Im Prinzip wird man schnell bei dem "zentralen Verdächtigen" fündig, wenn es darum geht, die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie von Weimar juristisch zu rechtfertigen und man landet bei Carl Schmitt. Für mich persönlich einer der schlimmsten Schreibtischtäter des NS-Regimes, weil er durch seine Beiträge die sehr notwendige Argumentation für eine - eigentlich nicht vorhandene - "Legalität" und somit auch Legitimität bereitstellte (wie auch im Fall der "Röhm-Morde"). Und diese Selbsttäuschung war eine wichtige Voraussetzung für das "gute Gewissen" der "alten politischen Eliten", dass sie auch dieses Mal den "Staat" vor dem Schlimmsten bewahrt hätten. Denn an ihm orientierte man sich und nicht an der Verfassung und dem demokratischen politischen System.
Grimm (S. 285) verweist zitierend auf Schmitt - zum Ermächtigungsgesetz - und schrieb 1933: "Damit ist der überlieferte Gesetzesbegriff des parlamentarischen Gesetzgebungsstaates, für welchen die Mitwirkung der Volksvertretung zum Begriff des Gesetzes gehörte, überwunden. Ein Wendepunkt von verfassungsgeschichtlicher Bedeutung!" Und endet mit dem Aufruf: "Hüten wir uns davor, mit der Sophistik des alten Parteienstaates die Rechtsgrundlage des neuen Staates zu untergraben. Mit dem Staat wird auch das Staatsrecht und die Staatsrechtslehre gereinigt und erneuert werden müssen.".
Dass Hitler sich allerdings einen Scheißdreck um diesen "juristischen Firlefanz" kümmerte, sollte Schmitt und die "alten politische Eliten" der Weimarer Republik relativ schnell merken.
Unterstützten sie durchaus wohlwollend (vgl auch Peuker (S. 253) sowohl passiv wie auch sehr aktiv (Kamarilla um Hindenburg etc.) die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie und die Weimarer Verfassung, mußten sie allerdings auch erkennen, dass nicht nur die 1918 etablierte und verhaßte parlamentarische Demokratie abgeschafft wurde, sondern auch der - durchaus gewünschte - Rechtsstaat durch Hitler und sein NS-Regime ebenfalls liquidiert wurde. (vgl. Grimm, S. 286).
Dass heute sehr ähnliche Argumentationen in massiver Anlehnung an Vertreter der "Konservativen Revolution" der Weimarer Republik benutzt werden, um eine "Systemüberwindung" der parlamentarische Demokratie in Berlin zu erreichen, sei als Aspekt der "politischen Bildung" bzw. "was lernen wir aus Geschichte" noch angemerkt.
Grimm, Dieter (2018): Weimars Ende und Untergang. In: Horst Dreier und Christian Waldhoff (Hg.): Das Wagnis der Demokratie. Eine Anatomie der Weimarer Reichsverfassung. München: Beck, S. 263–288.
Peukert, Detlev (1987): Die Weimarer Republik. Krisenjahre der klassischen Moderne.
Schmitt, Carl (1933): Das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich. In: Deutsche Juristen-Zeitung, S. 455–458.
Zufällig gesehen zur europäischen Dimension:
https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2006_4_3_dietz.pdf