Gab es eine Chance als Infizierter die Pest zu überleben?

P

Pest-Überlebende

Gast
Guten Tag, liebes Geschichtsforum!

Wahrscheinlich kommen euch Fragen über historische Romane zum Hals raus, aber mich interessiert ganz ernsthaft, ob es möglich ist, wie in Ken Folletts "Die Tore der Welt" beschrieben ist, dass jemand die Pest überleben und wieder gesund werden konnte. Dies erlebt in der Handlung nämlich die Hauptperson Merthin.

Vielen Dank für eure Antworten

die Pest-Überlebende
 
Hallo
In Zürich wütete 1519 die Pest. Huldrych Zwingli, damals noch katholischer Priester in Zürich, erkrankte im September 1519 an der Pest, im Oktober sah es so aus, als würde er die Krankheit nicht überleben. Ende Dezember 1519 schrieb er dann an eine Freund das er genesen sei.
seine Erkrankung und Genesung verarbeitete er im Pestlied:

Hilff, Herr Gott hilff
in dieser not!
Ich mein, der tod
sig an der thür;
stand, Christe, für,
dann du jn überwunden hast!
Zuo dir ich gliff.
Ist es din will,
züch uss den pfyl,
der mich verwundt,
nit lasst ein stund
mich haben weder ruow noch rast!

Wilt du dann glych
tod haben mich
in mitz der tagen min,
so soll es willig sin.
Thuon, wie du wilt;
mich nüt befilt.
Din haf bin ich;
mach gantz ald brich!
Dann, nimmst du hin
den geiste min
von dieser erd,
thuost du’s, das er nit böser werd
ald andren nit
befleck jr Läben fromm und sit.

Tröst, Herr Gott, tröst!
Die Krankheit wachsst;
Wee und angst fasst
min seel und lyb.
Darumb dich schyb
gen mir, einiger trost, mit gnad,
die gwüss erlösst
ein yeden, der
sin hertzlich bgär
und hoffnung setzt
in dich, verschetzt
darzuo diss zyts all nutz und schad.

Nun ist es umb;
min zung ist stumm,
mag sprechen nit ein wort;
min sinn sind all verdort.
Darumb ist zyt,
das du min stryt
fuerist fürhin,
so ich nit bin
so starck, das ich
mög dapfferlich
thuon widerstand
des Tüffels facht und fräffner hand.
Doch wirt min gmuet
stät blyben dir, wie er joch wuet.

Gsund, Herr Gott, gsund!
Ich mein, ich ker
schon widrumb här.
Ja, wenn dich dunck,
der sünden funck
wird nit mer bherrschaen mich uff erd,
so muoss min mund
din lob und leer
ussprechen mer,
dann vormals ye,
wie es joch gee,
einfaltigklich on alle gferd.

Wiewol ich muoss
des todes buoss
erlyden zwar ein mal,
vilicht mit grösserm qual,
dann yetzund wer
geschähen, her,
so ich sust bin
nach gfaren hin,
so will ich doch
den trutz und boch
in dieser wält
tragen frölich umb widergelt
mit hilffe din
on den nüt mag vollkommen sin.
 
Mir fallen auch noch ein paar schöne Pestzeitsprüche und -Lieder ein:

Die Pest Nr. 1

In eure Bäuche, schleicht sich a Seuche,
A jeder zweite is a Leiche,
und wer net muagn verfault, verfault scho heut.
In jeder Ecken nur Angst und Schrecken,
Alle verrecken, und wer net muagn verfäut,
verfäut scho heit.
Ja, wer net muagn verfäut, verfäut scho heit.


Die Pest Opus Nr. 2

Eingehüllt in schwarzes Leinen liegen sie dahingerafft
Mit vermoderten Gebeinen der schwarze Tod hat es geschafft.
(Refrain)
Dies irae, dies illa! (Tag des Zorns, jener Tag (des jüngsten Gerichts)

Eingefallen sind die Wangen,
Ausgemergelt jeder Leib.
Weinen, trauern, zittern, bangen
Sterben heißt der Zeitvertreib.
Dies irae, dies illa!

(Szenenwechsel im Stephansdom, Abraham Santa Clara predigt):

Was Papagei, was Lapperei fand man bei denen Fenstern
Und neben ihnen viel Schwatzerei mit freundlichen Gespenstern.
Nun ist alles aus, es ist Kehraus,
Es ist nichts mehr als Jammer.
Das hat uns gemacht, bei Tag und Nacht
der dürre Rippenkramer.
Wo vor Lakei und Kayerei
die Posten mussten tragen,
ob die Polsterkatz noch wohlauf sei,
bei allen Umständ Fragen.

Jetz ist alles still, man sieht nicht viel,
grün, blau oder Rote;
Man sieht dafür, früh vor der Tür
nur Kranke oder Tote.

Pestknecht 1: Also I versteh eam net

Pestknecht 2: Ja, weils deppert bist, deswegen musst ja de scheiß Hacken da machen.

Dies irae, dies irae, dies illa!

Die Pest Opus Nr. 3

Alles platzt auf, alles platzt auf,
und das hat seinen Grund.
Denn der Schleim schlatzt schlitzig aus dem Schlund.
Der Schleim schlatzt schlitzig aus dem Schlund,
Des is, des is bei Gott net gesund.

(charmanter Wiener):
Küss das Handerl, das zarte, das weiße...
Oh, Pardon.. Madame sind ja mit einer Pestbeule inkommodiert!

Alles platzt auf, alles platzt auf,
und das hat seinen Grund.
Der Schleim schlatzt schlitzig aus dem Schlund,
Der Schleim schlatzt schlitzig aus dem Schlund.
Des is, des is bei Gott net gesund.

Wiener vom Grund:

Geh Pepperl lass mi in dei Korsetterl!
Ah, habe die Ehre lauter Pestbeuln!

Alles platzt auf, alles platzt auf, jetzt wird´s bald zu bunt.
Der Schleim schlatzt schlitzig aus dem Schlund, Schlund.
Der Schleim schlatzt schlitzig aus dem Schlund.
Des is, des is bei Gott net gesund.

Wolfgang Ambros Augustin
 
Es gibt die Beulen- und die Lungenpest, die sich in den Überlebenschancen massive unterscheiden. Man kann die Pest grundsätzlich überleben, bei der Beulenpest sind die Chancen höher.
Das ist auch Sicht der modernen Medizin sicherlich richtig.

Ein großen Problem ist allerdings, dass bei den zahlreichen antiken und mittelalterlichen Pestwellen die Erreger nicht identifiziert wurden und schlimme Seuchen damals einfach als Pest bezeichnet wurden.
Ein Gleichsetzung der antiken und mittelalterlichen Pestwellen mit dem, was die moderne Medizin als Lungenpest und Beulenpest bezeichnet, ist nicht so leicht möglich.
 
Ein Gleichsetzung der antiken und mittelalterlichen Pestwellen mit dem, was die moderne Medizin als Lungenpest und Beulenpest bezeichnet, ist nicht so leicht möglich.

Stimmt natürlich, heutzutage können Krankheitserreger aber ab und zu durch Analyse von Genmaterial in alten Knochen identifiziert werden.
Beispielsweise weiß man jetzt, dass die Justinianische Pest tatsächlich vom Pesterreger verursacht wurde.

Dem Erreger der Justinianischen Pest auf der Spur
 
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