Der Komet von 1618 und der Dreißigjährige Krieg - Gott vs. Science

lilleprins

Neues Mitglied
Im November 1618 erschien ein außerordentlich heller Komet am Himmel und galt Zeitgenossen als göttliches Zeichen für den beginnenden unheilvollen Dreißigjährigen Krieg. Das Thema ist aktuell im Fernsehen verbreitet und dabei erregte eine Darstellung meine besondere Aufmerksamkeit:

die-eiserne-zeit-trailer.png


Das Bild beruht offenbar auf einem Stich von 1618/19 im Rijksmuseum Amsterdam, der wie folgt beschrieben wird:

"Allegorie op de verschijning van een komeet in november 1618 - Allegorische voorstelling vervaardigd naar aanleiding van het verschijnen van de komeet op 27 november 1618. Rechts een astronoom die het verschijnsel bestudeert, links zit Europa. Op de achtergrond de Dood en oorlogstaferelen."

Im Hintergrund also der Tod als Allegorie für den Krieg mit Söldnern und brennenden Städten, links Europa und rechts ein Astronom bei der Beobachtung der Erscheinung, ein früher Wissenschaftler sozusagen. So weit so gut. Was aber - in Gottes Namen! - führt der Astronom da zur Kometenuntersuchung in der Hand? Teufelszeug oder Gebilde aus Menschenhand?

Heute nennen wir eine solche Stabkonstruktion mit rechtwinkligen Querstreben Yagi-Antenne, was mich zu diesem Beitrag bewegt. Denn diese uns allen bekannte Richtfunk- und TV-Antenne auf den Dächern hat der japanische Physiker Yagi Hidetsugu erst ab 1924 entwickelt, zu Zeiten moderner Wissenschaft. Wie kann sie dann schon gut 300 Jahre früher beim Kometen von 1618 zum Einsatz gekommen sein? Hat die Wissenschaft diese alte Darstellung bisher übersehen oder gibt es eine andere Deutung der Konstruktion?
 
Vielen Dank für diese sicherlich zutreffende Deutung. Also wieder mal Bruder Jakob und kein Yeti. Bist du Kartograf oder woher kennst du mittelalterliche Winkelmeßinstrumente?
 
Kenne ich einfach aus allgemeinem Interesse an (u.a.) Astronomie, Physik, Seefahrt/Navigation und deren Geschichte. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich zum ersten Mal davon gelesen oder einen gesehen habe. Ist lange her.

Aber wenn man gern in Schifffahrtsmuseen oder Sternwarten geht (also alte, welche die Museen sind und/oder Ausstellungen haben), wird man kaum vermeiden können, auch Jakobsstäbe zu Gesicht zu bekommen. Den auch nach dem Aufkommen der Oktanten bzw. dann Sextanten blieben Jakobsstäbe wohl anscheinend (aus Kostengründen?) noch länger in Gebrauch, auf See und auch an Land. Ich erinnere, irgendwo gelesen zu haben, dass z.B. die Holländer noch lange welche als Notausrüstung in Rettungsboote getan hätten.

Z.B. im Maritimen Museum in Hamburg, im Schifffahrtsmuseum Bremerhaven oder im Scheepvaartmuseum in Amsterdam werden welche gezeigt. Ich meine auch im Vasa-Museum in Stockholm habe ich einen gesehen. Letzteres lohnt sich aber sowieso auf jeden Fall, war generell sehr beeindruckend.

Oder z.B. auch im National Maritime Museum in London haben sie eine große Sammlung von nautischen/optischen Messinstrumenten, darunter auch Jakobsstäben (cross-staff), die u.a. Vorbild für Kopien war, die man dann auf dem Nachbau der Golden Hinde ausprobiert hat, mit der 1974-1975 die Weltumsegelung von Francis Drake nachgestellt wurde. Ich bin aber nicht sicher, ob alles Teil der Dauerausstellung ist. Zudem liegt dieses Museum am Fuße des Hügels im Greenwich Park, auf dem die berühmte, ehemalige Sternwarte liegt, die heute ein Museum ist, was sich auch sehr lohnt.
 
Im Maritimen Museum in Hamburg war ich von der Fülle der Exponate so erschlagen, daß ich vor Erreichen der Jakobsstab-Vitrine zusammengebrochen sein muß - jedenfalls wurde ich erst nach einem starken Kaffee im Speicherstadt-Museum wieder wach ;-)

Neben Jakobsstab und Yagi-Antenne fallen mir als Stabkonstruktion mit rechtwinkligen Querstreben noch die Armbrust und natürlich Segelmasten mit Rahen ein. Gibt es noch weitere? Welche physikalischen Prinzipien liegen all dem zugrunde? Bei Meßgeräten wird es die einfache Berechnung von Winkeln und Strecken im rechtwinkligen Dreieck sein.

Vielleicht kann dieses Thema auch in "Geschichte der Naturwissenschaften" verschoben werden?
 
Richtig
Navigation ist im Prinzip nicht weiter als Vermessung unter Einbeziehung einer Zeitkomponente
Und Vermessung beruht auf den trigonometrischen Grundprinzipien , wonach man ein rechtwinkliges Dreieck dann berechnen kann,wenn man einen Winkel und eine Strecke kennt. Versieht man ein Gebiet mit einem Koordinatensystem kann man damit auch die exakten Koordinaten eines Punktes berechnen
Die Verfahren hierzu findest Du unter den Stichwörtern Vorwärts einschneiden, Rückwärts einschneiden und Anhängen an einen Punkt
Bei der Astronavigation wendet man dieses Verfahren im Prinzip analog an , indem man mit Hilfe von Sextant,Oktant,Jakobsstab oder Astrolabium den Winkel eines Gestirnes oder Planeten bzw der Sonne über dem theoretischen Horizont bestimmt-
 
Beim Jakobsstab waren die Querhölzer verschiebbar und auf dem Längsholz befand sich eine Skala
das Längsholz musste zum theoretischen Horizont zeigen und man peilte nun ein Gestirn über das Ende des Längs und des hinteren Querholzes an und verschob das vordere Querholz bis dessen Ende ebenfalls in der Peilung lag
Die halbe Länge des Querstabes, dividiert durch die am Hauptstab abgelesene Länge ergibt den Tangens des halben gesuchten Winkels zwischen Horizont und Stern.
Durch das zweite (halblange ) Querholz konnte man auf der Skale den Höhenwinkel dann ohne Rechnerei direkt ablesen ,
 
Der Astronom im Bild oben richtet den Jakobsstab allerdings nicht auf den Horizont, sondern schräg himmelwärts, und konnte den Höhenwinkel des Kometen so sicher nicht bestimmen. Oder wollte er gar die Breite des Schweifes messen?
 
nun ja ich würde eher sagen der Künstler war mit der Handhabung des Jakobsstabes und den dahinter stehenden athematischen Gesetzen nicht vertraut der wollte nur einen Astronomen mit seinem üblichen Arbeitgerät darstellen um die Bedeutung des Ereignisses zu unterstreichen
 
Der Künstler war wohl auch mit der Anatomie des weiblichen Oberkörpers nicht so vertraut, und erst dachte ich, Europa telefoniert gerade mit ihrem Handy, aber jetzt sehe ich, sie weint wohl in ihr Tempotaschentuch ...
 
Zurück
Oben