Biturigos
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Angeregt durch die Diskussion um den illyrischen Ursprung der Albaner möchte ich den ideologischen Kampf um Deutungshoheit über die Geschichte und die Konkurrenz verschiedener Nationalismen auf dem Balkan zur Diskussion stellen. Rajko Bratoz bezeichnet den slowenischen Nationalismus als Opfernationalismus, der in der Konkurrenz zu hegemonialen Mächten (Österreich-Ungarn, Italien) entstanden sei.
"Die Slowenen lebten zur Zeit der entscheidenden Phase der Formierung des nationalen Bewusstseins in der Stimmung eines dauernden Gefährdungszu-standes wegen der stärkeren Nachbarn (vor allem der Deutschen) und manch-mal in der Stimmung eines historischen Misserfolges. Das historische Bild der eigenen Vergangenheit, und damit das historische Bewusstsein, trugen überwiegend pessimistische Züge. Diese Gefühle kamen in einer Reihe von historischen Stereotypen zur Geltung, in denen die stärkeren und aggressiveren Nachbarn als die Verursacher des elenden Zustandes klar definiert wurden: an den Anfängen der eigenen Geschichte die Awaren, in den darauffolgenden tausend Jahren vor allem die Deutschen.... Weit verbreitet war 1) die Vorstellung von einem historischen Misserfolg der Slowenen, von ihrem Opferzustand oder sogar Märtyrertum. Frei nach Herder interpretiert, wurden auch die Slowenen als ein Teil der Slawen Opfer der stärkeren und aggressiveren Nachbarn. Auf diese Opfer-Gesinnung knüpft sich 2) der „Knechtschaftsmythos“, nach dem die Slowenen als Untertanen zuerst unter Awaren, danach tausend Jahre unter den Germanen bzw. Deutschen leben mussten.....
Auf dieser Basis entstand 3) die Vorstellung (die manchmal zum Mythos geworden ist) von einer dauerhaften Germanisierung des slowenischen Territoriums, beginnend schon in der karolingischen Epoche, also vor mehr als tausend Jahren.Damit eng verbunden war 4) die Vorstellung von großen territorialen Verlusten der Slowenen, von einem ursprünglichen Siedlungsgebiet im Umfang von bis zu ca. 70.000 km² bis zum heutigen Stand (etwas mehr als 20.000 km² im heutigen Slowenien und ein wenig in den Nachbarstaaten), was bedeuten würde, dass von den Nachbarn mehr als zwei Drittel des Territoriums weggenommen worden sind, wobei der Löwenanteil auf die Deutschen fällt. Dabei ist in der Öffentlichkeit, zum Teil auch unter der humanistischen Intelligenz, noch immer eine Auffassung von ethnischer Gleichheit der heutigen Slowenen mit den frühmittelalterlichen Karantanen vorherrschend, die auf einer Vorstellung von der Ethnogenese als einem linearen, auch genetisch definierbaren Prozess basiert." (S.10/11 - https://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-002C-DC7D-4/9783110253047_AdW12_01_RAJKO BRATOŽ Das Veneter-Ideologem bei den Slowenen.pdf?sequence=1&isAllowed=y
Die "wissenschaftliche" Beweisführung der autochthonistischen Vorstellungen unterliegt politischen Interessen: so löste eine kritische Skanderbeg-Biographie des Südosteuropa-Historikers Schmitt in Albanien Proteststürme aus, und er wurde Ziel einer aggressiven Kampagne:Wer war Skanderbeg? | NZZ , weil die Biographie die "Historizität" der eigenen nationalen Mythen in Frage stellt; "Schmitt konnte, basierend auf einer stabilen Quellenlage, nachweisen, dass Skanderbeg nicht aus „nationalen“ Gründen mit dem Osmanischen Reich brach und nach Albanien zurückkehrte, sondern aus dem „archaischen“ Gebot der Blutrache heraus; war doch Skanderbegs Vater auf Befehl des Sultans ermordet worden. Darüber hinaus warfen viele nationalbewusste Albaner Schmitt vor, Skanderbeg einer Entalbanisierung zu unterziehen, weil er aufzeigte, dass die Familie der Kastrioti keineswegs einem rein albanischen, sondern einem ethnisch-konfessionell sehr gemischten Umfeld entstammte und selbst slawisch-orthodoxe Anteile aufwies. In Abgrenzung zum orthodoxen Griechen- und Serbentum, aber auch zur angeblich uneuropäisch-islamischen Welt kam dies für albanische Nationalisten einer nationalen Schmähung gleich."
so wird widersprechende, kritische Wissenschaft gegen ihre Absichten sofort in den politischen Interessenskonflikt gezogen. https://www.recensio.net/rezensione...50440763/@@generate-pdf-recension?language=de
"Die Slowenen lebten zur Zeit der entscheidenden Phase der Formierung des nationalen Bewusstseins in der Stimmung eines dauernden Gefährdungszu-standes wegen der stärkeren Nachbarn (vor allem der Deutschen) und manch-mal in der Stimmung eines historischen Misserfolges. Das historische Bild der eigenen Vergangenheit, und damit das historische Bewusstsein, trugen überwiegend pessimistische Züge. Diese Gefühle kamen in einer Reihe von historischen Stereotypen zur Geltung, in denen die stärkeren und aggressiveren Nachbarn als die Verursacher des elenden Zustandes klar definiert wurden: an den Anfängen der eigenen Geschichte die Awaren, in den darauffolgenden tausend Jahren vor allem die Deutschen.... Weit verbreitet war 1) die Vorstellung von einem historischen Misserfolg der Slowenen, von ihrem Opferzustand oder sogar Märtyrertum. Frei nach Herder interpretiert, wurden auch die Slowenen als ein Teil der Slawen Opfer der stärkeren und aggressiveren Nachbarn. Auf diese Opfer-Gesinnung knüpft sich 2) der „Knechtschaftsmythos“, nach dem die Slowenen als Untertanen zuerst unter Awaren, danach tausend Jahre unter den Germanen bzw. Deutschen leben mussten.....
Auf dieser Basis entstand 3) die Vorstellung (die manchmal zum Mythos geworden ist) von einer dauerhaften Germanisierung des slowenischen Territoriums, beginnend schon in der karolingischen Epoche, also vor mehr als tausend Jahren.Damit eng verbunden war 4) die Vorstellung von großen territorialen Verlusten der Slowenen, von einem ursprünglichen Siedlungsgebiet im Umfang von bis zu ca. 70.000 km² bis zum heutigen Stand (etwas mehr als 20.000 km² im heutigen Slowenien und ein wenig in den Nachbarstaaten), was bedeuten würde, dass von den Nachbarn mehr als zwei Drittel des Territoriums weggenommen worden sind, wobei der Löwenanteil auf die Deutschen fällt. Dabei ist in der Öffentlichkeit, zum Teil auch unter der humanistischen Intelligenz, noch immer eine Auffassung von ethnischer Gleichheit der heutigen Slowenen mit den frühmittelalterlichen Karantanen vorherrschend, die auf einer Vorstellung von der Ethnogenese als einem linearen, auch genetisch definierbaren Prozess basiert." (S.10/11 - https://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-002C-DC7D-4/9783110253047_AdW12_01_RAJKO BRATOŽ Das Veneter-Ideologem bei den Slowenen.pdf?sequence=1&isAllowed=y
Die "wissenschaftliche" Beweisführung der autochthonistischen Vorstellungen unterliegt politischen Interessen: so löste eine kritische Skanderbeg-Biographie des Südosteuropa-Historikers Schmitt in Albanien Proteststürme aus, und er wurde Ziel einer aggressiven Kampagne:Wer war Skanderbeg? | NZZ , weil die Biographie die "Historizität" der eigenen nationalen Mythen in Frage stellt; "Schmitt konnte, basierend auf einer stabilen Quellenlage, nachweisen, dass Skanderbeg nicht aus „nationalen“ Gründen mit dem Osmanischen Reich brach und nach Albanien zurückkehrte, sondern aus dem „archaischen“ Gebot der Blutrache heraus; war doch Skanderbegs Vater auf Befehl des Sultans ermordet worden. Darüber hinaus warfen viele nationalbewusste Albaner Schmitt vor, Skanderbeg einer Entalbanisierung zu unterziehen, weil er aufzeigte, dass die Familie der Kastrioti keineswegs einem rein albanischen, sondern einem ethnisch-konfessionell sehr gemischten Umfeld entstammte und selbst slawisch-orthodoxe Anteile aufwies. In Abgrenzung zum orthodoxen Griechen- und Serbentum, aber auch zur angeblich uneuropäisch-islamischen Welt kam dies für albanische Nationalisten einer nationalen Schmähung gleich."
so wird widersprechende, kritische Wissenschaft gegen ihre Absichten sofort in den politischen Interessenskonflikt gezogen. https://www.recensio.net/rezensione...50440763/@@generate-pdf-recension?language=de