Russland besiegt ... und dann?

Aber hätte ein nicht diktatorisches Russland diesen Blutzoll (sofern er überhaupt in diesem Maße eingetreten wäre ohne die "Säuberungen" in der roten Armee) ertragen und so verbissen gekämpft ?

Hätte es das überhaupt gemusst?
Wäre es eben nicht stalinistisch gewesen, wäre es für GB und auch für Frankreich wesentlich salon- und damit bündnisfähiger gewesen.
Dementsprechend unwahrscheinlich, dass Hitler in diesem Fall, derart gegen Österreich und die Tschechoslowakei, geschweigedenn Polen vorgehen hätte können ohne eine Neuauflage der Tripple-Entente zu beschwören und damit massivstes Risiko eines Zweifrontekrieges gegen Frankreich und das, was dann eben Russland, gewesen wäre.
 
Hätte es das überhaupt gemusst?
Wäre es eben nicht stalinistisch gewesen, wäre es für GB und auch für Frankreich wesentlich salon- und damit bündnisfähiger gewesen.
Dementsprechend unwahrscheinlich, dass Hitler in diesem Fall, derart gegen Österreich und die Tschechoslowakei, geschweigedenn Polen vorgehen hätte können ohne eine Neuauflage der Tripple-Entente zu beschwören und damit massivstes Risiko eines Zweifrontekrieges gegen Frankreich und das, was dann eben Russland, gewesen wäre.


Sehe ich ähnlich.
Deshalb auch mein Beitrag mit der Infragestellung der Überschrift.
 
egal unter welchen Umständen, die Wehrmacht hätte Russlands Armee besiegt, Leningrad, Stalingrad und Moskau eingenommen und verhandelt aus einer Position der Stärke heraus den Frieden.
Was dann?

Man kann sich das nicht so vorstellen, dass dies eine Annektion der Sowjetunion bis zur Ostgrenze im Pazifik bedeutet hätte, sondern nur den größten Teil des Europäischen Teils der Sowjetunion. Diese wäre dann vermutlich ohnehin kollabiert und zu "Russland" geworden, welches dann als Östliches Nachbarland des Deutschen Reiches koexistiert hätte.
Für die Bevölkerung im Bereich der "Kriegsbeute" des Deutschen Reichs, also den annektierten Teil, hätte die Zukunft allerdings sehr schlecht ausgesehen. Sie wären von jeglicher Bildung ausgeschlossen worden, um zu einem Bauern-Sklavenvolk degradiert zu werden, über welches dann ausgesiedelte Reichsdeutsche Gutsbesitzer geherrscht hätten, bzw war es geplant die Gesamtbevölkerung durch gezielten Hunger zu reduzieren. Also die produzierte Nahrung ins Reich abzutransportieren und die Russen verhungern zu lassen, so wie es Stalin später selbst in der Ukraine praktiziert hat.
Militärisch war kein weiteres Vorstoßen Richtung Osten geplant. Im Gegenteil. Es gab sogar umfangreiche Planungen zur Truppenreduktion der Wehrmacht, da das Millionenheer an Landsern durch den Wegfall der Ostfront in dieser Größenordnung nicht mehr benötigt wurde.
 
Selten so viel Unsinn in letzter Zeit im GF gelesen:

Man kann sich das nicht so vorstellen, dass dies eine Annektion der Sowjetunion bis zur Ostgrenze im Pazifik bedeutet hätte, sondern nur den größten Teil des Europäischen Teils der Sowjetunion. Diese wäre dann vermutlich ohnehin kollabiert und zu "Russland" geworden, welches dann als Östliches Nachbarland des Deutschen Reiches koexistiert hätte.

Das ist schlichtweg apologetische NS-Rechtfertigungspropaganda

Für die Bevölkerung im Bereich der "Kriegsbeute" des Deutschen Reichs, also den annektierten Teil, hätte die Zukunft allerdings sehr schlecht ausgesehen. Sie wären von jeglicher Bildung ausgeschlossen worden, um zu einem Bauern-Sklavenvolk degradiert zu werden, über welches dann ausgesiedelte Reichsdeutsche Gutsbesitzer geherrscht hätten, bzw war es geplant die Gesamtbevölkerung durch gezielten Hunger zu reduzieren. Also die produzierte Nahrung ins Reich abzutransportieren und die Russen verhungern zu lassen, so wie es Stalin später selbst in der Ukraine praktiziert hat.

Das ist apologetische NS-Rechtfertigungspropaganda Teil 2. Wenn Stalin es ohnehin vor gehabt hätte, dann wäre es ja ok, wenn Hitler es auch getan hätte. Da wird der deutliche Versuch einer Relativierung und Verharmlosung des Vernichtungskrieges in der UdSSR vorgenommen.

Ja, die Zukunft sieht schon "sehr schlecht" aus, wenn man als Bevölkerung der UdSSR Teil des "Generalplanes Ost " geworden wäre. Systematische Ausrottung von Teilen der Bevölkerung im Rahmen des Holocaust wäre auf der politischen Agenda gestanden, neben der millionenfachen Vertreibung.

Also die produzierte Nahrung ins Reich abzutransportieren und die Russen verhungern zu lassen, so wie es Stalin später selbst in der Ukraine praktiziert hat.

Das ist vor allem in der Darstellung Unsinn. Der sogenannte "Holodomor" fand 1932-1933 bereits statt und nicht "später". Also vor dem WW2 und nicht danach. Ansonsten werden Äpfel und Birnen verglichen, da die Vorgänge in der Ukraine komplett andere waren wie im Rahmen der Vorgehensweise des "Generalplanes Ost".

Vielleicht liest unser "Geschichts-Philosoph" als Einstieg einmal Aly&Hein: "Vordenker der Vernichtung". Da wird ihnen geholfen.

Ansonsten: Und nur weil Stalin ebenfalls politische Verbrechen begangen hat, werden die Verbrechen von anderen Personen nicht automatisch weniger relevant. Ist im GF außerdem ausführlich und in Anlehnung am aktuellen Wissensstand diskutiert worden. Lesen hilft!
 
Zuletzt bearbeitet:
...

... Unsinn. Der sogenannte "Holodomor" fand 1932-1933 bereits statt und nicht "später". Also vor dem WW2 und nicht danach.
...
Sehr richtig.
Man kann sich das nicht so vorstellen, dass dies eine Annektion der Sowjetunion bis zur Ostgrenze im Pazifik bedeutet hätte, sondern nur den größten Teil des Europäischen Teils der Sowjetunion...
Ein wesentliches Ziel des Raubzugs der Nazis waren die Öl- und Gasfelder am Kaspischen Meer, also im asiatischen Kasachstan.
Theoretisch vorstellbar wäre höchstens eine Teilung der Beute mit den japanischen Spießgesellen gewesen - wenn sie sich nicht darüber nicht mit den "Nichtariern" zerstritten hätten.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Vizzler
Die nationalsozialistische Ostpolitik ist im Generalplan Ost (GPO) zusammengefasst, einer Planungsgrundlage für die Kolonisierung und „Germanisierung“ von Teilen Ostmittel- und Osteuropas.
Dieser wurde 1940 bis 1942 ausgearbeitet (also zur Zeit wenn "Russland besiegt" als realistische nahe Zukunft betrachtet wurde), ab 1943 verworfen, weil unrealistisch geworden.

Der Plan ist recht umfangreich, aber einige kurze Schlüsselpunkte wären:

Das Wartheland, Ostoberschlesien und Westpreußen und Teile des Generalgouvernements Polen sollten vollkommen eingedeutscht werden, und in Teilen des eroberten Russlands sollten drei Reichsmarke gebildet werden:
  • Ingermanland: südlich von Leningrad
  • Narewgebiet: Białystok und Litauen
  • Gotengau: Krim und das Gebiet um Cherson
Die Eindeutschung sollte in einem Zeitraum von 20 Jahren erfolgen, die frei gewordenen Gebiete in Osteuropa sollten mit mehreren Millionen Deutschen besiedelt werden.

Über die Nationalsozialistischen Pläne im Osten kann man unter anderem hier nachlesen:
„Heute Kolonie, Morgen Siedlungsgebiet, Übermorgen Reich!“ –Analyse einer Rede Himmlers am 23. November 1942 in der SS-Junkerschule Bad Tölz
https://himmlers-heinrich.de/heinrich_I.pdf

Die Mehrheit der einheimischen slawischen Bevölkerung erschien den Nationalsozialisten für eine Eindeutschung ungeeignet. Eine „Germanisierung war daher nur für einen kleinen Teil geplant.
Daher wurde eine Besiedlung der eroberten Gebiete im Osten durch Volksdeutsche und Nordeuropäer mit einer Dezimierung von 30 Millionen Einheimischen kombiniert:

  • Vernichtung oder Vertreibung von 80–85 % der Polen
  • Vernichtung oder Vertreibung von 50–75 % der Tschechen
  • Vernichtung von 50–60 % der Russen im europäischen Teil der Sowjetunion, weitere 15–25 % waren zur Verlegung in den Osten (d. h. Umsiedlung bzw. Vertreibung hinter den Ural, nach Sibirien) vorgesehen
  • Vernichtung von 25 % der Ukrainer und Weißrussen, weitere 30–40 % der Ukrainer und weitere 30–50 % der Weißrussen sollten in den Osten „ausgewiesen“ werden
The Times Atlas Zweiter Weltkrieg, Augsburg 1999, S. 91
H. Holborn, Deutsche Geschichte i. d. Neuzeit, Band III, München 1971, S. 604
Hans Ulrich Rudolf, Vadim Oswalt (Hrsg.): Haack TaschenAtlas Weltgeschichte, Gotha 2002, S. 186
R. Giordano: Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte, Köln 2000.


Dazu wurden 6 Dokumente vom Planungsamt des Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums, die Planungsgruppe III B im Amt III (SD-Inland) durch das Reichssicherheitshauptamtes der SS sowie des Instituts für Agrarwesen und Agrarpolitik der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität erstellt:

Dokument 1: Planungsgrundlagen
Dokument 2: Materialien zum Vortrag "Siedlung"
Dokument 3: Generalplan Ost - Verschollen, genauer Inhalt unbekannt
Dokument 4: Gesamtplan Ost - Verschollen, genauer Inhalt unbekannt
Dokument 5: Generalplan Ost (Stand 1942) - Bundesarchiv Berlin, R 49/157a - Faksimile Generalplan Ost, Juni 1942 / Bayerische Staatsbibliothek (BSB, München)

Inhalt: Beschreibung des Umfangs der geplanten Ostsiedlung in der Sowjetunion mit konkreter geographischer Abgrenzung der einzelnen Siedlungsgebiete.
Das beplante Gebiet sollte 364.231 km² umfassen, einschließlich 36 „Siedlungsstützpunkten“ und drei „Siedlungsmarken“ im Großraum Leningrad (heute Sankt Petersburg), Krim-Cherson-Gebiet und im Memel-Narew-Gebiet (Bezirk Białystok und Westlitauen).
Hierbei sollten Siedlerhöfe mit 40–100 ha Fläche sowie landwirtschaftliche Großbetriebe mit mindestens 250 ha Fläche entstehen. Die Zahl der hierfür benötigten Siedler wurde auf 5,65 Millionen geschätzt.
Hierzu sollten aus dem geplanten Gebiet rund 31 Millionen Menschen nach Sibirien deportiert oder ermordet werden. Die Kosten der Planungen wurden auf 66,6 Milliarden Reichsmark geschätzt.

Jerzy Kochanowski, Maike Sach (Hrsg.): Die Volksdeutschen in Polen, Frankreich, Ungarn und der Tschechoslowakei. Mythos und Realität. Fibre, Osnabrück 2006, S. 180.
Michael Wildt: Geschichte des Nationalsozialismus. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2008, S. 187.
Auf der Wewelsburg als ideologischer Zentrale der SS hatte Himmler im Juni 1941 vor Beginn von „Unternehmen
Barbarossa“ in der einzigen SS-Gruppenführertagung, die dort je stattfand, das Ziel des Russlandfeldzuges angekündigt: „die Dezimierung der Bevölkerung der slawischen Nachbarländer um 30 Millionen.“ (Vgl. Richard Breitman: Heinrich Himmler. Der Architekt der „Endlösung“, München/Zürich 2000, S. 393, Anm. 12.)


Dokument 6: Generalsiedlungsplan - 200 Seiten einschließlich 25 Karten und Tabellen
Schätzung von 12,21 Millionen benötigter Siedler. Dazu sollten aus dem geplanten Gebieten rund 30,8 Millionen Menschen entfernt werden.


Siehe auch:
Matthias Burchard: Der Generalplan Ost, ein finsteres Kapitel Berliner Wissenschaftsgeschichte. Humboldt-Universität, Berlin 1997, (Humboldt-Universität zu Berlin, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät Working paper 38, ZDB-ID 2371442-6

Czeslaw Madajczyk (Hrsg.): Vom Generalplan Ost zum Generalsiedlungsplan. Dokumente. Saur, München 1994

Mechthild Rössler, Sabine Schleiermacher (Hrsg.): Der „Generalplan Ost“. Hauptlinien der nationalsozialistischen Planungs- und Vernichtungspolitik. Akademie, Berlin 1993

Bruno Wasser: Himmlers Raumplanung im Osten. Der Generalplan Ost in Polen 1940–1944. Birkhäuser, Basel 1994

Sowie:
https://www.dfg.de/pub/generalplan/
http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0138_gpo&l=de
http://gplanost.x-berg.de/wprim.html
http://lernen-aus-der-geschichte.de/Lernen-und-Lehren/Filter/Thema/421
 
Hungerplan bzw Backe-Plan

Eine 1941 entwickelte nationalsozialistische Strategie im Rahmen der Kriegsführung gegen die Sowjetunion, in welcher die in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten produzierten Lebensmittel an die deutschen Besatzungstruppen sowie ins Deutsche Reich geliefert werden.
Dabei wurde bewusst einkalkuliert, dass infolge des Entzugs von Nahrungsmitteln bis zu dreißig Millionen Menschen in der Sowjetunion verhungern.


Herbert Backe, Leiter der Geschäftsgruppe Ernährung im Vierjahresplan, vertrat die Meinung, dass das deutsche Ernährungsproblem mit dem Angriff auf die Sowjetunion gelöst werden kann.
Da jedoch Berechnungen der Landwirtschaftsführung zeigten, dass größere Überschüsse in der Sowjetunion nicht vorhanden seien, wurde eine Strategie für die Behandlung der sowjetischen Bevölkerung ausgearbeitet,
um das Maximum an Nahrungsmitteln aus dem Land zu quetschen und gleichzeitig den Vernichtungskrieg im Osten anzutreiben.
Durch Abtrennen der Zuschussgebiete, insbesondere der großen Industriegebiete, von ihrer Ernährungsbasis sollten alleine an Getreide "Überschüsse" in Höhe von 8,7 Millionen Tonnen für den deutschen Verbrauch erzielt werden.
Nach Einschätzung des Historikers Christian Gerlach war die nationalsozialistische Wirtschaftsführung im Osten ein Instrument der Massenvernichtung.

Rolf-Dieter Müller: Von der Wirtschaftsallianz zum kolonialen Ausbeutungskrieg, S. 148.
Christian Gerlach: Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland 1941 bis 1944. Hamburger Edition, Hamburg 1999, passim.



In ihrem Abschlussbericht "Kriegswirtschaft im Operationsgebiet des Ostens in den Jahren 1941–1943" berechneten die Planer des Wirtschaftsstabes Ost,
dass die Getreideproduktion in den besetzten Gebieten von 23,2 Millionen Tonnen vor dem Krieg auf 11,7 Millionen Tonnen im Kriegsjahr 1942 zurückging.
Aus diesem schon halbierten Getreideaufkommen wurden dann weitere Millionen Tonnen Nahrungsmittel für die Wehrmacht und deutsche Bevölkerung gepresst.

Rolf-Dieter Müller (Hrsg.): Die deutsche Wirtschaftspolitik in den besetzten sowjetischen Gebieten 1941–1943. Der Abschlussbericht des Wirtschaftsstabes Ost und Aufzeichnungen eines Angehörigen des Wirtschaftskommandos Kiew. Boldt, Boppard am Rhein 1991, S. 444



Rein arithmetisch wurde 21,2 Millionen Menschen die Ernährungsgrundlage entzogen, was in der Realität des Krieges eine Hungerkatastrophe für viele Millionen Menschen bedeutete.

Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus, S. 203–205.



Statt der einkalkulierten 30 Millionen Hungertoten wurden zwischen vier und sieben Millionen Menschen mittels Hunger zu Tode gebracht.

Wigbert Benz: Der Hungerplan im „Unternehmen Barbarossa“ 1941. Berlin 2011, S. 63.


„Über den voraussehbaren Hungertod von vielen Millionen Sowjetbürgern machte man sich weder im OKW noch in der Landwirtschaftsführung größere Gedanken. Im Gegenteil, diese Prognose führte eher noch zu einer Radikalisierung der Maßnahmen, denn es musste verhindert werden, dass die zum Hungertod verurteilten Menschen zu einem Sicherheitsproblem wurden und die Wirtschaftsführung gefährdeten. Von solchen scheinbaren Sachzwängen einmal abgesehen, war die ideologische Verblendung in den führenden Kreisen des Dritten Reiches in diesem Falle nicht geeignet, evtl. Skrupel gegenüber der Hungerstrategie zu fördern.“

Rolf-Dieter Müller: Von der Wirtschaftsallianz zum kolonialen Ausbeutungskrieg. S. 149f.



Siehe auch:
Hungerplan – Wikipedia
 
Hätte das NS-Regime die Sowjetunion wie beabsichtigt in wenigen Wochen besiegt, dann hätte die deutsche Politik vor der Aufgabe gestanden, den europäischen Teil Russlands zu kontrollieren. Wenn ich richtig informiert bin, plante das sogenannte "Ostministerium" die Bildung von Satellitenstaaten, die von Berlin abhängig gewesen wären. Im Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht heißt es unter dem 3. März 1941:

"Um diesen Krieg zu beenden, genügt es bei der Weite des Raums nicht, die feindliche Wehrmacht zu schlagen. Das ganze Gebiet muß in Staaten aufgelöst werden können, mit denen wir Frieden schließen können ...Die sozialistische Idee ist aus dem heutigen Russland nicht mehr wegzudenken. Sie kann allein die innerparteiliche Grundlage für die Bildung neuer Staaten und Regierungen sein. Die jüdisch-bolschewistische Intelligenz als bisheriger Unterdrücker des Volkes muß beseitigt werden." (KTB OKW, Band 1, Teilband 1, S. 341)

Deutschland hätte seine verbrecherische Politik in Osteuropa nach einem Sieg über die Sowjetunion fortgesetzt - das kann wohl als sicher gelten.

Ob England und die Vereinigten Staaten diese Entwicklung hingenommen hätten? Schon aus machtpolitischen Gründen hätten die Westmächte ein von Deutschland beherrschtes Europa nicht hinnehmen können.

Fraglich ist auch, ob das NS-Regime in der Lage gewesen wäre, seinen Weltanschauungskrieg machtpolitisch zu kalkulieren. Denn ohne Zugeständnisse gegenüber den Satellitenstaaten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und gegenüber den besetzten Ländern in West- und Nordeuropa wäre eine Weiterführung des Krieges nicht möglich gewesen. Ein Krieg gegen London und Washington hätte Berlin vor die Aufgabe gestellt, deutlich zu machen, wie ein Europa unter der Hakenkreuzfahne aussehen sollte. Schon während des Krieges wurden im Auswärtigen Amt, im Propagandaministerium und anderen Dienststellen viele Papiere verfasst. Doch außer Ausbeutung, Entrechtung und Plünderung hatte dieses Deutsche Reich nichts anzubieten. In der Wilhelmstraße wollten die Diplomaten etwas geschmeidiger vorgehen - in letzter Konsequenz strebten sie eine Vorherrschaft an, die das Gesicht des Kontinents verändert hätte.

Wie dachte Hitler über eine Nachkriegsordnung? Als der Niederländer Anton Adrian Mussert, Führer der "Nationaal-Socialistische Beweging" (NSB) 1942 die Gründung eines germanischen Staatenbundes anregte, lehnte der Diktator ab: "Wir könnten nicht einen Staatenbund bilden, d. h. einen Staat, der (aus) lauter Einzelstaaten bestünde; denn bei nächster Gelegenheit würde dieses ganze Gebilde wieder auseinanderfallen. Unbedingt sei also feste Zusammenfügung notwendig." (Aktenvermerk von Martin Bormann über die Besprechung Hitlers mit dem Leiter der "Nationaal-Socialistische Beweging" (NSB) in den Niederlanden, Anton Adrian Mussert, am 10.12.1942, S. 125, in Förster, Jürgen; Hillgruber, Andreas: Zwei neue Aufzeichnungen über "Führer-Besprechungen aus dem Jahr 1972, Militärgeschichtliche Mitteilungen 1/72, S. 109 - 126).

Gegenüber Gauleitern der NSDAP ließ Hitler am 8. Mai 1943 keinen Zweifel daran, "daß das Kleinstaatengerümpel, das heute noch in Europa vorhanden ist, so schnell wie möglich liquidiert werden muß. Es muß das Ziel unseres Kampfes bleiben, ein einheitliches Europa zu schaffen. Europa kann aber eine klare Organisation nur durch die Deutschen erfahren. Eine andere Führungsmacht ist praktisch nicht vorhanden." (Louis P. Lochner, Hrsg., Goebbels Tagebücher aus den Jahren 1942-1943, Zürich 1948, S. 325).

Gewalt war systemimmanent für dieses nationalsozialistische Kriegsreich. Ein deutscher Sieg 1941 hätte daran wohl kaum etwas geändert.
 
J. Zimmerer über die ideologisch, kolonialen Voraussetzungen des Vernichtungskrieges in der Sowjetunion.

Deutsche Kolonialgeschichte: Von Afrika nach Russland
Meine Fresse. Was ist das denn für ein Text. Was für eine Note würde ein Geschichtslehrer einem Primaner für diesen Text geben? Ich befürchte schlimmes für den Primaner.
Spiegel schrieb:
»Nichts von Kultur, nichts von Paradies [ist zu sehen] ein Tiefstand, ein Dreck, eine Menschheit, die uns zeigen, daß hier unsere große Kolonisationsaufgabe liegen wird.«
Der Spiegel-Autor stürzt sich auf den Text mit Begeisterung, den er wahrscheinlich über das Suchwort Kolonisationsaufgabe gefunden hat. Könnte es nicht sein, dass der Wehrmachtssoldat hier eher das Wort in dem Sinne wie die Moorkolonien der 1700er und 1800er-Jahre meinte. Menschen kommen in landwirtschaftlich daniederliegende Gegend und müssen sich jegliche landwirtschaftliche und verkehrstechnische Infrastruktur erst aufbauen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Moorkolonisierung

Dann dieses Hin-und herschwanken zwischen Versklavung und Vertreibung der einheimischen Bevölkerung. Gerade werden die Bewohner versklavt um als Arbeitssklaven der Deutschen vor Ort zu dienen. Und - schwupp - beklagt er sich, dass die Einheimischen nicht bleiben dürfen, sondern vertrieben werden. Ja, was den nun. Beides sehr schlimm, aber nur eines kann stimmen.
Und - erwartbar - kein Wort zu der Situation in Deutsch-Ostafrika (heute ein Großteil von Tansania) um 1880. Die Deutschen übernahmen dieses Land, als dort arabische Herren und Sklavenjäger herrschten. Die Bevölkerung kam von arabischer Unterjochung in deutscher Unterjochung. Dies zumindest zu erwähnen, würde zeigen, dass man nicht einfach nur tendenziös zu schreiben beabsichtigt.
 
Dem Urteil kann ich absolut nicht folgen. Zimmerer hat sich mittlerweile seit Jahrzehnten mit dem Thema auseinander gesetzt. Und er ist natürlich in seiner kritischen Sicht für viele ein unbequemer Mahner und wird auch deswegen diskreditiert. Im Kontext des Genozids an den Herero wurde er ausführlich diskutiert.

Die Argumentation von Zimmerer ist weitgehend nachvollziehbar wie an den personellen Netzwerken Anfang der zwanziger Jahre in München erkennbar.

Die Radikalisierung der Rechten in der Weimarer Republik

Diese Argumentation und die historischen Belege sind im Forum literaturseitig dargestellt worden. Deutlich wird diese Bedeutung der Netzwerke in München an der Person des Ritter von Epp.

Franz Ritter von Epp – Wikipedia

In ähnlicher Form argumentiert u.a. W.D. Smith, The ideological origins of Nazi imperialism. Und es erscheint mir persönlich nachvollziehbar, dass die Erfahrungen aus dem Kolonialismus in das Weltbild eingeflossen sind.

Zudem vermisse ich an Deiner Argumentation, dass sie nicht versucht die Kontinuität der "Geisteshaltung" des Kolonialismus nachzuvollziehen und dass sie auch nicht die vorhandene Diskussion von Historikern aufgreift, ob die Art des Vordringen nach Osten nicht mit einem ähnlichen Menschenbild verbunden wurde wie zur Zeit der Imperialismus. Und somit als eine Variante des historischen Kolonialismus zu begreifen sei.

Zumal die Vorstellungen der Besiedelung durch die Nationalsozialisten auf Ideen zurück greifen konnten, die ähnlich durch "Ober Ost" im Rahmen der Besetzung von Russland vorhanden waren.

In diesem Sinne speiste sich die Besetzung der Sowjetunion aus einer Reihe von historischen Vorgängern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zudem vermisse ich an Deiner Argumentation, dass sie nicht versucht die Kontinuität der "Geisteshaltung" des Kolonialismus nachzuvollziehen und dass sie auch nicht die vorhandene Diskussion von Historikern aufgreift, ob die Art des Vordringen nach Osten nicht mit einem ähnlichen Menschenbild verbunden wurde wie zur Zeit der Imperialismus. Und somit als eine Variante des historischen Kolonialismus zu begreifen sei.
Ich bin davon ausgegangen, dass ich hier den Artikel eines Spiegel-Redakteurs lese, der dies als ungeliebte Aufgabe von seiner Redaktion erhalten hat. Dank Deiner Info habe ich nun verstanden, dass hier ein absoluter Fachmann einen Gastbeitrag für den Spiegel geschrieben hat.

In Anbetracht dieser Information kann ich nur sagen, ich bin fassungslos.

Kann man die These von Zimmerer so zusammen fassen:

Einen durch den Kolonialismus in Afrika und Asien eingeprägtes rassistisches Überheblichkeitsgefühl habe die deutsche Bevölkerung in der Nachkriegszeit (also ab 1919) auf die slawischen Nachbarn übertragen?

Da bleiben aber viele Fragen. Wie belegt Zimmerer, dass die deutsche Bevölkerung sich tiefer mit Kolonialismus beschäftigt hat. Wie viele Millionen Deutsche waren denn in den Kolonien vor Ort gewesen?
War Kolonialismus ein Thema für einen Winzer an der Mosel, für einen Glasbläser im Bayerischen Wald, etc. ?
Und das übertrug man dann auf die Slawen? Dies würde bedeuten, dass man vor der Reichsgründung 1871 in Deutschland eine gute Meinung über Slawen hatte. Nur mal ein Mosaiksteinchen:
Wie alt ist das Wort "Polack" oder "Polacke"? Wann entstand es und seit wann ist es ein Schimpfwort?

Ich persönlich glaube nicht, dass sich die Nationalsozialisten mit ihrer Rasse-Theorie von der arischen Herrenrasse und slawischen Untermenschen irgendeine Nachhilfe vom Kolonialismus holen mussten. Der Hass auf Slawen, Juden, Roma, etc. haben die auch so entwickelt. Der nährte sich sicherlich aus anderen Wurzeln.

Zudem ist Deutschland eine kurzlebige Kolonialmacht gewesen. Was sagt den Zimmerer auf die Auswirkungen einer Kolonialherrschaft auf die Bevölkerung in Frankreich oder Großbritannien, welche in einem erheblich größeren Ausmaß an der Unterjochung Afrikas und Asiens beteiligt waren. Müsste sich dann dort auch solche Wirkung zeigen? Gegen wen haben die sich dann außerhalb der Kolonien gerichtet? Man könnte jetzt zum Beispiel die französische Besetzung des Rheinlandes und des Ruhrgebietes ab 1919 mit deren Verhalten in ihren Kolonien vergleichen. Auch hier würde man sicher passende Zitate finden, die Zimmerer auch verarbeiten könnte.

Auch beim nochmaligen Lesens des Spiegel-Artikels kann ich keinen Zugang zu dem geschriebenen finden.
 
Ich persönlich glaube nicht, dass sich die Nationalsozialisten mit ihrer Rasse-Theorie von der arischen Herrenrasse und slawischen Untermenschen irgendeine Nachhilfe vom Kolonialismus holen mussten. Der Hass auf Slawen, Juden, Roma, etc. haben die auch so entwickelt. Der nährte sich sicherlich aus anderen Wurzeln.

So einfach ist das nicht, aber es hält Dich niemand ab, diese anderen Wurzeln zu beleuchten.

Wir haben in einem anderen Kontext sehr engagiert, fachlich fundiert und kontrovers diskutiert, wann und wie Hitler in seinem Weltbild vom "einfachen Antisemitismus" der Wiener Zeit zum zunehmenden extremen Antisemitismus in der Folge der Radikalisierung seiner Zeit als Soldat wurde.

In diesem Zusammenhang, im München Anfang der zwanziger Jahre, war der Ort und die Zweit ein Kristallisationspunkt für eine Vielzahl von Geistesströmungen. Diese reflektierten zum Teil die historische Entwicklung, den Zusammenbruch des Kaiserreichs, die Ereignisse um den deutschen Imperialismus inklusive seiner Kolonialkriege und der Kolonialgreuel und die Ereignisse rund um den WW1. Dass es durchaus konträre Ansichten dazu gibt, belegen die entsprechenden Beiträge beispielsweise in Langbehn und Salama.

Von Hitler wurden viele dieser Ideen unsystematisch adaptiert und in sein Weltbild integriert. Diese Entwicklung der Radikalisierung einer Generation, die aus dem Krieg Heim kam und von denen, die zu jung für den Krieg waren und sich dennoch radikalsierten, wurde - vgl. Link dazu - nachgezeichnet.

Eine zentrale Position kommt dabei dem durch Kolonialkriege geprägten und späteren Lobbyisten für ein NS-Kolonialreich, dem Ritte von Epp zu.

Durch ihn, den Olusuga und Erichsen als einer der Mentoren von Hitler Anfang der zwanziger Jahre benennen, lernte Hitler Röhm und die Gebrüder Strasser kennen, die Angehörige des Freikorps von Epp waren (vgl. S. 12)

Franz Ritter von Epp – Wikipedia

Das rassistische und sozialdarwinistische Weltbild von Epp in Kombination mit der Befürwortung des Lebensraum-Motivs geben einen Hinweis darauf, welche Wertvorstellungen in den Freikorps und anderen rechtsextremen Gruppierungen Anfang der zwanziger Jahre die dominante Haltung waren. Das muss nicht weiter vertieft werden.

Die Kontinuitäten, die Zimmerer und andere analytisch herausarbeiten vom deutschen Imperialismus - u.a. auch dem "Boxer-Aufstand" - und insbesondere dem Genozid an den Herero und Nama sind nicht als geplante oder durch den deutschen "Sonderweg" vorgegebene Entwicklung zu begreifen.

Diese Kontinuitäten konnten nur dadurch wirksam werden, dass Hitler sein Kapmpf geschrieben hatte und darin ein Amalgam aus Nationalismus, Antibolschewismus und Antisemitismus ausformuliert hatte und an das Lebensraummotiv gebunden hat.

In diesem Konzept enthalten waren rassistische und sozialdarwinistische Sichten, die auch die Sicht der Europäer !!!! auf die "Kolonialvölker" ausgezeichnet hatten. An dem Punkt unterschied man sich als deutscher Imperialist nicht von anderen europäischen Mächten.

Der Unterschied bestand in der Zuspitzung des Feindbildes auf die "jüdische Weltverschwörung" und dem Verlust der deutschen Kolonien und der Suche nach Alternativen. Und an diesem Punkt bot sich das Lebensraummotiv für den Osten an, auf den Hitler sämtliche früheren Überlegungen hin fokussieren konnte.

Insofern war "Mein Kampf" die zentrale ideologische Brücke, die das klassische koloniale Weltbild auf den Osten ausrichtete und mit einem militanten, exterminatorischen Sozialdarwinismus anreicherte.

Aber, ohne die entsprechenden "Vordenker" und ohne die Praktiker des sozialdarwinistisch inspirierten deutschen Kolonialismus wäre Hitler nicht in der Lage gewesen, das Amalagam zu formulieren, das in die "Operation Barbarossa" und die "Endlösung" einmündete. Und an diesem Punkt hat Zimmerer m.E. Recht, wenn er von einer Kontinuität spricht.


Langbehn, Volker Max; Salama, Mohammad (Hg.) (2011): German colonialism. Race, the Holocaust, and postwar Germany. New York: Columbia University Press.
Olusoga, David; Erichsen, Casper W. (2011): The Kaiser's Holocaust. Germany's forgotten genocide and the colonial roots of Nazism. London: Faber & Faber.
 
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