Einem Fabrikanten, der "freie" Arbeiter beschäftigte, konnten diese wirklich völlig egal sein. Ob die Arbeiter durch die Arbeitsbedingungen körperlich zerschunden wurden und nach ein paar Monaten gesundheitlich zusammenbrachen, musste den Fabrikanten nicht zu kümmern. Dann hat er halt den nächsten eingestellt.
Nein, so ganz egal konnte ihm das auch nicht sein, wenn er ein bisschen Grips hatte und einigermaßen ökonomisch dachte. Natürlich waren das in der Regel sehr einfache Arbeiten, die realtiv schnell gelernt werden konnten, dennoch führte eine zu hohe Fluktuation der Belegeschaften natürlich zur Störung der Arbeitsabläufe und mitunter zur Beschädigung der Maschinen, die dann ausfielen und mitunter kostenintensiv repariert werden mussten.
Ich habe im Verlauf weiter oben zwar immer wieder auf die Härten auch der freien Arbeit hingewiesen, allserdings möchte ich das auch nicht so verstanden wissen, als seien die damaligen Fabriken quasi KZ-ähnliche Menschenvernichtungseinrichtungen gewesen.
Natürlich gab es extrem hohe Unfall- und Todesraten. Allerdings Fabrikannten, die ein bisschen mitdachten, hatten schon durchaus ein Interesse daran, Teile der Belegschaften möglichst lange arbeitsfähig zu halten.
Das zeigt sich sicherlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch kaum, in der zweiten Hälften folgen dann aber deutlich bemerkbare Verbesserungen.
Seit dem zweiten Drittel des Jahrhunderts werden aber auch staatliche Bemühungen sichtbar die Zustände in den Fabriken durch Inspektoren zu erfassen und den Schlimmsten Missständen entgegen zu wirken:
Preußisches Regulativ – Wikipedia
Leonard Horner – Wikipedia
Für den Sklavenhalter waren seine Sklaven aber Eigentum, in das er sein Geld investiert hatte. Von daher musste er doch rein wirtschaftlich gedacht ein persönliches Interesse an der Gesundheit und den möglichst langen Erhalt der Arbeitskraft seiner Sklaven gehabt haben. Das widerspricht eigentlich völlig jeder grundlosen und übertrieben harten Misshandlung eines Sklaven.
Kommt auf den Zeitabschnitt und die Zeitumstände an. Im Rahmen des Wiener Kongress wird 1815 der internationale Sklavenhandel geächtet, in die gleiche Kerbe schlagende Schritte zur Bekämpfung des transatlantischen Sklavenhandels, auf die sich die USA und Großbritannien bereits ein Jahr vorher im Frieden von Gent verständigt hatten.
Davon abgesehen, überstehen die iberischen Kolonialreiche und auch ein Großteil des französischen Besitzes in Nordamerika und der Karibik ("Louisiana Purchase" / Unabhängigkeit Haitis) die napoléonische Epoche nicht oder nicht lange.
Die Sklaverei wurde zwar in einigen daraus entstandenen Staatsgebilden durchaus noch weiter geführt, nur stand da ohne die europäische Kolonialmacht mit entsprechenden Interessen natürlich auch erstmal deutlich weniger Schiffsraum dahinter um den tranatlantischen Handel betreiben zu können und erst recht weniger Feuerkraft, sich in dieser Hinsicht mit den Briten und US-Amerikanern anlegen zu können oder zu wollen.
Das ist für die ganze nordamerikanische Sklavenwirtschaft einfach insofern eine durchaus gewaltige Zähsur, dass damit kaum noch "Nachschub" an Sklaven "importiert" werden konnte.
Das musste natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Preise haben, darauf was das Leben und die Gesundheit eines Sklaven realitier wert waren und wie viel Wert man auf die natürliche Reproduktion der Sklaven legte, sprich in wie weit man bereit war, ihnen Patnerschaften und Familien zu gestatten oder das zu fördern um auf diesem Weg den eigenen Sklavenbestand konstant halten oder ausbauen zu können.
Insofern, was die Motivation die Sklaven wirklich gut zu behandeln angeht, wird man das zeitlich gestuft betrachten müssen, denn vor den 1820er Jahren, als dass Unterbinden des transatlantischen Sklavenhandels allmählich griff, die iberischen Kolonialreiche sich auflösten und die Erkenntnis der Veränderungen und ihrer Auswirkungen auch bei den Sklavenbesitzern ankam, war es durchaus möglich mit dem Leben und der Gesundheit der Sklaven nicht zu geizen.
Das nahm sicher nicht so exzessive Ausmaße an, wie auf den Zuckerplantagen auf den Antillen, aber der gesteigerte Wert der Sklaven und daher der Umstand ein Interesse daran haben zu können, diese möglichst lange zu erhalten ist etwas, das vielleicht den letzten anderthalb oder zwei Sklavengenerationen merkbar zugute gekommen sein dürfte.
So lange aber der transatlantische Sklavenhandel lief und "Nachschub" aus Afrika kein Problem darstellte, dürfte das keine so starke Motivation gewesen sein.
Über den rein wirtschaftlichen Aspekt hinaus stellt sich aber auch die Frage, ob viele Sklavenhalter ihre Sklaven nicht doch auch als Menschen gesehen und entsprechend behandelt haben. Auch wenn die Sklaven rechtlos waren und die Sklavenhalter von ihnen profitierten, muss das nicht zwingend mit einer völligen Entmenschlichung der Sklaven einher gegangen sein.
Die Entmenschlichung wurde zunehmend notwendig um das ganze legitimieren zu können.
Seit spätestens dem Ende des 18. Jahrhunderts sind Ideen in der Welt, dass es sowas wie allgemeine Menschenrechte gäbe.
Die Amerikanische Verfassung hat grundsätzliche Rechte formuliert, die französische Revolution ging da noch etwas weiter, präzisierte das und schaffte konsequenter Weise auch zwischenzeitlich mal die Sklaverei ab (Napoléon ließ sie wieder zu).
Das geschah teilweise in den Vereinigten Staaten selbst, und Teilweise (Louisiana, französische Karibik) in der unmittelbaren Nachbarschaft.
Dann kommt obendrein noch oben drauf, dass die Zeit von den Revolutionskriegen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein, auch die Zeit gewesen ist, in der in die traditionellen Formen der Leibeigenschaft und der Frohndienste (jedenfalls in weiten Teilen Europas und Teilweise Lateinamerika) sich auflösten. Nicht auf einen Schlag, aber sukkzessive und bis einschließlich 1861 sogar in Russland (jedenfalls de jure).
Wenn man weiterhin auf erzwungener Arbeit und unmenschlicher Behandlung bestehen wollte, in dem Kontext, dass gewisse menschliche Grundrechte im Bewusstsein der sich als zivilisierten Welt verstehenden Gesellschaft, zunehmend "common sense" wurden, musste man sich irgendwelche Begründungen einfallen lassen, warum Sklaven keine Menschen seien und man sie also konsequent so behandeln dürfe oder es gar gut für sie wäre.
Mit der alten religiösen Argumentation, dass man mit Nichtchristen so umspringen dürfe, konnte man in einer postaufklärerischen Gesellschaft nicht mehr kommen (jedenfalls nicht allein damit), also legte man sich eben eine zunehmend rassistische Grundlage zu.
Das das ganze Rassezeugs und der Sozialdarwinismus ausgerechnet im 19. Jahrhundert aufkommen, ist kein Zufall, sondern sogesehen Nebenprodukt der Aufklärung, als dass er danach, benötigt wurde um gewisse soziale Begebenheiten oder Wünsche aufrecht zu erhalten, ins Werl zu setzen oder zu legitimieren.
2 Jahrhunderte vorher, musst man niemanden entmenschlichen, da gab es die Vorstellung grundsätzlicher Rechte eines Menschen nicht in diesem Ausmaß und davon abgesehen, galt erzwungene Arbeit weitgehend als Normalzustand.
Ich habe mal irgendwo gelesen, General Stonewall Jackson soll seine Sklaven sogar persönlich unterrichtet haben. Er legte Wert darauf, dass die Sklaven mit am Gottesdienst teilnahmen. Sicher hat er von ihrer Arbeitskraft profitiert, aber er scheint sie als Menschen gesehen und entsprechend behandelt zu haben.
Das kann man in der Form aber nicht als Normalzustand voraussetzen.
Kommt hinzu, Jackson unterrichtete zwar Sklaven, "hielt", so weit mir bekannt aber keine eigenen oder jedenfalls nicht zu wirtschaftlichen Zwecken.
Ist natürlich etwas anderes, wenn man sich persönlich für die Bildung und Entwicklung der Sklaven anderer Sklavenhalter ehrenamtlich einsetzt oder man eben selbst Besitzer von Sklaven ist, an denen man gewisse wirtschaftliche Interessen hat und die man ggf. von Zeit zu Zeit meint zum Arbeiten motivieren zu müssen.
Mich interessierte eigentlich nur, was eher die Regel gewesen ist in der Breite, da es mir schwer fällt zu glauben, dass die in diversen Filmen zu dem Thema dargestellten Umstände (komplett wahnsinnige Sklavenhalter quälen Sklaven zum Spass und ohne jede Menschlichkeit) so der absolute Normalfall gewesen ist.
Das Thema beschäftigt mich von Zeit zu Zeit immer wieder mal.
Das wird man dir so pauschal nicht sagen können.woher sollten die statistischen Erhebungen kommen, wer mit Vorliebe seine Sklaven quälte?
Nur weil das rechtlich i.d.R. nicht verfänglich war, heißt das nicht, dass ein Sklavenhalter, der seine Sklaven mit allzu offensichtlicher Vorliebe schund, nicht gesellschaftlich unten durch gewesen wäre.
Entsprechend gab es durchaus nicht unbedingt Anlass damit hausieren zu gehen, wenn man gerade seine Sklaven übel misshandelt hatte, das konnte bei Menschen mit einem gewissen Zivilisationsdünkel die die Sklaverei guthießen aber darauf bestanden in diesem Rahmen so human als möglich zu agieren, auf wenig Gegenliebe stoßen.
Demgegenüber wird man annehmen dürfen, das gerade bei Fluchtversuchen auch ansonsten eher weniger brutale Sklavenhalter sehr gewalttätig werden konnten, um Nachahmer abzuschrecken und keine "Totalverluste" auf diesem Weg zu riskieren.