Jammerbrook

Neues Mitglied
Hallo,
ich recherchiere gerade, für eine kulturanthropologische Hausarbeit, über Partei-/Agitationslokale im Bereich des Hamburger Stadtteiles Hammerbrook.

Hat jemand vielleicht Namen und /oder Adressen von solchen?

Bisher habe ich zwei "SA-Sturm lokale" lokalisieren können:
- eines in der Hammerbrookstrasse, frequentiert vom Sa-Sturm 14
- und eines in der Woltmanstraße 24

Zu diesen, sowie zu den SA-Stürmen in Hamburg suche ich weitere Informationen.
Ebenso zu Reichsbanner und KPD Lokalen in dem Bereich.

Leider ist der Zugang zu Bibliotheken und Archiven derzeit, aus bekannten Gründen, ausgeschlossen, so dass ich es hier probieren möchte!

Vielen Dank, schon einmal!
Alles ist willkommen!

Schönen Gruß
Oliver
 
Spannend, wo studiert man denn sowas? Und noch spannender ist, welche Fragestellungen werfen denn Kulturanthropologen an die Analyse von Versammlungsorten radikaler Parteien auf und warum gerade in Hammerbrook?
 
Spannend, wo studiert man denn sowas? Und noch spannender ist, welche Fragestellungen werfen denn Kulturanthropologen an die Analyse von Versammlungsorten radikaler Parteien auf und warum gerade in Hammerbrook?

Ich studiere an der Uni Hamburg, dort heißt der Studiengang seit Anfang dieses Semesters "Empirische Kulturwissenschaft", vorher war es "Volkskunde/ Kulturanthropologie" (den Namen "Volkskunde, der nicht mehr sinngemäß ist wollte man jedoch nach dem 100 Jährigen Jubiläum der Uni und gleichzeitig des Instituts ablegen), anderswo firmiert es unter "Europäische Ethnologie", Kulturanthropologie" oder ähnlichem..es ist ein sog. "Vielnamenfach", da man sich nach dem "cultural turn" der 70er scheinbar nicht auf einen Namen für die ehemalige "Volkskunde" einigen konnte. Im englischen heißt es, unter minimal anderen Ausrichtungen, schlicht "cultural studies" oder "anthropology" (nicht zu verwechseln mit der deutschen Anthropologie. Es ist kompliziert aber interessant! :D – Es behandelt den Begriff "Kultur" als jegliche menschliche Handlung und der damit zusammenhängenden Ergebnisse, kurz die "Alltagskultur".

Das Seminar, welches sich über zwei Semester erstreckt (dies ist das Zweite) hat das eigentliche Ziel einen "Erinnerungsort" an der ehemaligen "Mädchen Volksschule" in der Rosenallee 11 zu errichten, bzw. die akademische Grundlagenarbeit zu unternehmen. In der ehem. Schule sind nun verschiedene Initiativen des Münzviertels angesiedelt, u.a. das "Viertelzimmer" in dessen Bereich auch ein Stadtteil-Archiv entsteht. Durch dieses wurden sie auf 2 ehem. Lehrerinnen aufmerksam, beides Jüdinnen, die erst aus dem Dienst entlassen und später deportiert wurden.

Ich habe es mir nun zur Aufgabe gemacht erstmal die Geschichte und das soziale Leben in dem total untergegangen Stadtteil zu "rekonstruieren".
Im ersten Semester habe ich eine Präsentation mit Gegenüberstellungen von alten und aktuellen Bildern erstellt und die Entstehung bis zur "Auslöschung" 1943 thematisiert. In einer Hausarbeit habe ich das Thema unter Nutzung von "Raum-Theorien" (Henri Lefebvre) und der "Akteur-Netzwerk-Theorie" (Bruno Latour) die Entstehung und die Auswirkungen der örtlichen, landschaftlichen Begebenheiten thematisiert ("Unten-Hamm", "Oben-Hamm"). – Hammerbrook ist selbst bei der Neuplanung wieder ähnlich unstrukturiert und geschichtet entstanden, wie einst!

Nun schreibe ich über die politische Struktur in diesem von größtenteils Kommunisten und Sozialdemokraten bewohnten "Arbeiterslum", wobei ich noch einmal die damalige Wohnsituation aufzeige, dann über die Bedeutung von Kneipen allgemein für die Arbeiter zu den politischen Agitationslokalen zu den einzelnen Kampfbünden und deren Mitglieder komme (wenn ich den soweit bin...).
Bei dieser Arbeit halte ich mich an das Konzept der "Kulturanalyse" (Rolf Lindner) um nicht, ausversehen, zu sehr in das historische Fach abzurutschen.:rolleyes:

Ich habe bereits einen guten Quellenapparat zusammenstellen können (Quellen zu Hammerbrook sind nur Bruchstückweise zusammen zu klauben, es gibt so gut wie keine generellen Infos/ Berichte zu dem Stadtteil), nur um jetzt in die Tiefe einzelner Themen zu gehen fehlt die Möglichkeit Bibliotheken und Archive zu durchforsten..
Gerade zum Thema SA in Hamburg, deren Gliederung und "Stürme" finde ich keinerlei Informationen!? Selbst in den Bibliotheken, im Staatsarchiv scheint eine Magisterarbeit zum Thema hinterlegt zu sein, nur auch da ist kein rankommen in absehbarer Zeit! :(

Generell finde ich "really lost places" sehr spannend und Hammerbrook ist, so gut wie, unerforschtes Terrain in der Hamburger Geschichte und bestimmt auch für weitere arbeiten ein sehr ergiebiger Ort!

Soweit die kurze Fassung..:D
 
Vielen Dank für die ausführliche und interessante Darstellung. Ein spannendes und lohnendes Thema.

Leider sind die meisten Zeitzeugen mittlerweile Tod, aber mit Glück könntest Du noch welche finden. Am ehesten würde ich Dir empfehlen, über die SPD bzw. über die Gewerkschaften zu versuchen einen Kontakt zu möglichst alten Mitgliedern zu bekommen. Oder solchen, deren Väter im Ortsverband Hamm-Borgfelde aktiv waren.

Früher wäre es eine gute Strategie gewesen, sich dem jeweiligen Ortsverband-Kassierer anzuschließen, wenn er Partei-Beiträge kassiert hatte. Du hättest viele "aufrechte" alte Sozialdemokraten kennen lernen können, die interessante Geschichten erzählen konnten aus der Zeit.
 
Wie siehst es denn mit den Hamburger Archiven in Zeiten der Pandemie aus, sind die geöffnet?

Die sind zur Zeit leider wieder alle geschlossen. Ich habe mir vorher schon Material aus verschiedenen Archiven und Bibliotheken zusammengestellt. Nur fehlt mir diese Möglichkeit nun um jetzt weiter auf Details einzugehen. Aber laut der online vorabrecherche ist auch dort nicht direkt etwas zu finden..
 
In diesem pdf über den roten Frontkämpferbund wird in Hammerbrook "bei Ekhof, Lorenzstr. 1" als Treffpunkt/Gründungsort genannt. (S. 157, FN 20)

Klasse! Das PDF habe ich bereits in meiner Quellensammlung, nur hatte ich noch keine Zeit mich näher damit zu befassen.

Über eine andere Quelle habe ich etwas über den "Sa Sturm 14" in Hammerbrook gelesen, eigentlich wurde nur ein Verkehrslokal in der Hammerbrookstrasse erwähnt, nun versuche ich mehr über die Organisation und deren Aktivitäten in Hammerbrook und Umgebung zu erfahren. Leider ist die, detaillierte, Quellenlage zu dem Thema sehr schlecht?!

RFB und Reichsbanner werden aber auf jeden Fall auch noch behandelt!
 
Zurück
Oben