenn deren Geschäftsmodell entfallen wäre, hätten diese versucht andere Geschäftsfelder zu erschließen und ihre Mannschaften und Fähigkeiten im Schiffsbau anders einzusetzen.
Es wäre dann ja zu erwarten, dass die traditionellen Handelsakteure im Mittelmeer versucht hätten, als Ersatz für den Verlust von Handelsmöglichkeiten im Osten die Dominanz des Handels an den westeuropäischen Küsten in Richtung Norden an sich zu ziehen und ggf. selbst aus dem Mittelmeer heraus die afrikanischen Küsten zu erkunden.
Da das nicht passierte, fand der venezianische und der genuesische Handel im Mittelmeer offensichtlich noch genügend Möglichkeiten und Absatz.
Die Bedeutung der westeuropäischen Häfen als Umschlagplätze eines großteils des Europäischen Handels, kam erst in dem Moment, als Zufluss von Kolonialwaren aus den Amerikas relevant wurde und Zufuhr von Waren aus Afrika und Indien eine gewisse Regelmäßigkeit annahm (die ersten Expeditionen die den indischen Ozean tatsächlich erreichten, waren schonmal ein Jahr und länger unterwegs, weil die Umsegelung Südafrikas vom Westen her kommend in östliche Richtung recht kompliziert war und die Seefahrt auf dem indischen Ozean stark von den saisonalen Monsunwinden abhing.
Der zunächst unstete zufluss von Waren in Richtung der westeuropäischen Häfen bis deutlich ins 15. Jahrhundert hinein reichte überhaupt nicht aus, da ein stetiges Handelsvolumen zu schaffen, dass groß genug gewesen wäre den Mittelmeerhäfen als Umschlagplätzen sofort den Rang abzulaufen.
Kannst du mir dann vielleicht die Bedeutung der obigen Bemerkung des Foristen Reinecke erläutern? Warum der Verweis auf angebliche "Gier"? Ich finde den Verweis an dieser Stelle deplaziert. Technologische Errungenschaften bringen es häufig mit sich, daß sie auch zu negativen Zwecken benutzt werden können, dies ist eine Selbstverständlichkeit.
Natürlich ist das so, dass Erfindungen für negative Zwecke genutzt werden können.
Ich sehe es nur als etwas problematisch an, wenn Gier aus diesem Grund in eine Tugend umgedeutet wird.
Es mag durchaus sein, dass die Gier die eine oder andere sinnvolle technologische Errungenschaft mit angestoßen hat. Aber wenn man sich darauf kapriziert, kapriziert man sich auf ihre Nebenprodukte, nicht auf ihren Hauptzweck, die hemmungslose Bereicherung und darauf was sie in der Hauptsache auslöst.
Wenn die Diskussion am Ende in die Richtung läuft: "Schau mal, was Gier und Gewinnstreben der Europäer alles an tollen Sachen hervorgebracht hat, dass muss man doch mal positiv sehen und nicht alles marxistisch verbrähmt negativ betrachten und überhaupt, die Afrikaner sind ja im Grunde an ihrer Versklavung selber schuld, weil sie zum Teil mitverdient haben, daher alles nicht so schlimm...." naja, dann sehe ich da ähnliche Relativierungen und Umertungen, die wie die, die ich z.B. aus Narrativen im Zusammenhang über die Bewertung bestimmter Diktaturen und den Bau von Autobahnen kenne.
Und dann läuft es in die flasche Richtung.
Ich möchte dir ausdrücklich nicht unterstellen, dass du dahin wolltest, ich würde einfach nur gerne vermeiden, dass die Diskussion am Ende in solche Richtungen abbiegt.
Haben die Chinesen den Schwimmkompass auch nur entwickelt um "bessere Methoden zu erschaffen, Menschen mittels Gier oder anderen Motiven anzuspornen"?
Ich bin ja der Meinung, ein Kompass hat weniger mit Gier zu tun, als mehr damit, dass es die Überlebenschancen erhöht, wenn man in etwa in der Lage ist den eigenen Standort und die Richtung festzustellen, wenn man aus welchen Gründen auch immer, vermutlich wegen schlechten Wetters auf See abgetrieben wurde oder die Küstenlinie aus den Augen verloren hatte.
In diesem Sinne ist der Kompas und sind andere Instrumente der Seefahrt und Navigation sicherlich anders zu bewerten, als etwa, die bei den "Entdeckungsreisen" und und dem Umgang mit der jeweils einheimischen Bevölkerung ebenfalls relevanten innovativen Geschütze.