Die Royal Navy, von 1588 bis 1688, ein Katalysator für die politische Entwicklung in England?

Apvar

Premiummitglied
Die Royal Navy war schon mehrmals starken Schwankungen ausgesetzt, sowohl von der stärke her als auch der Bekanntheit in England.
1588, warum dieses Jahr? Da war die Englische Marine auf einem Höhepunkt ihrer Macht, nachdem mehr Glück als Verstand, die Invasion der Spanier verhindert hat. Danach ging es dramatisch mit der Kampfkraft der Marine zurück. Woran lag dies? Zum einen hat Elisabeth I. stark auf Freibeuter gesetzt und diese in die Flotte aufgenommen. Drake z.B. hat sich nach 1588 beurlauben lassen und ist wieder als Freibeuter unterwegs gewesen, nachdem seine Gegenarmada gescheitert war. Zum anderen haben die Schiffe und Besatzungen einen dicken Batzen Geld gekostet. Und das Parlament musste den Etat bewilligen. Und hier ist die Frage wieviel war das Parlament bereit zu zahlen, insbesondere wenn man weiß, das die Cinque Ports, in Kent, für die Krone auf eigene Kosten Kriegsschiffe bereit halten mußten, oder auf Zuruf ausrüsten. Das die Cinque Ports dafür Privilegien erhielten steht auf der anderen Seite der Medaille.

Cinque Ports – Wikipedia
Cinque Ports - Wikipedia

Auf der anderen Seite wurden die Cinque Ports wohl nach 1600 mit der Gründung einer Vorgängergesellschaft der Englischen Ostindischen Gesellschaft geschwächt.
James I. of England / VI of Scotland, als Nachfolger von Elisabeth I. hat wieder neue Schiffe bauen lassen. Das Haus Stuart war mehr an Seefahrt interessiert als die vorherigen Dynastien in England. Schottland konnte nur mit einer Flotte zusammen gehalten werden, wenn die vorgelagerten Inseln weiterhin zu Schottland gehören sollten und im Norden auf den Orkneys, quasi im Vorgarten, die Norweger lauerten.
James I., wie gesagt, hat die Flotte verstärkt, sein Sohn Karl I. hat dies weiterhin gemacht. Wobei vielfach gesagt wird, das dies ihm den Kopf gekostet hat. Für den Bau der Sovereign of the Seas wurde eine Steuer eingeführt.

HMS Sovereign of the Seas - Wikipedia

Nur ist die Frage war es wirklich die Schiffssteuer? Oder war es das ungeschickte verhalten im Umgang mit dem Parlament und gleichzeitig die Angst der Cinque Ports langsam aber sicher in die Bedeutungslosigkeit zu versinken? Die Navy wurde mit jedem Schiff stärker, also war der Beitrag der Cinque Ports immer unwichtiger in der Verteidigung des Königreiches. Und damit drohte eventuell auch der Verlust der königlichen Privilegien. Zum anderen war James I. katholisch. Sein Sohn ebenso.

Karl I. (England) – Wikipedia
Charles I of England - Wikipedia

Und die Reformation unter Heinrich VIII. war noch nicht so lange her und hatte das Land bis in die Grundfesten erschüttert. Von Bloody Mary und ihrer Politik ganz zu schweigen. Es kam also eins zum anderen.

Was gegen die Einführung der Schiffssteuer als Hauptgrund spricht ist in meinen Augen, das in der Zeit des Commonwealth die Flotte weiter ausgebaut worden ist. Oder war der Ausbau der Flotte nur die Möglichkeit so die Artillerie der New Modell Army aus dem Land zu entfernen? Fragen über Fragen...
 
Was gegen die Einführung der Schiffssteuer als Hauptgrund spricht ist in meinen Augen, das in der Zeit des Commonwealth die Flotte weiter ausgebaut worden ist. Oder war der Ausbau der Flotte nur die Möglichkeit so die Artillerie der New Modell Army aus dem Land zu entfernen? Fragen über Fragen...
Das mit der Artillerie habe ich jetzt nicht verstanden.

Prinzipiell ist es interessant wie sich die Royal Navy entwickelte und dann nach der Glorious Revolution zur erfolgreichsten Marine Europas avancierte, während sie gegen die Niederländer noch empfindliche Schlappen hinnehmen musste.

Ich denke, dass zwischen 1588 und 1688 ein bedeutender Wandel in der Wahrnehmung der Marine stattgefunden haben muss. Zwar gab es schon zuvor unter Henry VIII. und Elizabeth I. bspw. amphibische Operationen nicht nur gegen Irland. Aber die Landnahmen in Amerika und die Zunahme des Überseehandels und -verkehrs muss einem Verständnis für die Notwendigkeit einer starken Marine den Weg geebnet haben, das so zuvor nicht vorhanden war.
 
Das mit der Artillerie habe ich jetzt nicht verstanden.

Sowohl die Geschütze, aber vor allem die Mannschaften. Bin heute in einem Buch (*)über die beiden letzten Stuartkönige gestolpert. Nach 1649 wurde von Cromwell der Flottenausbau sogar noch verstärkt. In der Zeit des Commonwealth wurden 200 neue Schiffe gebaut. Hintergrund war wohl, das die "Exil-Navy" auf jeden Fall stärkenmäßig übertroffen werden sollte. Dabei ist ein großer Teil der Flotte zu Beginn des Bürgerkrieges zum Parlament übergelaufen ist. Später sind einige Schiffe und Mannschaften wieder zurück zu den Royalisten. Aber das hat die Verhältnisse nicht wirklich geändert.
Das Blatt hat sich erst gewendet als der Sohn von Cromwell an der Macht war. Da hat sich die Flotte dem Rumpfparlament angeschlossen und die Themse blockiert, so das keine Kohle mehr nach London rein kam.
Und sehr bald danach wurden die Stuarts mir der Naseby aus dem Exil in Den Haag abgeholt. Dabei hatten sich die Stuarts wohl gerade damit abgefunden im Exil zu bleiben. Deutlich über 10 Jahre im Exil.

(*) J.D. Davies: Kings of the Sea. ISBN 978-1-8432-400-8
 
Bei der Darstellung von Bilder der Schiffe der Stuart-Royal-Navy ist mir ein auf den ersten Blick Kuriosum aufgefallen. Und zwar als Dienstflagge der Red Ensign, aber nicht in der Form wie wir ihn heute kennen. Der Flaggenkörper in Rot, wie gehabt, Aber oben links die englische Fahne, sprich das St. Georgskreuz auf weißem Grund.
Mich hatte es erst gewundert, warum dies noch zu Zeiten des Hauses Stuart so war. Aber , das Haus Stuart stellte zu diesem Zeitpunkt den König von Schottland und England. In Personalunion. Die Schiffe der Schottischen Marine, welche noch existierten waren schon die die englische Royal Navy integriert worden. Obwohl es auf den Britischen Inseln eine Marine gab, war sie für das Gewässer zweier Staaten zuständig. Das vereinigte Königreich wurde erst unter Queen Anne im Jahre 1707 ausgerufen, so das erst ab 1707 in der oberen Ecke die erste Unions-Flagge anstelle des St. Georgskreuzes erschien.

Act of Union 1707 – Wikipedia

Zu Zeiten des Commonwealth gab es eine andere Flagge. Nämlich die des Commonwealth in der oberen Ecke.

Commonwealth of England – Wikipedia
 
Interessant ist auch der Ausbau der Flotte.

Rang. 1660 (seit 1649 gebaut) 1688 (seit 1660 gebaut)

1. 4. (2). 9. (8)
2. 11. (3). 11. (10)
3 15.(15). 39. (30)
4. 45 (26). 43. (20)
5. 35. 12
6. 20. 8

Was fällt auf? Die Fregatten, also Schiffe des 5. und 6. Ranges waren zu den Zeiten der Stuarts auslaufmodelle, vielleicht der Entwicklung der Schlachtlinie geschuldet, da Fregatten nicht standfest für die Schlachtlinie waren. Zum anderen ging bei den 2-Deckern auch hier hin zur Größe. Siehe das Aufkommen der Schiffe des 3. Ranges. Das gleiche ist bei den 3-Deckern. Auch hier das Aufkommen der Schiffe des ersten Ranges.

Die königlichen Yachten, welche Charles II., bauen lies, waren keine reinen Vergnügungsschiffe, sondern auch als Kurierschiffe verwendet wurden. Zum Transport von Personal zwischen den Schiffen, von den Schiffen zu den Häfen und wohl auch zum Schmuggeln. Und nicht zuletzt auch als Relaisstation (Wiederholung der Signale, damit eine höhere Reichweite des Signales gegeben ist, sowie Redundanz des Signalweges) für die Flaggensignale in der Flotte in der Schlacht.

Die Aufgabe der Yachten wurden zu Zeiten von Nelson durch Kutter, Briggs und Korvetten übernommen.
 
Wobei die Schiffe des 5. und 6. Ranges im 17. Jh. nicht wirklich das waren, was wir Hornblowerleser landläufig als Fregatten kennen. Diese Kreuzer sind ein (französisches) Kind des 18. Jh.
Im 17. Jh. lauerte der Feind nur einmal quer über den Kanal. Das Design der englischen Kriegsflotten legte den Schwerpunkt konsequenterweise auf hohe Kampfkraft zu Lasten der Seeausdauer ( da nicht nötig) und in Folge dessen auch zu Lasten der Stabilität (ähnlich wie 1812-14 auf den Grossen Seen, wo beide Seiten am Ende Dreidecker mit ca. 100 Geschützen bauten), weswegen die Flottenoperationen in Western Approaches, Kanal und Nordsee ein reines Saisongeschäft waren. Die Schiffe des 5. und 6. Ranges waren für diese Flotten wenig brauchbar und für kampfkräftige Kreuzer für den Einsatz in Übersee bestand nur ein sehr überschaubarer Bedarf. Der Begriff "Fregatte" scheint damals such eine höhere Bandbreite abgedeckt zu haben als im 18. Jh. Während im age oft reason Fregatten stets Vollschiffe mit genau einem durchlaufenden Geschützdeck mit 28 oder mehr Geschützen waren, wurden im 17. Jh. sowohl kleinere Schiffe als auch kleine Zweidecker als Fregatten bezeichnet.
Wenn ich mich recht entsinne, entsprang die damalige Entwicklung der Fregatten aus dem Dauereinsatz gegen die Barbaresken mit dem Designziel, deren Schiffen an Schnell- und Wendigkeit nahe zu kommen und dabei kampfkräftiger zu sein.
 
Es ist klar das die Schiffe und Rangeinteilung öfters neu justiert worden sind. Vor allem bei den kleineren Schiffen.
Bei den Linienschiffen gab es unter Charles II. einen Entwicklungssprung, durch ihn sogar initiiert. Und zwar wurden die Schiffe breiter, damit die Geschütze eine bessere Plattform bekamen als zuvor. Dabei hat er sich gegen seine Schiffbaumeister durchgesetzt (Ober sticht unter.). Und wie erhofft konnten die Geschütze nun besser verwendet werden. Und wenn ich das richtig gelesen habe auch den Abstand Wasserlinie zu den unteren Geschützlucken ist größer geworden. Kurz vorher sind bei den Schiffen gerade Geschützdecks eingeführt worden. Wobei hier die Frage ist, kam es rein von ihm, oder hat er sich mit seinem Bruder James und Prinz Rupert beraten, nach den Erfahrungen im 2. Englisch-Holländischen Seekrieg.
Damit war am Rumpf im Grund die Entwicklung der Englischen Linienschiffe für 100 Jahre abgeschlossen. Das nächste in der Entwicklung war die Entwicklung der Tackelage. Die Lateinerrute am Besanmast wurde gekürzt und durch das heute bekannte Besansegel ersetzt. Des weiteren kamen die Stagsegel hinzu, während die Blinde nur noch als Reserve gefahren wurde. Die Oberblinde verschwand ganz. Der Mast wurde gelegt und als Klüverbaum geriggt.

Bugspriet – Wikipedia

Des weiteren wurde in der Zeit etwa das Leesegel entwickelt, als Leichtwindsegel. Die Leesegel verschwanden erst mit dem verschwinden der Klipper ende des 19. Jahrhunderts. Aber Vorsicht bei dem Begriff Leesegel. Zum einen das wirkliche Segel, welches an zusätzlichen Spieren auf den Rahen gefahren wurden. Die heute üblichen Leesegel sind zusätzliche Stoffbahnen, welche im Seegang an den Kojen befestigt werden, damit die Freiwächter beim schlafen nicht aus den Kojen rollen.
 
Bei den Linienschiffen gab es unter Charles II. einen Entwicklungssprung, durch ihn sogar initiiert. Und zwar wurden die Schiffe breiter, damit die Geschütze eine bessere Plattform bekamen als zuvor. Dabei hat er sich gegen seine Schiffbaumeister durchgesetzt (Ober sticht unter.). Und wie erhofft konnten die Geschütze nun besser verwendet werden. Und wenn ich das richtig gelesen habe auch den Abstand Wasserlinie zu den unteren Geschützlucken ist größer geworden. Kurz vorher sind bei den Schiffen gerade Geschützdecks eingeführt worden. Wobei hier die Frage ist, kam es rein von ihm, oder hat er sich mit seinem Bruder James und Prinz Rupert beraten, nach den Erfahrungen im 2. Englisch-Holländischen Seekrieg.

Die Änderungen der Breite beim 1677er-Programm zB für die 1st-rates Britannia und Royal Sovereign würde ich eher auf die geplante Zunahme der Tonnage schieben. Das dabei reduzierte Längen(Kiel)-Breitenverhältnis (2,85 statt vorher in den Serien 2,9 bis 3,1) dürfte der Stabilität geschuldet sein.

Die Erfahrungen bei den Geschützen führten allerdings bereits bei der Royal James (II) dazu, den Raum/die Breite der "Arbeitsplätze" zu vergrößern. Dazu fiel eine Geschützpforte auf dem unteren Deck weg (12 statt 13). Das Design stammte von Phineas Pett, zuvor stammten die (mit der engeren Besetzung) von Anthony Deane.

siehe Winfield, British Warships in the Age of Sail - Design, Constructions, Careers and Fates, Band I: 1603-1714.
Winfield erwähnt nichts Konkretes zu der Urheberschaft (außer allgemein, dass größere Schiffe verlangt worden sind)
 
Das ist die Frage, wollte man die Tonnage erhöhen und wenn warum?
Oder wollte man die Artillerieplattform verbesser? Durch die größere Breite waren die Schiffe nicht mehr so sehr auf der Backe, sprich die Leeseite taucht nicht mehr so sehr ein. Das konnte schon bei den Niederländischen Schiffen beobachtet werden. Und das geringere Rollen der Schiffe dürfte auch das Zielen erleichtert haben.
George Monck als General at Sea war, bevor er zur See fuhr, Artillerist. Warum soll er dabei nicht seinen König und auch den Chef der Marine beraten haben. Charles II hat sich gegen die Schiffsbauer nur durchsetzen können, durch seinen Rang als König und Oberbefehlshaber.
 
Was mir aufgefallen ist, ist das Prinz Rupert zu der Zeit als der Popish Plot oder Papisten-Verschwörung auf Hexenjagd unterwegs war gegen Katholiken, auch seine Karriere als General und Admiral an den Nagel gehangen hat. Wobei das auch reiner Zufall sein kann oder seiner Gesundheit geschuldet war.
Bei dem Popish Plot traten starke Redner, insbesondere Titus Oates, auf und verkündeten das der König von Katholiken ermordet werden sollte und als Nachfolger der Herzog von York installiert werden sollte. Der Duke of York ist erst kurz vorher zum Katholizismus konvertiert. In dem Zusammenhang wzrde der Duke of York aus der Englischen Flotte entfernt und quasi ins Exil nach Schottland geschickt. Aber das war wohl nur zu seinem Schutz, da er noch Kommandostellen inder Schottischen Marine inne hatte und über die Verteilung der Schottischen Kaperbriefe wachte. Mit dem für ihn positiven Effekt, das er Geld aus der Beute bekam.

Popish Plot - Wikipedia
Papisten-Verschwörung – Wikipedia

Prinz Rupert war wohl sehr stark in seinen religiösen Überzeugungen, kein Wunder wenn man seine Herkunft in Betracht zieht, und hat wohl auch gegen den Duke of York in der Flottenführung opponiert. Ich Prinz Rupert ist quasi in dem Zusammenhang etwas schwer zu fassen.

Prince Rupert of the Rhine - Wikipedia
Ruprecht von der Pfalz, Duke of Cumberland – Wikipedia

Gerade der Niederländische Tante Wiki-Link ist wegen seinen Stammbaum interessant.

Ruprecht van de Palts (1619-1682) - Wikipedia
 
1677 ein Denkwürdiges Jahr für die RN. Hier wurde endgültig der Grundstock zur Professionalisierung der Flotte gelegt. Und zwar wurde hier die Prüfung zum Seeoffizier, bzw. Leutnant eingeführt. Wer zu dem Zeitpunkt schon Leutnant war blieb es auch, aber neue Offiziere mussten durch eine Prüfungskommission durchgewunken werden. Ursprünglich war angedacht, das Trinity House die Prüfung macht. Hier konnten sich aber die Befürworter einer In-House-Lösung innerhalb der RN durchsetzen. In den 1680'ern wurden noch einige Kapitäne vom König und auch vom Thronfolger eingesetzt die keinerlei nautische Erfahrung hatten.

Trinity House – Wikipedia
Trinity House - Wikipedia

Der Nebeneffekt der Prüfung war das nun Bootsleute oder Segelmeister in die 2. Reihe geschickt wurden.

Während bei der RN die Professionalisierung vorankam, wurde 1683 beim Heer und der Kavallerie das kaufen von Offizierspaten ermöglicht.

Kauf von Offizierspatenten in der British Army – Wikipedia
 
Was war die Grundlagen zur Navigationsact? Neutral gesagt waren es Gerüchte. Böse gesagt Lügen.
Was war der ewige Streitpunkt bei der Navigations Act? Das ander Kriegsschiffe als die Englischen Schiffe in den Englischen Gewässer die Topsegel back zu brassen hatten und die Flagge zu dippen. Das konnten man im 17- Jahrhundert fasst als Kapitulation auffassen. Und das mußte früher geschehen als bei den englischen Schiffen. Das ist an sich aus heutiger Sicht schon ein Affront. Aber der eigentliche Hammer ist die Definition der Englischen Gewässer und wie sie hergeleitet wurden.
Erst einmal zu den englischen Gewässern:

Der Ärmelkanal, in ganzer breite.
Die Irische See
Die gesamte Nordsee
Die Biskaya bis zum galizischen Kap Finistere
Und die Gewässer Nördlich von England.

Und die Grenze der See war die Hochwasserlinie.
Das heißt, ein Schiff, welches in den Niederlanden zum Beispiel in der Zuidersee vor Anker lag, war aus Sicht der Engländer in englischen Gewässern.
Genauer gesagt die nördliche Grenze der englischen Gewässer war in Stadtlandet, Norwegen und ging an der Küste lang bis nach Galizien zum Kap Finistere.

Die Begründung für dies kuriose Auffassung? Unter Henry VII währen Papiere aufgetaucht, die auf König Edgar zurück gehen, das England dies Gewässer von je eher beansprucht hätten. Samuel Pepys in der Admiralität hat dies z.B. offiziell unterstütz, aber seine Zweifel zu der Lesart in seinem Tagebuch dargelegt.

Mit dem Wissen was die Lesart der Englischen Gewässer ist, kommt der name des Linienschiffes Sovereign of the Seas einen deutlicher Klang als nur ein Spleen. Es war sozusagen die Manifestation des Anspruches auf die Nordeuropäischen Gewässer. Die frage ist dann nur, wie sah es mit der Ostsee aus? Auch hier gab es Zwischenfälle bezüglich des Navigations Acts und Flaggendippen.
 
Habe die letzte Zeit mich mit dem Buch „The Dutch in the Medway“, von P.G. Roogers, in der Auflage von 2017, beschäftigt.
Mir war ja bekannt, das die Matrosen spätestens seit der Restauration meist mit Schuldscheinen abgespeist worden sind und die Heuer mehr als 100 Jahre nicht angehoben worden ist. Um Rechnungen zu bezahlen konnten die Schuldscheine mit einem gehörigem Abzug vom Nominalwert gegen Geld bei Agenten getauscht werden.
Was mir nicht bewusst war, das das System der Bezahlung mittels Schuldscheinen auch für die königlichen Werft galt. Von daher braucht man sich nicht über die schon legendäre Korruption in den königlichen Werften zu wundern.
Eine weitere Folge dieser Bezahlpraxis war auch, das die Werftarbeiter, welche die Schiffe an andere Plätze verholen sollten um sie dort zu versenken, dies nicht nur nicht taten, sondern Fersengeld gaben. Das änderte sich erst, als der Duke of York in höchster Not, die ausstehenden Löhne aus eigener Tasche bezahlte.

Bei der Raid in the Medway ist auf englischer Seite einiges schief gelaufen, durch eine chaotische Befehlsgewalt und mangelnder Kommunikation zwischen den Verschiedenen Befehlshabern. Nebenbei wurde das ganze dadurch erschwert das man zum Teil nicht wusste wer wo war.
Es hat schon im Winter vor dem Überfall hinweise vom Englischen Botschafter in Den Haag gegeben, nur würden sie in London nicht ernst genommen. Vielleicht als Folge von Holmes Freudenfeuer im Herbst des Vorjahres.
 
Lese gerade in "Cromwell's wars at Sea" von John Barratin der Ausgabe 2006.

Demnach hat England nach 1588 wohl ziemlich die Flotte verlottertern lassen. Allerspätestens aber wohl mit dem Tod von Elisabeth, the Virgin Queen. James I brauchte wohl keine Flotte mehr, da er Frieden mit Spanien geschlossen hat.
Sein Sohn Karl I hat zwar wieder angefangen Schiffe zu bauen. Dabei auf große Schiffe gesetzt. Folge davon war das die Navy zwar riesige Schiffe hatte, aber keine große Stückzahl. Die lehren , die England aus 1588 gezogen hat, war, das die Artillerie auf den Schiffen das mittel der Wahl war. Um eine gute Geschützplattform zu haben, wurden die Geschütze relativ nah an der Wasserlinie aufgestellt mit einem großen Kaliber.
was man nicht bedacht hat, ist das bei schwerer See, die in der Nordsee nicht ganz unüblich ist, die unteren Geschütze nicht benutzt werden konnten. Zwar wurde unter Cromwell die Flotte verstärkt, aber auch hier wieder mit relativ großen Schiffen. Der Nachteil der großen Schiffe war, das es durch die niedriegen Geschützplattformen sozusagen "Sommerschiffe" waren. Und nicht schnell genug waren um Geleitdienst zu tuen, gegen Kaperschiffe, welche aus Dünnkirchen kamen.

Die Niederlande hatten dagegen auf einen neueren Schiffstyp gesetzt, den Fregatten, welche zwar nicht so schwer bewaffnet waren dafür deutlich schneller und seetüchtiger. Zum anderen hatten sie auch mehr Kriegsschiffe auf dem Wasser. Und die Retourschiffe der VOC und WIC waren, obwohl schwer bewaffnet und zum Teil auch im Kreiegsfall in der Flotte genutzt wurden, nicht als Kriegsschiffe gewertet.
 
Bei der Royal Navy ist ja immer vom Post-Captain in der Zeit von vor Queen Victoria die Rede.
Das hat ja bekanntlich nichts damit zu tun, das das Schiff, auf dem er fuhr, Post beförderte, sondern das der Kapitän veröffentlicht wurde, auf dem er fuhr.
Nicht irgendwo, sondern der London Gazette.
The London Gazette – Wikipedia
The London Gazette - Wikipedia

Wobei hier zu beachten ist, das die London Gazette keine Gazette in unserem heutigen sinn ist, nämlich Boulevard-Presse, sondern das Amtsblatt der Regierung erst der englischen Regierung, später des Vereinigten Königreiches.

A pro pros Schiff. In der Lesart der damaligen RN war ein Schiff erst ein Schiff, wenn es ersten 3 Masten hatte. Und zweitens alle Masten Voll getakelt waren. Das heißt Das auch am hintersten Mast Rahsegel gefahren werden konnten. Diese Schiffe heißen übrigens auch heute noch Vollschiffe.

Ein Schiff wie die Aleksander von Humboldt II oder auch Gorch Fock sind in diesem Sinne keine Schiffe, sprich Vollschiffe, sondern Barken. Der hinterste Mast hat nur Schratsegel, aber keine Rahsegel.

Vollschiff – Wikipedia
Full-rigged ship - Wikipedia
Bark (Schiffstyp) – Wikipedia
Barque - Wikipedia

Die Bark verbreitete sich erst nach den Napoleonischen Kriegen als großes Handelsschiff.
 
Bei der Royal Navy ist ja immer vom Post-Captain in der Zeit von vor Queen Victoria die Rede.
Das hat ja bekanntlich nichts damit zu tun, das das Schiff, auf dem er fuhr, Post beförderte,
... in der englischen Logik wäre das ja auch ein "packet captain" ...;)

sondern das der Kapitän veröffentlicht wurde, auf dem er fuhr.
Nicht irgendwo, sondern der London Gazette.
jepp, "to be posted", "to be made post" und hin und wieder liest man auch, dass jemand "gazetted" wurde.
https://en.wikipedia.org/wiki/The_London_Gazette
Grundsätzlich wurden alle Beförderungen von Offizieren in der Gazette veröffentlicht.

So - und nu wech von Wikipedia:
Ganz so eindeutig ist die Sache mit dem "post" nicht.

N. A. M. Rodger, einer der top-drei Marinehistoriker auf der Insel schreibt:
Captains were always known in the eighteenth-century as 'Post Captains', because the title of 'Captain' was given to all officers who commanded ships ('commanders', in contemporary parlance) regardless of their rank. They reached this rank, or 'took post', by virtue of their first commission to command a 'post ship', meaning one of the 5th Rate or larger (6th Rate from 1713), for in this period only admirals held rank in the Navy as a whole, independent of appointments to a named ship. Since admirals were promoted only from the top of the Captains' List, it was crucial to an officer's career to take post as young as possible.
https://www.tandfonline.com/doi/pdf/10.1080/21533369.2001.9668314
Sinngemäß: Der echte "Captain" [Dienstgrad!] wurde seinerzeit als "Post Captain" [Dienstgrad] bezeichnet, um ihn von der Funktionsbezeichnung "captain" zu unterscheiden, mit der höflichkeitshalber auch lieutenants oder master and commanders angeredet wurden. Man war also - zumindest in der ersten Hälfte des 18. Jh. - erst dann ein "Post Captain", wenn man tatsächlich das Kommando über ein klassifiziertes Schiff (im Sinne von Apvars Definition oben) vom 5., später vom 6. Rang aufwärts angetreten hatte, also seinen (Dienst-)Posten eingenommen hatte.

Das war wohl anfangs ähnlich wie mit der "commission" als Offizier. "Commissioned officer" waren "Truppendiener" vom lieutenant aufwärts. Diese waren unterschieden von den "warrant officers" - vergleichbar heutigen "Militär-Fachoffizieren", wie z. B. dem "Master" (Segelmeister), "Gunner" (Geschützmeister), "Carpenter" (Schiffszimmermann), "Surgeon" (Schiffsarzt) etc..

Wenn man die Leutnantsprüfung bestanden hatte, war man ein Absolvent ("passed midshipman" bzw. "passed for lieutenant") - mehr nicht. Erst mit der ersten tatsächlichen Verwendung/Bestallung als "lieutenant" (in der Regel an Bord), wurde man zum "commissioned officer" - blieb das danach dann aber auch, selbst wenn man durch Versetzung oder durch Außerdienststellung des Schiffes/Bootes diese spezifische "commission" nicht mehr hatte. Im Laufe des 18. Jahrhunderts scheint sich das mit der "commission" länger gehalten zu haben, als das mit dem "post": man konnte durchaus zum Dienstgrad eines "(Post) Captain" befördert werden, ohne gleichzeitig ein Schiff (Funktion - es musste ein "rated vessel" sein - nicht Takelung (Vollschiff)) zu bekommen.

Für den "commissioned officer" (Einstieg mit der "commission for lieutenant") fand diese Entkoppelung von Dienstgrad und Dienstposten erst sehr viel später statt, frühestens im 19. Jahrhundert.
Auch der "Master and Commander" war zunächst eine Funktion als Kommandant und wurde erst später zum Dienstgrad "Commander" - mit oder ohne eigenes Kommando.

Also: Nch dieser Lesart kommt der "Post Captain" ursprünglich von der Einsetzung in den Dienstposten. Erst im Laufe der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde der Post Captain zu einem Dienstgrad, der nicht notwendigerweise an ein Kommando gebunden war. Im Gegenzug wurden nun aber die Schiffe des im Klassifikationssystem untersten, nämlich 6. Ranges, auch als "post ship" bezeichnet, also als ein Schiffe, das von einem Post Captain kommandiert werden musste.

Damit hatte sich das Verhältnis zwischen schwimmbarem Untersatz und Schiffschef im Laufe des 18. Jh. umgekehrt:
Wurde man anfangs zu einem "Post Captain" (Dienstgrad), indem man einen Dienstposten als Kommandant eines "Schiffes" (Kombi aus Funktion und Takelung: Schiff (Takelung) vom 5. Rang aufwärts) einnahm, wurde später zu einem "Post Ship" (Funktion) jedes "Schiff" (Takelung), sobald es von einem "Post Captain" (Dienstgrad) geführt wurde. (Wurde es von einem "Master and Commander" (Dienstgrad), später nur noch "Commander" geführt, wurde es automatisch vom "Ship" (Rang) zur "Sloop" (Rang) heruntergestuft, was wiederum nichts mehr mit der Takelung zu tun hat, sondern vom Dienstgrad des Kommandanten.
(Um Rang und Takelung zu entwirren, sprach man später auch schon von der "ship sloop" (von einem Commander geführtes Vollschiff) im Gegensatz zur "brig sloop" (von einem Commander geführte Brigg - ein rahgetakelter Zweimaster). Kleinere Briggs, die nur von einem Leutnant geführt wurden, waren dann auch keine "brig sloops" mehr, sondern "gun brigs".

In diesem Zusammenhang scheint es auch von Bedeutung, dass Rodger und die Literatur zunächst von "to take post" sprechen und erst im Zusammenhang mit der Loslösung vom Dienstantritt dieses "to take post" mehr und mehr von "to be made post" bzw. "to be posted" abgelöst wurde. Wir haben hier also eine Entwicklung, an deren Ende also die (London) Gazette steht, an deren Beginn aber noch der Dienstantritt eines frischgebackenen Kommandanten auf seinem ersten eigenen Kommando stand.


P. S.: Wenn ich jetzt die ex-Post-Analyse meines Rundumschlags durchführe, beschleicht mich die Befürchtung, dass das Rangsystem für Offiziere und Seefahrzeuge in der RN des 18. Jahrhunderts für Außenstehende genauso logisch nachvollziehbar und verständlich ist wie imperiale Maße oder die Regeln für Whist bzw. Cricket...
.
 
Zurück
Oben