Spekulative Straßengeometrie der Römer in Britannien

Divico

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Wo siehst Du da Spielräume für friedliche Erkundungen, um in aller Ruhe geradlinige Straßen zu planen?
Das sind dreieinhalb Sommer, in denen sicher nicht jeden Tag und jede Woche heftige Kämpfe tobten.
(Danke übrigens für die Auflistung der einzelnen Feldzüge nach Dio.)

Darüberhinaus halte ich es für ein Missverständnis, von "friedlichen Erkundungen" auszugehen. Die Bestimmung von Positionen und die Definition von Verbindungslinien sind auf jedem Feldzug von zentraler strategischer Bedeutung, umso mehr wenn man sich in einer bislang unkartierten Gegend aufhält. Auch Alexander soll Geodäten in seiner Armee gehabt haben.

[Edit]
Das sah 1816 noch so aus:
Und das lag sicher nicht daran, dass man 1816 noch keine geraden Linien auf Karten zeichnen konnte...

Guter Punkt, aber es liegt wohl auch daran, dass Dein Kartenausschnitt hauptsächlich den Bereich nördlich von Kennington zeigt, auf dem der Verlauf der Stane Street nicht mehr im Straßennetz erkennbar ist. Allerdings scheint es, als habe man sich bei der Anlage der neuen Straße am antiken Verlauf der Stane Street orientiert.

Wer Zweifel an den Ergebnissen der englischen Archäologen hat, mache bitte nicht mich dafür verantwortlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
]Die Bestimmung von Positionen und die Definition von Verbindungslinien sind auf jedem Feldzug von zentraler strategischer Bedeutung...

Jaja, schon klar. Von zentraler Bedeutung ist, dass man weiß, wo die Wege verlaufen. Insbesondere die Wege, auf denen man am besten und schnellsten vorankommt. Topographische Karten hatten die Römer ja nicht dabei, auf denen sie ihre Luftlinien hätten eintragen können. Und das Anfertigen wirklich genauer Karten in einem bisher völlig unerschlossenen Gebiet ist keine Sache, die man auf einem Sommerfeldzug nebenher erledigt.

Das sind dreieinhalb Sommer, in denen sicher nicht jeden Tag und jede Woche heftige Kämpfe tobten.

"Passt auf, Jungs! Die nächsten dreieinhalb Wochen sind kampffrei. Ihr marschiert jetzt nochmal zurück zu unserem ersten Marschlager, aber diesmal auf der Ideallinie. Wir müssen nämlich die Messpunkte für die zukünftige Straße markieren."
 
Jaja, schon klar. Von zentraler Bedeutung ist, dass man weiß, wo die Wege verlaufen. Insbesondere die Wege, auf denen man am besten und schnellsten vorankommt.
Ja, aber wie Du weiter schreibst:
Topographische Karten hatten die Römer ja nicht dabei, auf denen sie ihre Luftlinien hätten eintragen können. Und das Anfertigen wirklich genauer Karten in einem bisher völlig unerschlossenen Gebiet ist keine Sache, die man auf einem Sommerfeldzug nebenher erledigt.
Richtig. Aber was man während eines Feldzuges tun konnte, war eine möglichst genaue Aufnahme des Vormarschgebietes [Edit: bzw. der Vormarschroute], so dass man gegebenenfalls künftig schneller ans Ziel käme.
"Passt auf, Jungs! Die nächsten dreieinhalb Wochen sind kampffrei. Ihr marschiert jetzt nochmal zurück zu unserem ersten Marschlager, aber diesmal auf der Ideallinie. Wir müssen nämlich die Messpunkte für die zukünftige Straße markieren."
Das klingt für mich mehr nach Asterix als nach einem realen römischen Feldzug.
 
Das klingt für mich mehr nach Asterix als nach einem realen römischen Feldzug.

Richtig. Das ist aber die logische Konsequenz aus Deiner "Während-des-Feldzugs-Luftlinien-Mess-Theorie".


Wer Zweifel an den Ergebnissen der englischen Archäologen hat, mache bitte nicht mich dafür verantwortlich.
An den Ergebnissen der englischen Archäologen habe ich keine Zweifel, nur an Deinen Behauptungen. Wenn die englischen Archäologen einen römischen Straßenverlauf ergraben haben, ist es an Dir, den Beleg zu liefern. Was Du bisher geliefert hast, ist:
eine grobe Zeichnung, keine archäologische Befundzeichnung

Auch Alexander soll Geodäten in seiner Armee gehabt haben.
Ich wäre mit der Bezeichnung "Geodäten" etwas vorsichtiger. Es waren Bematisten.

Bematist – Wikipedia
 
Wenn die englischen Archäologen einen römischen Straßenverlauf ergraben haben, ist es an Dir, den Beleg zu liefern.
Ja, geht's noch? — Es liegt an Dir, den englischen Wikipedia-Artikel bzw. dessen Quelle zu widerlegen, in dem es heißt (Hervorhebung von mir):

The direct survey line was followed only for the northernmost 12.5 km (8 mi) from London to Ewell.[1] At no point does the road lie more than six miles from the direct line from London Bridge to Chichester.

https://en.wikipedia.org/wiki/Stane_Street_(Chichester)
 
Ja, geht's noch? — Es liegt an Dir, den englischen Wikipedia-Artikel

Ja, geht's noch?
Seit wann muss ich denn Wikipedia widerlegen, wenn Du keinen wissenschaftlichen Beleg hast?

Das Problem ist, dass man einer zweifelhaften Karte in der Wikipedia Anreppen für die Drusus-Feldzüge durchgehen lässt
Schau Dir mal dieses schlechte Beispiel aus der Wikipedia an.
zumal die Wikipedia-Artikel teils hanebüchene Fehler enthalten.
 
Bevor wir uns wieder verzetteln:

Ich habe keinen Zweifel, dass unter den 200.000 km römischer Straßen das eine oder andere Teilstück zu finden ist, das auf der Luftlinie irgend einer längeren Verbindung liegt.

Nur kann daraus nicht gefolgert werden, dass a) die Römer solche Luftlinien während eines Feldzugs in bis dato feindliches Gebiet (oder gar vor Beginn des Feldzugs) vermessen haben.

Und um b) zu belegen, dass die Römer für Straßenbauzwecke Luftlinien auch zwischen Orten vermessen haben, auf denen über längere Strecken gar keine geradlinigen Straßen gebaut wurden, genügt es nicht, auf Einzelbeispiele zu verweisen, wo der Straßenverlauf mal zufällig auf der Luftlinie liegt.

Überzeugen würde mich im Fall b) ein Beispiel, wo mehrere Teilstücke genau der Luftlinie folgen, unterbrochen von längeren, mit bloßem Auge nicht übersehbaren Abschnitten, bei denen z. B. ein Mittelgebirge durchquert oder eine ausladende Meeresbucht umgangen werden muss.
 
Ja, geht's noch?
Seit wann muss ich denn Wikipedia widerlegen, wenn Du keinen wissenschaftlichen Beleg hast?
Die wissenschaftliche Quelle wird in dem Artikel genannt:

Margary, Ivan D (1973). Roman Roads in Britain (3rd ed.). London: John Baker. pp. 64–67. ISBN 0-212-97001-1.

(Auf Deinen letzten, überschneidenden Beitrag werde ich morgen eingehen.)
 
Die wissenschaftliche Quelle wird in dem Artikel genannt:
Weiß schon. Was da aber tatsächlich drinsteht, weiß ich nicht.
Es kommt bei Wiki sogar vor, dass Zitate mit einer "Quelle" belegt werden, in der das Zitat überhaupt nicht drinsteht.

(Das "Zitat", das seit über 10 Jahren auf Wiki zu lesen ist und seither hunderttausendmal kopiert wurde, ist allerdings eine holprige Übersetzung aus der englischen Wikipedia)
Der Artikel wurde zwar inzwischen verbessert, das Zitat ist aber immer noch drin - und die angegebene Quelle hat mit dem Zitat absolut nichts zu tun!
 
Zuletzt bearbeitet:
Das scheint mir mehr ein regionales Problem zu sein. In Großbritannien etwa sind direkt survey lines der Römer keineswegs so ein Sakrileg wie in Deutschland.
Da Du Dich nicht zum ersten Mal über regionale Borniertheiten echauffierst, unterbreite ich Dir einen Vorschlag zur Güte:
So Du sie nicht bereits derart auf die Probe stellst, offeriere Deine Hypothese(n) doch in großbritischen History-Foren. Und/oder andernorts wo Römerforschung Tradition hat. Und schenke den sakrilegbehafteten Diskutanten des Unterforums “Römisches Reich“ des GF entsprechende Thread-Verlinkung(en), ich bin mir fast sicher, es könnte neugierig wissbegierige “Regionalsakrilegisten“ geben die geographische “Grenz-Überschreitungen“ nicht scheuen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Immerhin wird in England angenommen, die Stane Street sei schon in den ersten 10 Jahren der (ersten) Okkupation geplant, bzw. gebaut worden.
Dann könnte es ja gut sein, dass erst die Straße gebaut und dann erst die Siedlung gegründet wurde. Das wird ja auch ernsthaft diskutiert:
"However, if it is assumed that the road pre-dated the settlement, the position of which was thus determined by the road, then it all becomes much easier to understand."

The Secret History of the Roman Roads of Britain
 
Mod: Die Diskussion zu römischen Straßen in Britannien wurde aus der Diskussion zur Lagergeometrie in Germanien ausgegliedert.
 
Dann könnte es ja gut sein, dass erst die Straße gebaut und dann erst die Siedlung gegründet wurde. Das wird ja auch ernsthaft diskutiert:
"However, if it is assumed that the road pre-dated the settlement, the position of which was thus determined by the road, then it all becomes much easier to understand."
Welchen Unterschied macht das für die Planung der Straße? Auch die Foren entlang der Via Emilia wurden offenbar erst im Zuge der Straßenplanung gegründet.

Und, nunja, auch Hedemünden wirkt für römische Verhältnisse etwas deplatziert. Ein weiteres Confluentes bei Hann. Münden hätte wohl besser gepasst.
 
Hatte ich nicht genau das vor einigen Tagen schon geschrieben? Oder hatte ich das nur vor und beim Vorhaben ist es geblieben?

Also: Wir haben eine Stadt, ein Oberzentrum. Dieses Oberzentrum hat Bedarf an Produkt x, sagen wir mal Mamor. Der nächste Marmor-Steinbruch liegt in 50 km Entfernung zum Stadttor x, das Gebiet zwischen Oberzentrum und Marmorbruch ist bisher verkehrsnetzfrei. Jetzt ist es ökonomisch, den kürzest möglich weg zwischen Steinbruch und Stadt zu finden. Natürlich wird beim Steinbruch auch gleich eine Arbeitersiedlung gegründet, welche wiederum den Bedarf der Arbeiter deckt.

Nun haben wir eine Strecke, die im Gebirge noch nicht, aber in der Ebene weitgehend gerade verläuft. Irgendwo muss es auch Raststationen geben, also siedelt sich ein caupo mit seiner taverna an, um einen Bedarf zu decken. Da vielleicht der Mamor nicht nur an das nächste Oberzentrum geliefert wird, gibt es nach einen Abzweig in Richtung Küste, zum nächsten Hafen. An dieser Stelle kann muss jeder, der eine der beiden Straßen er benutzt, egal woher er kommt oder wohin er geht, vorbei, also das volle Kundenpotential. Das ist der Punkt, an dem unser caupo, Marcus Cerevesiaebeatus Delirius, sich ansiedelt. Dem fahrenden Händler Primus Ceramicius Arretinus fällt bei einer Rast der gute Tonboden auf. Nach drei Schoppen Falerner macht Primus mit Marcus einen Vertrag darüber, dass er ihm terrae sigillatae liefert und dafür von Marcus beliefert wird. Haben wir schon eine Töpferwerkstatt neben unserer taverna. Bald kommt noch Gaius Julius Ungulius vorbei, ein Libertus von Caesar, der fragt Marcus, ob dieser nicht einen Hufschmied bräuchte. Er ist gewissermaßen Angestellter von Marcus, sein Hufschmiedservice ist nur Teil der taverna.
Als nächstes findet die emanzipierte FaRbia Pictoria, ihreszeichens Postkartenmalerin, dass sie in dieser pittoresken Landschaft ihr Auskommen finden kann und mietet sich in einem ehemaligen Hühnerstall ein und malt und verkauft ihre Postkarten in einem kleinen Shop an der taverna....
 
Also: Wir haben eine Stadt, ein Oberzentrum. Dieses Oberzentrum hat Bedarf an Produkt x, sagen wir mal Mamor.
Wovon sprichst Du? Hier geht es um überregionale militärische Vermessungslinien, nicht um lokale zivile Infrastruktur.

Es entfällt das aufwendige gegenseitige Einrichten zwischen zwischen zwei Orten.

Man muss nur von einem Ort aus geradlinig bauen.
Das hat dann in Britannien offenbar mit schlafwandlerischer Sicherheit funktioniert:

stn_fss.jpg
 
Ergänzend dazu ein genauerer Blick auf Leicester:

... der eindrücklich belegt, dass die Römer darauf gepfiffen haben, ihre Überlandstraßen streng rechtwinklig auszurichten.

Ansonsten belegt er, was uns schon immer bekannt war: Dass Straßenabschnitte schnurgerade verlaufen, bis zum jeweils nächsten Knick (hier nicht im Bild).
 
Gibt es Hinweise, dass die vermuteten vermessungslinien auch real durch die Römer vermessen wurden? Falls ja, welche? Falls nein, was beweisen die Linien dann? Dass man auf Karten gerade Linien zeichnen kann!
 
... der eindrücklich belegt, dass die Römer darauf gepfiffen haben, ihre Überlandstraßen streng rechtwinklig auszurichten.
Ich dachte wir seien uns einig, dass die Römer ihre Straßen nur in Ausnahmefällen (im trockenen Flachland) gelegentlich genau auf der Luftlinie errichtet und ansonsten eher auf ausgeglichenes Niveau Wert gelegt haben.

Dass die beiden Luftlinien Ilchester—Lincoln und Chichester—London parallel verlaufen und die Linie Leicester—Colchester im rechten Winkel schneiden beeindruckt Dich gar nicht?

Das ist wohl sicher wieder einer dieser Zufälle.

Wenn man den aus Leicester herausführenden Abschnitt der Via Devana betrachtet drängt sich die Frage auf: Woher haben die eigentlich in Leicester so genau gewusst, in welcher Richtung Colchester liegt?

Auch wieder Zufall?
 
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