thanepower
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Wenn historische (geschichtsphilosophische, ökonomische) Analysen "Strukturen" zu erkennen meinen, müsste die tiefer liegende Frage nach den Ursache interdisziplinär gestellt werden.
Richtig. Deswegen der Versuch, es möglichst breit "auszurollen". Und in der Tat ist es für mich ein Thema, das mich in der vollen Komplexität überfordert. Zumal ich nicht komparativ die historische Entwicklung der Achsenzeit-Gesellschaften hinsichtlich der sozialen und politischen Prozesse, der religiösen Entwicklung inklusive der "Ideengeschichte" der jeweiligen Kulturkreise beherrsche.
Als "Klammer" der Disziplinen würde ich Anthropologen (Soziologen?) sehen, die die Frage beantworten müssten, welche Ursachen solche Strukturen hervorrufen.
Den Hinweis verstehe ich nun nicht ganz. Für die Formulierung der Thesen von Jaspers waren mit den "Webers" zwei deutsche Soziologen maßgeblich beteiligt, exemplarisch diese beiden Werke.
Weber, Alfred (1960): Kulturgeschichte als Kultursoziologie. München: Piper
Weber, Max; Otto, Eckart (2008): Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Tübingen: Mohr Siebeck
Mit Eisenstadt, Bellah oder Taylor - um nur drei zu nennen - sind drei bekannte und renomierte US-Soziologen mit dem Thema beschäftigt. In Deutschland vor allem Joas.
Die Breite der Diskussion ist in den jeweiligen Bänden dokumentiert.
Eisenstadt, S. N. (Hg.) (1987): Kulturen der Achsenzeit. Ihre Ursprünge und ihre Vielfalt. Frankfurt am Main, Germany: Suhrkamp
Eisenstadt, S. N. (1992): Kulturen der Achsenzeit II. Ihre institutionelle und kulturelle Dynamik. 2 Bände. Frankfurt am Main: Suhrkamp
Die neueste Sammlung relevanter Aufsätze:
Árnason, Jóhann Páll; Eisenstadt, S. N.; Wittrock, Björn (Hg.) (2005): Axial civilizations and world history. Leiden, Boston: Brill
Auf diese Publikationen wird noch ausführlicher einzugehen sein.
Kurzum: wo ist das Erklärungsmodell für eine Achse?
Das Erklärungsmodell besteht zum einen aus der Deskription der oben beschriebenen Entwicklung. Die mittlerweile eine gewisse Geltung zur Bezeichnung einer Epoche beanspruchen kann und auch so von einzelnen Autoren verwendet wird, die "Globalgeschichte" schreiben, wie Steven Pinker oder Ian Morris. Beispielsweise auch diskutiert in diesem Sinne in "Geschichte der Welt. Die Welt vor 600.."
Eine zentrale Rolle für die Erklärung nimmt die Aussage von Eisenstadt ein, der die zunehmende Bedeutung einer "reflexiven Weltsicht" betont, die durch spezialisierte "Agenten" war genommen werden. Diese in der Rolle von "Intellektuellen" - Priester etc. - eine zunehmende Deutungshoheit über das "Göttliche" beanspruchten.
Vor diesem Hintergrund sind die eher analytisch, empirisch orientierten Arbeiten von Baumard u.a. interessant, die aus der zunehmende Fähigkeit zum Unterhalt größerer - vor allem urbaner - Populationen einen Ansatz für die Entwicklung zur rollenteiligen Spezialisierung herausliest. Durch ihre Arbeiten werden Veränderungen in den Reproduktionsbedinungen der Achsenzeitgesellschaften thematisiert, die erklären können helfen, warum diese Veränderung in der Periode einsetzte. Ist aber eigentlich ein Vorgriff auf eine spätere Betrachtung.
Baumard, Nicolas; Hyafil, Alexandre; Boyer, Pascal (2015): What changed during the axial age: Cognitive styles or reward systems? In: Communicative & integrative biology 8 (5).
Baumard, Nicolas; Hyafil, Alexandre; Morris, Ian; Boyer, Pascal (2015): Increased affluence explains the emergence of ascetic wisdoms and moralizing religions. In: Current biology : CB 25 (1), S. 10–15.
Interessanterweise sind diese Überlegungen mit den Thesen von M. Mann (Geschichte der Macht 1) nicht zusammengeführt worden, der Herrschaft als Netzwerk unterschiedlicher Machtressourcen definiert, u.a. religiöser (ideologischer) Natur.